Dr. Annette Junker, Wermelskirchen
Das T-DM1-Molekül (Kadcyla®) ist ein synthetisches Konjugat aus dem Antikörper Trastuzumab (Herceptin®) und dem Zytostatikum Emtansin (DM1). In einer Phase-II-Studie führte T-DM1, wenn es in der Erstlinientherapie eingesetzt wurde, im Vergleich zu Trastuzumab plus Taxan zu einer signifikanten Verlängerung des progressionsfreien Überlebens (PFS) [3, 4].
Ein ähnlich positives Resultat für T-DM1, diesmal in der Zweitlinientherapie nach Progression unter Taxan und Trastuzumab, zeigte sich im Hinblick auf das PFS in der Phase-III-Studie EMILIA im Vergleich zu Capecitabin/Lapatinib [1].
Ebenfalls ein signifikanter Vorteil zeigte sich für T-DM1 nach mehreren gescheiterten Vortherapien in der TH3RESA-Studie im Vergleich zu einer Therapie nach Wahl des behandelnden Arztes [5, 8].
Den relativ neuen Anti-HER2-Antikörper Pertuzumab betreffend wurde in der Phase-III-Studie Cleopatra gezeigt, dass Frauen mit metastasiertem Brustkrebs in der Erstlinientherapie signifikant länger überleben, wenn sie zusätzlich zu einer Docetaxel-/Trastuzumab-Therapie Pertuzumab bekommen. Pertuzumab hemmt auch die Heterodimerisierung mit den Rezeptoren HER3 und HER4 [7].
Nach diesen vielen großen Studien beim HER2-positiven Brustkrebs wurde schon lange auf die finalen Ergebnisse der MARIANNE-Studie gewartet, um den Stellenwert des Antikörper-Konjugats T-DM1 präziser zu definieren.
Die MARIANNE-Studie
Studienaufbau
In die Phase-III-Studie wurden Brustkrebs-Patientinnen mit zentral bestimmtem HER2-positiven Status (IHC3+ oder ISH+) aufgenommen, die entweder nach lokal fortgeschrittenem Brustkrebs progressiv oder rückfällig waren oder solche, die bereits metastasiert und noch gar nicht behandelt worden waren. Eine eventuell schon erfolgte Therapie mit Taxanen und/oder Vinca-Alkaloiden musste sechs Monate oder länger zurückliegen. Die Patientinnen wurden 1:1:1 randomisiert und dann mit
- Docetaxel oder Paclitaxel plus Trastuzumab (HT-Arm),
- T-DM1 + Placebo (T-DM1-Arm) oder
- T-DM1 + Pertuzumab (T-DM1+P-Arm),
jeweils in den üblichen Standarddosen therapiert. Der primäre Endpunkt, bestimmt von einem unabhängigen Review-Komitee, war das PFS. Die Vergleiche zwischen den Armen HT und T-DM1 bzw. HT und T-DM1+P wurden unabhängig voneinander ausgewertet. Zunächst sollte die Nichtunterlegenheit, dann gegebenenfalls die Überlegenheit überprüft werden.
Studienergebnisse
Im September 2014 wurde die Studie geschlossen. Bis dahin waren 365 Patientinnen im HT-Arm, 367 im T-DM1-Arm und 363 im T-DM1+P-Arm behandelt worden. In jedem Arm hatten etwa 31% der Patientinnen bereits einmal eine (neo-)adjuvante gegen HER2-gerichtete Therapie erhalten. Bei ungefähr 37% handelte es sich um eine noch nicht therapierte Neuerkrankung.
Nach einem medianen Follow-up von 35 Monaten zeigte sich für keinen der beiden TDM1-Arme eine Unterlegenheit im Hinblick auf das mediane PFS, aber es gab auch keine Überlegenheit gegenüber HT. Das mediane PFS betrug 15,2 Monate im T-DM1+P-Arm versus 14,1 Monate im T-DM1-Arm und 13,7 Monate im HT-Arm (Tab. 1). Die objektiven Ansprechraten unterschieden sich nur wenig, aber die Dauer des Ansprechens war für die T-DM1-Arme besser (Tab. 1).
Tab. 1. In der MARIANNE-Studie war in Bezug auf das mediane PFS kein Arm dem anderen unterlegen, aber auch keiner dem anderen überlegen. Die Dauer des Ansprechens und auch die Toxizität waren etwas günstiger in den T-DM1-Armen [2]
Ergebnisse |
HT |
T-DM1 |
T-DM1+P |
Mediane Nachbeobachtung |
34,8 |
34,9 |
34,7 |
Medianes PFS [Monate] |
13,7 |
14,1 |
15,2 |
HR [97,5%-KI] |
– |
0,91 [0,73–1,13] p=0,31 vs. HT |
0,87 [0,69–1,08] p=0,14 vs. HT 0,91 [0,73–1,13] p=0,31 vs. T-DM1 |
ORR [%] |
67,9 |
59,7 |
64,2 |
Mediane Dauer des Ansprechens [Monate] |
12,5 |
20,7 |
21,2 |
Unerwünschte Ereignisse, Grade 3−5 [%] |
54,1 |
45,4 |
46,2 |
Häufigste unerwünschte Ereignisse der Grade 3−5 [%] |
|||
Neutropenie |
19,8 |
4,4 |
2,7 |
Febrile Neutropenie |
6,5 |
0 |
0 |
Anämie |
2,8 |
4,7 |
6,0 |
AST erhöht |
0,3 |
6,6 |
3,0 |
Thrombozytopenie |
0 |
6,4 |
7,9 |
AST: Aspartat-Aminotransferase; HR: Hazard-Ratio; HT: Docetaxel oder Paclitaxel plus Trastuzumab; KI: Konfidenzintervall; ORR: Objective response rate; T-DM1: T-DM1+Placebo; T-DM1+P: T-DM1+Pertuzumab
In Bezug auf die Toxizität gab es ebenfalls Vorteile für die T-DM1-Arme. Das Gesamtüberleben war innerhalb der Gruppen gleich. Zu einer Alopezie kam es ebenfalls deutlich seltener in den T-DM1-Armen (59,8% unter HT vs. 6,6% T-DM1 und 9,0% T-DM1+P).
Diskussion und Perspektive
T-DM1 und T-DM1 plus Pertuzumab zeigten kein schlechteres, aber auch kein besseres PFS im Vergleich zu Trastuzumab plus Taxan. Es kam aber in den T-DM1-Armen zu weniger unerwünschten Ereignissen der Grade ≥3 und weniger Therapieabbrüchen aufgrund der Ereignisse, zu keinen febrilen Neutropenien und weniger Neuropathien. Eine bessere gesundheitsbezogene Lebensqualität zeigte sich auch in den T-DM1-Armen. Insofern fassten die Studienautoren zusammen, dass T-DM1 durchaus eine zu HT alternative Behandlungsoption für bisher unbehandelte HER2-posive Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs sei.
Während der Oral Abstract Session wurde die Studie von Dr. Shanu Modi, Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York erörtert [6]. Er wertete die Untersuchung als valide Studie, die zunächst gezeigt habe, dass THP (Taxan, Trastuzumab und Pertuzumab) die Standardtherapie in der Erstlinientherapie bliebe, T-DM1 aber zur bevorzugten Zweitlinientherapie werden solle. Er betonte auch noch einmal die günstigere Toxizität in den T-DM1-Armen und regte an, eine Subgruppenanalyse durchzuführen im Hinblick auf die unterschiedlichen Taxane, die im HT-Arm zum Einsatz gekommen seien, und deren Applikationsweise, beispielsweise wöchentlich oder dreiwöchentlich, weil auch darauf unterschiedliche Nebenwirkungen zurückzuführen seien. Für Frauen im frühen Stadium des HER2-positiven Brustkrebses werde sicher auch die APHINITY-Studie, die den Zusatz von Pertuzumab zur standardgemäßen Therapiekombination aus Trastuzumab und Chemotherapie prüfe, wichtige Ergänzungen zu angemessenen Therapiepfaden liefern.
Literatur
1. Blackwell KL et al. Primary results from EMILIA, a phase III study of trastuzumab emtansine (T-DM1) versus capecitabine (X) and lapatinib (L) in HER2-positive locally advanced or metastatic breast cancer (MBC) previously treated with trastuzumab (T) and a taxane. J Clin Oncol 2012;30:(suppl; abstr LBA1)
2. Ellis PA. Phase III, randomized study of trastuzumab emtansine (T-DM1) ± pertuzumab (P) vs trastuzumab + taxane (HT) for first-line treatment of HER2-positive MBC: Primary results from the MARIANNE study. J Clin Oncol 2015;33:(suppl; abstr 507)
3. Hurvitz SA et al. Phase II randomized study of trastuzumab emtansine versus trastuzumab plus docetaxel in patients with human epidermal growth factor receptor 2-positive metastatic breast cancer. J Clin Oncol 2013;31:1157–63. doi: 10.1200/JCO.2012.44.9694. Epub 2013 Feb 4.
4. Junker A. Antikörper-Konjugat verlängert das progressionsfreie Überleben gegenüber der Standardtherapie. Med Monatsschr Pharm 2012;35:226–7.
5. Junker A. Verlängerung der progressionsfreien Zeit nach gescheiterten Vortherapien möglich. Krankenhauspharmazie 2014;35:93–4.
6. Modi, S. Discussion of Abstracts 505–508. Oral Abstract Session Breast Cancer-HER2/ER, ASCO Monday, June 1, 2015.
7. Swain S et al. Final overall survival (OS) analysis from the CLEOPATRA study of first-line (1L) pertuzumab (Ptz), trastuzumab (T), and docetaxel (D) in patients (pts) with HER2-positive metastatic breast cancer (MBC). ESMO 2014, Madrid Abstract 350O_PR.
8. Wildiers H et al. T-DM1 for HER2-positive metastatic breast cancer (MBC): Primary results from TH3RESA, a phase 3 study of T-DM1 vs treatment of physician´s choice. The European Cancer Congress 2013, abstr. LBA15.
Arzneimitteltherapie 2015; 33(10)