Dr. Annette Junker, Wermelskirchen
Weichteilsarkome sind bösartige Tumoren der Weichgewebe, zu denen unter anderem Fettgewebe, Muskelgewebe, Bindegewebe, Blutgefäße und Nerven gehören. Zusammengefasst ist hier eine große Gruppe von seltenen Tumoren mit sehr unterschiedlicher Histologie. Gemeinsam ist ihnen die Entstehung aus mesenchymalem Gewebe. Die Inzidenz liegt bei etwa zwei bis drei Fällen pro 100000 Einwohner pro Jahr. Sie kommen in allen Altersgruppen vor, sind aber bei Kindern häufiger.
Das Leiomyosarkom ist einer der häufigeren Sarkomtypen bei Erwachsenen und entwickelt sich aus der glatten Muskulatur. Liposarkome (adipozytische Sarkome) bilden sich aus Fettzellen und treten wie die Leiomyosarkome überall im Körper auf. Leiomyosarkome und Liposarkome machen etwa 30% aller Weichteilsarkome aus.
Da viele Patienten mit Weichteilsarkomen oft nicht auf die Behandlung ansprechen, ist der Bedarf an wirksamen Therapieoptionen hoch. Patienten mit fortgeschrittenen, metastasierten Weichteilsarkomen, die nach Erst- und Zweitlinientherapie – meist mit Anthracyclinen oder Anthracyclin-Kombinationen – progredient geworden sind, haben eine schlechte Prognose, typischerweise mit einem Überleben von einem Jahr oder weniger. Für diese Patienten gibt es zurzeit nur wenige Therapieoptionen. Eine davon ist eine Dacarbazin-Chemotherapie.
Eribulin ist ein vollsynthetisches Analogon des Naturprodukts Halichondrin, das ursprünglich in Meeresschwämmen gefunden wurde. Halichondrine sind Inhibitoren des Aufbaus der Mikrotubuli, wodurch die Zellteilung verhindert wird.
Bisher ist Eribulin (Halaven®) in 59 Staaten als Drittlinien- (USA), Zweitlinien- (EU) oder Erstlinientherapie (Japan) für Patientinnen mit fortgeschrittenem/metastasiertem Brustkrebs zugelassen. Präklinische Studien haben auch schon Hinweise darauf gegeben, dass Eribulin eine antineoplastische Wirksamkeit in epithelialen-mesenchymalen Geweben hat [1, 3]. Das war der Anlass für die jetzt während des ASCO vorgestellte Phase-III-Studie.
Studiendesign
In die nicht verblindete, internationale Phase-III-Studie wurden 452 Patienten im Alter von mindestens 18 Jahren mit fortgeschrittenen Lipo- oder Leiomyosarkom mit einem hohen oder intermediären Krankheitsgrad aufgenommen. Die Patienten hatten einen ECOG-Status ≤2 (Skala von 0 [uneingeschränkt] bis 5 [Tod]) und bereits vorher ≥2 standardmäßig bei dieser Entität verwendete Chemotherapien bekommen, inklusive eines Anthracyclins. Die Patienten wurden randomisiert und erhielten entweder
- Eribulin (1,4 mg/m2, i.v. an den Tagen 1 und 8) oder
- Dacabazin (850–1200 mg/m2, i.v. am Tag 1) alle 21 Tage bis zum Progress.
Primärer Endpunkt war das Gesamtüberleben, sekundäre Endpunkte waren unter anderem das progressionsfreie Überleben (PFS), die PFS-Rate nach zwölf Wochen und die Sicherheit.
Ergebnisse
Das primäre Ziel, den Nutzen der Eribulin-Therapie im Vergleich zu Dacarbazin im Hinblick auf das Gesamtüberleben (OS) zu zeigen, wurde erreicht. Das mediane OS betrug für die Patienten im Eribulin-Arm 13,5 Monate im Vergleich zu 11,5 Monaten im Dacarbazin-Arm (Abb. 1). Beim überwiegenden Teil der vorab geplanten Subgruppenanalysen, beispielsweise in Bezug auf die Vortherapien oder die Histologie, fiel die Auswertung im Hinblick auf das primäre Studienendziel OS auch positiv für den Eribulin-Arm aus.

Abb. 1. Der primäre Endpunkt, das Gesamtüberleben (OS), wurde erreicht. Es war im Median um zwei Monate beim Eribulin-Arm verlängert im Vergleich zu Dacarbazin [mod. nach 2] HR: Hazard-Ratio, KI: Konfidenzintervall
Einer der sekundären Studienendpunkte war das progressionsfreie Überleben (PFS) nach zwölf Wochen. Hier gab es zwar einen numerischen Unterschied zwischen den Behandlungsarmen zugunsten von Eribulin (33,3% vs. 28,6%), doch war dieser statistisch nicht signifikant. Das mediane PFS war in beiden Armen mit 2,6 Monaten gleich (HR 0,88; 95%-KI 0,71–1,09; p=0,23).
Sicherheit
Im Eribulin-Arm kam es etwas häufiger zu Nebenwirkungen der Grade 3 bis 5 (67,3% vs. 56,3%) und etwas häufiger zu Therapieabbrüchen aufgrund der Toxizität (7,5% vs. 4,9%).
An Nebenwirkungen aller Grade traten am häufigsten Neutropenie (44% vs. 24%), Fieber (28% vs. 14%), periphere Neuropathien (20% vs. 4%) und Alopezie (35% vs. 3%) auf. Zu Thrombozytopenien kam es häufiger im Dacarbazin-Arm (28% vs. 6%).
Fazit
Mit einer systemischen Eribulin-Monotherapie wurde in einer randomisierten, kontrollierten Studie bei Patienten mit Weichteilsarkomen, einer Entität mit einer schlechten Prognose, eine geringe Verbesserung des Gesamtüberlebens nachgewiesen. Bei der Studienpopulation handelte es sich um eine Hochrisikogruppe von Patienten, die schon einige Vorbehandlungen hinter sich hatten. Daher wurden diese Ergebnisse von den Experten vor Ort als wichtiger Durchbruch bei dieser Erkrankung gewertet. Einige weitere Analysen dieser Studie, wie Lebensqualität, weitere Subgruppenanalysen und Biomarker-Tests werden noch durchgeführt und später publiziert.
Eisai plant noch für 2015, bei den Behörden verschiedener Länder für Eribulin zusätzlich für das fortgeschrittene Mammakarzinom Zulassungsanträge für die Indikation Weichteilsarkom zu stellen.
Literatur
1. Funahashi Y, et al. Eribulin mesylate reduces tumor microenvironment abnormality by vascular remodeling in preclinical human breast cancer models. Cancer Sci 2014;105:1334—42.
2. Schöffski P, et al. Randomized, open-label, multicenter, phase III study of eribulin versus dacarbazine in patients (pts) with leiomyosarcoma (LMS) and adipocytic sarcoma (ADI). J Clin Oncol 2015;33(Suppl): Abstr. LBA10502.
3. Yoshida T, et al. Eribulin mesilate suppresses experimental metastasis of breast cancer cells by reversing phenotype from epithelial-mesenchymal transition (EMT) to mesenchymal-epithelial transition (MET) states. Br J Cancer 2014;110:1497–505.
Arzneimitteltherapie 2015; 33(10)