Dr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen
Mukoviszidose, auch als zystische Fibrose bezeichnet, ist eine genetische Erkrankung, die häufig mit einem frühen Tod verbunden ist. Verursacht wird sie durch Genmutationen, die in einem mangelhaften oder defekten CFTR(Cystic fibrosis transmembrane conductance regulator)-Protein resultieren, einem Anionenkanal, der in der Membran von Epithelzellen lokalisiert ist. Infolgedessen kommt es zur Bildung eines viskösen Sekrets, das die Funktion der Bauchspeicheldrüse beeinträchtigt und Atemwegsinfektionen begünstigt. Phe508del ist die häufigste CFTR-Mutation; ungefähr 45% der Mukoviszidose-Patienten sind homozygot für dieses Allel.
Bei Mukoviszidose handelt es sich um einen progressiven Krankheitsprozess; trotz Fortschritten in den Behandlungsmöglichkeiten, die auf die Symptome der Erkrankung gerichtet sind, bleibt die Lebenserwartung relativ niedrig. Neuere Therapieansätze zielen darauf ab, die zugrunde liegenden Krankheitsursachen in Form der CFTR-Dysfunktion anzugehen.
Zu diesen neuen Wirkstoffen gehört Ivacaftor (Kalydeco®). Die bereits zugelassene Substanz wird auch als CFTR-Potentiator bezeichnet, da sie die Chance erhöht, dass der im CFTR-Gen kodierte Ionenkanal in der Zellmembran geöffnet ist und Chloridionen freigesetzt werden können. Lumacaftor erhöht die Anzahl der Ionenkanäle auf der Zelloberfläche und wird als CFTR-Korrektor bezeichnet.
Weder Ivacaftor noch Lumacaftor zeigten als Monotherapie bei Mukoviszidose-Patienten, die homozygot für die Phe508del-Mutation waren, eine gute klinische Wirksamkeit. Hinweise aus einer Phase-II-Studie legten jedoch nahe, dass eine Kombination der beiden Wirkstoffe Erfolg versprechender sein könnte.
Studienziel und -design
Ziel zweier Phase-III-Studien (TRAFFIC und TRANSPORT) war es, Wirksamkeit und Sicherheit zweier unterschiedlicher Dosierungen von Lumacaftor in Kombination mit Ivacaftor bei Mukoviszidose-Patienten mit einer Phe508del-CFTR-Mutation zu untersuchen.
Für die randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studien wurden 1122 Patienten zwischen April 2013 und April 2014 rekrutiert, darunter 559 in der TRAFFIC-Studie und 563 in der TRANSPORT-Studie. Die Studienteilnehmer wurden randomisiert im Verhältnis 1:1:1 auf folgende drei Studienarme aufgeteilt:
- 600 mg Lumacaftor einmal täglich in Kombination mit 250 mg Ivacaftor alle 12 Stunden
- 400 mg Lumacaftor alle 12 Stunden in Kombination mit 250 mg Ivacaftor alle 12 Stunden
- Placebo alle 12 Stunden
Die Studienmedikationen wurden über 24 Wochen verabreicht.
Primärer Studienendpunkt war die absolute Veränderung des Anteils des erwarteten forcierten exspiratorischen Volumens in einer Sekunde (FEV1) in Woche 24 gegenüber dem Ausgangswert.
Studienergebnis
1108 der rekrutierten Probanden wurden mindestens einmal mit der Studienmedikation (Verum oder Placebo) behandelt. Die mittlere Ausgangs-Einsekundenkapazität (FEV1) lag bei 61% des theoretisch vorausgesagten (Normal-)Werts für diese Personen.
Sowohl in der TRAFFIC- als auch in der TRANSPORT-Studie zeigten sich in beiden Lumacaftor-Ivacaftor-Gruppen signifikante Verbesserungen im primären Endpunkt. Der Unterschied zwischen der aktiven Therapie und Placebo im Hinblick auf die mittlere absolute Veränderung im Anteil des vorhergesagten FEV1 reichte von 2,6 bis 4,0 Prozentpunkten (p<0,001); dies entsprach einer mittleren relativen Behandlungsdifferenz von 4,3 bis 6,7% (p<0,001). Mit beiden Lumacaftor-Ivacaftor-Dosierungen ließen sich die Verbesserungen ab Tag 15 beobachten und sie hielten bis in Woche 24 an.
Weiterhin verbesserte die Kombination aus Lumacaftor und Ivacaftor die Gewichtszunahme und reduzierte die Rate der Lungenexazerbationen um 30 bis 39% gegenüber Placebo.
Komplikationen, die eine Krankenhaus-Un oder den Einsatz von Antibiotika erforderten, traten in den Lumacaftor-Ivacaftor-Gruppen ebenfalls seltener auf.
Die Häufigkeit von unerwünschten Ereignissen war in allen drei Studienarmen ähnlich hoch. Dabei zählte die infektiöse Lungenexazerbation zu den schwersten unerwünschten Effekten. Häufiger als unter Placebo wurden mit Lumacaftor-Ivacaftor Dyspnoe und Brustenge beobachtet. Allerdings verliefen diese Symptome in der Regel leicht bis mittelschwer. Auch die Abbruchrate infolge von Nebenwirkungen fiel mit Lumacaftor-Ivacaftor mit 4,2% etwas höher aus als mit 1,6% unter Placebo.
Fazit
Die Ergebnisse der beiden Studien TRAFFIC und TRANSPORT belegen, dass die Kombination aus Lumacaftor-Ivacaftor bei Mukoviszidose-Patienten mit einer Phe508del-CFTR-Mutation zu signifikanten Verbesserungen hinsichtlich Lungenfunktion, Gewichtszunahme, respiratorischer Symptome und Lungenexazerbationen führt, und dies bei einem akzeptablen Nebenwirkungsprofil. Wesentliche Unterschiede zwischen den beiden eingesetzten Lumacaftor-Dosen wurden nicht beobachtet. Allerdings fiel die Wirkung der Kombinationstherapie schwächer aus als die einer Ivacaftor-Monotherapie bei Mukoviszidose-Patienten mit einer Gly551Asp-Mutation. Die Gründe hierfür könnten in den multiplen und damit schwerer therapiebaren Defekten liegen, die mit einer Phe508del-Mutation verbunden sind.
Wenn die Kombination aus dem CFTR-Korrektor Lumacaftor und dem CFTR-Potentiator Ivacaftor auch nicht ganz die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt hat, so gilt sie doch als potenzielle neue Therapieoption für Mukoviszidose-Patienten mit einer Phe508del-Mutation. Die Kombination erhielt kürzlich die europäische Zulassungsempfehlung.
Quelle
Wainwright CE, et al. Lumacaftor-ivacaftor in patients with cystic fibrosis homozygous for Phe508del CFTR. N Engl J Med 2015;373:220–31.
Arzneimitteltherapie 2015; 33(11)