Dr. Andreas Häckel, Frankfurt/M.
Vorteile gegenüber Ofatumumab bei CLL
In der Phase-III-Studie RESONATE [4] (Tab. 1) bei CLL-Patienten mit rezidivierter oder refraktärer Erkrankung erwies sich Ibrutinib dem Anti-CD20-Antikörper Ofatumumab als klar überlegen: Auch in einer aktualisierten Analyse mit einer medianen Nachbeobachtungszeit von 16 Monaten [3] war unter Ibrutinib das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) noch nicht erreicht, unter Ofatumumab dagegen bereits nach 8,1 Monaten. Das entspricht einer starken und signifikanten Risikoreduktion (Hazard-Ratio [HR]=0,106; 95%-Konfidenzintervall [95%-KI] 0,073–0,153; p<0,001). Nach zwölf Monaten war die PFS-Rate unter Ibrutinib deutlich höher als unter Ofatumumab (84% vs. 18%; p<0,001). Dieses Ergebnis war zudem bei mit dem BTK-Inhibitor behandelten Patienten unabhängig davon, ob Risikofaktoren wie eine 17p-Deletion oder eine Lymphozytose bestand. Allerdings war das PFS bei Patienten mit nur einer Vortherapie unter Ibrutinib signifikant besser (objektives Gesamtansprechen [ORR] 100%) als nach mehreren Vortherapien (ORR 79%). Eine multivariate Subgruppen-Analyse fand für alle Untergruppen einen Vorteil für den BTK-Inhibitor im Vergleich zum Anti-CD20-Antikörper. Auch das Gesamtansprechen nach 16 Monaten war unter Ibrutinib mit neun von zehn Patienten (90%) klar besser als unter Ofatumumab mit 25%.
Tab.1. Studiendesign von RESONATE [nach ClinicalTrials.gov]
Erkrankung |
Chronische lymphatische Leukämie |
Studienziel |
Verbessert Ibrutinib als Monotherapie klinisch signifikant das progressionsfreie Überleben (PFS) im Vergleich zu Ofatumumab bei Patienten mit wiederkehrender oder refraktärer chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) oder kleinzelligem Lymphom (SLL)? |
Studientyp |
Interventionsstudie |
Studienphase |
Phase III |
Studiendesign |
Randomisiert, offen, parallel, multizentrisch |
Eingeschlossene Patienten |
391 |
Intervention |
Ofatumumab; 12 Dosen über 24 Wochen oder bis Progression/unzumutbare Toxizität; Woche 1:300 mg Initialdosis, Woche 2–8:2000 mg einmal wöchentlich, Woche 12, 16, 20 und 24:2000 mg alle 4 Wochen (n = 196) Ibrutinib; 420 mg (3×140-mg-Kapseln) einmal täglich bis Progression/unzumutbare Toxizität (n = 195) |
Primäre Endpunkte |
PFS |
Sekundäre Endpunkte |
Gesamtüberleben (OS), hämatologische Verbesserung |
Sponsor |
Pharmacyclics/Janssen |
Studienregisternummer |
NCT01578707 (ClinicalTrials.gov) |
Sicherheit
Zu den häufigsten Nebenwirkungen, meist in den ersten drei bis sechs Monaten der Behandlung, zählten Blutungen. Sie traten bei knapp der Hälfte (48%) aller Patienten auf, waren überwiegend aber nur leicht ausgeprägt (Grad 1). Sie schließen daher bei regelmäßiger Kontrolle in den ersten Therapiemonaten eine orale Antikoagulation nicht aus. Eine solche bestand bei 155 der Patienten als Begleitmedikation. RESONATE ergab außerdem Vorteile hinsichtlich hämatologisch-immunologischer Parameter (T-/B-Zellzahl) für Ibrutinib [2]. Das erhärten auch 3-Jahres-Daten aus zwei Phase-Ib/II-Studien [4]. Hier bestätigten sich auch im dritten Behandlungsjahr sowohl eine geringe Rate relevanter Infektionen (<10%) als auch anhaltende Verbesserungen des Gesamt- und des progressionsfreien Überlebens.
Fazit
In der Summe erweist sich der BTK-Inhibitor damit heute als fester Baustein in der Erstlinientherapie bei Patienten mit Hochrisiko-CLL sowie bei rezidivierter oder refraktärer CLL unabhängig vom Fitness-Status. Er ist außerdem Bestandteil neuer Therapiestrategien der Deutschen CLL-Studiengruppe, in denen zum Beispiel einer initialen Chemotherapie mit Bendamustin eine Induktions- und Erhaltungstherapie mit Ibrutinib und Obinutuzumab folgt.
Neue Optionen beim Mantelzell-Lymphom
Deutlich unbefriedigender ist derzeit noch die Lage beim Mantelzell-Lymphom (MCL), das nach wie vor die schlechteste Prognose aller nodalen Lymphome hat. Vor allem bei der Rezidivtherapie werden meist extrem kurze Remissionszeiten von nur wenigen Monaten erreicht.
In der Phase-II-Zulassungsstudie [6] zu Ibrutinib sprachen zwei Drittel aller Patienten mit MCL-Rezidiv und meist mehreren Vortherapien partiell (44%) oder komplett (23%) auf den BTK-Hemmer an. Das mittlere progressionsfreie Überleben hierunter war mit 13,9 Monaten deutlich länger als mit herkömmlichen Chemotherapien. Nebenwirkungen wie Blutungen, Infektionen, gastrointestinale und dermatologische Symptome sowie Vorhofflimmern waren zwar häufig [7], aber meist nicht schwer. Sie nahmen zudem im Behandlungsverlauf oft ab. Bestimmte Mutationen, die Proteine wie NF-kappaB, PIM/mTOR oder epigenetische Modifizierer betreffen, prädestinieren nach einer neuen Analyse [1] allerdings für ein Nichtansprechen auf den BTK-Hemmer. Sie könnten sich zum prätherapeutischen Screening eignen.
Quelle
Prof. Dr. Clemens Wendtner, München, Priv.-Doz. Dr. Georg Heß, Mainz; Pressekonferenz „1 Jahr Imbruvica®: Neue Studienergebnisse und erste Praxiserfahrungen zur Therapie mit dem selektiven BTK-Inhibitor“, Frankfurt am Main, 21. Oktober 2015, veranstaltet von Janssen-Cilag GmbH.
Literatur
1. Balasubramanian, et al. ASH 2014; Vortrag, #78.
2. Barrientos JC, et al. ASH 2014, Poster #4696.
3. Brown JR, et al. ASH 2014; Poster #3331.
4. Byrd JC, et al. Ibrutinib versus ofatumumab in previously treated chronic lymphoid leukemia. N Engl J Med 2014;371:213–23.
5. Byrd JC, et al. Three-year follow-up of treatment-naïve and previously treated patients with CLL and SLL receiving single-agent ibrutinib. Blood 2015;125:2497–506.
6. Wang ML, et al. Targeting BTK with ibrutinib in relapsed or refractory mantle-cell lymphoma. N Engl J Med 2013;369:507–16.
7. Wang ML. ASH 2014; Poster #4453.
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Arzneimitteltherapie 2016; 34(01)