Dr. Susanne Heinzl, Reutlingen
Ziel der Therapie des multiplen Myeloms ist es, die Erkrankung in eine chronische Form mit anhaltender kompletter Remission zu überführen und letztendlich eine Heilung zu erreichen. Grundlage der Therapie sind Zytostatika, Glucocorticoide, Proteasomhemmer wie Bortezomib (Velcade®), immunmodulierende Substanzen wie Lenalidomid (Revlimid®) oder Pomalidomid (Imnovid®) und künftig möglicherweise Histondeacetylase-Hemmer wie Panobinostat (Farydak®) sowie monoklonale Antikörper wie Daratumumab (Darzalex®) oder Elotuzumab (Empliciti®).
Antikörper in der Myelomtherapie sind unter anderem deshalb wünschenswert, weil immer mehr Patienten ohne Unterbrechung bis zur Progression der Erkrankung behandelt werden und damit ein hoher Bedarf für wenig toxische und nicht kreuz-resistente Wirkstoffe besteht. Auf der Suche nach dem „Rituximab fürs Myelom“ ergaben sich als myelomspezifische Targets SLAMF7, CD38 und CD138. Mit Elotuzumab steht nun ein an SLAMF7 und mit Daratumumab ein an CD38 angreifender Antikörper zur Verfügung.
SLAMF7-Antikörper Elotuzumab
Elotuzumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der gegen Signaling Lymphocytic Activation Molecule F7 (SLAMF7) gerichtet ist. SLAMF7 wird auf Myelom- und auf natürlichen Killer(NK)-Zellen stark exprimiert, ist jedoch nicht im normalen Gewebe zu finden. Elotuzumab wirkt über einen dualen Mechanismus: Durch Bindung an SLAMF7 aktiviert es direkt NK-Zellen, nicht jedoch Myelom-Zellen. NK-Zellen aktiviert Elotuzumab zudem über CD16, hierdurch können NK-Zellen Myelomzellen selektiv über Antikörper-abhängige zytotoxische Effekte abtöten.
Als Monotherapie gegeben ist die Aktivität von Elotuzumab gering. In der offenen, randomisierten, multizentrischen Phase-III-Studie ELOQUENT-2 war Elotuzumab zusammen mit Lenalidomid (Len) und Dexamethason (Dex) (n=321) mit der Zweierkombination Len/Dex (n=325) bei Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem Myelom verglichen worden. In der 2-Jahres-Auswertung hatte Elotuzumab das Ansprechen und das progressionsfreie Überleben signifikant verbessert [2], beim ASH-Kongress im Dezember 2015 wurden die 3-Jahres-Daten vorgestellt [1]: Der Vorteil beim progressionsfreien Überleben bestand auch noch nach drei Jahren (Hazard-Ratio [HR] 0,73; p=0,0014). Beim Gesamtüberleben zeigte sich ein Trend zu einer Verbesserung durch Elotuzumab (HR 0,77), der p-Wert hatte aber mit 0,0257 die vorbestimmte Signifikanzschwelle noch nicht überschritten. Die zusätzliche Gabe von Elotuzumab zur Zweierkombination führte nur zu wenigen weiteren unerwünschten Wirkungen.
Daratumumab – Angriff an CD38
Der Anti-CD38-Antikörper Daratumumab ist auch in Monotherapie bei multiplem Myelom wirksam. In zwei Phase-II-Studien (GEN501 und SIRIUS) hatte er sich bei stark vorbehandelten Patienten als aktiv und gut verträglich erwiesen. Eine kombinierte Analyse der Ergebnisse mit den Daten von 148 Patienten aus diesen beiden Studien ergab eine Gesamtansprechrate von 31%. Die Einjahres-Überlebensrate lag bei 69%, die Responder überlebten im Median 19,9 Monate [4].
In der Kombination mit Lenalidomid und Dexamethason induzierte Daratumumab ebenfalls ein rasches, tiefes und anhaltendes Ansprechen. Ein beim ASH 2015 präsentiertes Update der Phase-II-Studie GEN503 zeigte mit der Kombination nach einer medianen Beobachtungszeit von 15,6 Monaten eine Gesamtansprechrate von 81% [3]. Nach 18 Monaten überlebten progressionsfrei 72% und insgesamt 90% der Patienten.
Derzeit werden Wirksamkeit und Verträglichkeit von Daratumumab in Kombination mit Lenalidomid und Dexamethason in den beiden Phase-III-Studien POLLUX bei rezidivierten/refraktären Patienten und MAIA bei neu diagnostizierten Patienten untersucht.
Quellen
Prof. Dr. Igor Blau, Berlin, Priv.-Doz. Dr. Markus Munder, Mainz, Satellitensymposium „Myelomtherapie – Bewährtes bleibt, Neues kommt“, veranstaltet von Janssen-Cilag GmbH beim 32. Deutschen Krebskongress, Berlin, 25. Februar 2016.
Literatur
1. Dimopoulos MA, et al. Eloquent-2 update: a phase 3, randomized, open-label study of elotuzumab in combination with lenalidomide/dexamethasone in patients with relapsed/refractory multiple myeloma – 3-year safety and efficacy follow-up ASH-Kongress 2015, Abstract #28.
2. Lonial S, et al. Elotuzumab therapy for relapsed or refractory multiple myeloma. N Engl J Med 2015;373:621–31.
3. Plesner T, et al. Daratumumab in combination with lenalidomide and dexamethasone in patients with relapsed or relapsed and refractory multiple myeloma: updated results of a phase 1/2 study. ASH-Kongress 2015; Abstract #507.
4. Usmani S, et al. Clinical efficacy of daratumumab monotherapy in patients with heavily pretreated relapsed or refractory multiple myeloma. ASH-Kongress 2015, Abstract #29.
Arzneimitteltherapie 2016; 34(05)