Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg
Das maligne Melanom ist die vierthäufigste Krebsart, mit steigender Prävalenz. Obwohl das maligne Melanom nur etwa 5% aller Hautkrebsfälle ausmacht, ist es für mehr als 75% aller Hautkrebs-bedingten Todesfälle verantwortlich. Bei 10% der neu diagnostizierten Patienten befindet sich der Tumor bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. Überdurchschnittlich häufig sind jüngere Menschen betroffen: In etwa 60% der Fälle sind die Patienten jünger als 65 Jahre. In der Altersgruppe 15 bis 34 Jahre ist das maligne Melanom der häufigste Krebs. Die Prognose früh diagnostizierter und therapierter Melanom-Patienten ist günstig. Doch bei metastasierten oder nicht-resezierbaren Melanomen liegt nach einer Erstlinien-Standardtherapie die 3-Jahres-Überlebensrate nur bei etwa 20%. Bisher stand für solche Patienten keine wirksame Therapieoption mehr zur Verfügung.
Hochaffiner Antikörper gegen PD-1
Der Anti-PD-1-Antikörper Pembrolizumab (Keytruda®) steht als Monotherapie zur Behandlung des fortgeschrittenen (nicht resezierbaren oder metastasierenden) Melanoms bei Erwachsenen zur Verfügung.
Es handelt sich um einen hochaffinen, humanisierten, monoklonalen Antikörper, der die Interaktion zwischen dem Checkpoint PD-1 am T-Lymphozyten und dessen Liganden PD-L1 und PD-L2 auf den Tumorzellen blockiert. Dadurch wird die körpereigene Anti-Tumor-Immunantwort der T-Lymphozyten, die von den Tumorzellen ausgeschaltet wird, wieder reaktiviert (Abb. 1). Die Substanz wird in einer Dosierung von 2 mg/kg alle drei Wochen über 30 Minuten infundiert, wobei die Infusionslösung aus einem Konzentrat in Form eines lyophilisierten Pulvers zubereitet wird.

Abb. 1. Pembrolizumab unterbindet die Interaktion von PD-1 mit seinem Liganden. Dadurch wird die durch den Tumor unterdrückte Immunreaktion der T-Lymphozyten wieder hergestellt [mod. nach 4]
Umfassendes Studienprogramm
Die erwartete Zulassung von Pembrolizumab basiert auf großen offenen internationalen multizentrischen Studien (KEYNOTE-001, -002 und -006).
In der KEYNOTE-001-Studie wurde Pembrolizumab bei Patienten mit einem fortgeschrittenen Melanom, die bereits mit Ipilimumab oder einem BRAF- bzw. MEK-Inhibitor bei BRAF-Mutation vorbehandelt waren, untersucht. Es fand sich eine Gesamtansprechrate von 25% [1].
In der KEYNOTE-002-Studie wurde bei 540 Patienten Pembrolizumab mit einer Chemotherapie verglichen. Unter einer Dosierung von 2 mg/kg lag die Rate der Patienten mit progressionsfreien Überleben nach sechs Monaten bei 34% und nach neun Monaten bei 24% im Vergleich zu 16% bzw. 8% unter einer Chemotherapie [2].
Im Rahmen der KEYNOTE-006-Studie wurde Pembrolizumab mit Ipilimumab bei Patienten ohne Ipilimumab-Vorbehandlung verglichen, wobei Pembrolizumab alle zwei oder alle drei Wochen gegeben wurde. Die 1-Jahres-Überlebensraten lagen bei der zweiten Interimsanalyse unter Pembrolizumab bei 74,1% (alle zwei Wochen) bzw. bei 68,4% (alle drei Wochen) im Vergleich zu 58,2% bei Ipilimumab (Hazard-Ratio [HR] 0,63; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,47–0,83; p<0,0005 bzw. HR 0,69; 95%-KI 0,52–0,90; p=0,0036). Bei den Ansprechraten war Pembrolizumab ebenfalls signifikant überlegen. Sie lagen mit Pembrolizumab bei 33,7% bzw. 32,9% im Vergleich zu 11,9% unter Ipilimumab [3].
Deutlich bessere Verträglichkeit
Die häufigsten unerwünschten Nebenwirkungen (>10%) unter Pembrolizumab waren Pruritus, Arthralgien, Hautausschlag und Abdominalschmerzen, wobei meist ein Schweregrad von 1 oder 2 vorlag. Während in der Pembrolizumab-Gruppe die immunvermittelten Nebenwirkungen an Lunge, Leber, Darm, Niere, Schilddrüse und Haut überwogen, waren dies in der Chemotherapie-Gruppe die Knochenmarkschädigung und die Polyneuropathie. Insgesamt wurde Pembrolizumab deutlich besser vertragen als die Chemotherapie.
Beträchtlicher Zusatznutzen
Angesichts der Daten aus der KEYNOTE-006-Zulassungsstudie wurde im Rahmen der frühen Nutzenbewertung entsprechend dem AMNOG-Verfahren Pembrolizumab im Vergleich zur bisherigen Standardtherapie mit Ipilimumab ein beträchtlicher Zusatznutzen für vorbehandelte Patienten und nicht vorbehandelte Patienten ohne BRAF-V600-Mutation attestiert. Dabei wird auf das längere Gesamtüberleben hingewiesen und auch auf die Tatsache, dass schwere unerwünschte Ereignisse (insbesondere immunvermittelte) sowie Abbrüche wegen unerwünschter Ereignisse später auftreten.
Für nicht vorbehandelte Patienten mit BRAF-V600-Mutation wurde kein Zusatznutzen gegenüber der Vergleichstherapie mit Vemurafenib gesehen. Dieser Beschluss wurde nicht befristet.
Fazit
Pembrolizumab ist der erste Antikörper gegen PD-1 für die Therapie des fortgeschrittenen malignen Melanoms. Entsprechend der Ergebnisse der Zulassungsstudien wurde dem Checkpoint-Inhibitor im Rahmen des AMNOG-Verfahrens bei bestimmten Patientengruppen ein beträchtlicher Zusatznutzen zugesprochen.
Quelle
Prof. Dirk Schadendorf, Essen, Prof. Dr. Viktor Grünwald, Hannover; Meet-the-Experts „Pembrolizumab: Wenn Innovation auf das System trifft“, veranstaltet von MSD Sharp & Dohme GmbH im Rahmen des 32. Deutschen Krebskongresses, Berlin, 26. Februar 2016.
Literatur
1. European Medicines Agency. EPAR 2015 Keytruda®. www.ema.europa.eu (Zugriff am 11.03.16)
2. Ribas A, et al. Pembrolizumab versus investigator-choice chemotherapy for ipilimumab-refractory melanoma (KEYNOTE-002): a randomised, controlled, phase 2 trial. Lancet Oncol 2015;16:908–18.
3. Robert C, et al. Pembrolizumab versus ipilimumab in advanced melanoma. N Engl J Med 2015; 372:2521–32.
4. Livingstone E, e al. Medikamentöse Therapie des metastasierten malignen Melanoms. Arzneimitteltherapie 2016;34:14–22.
Arzneimitteltherapie 2016; 34(05)