Rheumatoide Arthritis

Behandlungserfolge mit Baricitinib


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Dr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen

Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis, die zuvor erfolglos sowohl mit konventionellen Behandlungsmethoden als auch mit einem oder mehreren biologischen Medikamenten therapiert worden waren, konnte der Januskinase-1- und -2-Inhibitor Baricitinib die Krankheitsaktivität bei einem akzeptablen Nebenwirkungsprofil signifikant reduzieren.

Die rheumatoide Arthritis ist charakterisiert durch eine entzündliche Autoimmunantwort, die durch zahlreiche Zellpopulationen und Zytokine hervorgerufen wird. Biologische Therapien, welche T- oder B-Zellen und Zytokine wie Tumornekrosefaktor alpha (TNF-α) oder Interleukin 6 als „Zielscheibe“ haben, konnten das Behandlungsergebnis bei Patienten verbessern, die auf die konventionellen krankheitsmodifizierenden antirheumatischen Wirkstoffe (DMARDs) wie Methotrexat nicht mehr ansprachen. Allerdings wirken auch diese biologischen Mittel nicht bei allen Patienten oder sind mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden.

Viele Mediatoren, die an entzündlichen Autoimmunreaktionen beteiligt sind, vermitteln ihre Signale über die Januskinasefamilie (JAK1, JAK2, JAK3) und Tyrosinkinase 2. Derzeit sind verschiedene kleinmolekülige JAK-Inhibitoren mit unterschiedlichen Bindungsspezifitäten für die JAK-Familie in der klinischen Entwicklung. Baricitinib ist ein spezifischer JAK1- und JAK2-Inhibitor, der in Phase-II-Studien bei Patienten mit rheumatoider Arthritis, die mit den konventionellen synthetischen DMARDs keinen zufriedenstellenden Therapieerfolg erreichten, Wirksamkeit zeigte.

Studienziel und -design

Ziel der vorliegenden Phase-III-Studie (RA-BEACON) war es, Sicherheit und Wirksamkeit von Baricitinib bei Patienten zu untersuchen, die sowohl mit den konventionellen synthetischen DMARDs als auch mit biologischen Mitteln keine ausreichende Therapieantwort erreichten oder bei denen die Behandlung mit zu belastenden Nebenwirkungen verbunden war (Tab. 1).

Für die Placebo-kontrollierte, doppelblinde Studie wurden zwischen Januar 2013 und März 2014 an 178 klinischen Zentren in 24 Ländern 527 betroffene Patienten ab einem Alter von 18 Jahren rekrutiert. Die Probanden wurden im Verhältnis 1:1:1 randomisiert in folgende drei Studienarme aufgeteilt:

  • 2 mg Baricitinib
  • 4 mg Baricitinib
  • Placebo

Tab. 1. RA-BEACON: Studiendesign [nach Genovese MC, et al. 2016]

Erkrankung

Rheumatoide Arthritis (RA)

Studienziel

Sicherheit und Wirksamkeit von Baricitinib bei RA-Patienten, die mit konventionellen synthetischen DMARDs und Biologika keine ausreichende Therapieantwort erreichten oder mit belastenden Nebenwirkungen

Studientyp/Phase

Intervention/Phase III

Studiendesign

Multizentrisch, randomisiert, parallel, doppelblind, Placebo-kontrolliert

Eingeschlossene Patienten

527

Intervention

  • Baricitinib, 2 mg
  • Baricitinib, 4 mg
  • Placebo

Primärer Endpunkt

Anteil der Patienten mit American College of Rheumatology 20%(ACR20)-Antwort in Woche 12

Sponsor

Eli Lilly

Studienregisternummer

NCT01721044
(ClinicalTrials.gov)

DMARDs: Konventionelle krankheitsmodifizierende antirheumatische Wirkstoffe (disease-modifying anti-rheumatic drugs)

Die Studienmedikationen wurden jeweils einmal täglich über 24 Wochen oral gegeben. Primärer Studienendpunkt war der Anteil der Patienten, der in Woche 12 eine American College of Rheumatology 20%(ACR20)-Antwort zeigte. Die ACR20-Antwort bedeutet eine Reduktion von 20% in der Anzahl der empfindlichen und geschwollenen Gelenke sowie eine Verbesserung von 20% oder mehr in verschiedenen ACR-Messgrößen. Zu den wichtigsten zählen:

  • die Health Assessment Questionnaire-Disabilitiy Index-Punktezahl (HAQ-DI), mit der die Patienten ihre körperlichen Funktionen beurteilen,
  • der 28 Punkte umfassende Disease Activity Score (DAS28-CRP), eine Krankheitsaktivitätsskala, die auf der Konzentration an C-reaktivem Protein basiert,
  • eine vereinfachte Krankheitsaktivitäts-Indexskala (SDAI) von 3,3 oder weniger (auf einer Skala von 0,1 bis 86,0; wobei eine Punktezahl von 3,3 oder weniger eine Remission bedeutet).

Die Vergleiche mit Placebo wurden zuerst mit der 4-mg-Dosis von Baricitinib und anschließend mit der 2-mg-Dosis durchgeführt.

Studienergebnis

Signifikant mehr Patienten, die mit 4 mg Baricitinib behandelt wurden, erreichten eine ACR20-Antwort im Vergleich zu Probanden unter Placebo (55% versus 27%; p<0,001).

Auch auf der DAS28-CRP und der HAQ-DI-Punkteskala erzielten Personen aus dem 4-mg-Baricitinib-Arm signifikant größere Verbesserungen in Woche 12 im Vergleich zu Placebo-Empfängern (p<0,001 für beide Vergleiche). Auf der SDAI-Punkteskala von 3,3 oder weniger konnte allerdings kein wesentlicher Unterschied zwischen der 4-mg-Dosis von Baricitinib und Placebo festgestellt werden.

Subgruppenanalysen ergaben keine deutlichen Hinweise auf unterschiedliche Behandlungseffekte im Hinblick auf die Anzahl oder den Typus der zuvor eingesetzten biologischen DMARDs.

Während der 24-wöchigen Behandlungsperiode traten unter der 2-mg- und 4-mg-Baricitinib-Dosis häufiger unerwünschte Ereignisse auf als mit Placebo (71% beziehungsweise 77% gegenüber 64%), einschließlich Infektionen (44% und 40% versus 31%). Schwere Nebenwirkungen wurden in den drei Behandlungsgruppen mit einer Häufigkeit von 4%, 10% und 7% beobachtet. In der 4-mg-Baricitinib-Gruppe ereigneten sich zwei größere kardiovaskuläre Zwischenfälle, darunter ein tödlich verlaufender Schlaganfall; zwei Patienten entwickelten einen nicht-melanomatösen Hauttumor. Außerdem war die Einnahme von Baricitinib mit einem kleinen Rückgang in der Konzentration von Neutrophilen und Anstiegen im Serumcreatinin- und Low Density-Lipoprotein(LDL)-Cholesterol-Spiegel verknüpft.

Fazit der Studienautoren

Die vorliegende Studie belegt die klinische Wirksamkeit einer selektiven Hemmung von JAK1 und JAK2 mit einer einmal täglich oral verabreichten Dosis von Baricitinib bei Patienten mit aktiver rheumatoider Arthritis, die zuvor refraktär war, sowohl gegenüber einer aggressiven Behandlung mit konventionellen synthetischen als auch neueren biologischen DMARDs. Die Behandlungseffekte nach 12 Wochen waren mit der höheren Baricitinib-Dosis von 4 mg größer als mit der 2-mg-Dosis. Die Nebenwirkungen von Baricitinib umfassten leichtere Infektionen sowie abnorme Laborergebnisse im Hinblick auf LDL-Cholesterol- und Creatininspiegel, die aber nicht zu einem Therapieabbruch führten. Der Behandlungserfolg von Baricitinib war unabhängig von der Anzahl und dem Typus der zuvor eingesetzten Medikamente. Die Aufgabe weiterer Studien ist es nun, die Langzeitwirksamkeit und Sicherheit des selektiven JAK1- und JAK2-Inhibitors näher zu untersuchen.

Quelle

Genovese MC, et al. Baricitinib in patients with refractory rheumatoid arthritis. N Engl J Med 2016;374:1243–52.

Arzneimitteltherapie 2016; 34(07)