Pulmonale Hypertonie

Auch langfristige Therapieeffekte durch Riociguat


Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg

Der sGC-Stimulator Riociguat konnte im Rahmen der Zulassungsstudien PATENT 1 und CHEST 1 sein günstiges Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil bei pulmonal arterieller (PAH) und chronisch-thromboembolischer pulmonaler Hypertonie (CTEPH) unter Beweis stellen. Dieses günstige Nutzen-Risiko-Profil bestätigte sich auch bei einer Langzeittherapie über zwei Jahre, so das Fazit eines von der Firma MSD veranstalteten Pressegesprächs.

Von einer pulmonalen Hypertonie (PH) spricht man, wenn der mittlere Druck in der Pulmonalarterie (mPAP) 25 mmHg beträgt. Bei den meisten betroffenen Patienten wird die Diagnose verzögert gestellt, nämlich erst dann, wenn der mPAP um mehr als das Doppelte erhöht ist. Verantwortlich dafür ist, dass das Leitsymptom der Erkrankung – die Dyspnoe – sehr unspezifisch ist und deshalb die Erkrankung häufig zunächst als Asthma bronchiale, COPD oder hypertensive Herzerkrankung fehldiagnostiziert wird. Hinweise auf das Vorliegen einer PH sind Zeichen der Rechtherzbelastung im EKG und/oder Röntgenthorax. Am aussagekräftigsten ist jedoch die Farbdoppler-Echokardiographie, die eine zuverlässige Bestimmung des PAP auf nichtinvasivem Weg erlaubt. Endgültig gesichert wird die Diagnose mittels Rechtsherzkatheter-Untersuchung. Bei Verdacht auf eine CTEPH (chronisch-thromboembolische PH) ist auch immer eine kombinierte Perfusions-/Ventilationsszintigraphie indiziert, um das für diese Erkrankung typische Perfusions-Ventilations-Mismatch nachweisen zu können.

Verschiedene Formen der PH

Die klinische Klassifikation der PH umfasst fünf verschiedene Formen:

  • Pulmonal arterielle Hypertonie (PAH)
  • PH auf dem Boden von Linksherzerkrankungen
  • PH auf dem Boden von Lungenerkrankungen und/oder Hypoxie
  • Chronisch-thromboembolische PH (CTEPH)
  • PH auf dem Boden unklarer multifaktorieller Mechanismen

Nur bei der PAH und der CTEPH spielt sich die Erkrankung primär in den Gefäßen ab (Abb. 1). Die PAH ist eine idiopathische Erkrankung, die vorwiegend bei jüngeren Patienten auftritt und innerhalb weniger Jahre zum Tod führt. Für sie stehen heute eine Reihe medikamentöser Therapieverfahren zur Verfügung. Die Therapie der Wahl bei der CTEPH ist die pulmonale Endarteriektomie. Eine medikamentöse Therapie kommt nur bei nicht operablen Patienten oder bei solchen mit einem Rezidiv oder Persistenz der Symptome nach der Operation zum Einsatz. Gemäß der aktuellen Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) werden Endothelin-Rezeptor-Antagonisten, Phosphodiesterase-5-Inhibitoren, Prostacyclin-Analoga und Riociguat (Adempas®) empfohlen.

Abb. 1. Gefäßveränderung bei Lungenhochdruck (PAH)

Riociguat: Ein sGC-Stimulator

Riociguat ist der erste Vertreter einer neuen Wirkstoffklasse, die die lösliche Guanylatcyclase (sGC) stimuliert. Die sGC ist ein im Herz-Kreislauf-System weit verbreitetes Enzym, das an Stickstoffmonoxid (NO) bindet und die Synthese von zyklischem Guanosinmonophospat (cGMP) katalysiert. cGMP reguliert verschiedene zelluläre Funktionen wie Gefäßtonus, Zellvermehrung, Fibrose und Entzündung. Bei Patienten mit einer PH ist die körpereigene NO-Bildung vermindert und der NO-sGC-cGMP-Signalweg unzureichend stimuliert. Riociguat hat einen dualen Wirkungsmechanismus, es stimuliert die sGC sowohl NO-synergistisch als auch NO-unabhängig.

PATENT- und CHEST-Studie

Riociguat ist zugelassen für PAH-Patienten der WHO-Funktionsklassen II und III als Monotherapie oder in Kombination mit Endothelin-Rezeptorantagonisten und für Patienten mit einer CTEPH der WHO-Funktionsklassen II und III, wenn eine pulmonale Endarteriektomie nicht möglich ist oder die CTEPH postoperativ persistiert oder rezidiviert.

Die Zulassung basiert auf den Ergebnissen der PATENT-1-Studie [1] bei Patienten mit einer PAH und der CHEST-1-Studie [2] bei CTEPH-Patienten. In beiden Studien führte die Substanz in einer Dosierung von bis zu 2,5 mg dreimal täglich zu einer signifikanten Verlängerung der 6-Minuten-Gehstrecke, und zwar bei PAH-Patienten um 36 Meter nach 12 Wochen und bei CTEPH-Patienten um 46 Meter nach 16 Wochen im Vergleich zu Placebo (p<0,001). Bei etwa 10% der behandelten Patienten traten Nebenwirkungen auf, wobei am häufigsten Kopfschmerzen, Schwindel, Dyspepsie, periphere Ödeme, Übelkeit, Diarrhöen und Erbrechen angegeben wurden.

Effektiv auch bei Langzeittherapie

Um Riociguat in der Langzeittherapie prüfen zu können, wurden diese beiden Studien offen als PATENT-2- und CHEST-2-Studie weitergeführt. In die PATENT-2-Studie [3] wurden 396 Patienten mit einer PAH eingeschlossen, von denen 84% das Arzneimittel über mindestens zwei Jahre erhalten hatten. Die mediane Verbesserung der 6-Minuten-Gehstrecke lag bei 47 Metern; 33% der Patienten hatten ihre WHO-Klasse verbessert und bei 58% war eine Stabilisierung eingetreten. Auch kam es zu einer Abnahme der NT-proBNP-Konzentration und einer Verbesserung des Borg-Dyspnoe-Scores. In Kaplan-Meier-Analysen ergab sich über den 2-Jahres-Zeitraum eine Rate von 93% für das Gesamtüberleben und von 79% für das Überleben ohne klinische Verschlechterung.

In der CHEST-2-Studie [4] konnte auch bei CTEPH-Patienten nach zwei Jahren die Wirksamkeit und Sicherheit von Riociguat bestätigt werden. Die 6-Minuten-Gehstrecke hatte gegenüber dem Ausgangswert um 50 Meter zugenommen; 54% der Patienten waren zuletzt in der WHO-Funktionsklasse II im Vergleich zu 35% zu Beginn der Studie. Auch beim Dyspnoe-Score, der Lebensqualität und dem NT-proBNP-Spiegel konnte nach zwei Jahren eine Verbesserung dokumentiert werden. Das Gesamtüberleben nach zwei Jahre betrug 93%, das Überleben in dieser Zeit ohne klinische Verschlechterung 82%.

Fazit

Riociguat ist der erste Vertreter einer neuen Substanzgruppe für die Behandlung von Patienten mit einer PAH oder CTEPH, wenn eine pulmonale Endarteriektomie nicht möglich oder nicht erfolgreich ist. Die Substanz ist ein Stimulator der löslichen Guanylatcyclase, was zu einer vermehrten Bildung von vasoprotektivem cGMP führt. Die günstigen Ergebnisse der PATENT-1- und CHEST-1-Studie mit einer signifikanten Verlängerung der 6-Minuten-Gehstrecke und das Sicherheitsprofil konnten auch im Langzeitverlauf über zwei Jahre dokumentiert werden.

Quelle

Priv.-Doz. Dr. med. Hanno Leuchte, München, Prof. Dr. med. H. Ardeschir Ghofrani, Gießen/Bad Nauheim; Pressekonferenz: „Wirksam hoch2 – Zwei Jahre Therapieerfahrung mit Adempas® bei zwei Formen des Lungenhochdrucks“, Hamburg, 16. Juni 2016, veranstaltet von MSD Sharp & Dohme GmbH.

Literatur

1. Ghofrani HA, et al. Riociguat for the treatment of pulmonary arterial hypertension. N Engl J Med 2013;369:330–40.

2. Ghofrani HA, et al. Riociguat for the treatment of chronic thromboembolic pulmonary hypertension. N Engl J Med 2013;369:319–29.

3. Ghofrani HA, et al. Predictors of long-term outcomes in patients treated with riociguat for pulmonary arterial hypertension: data from the PATENT-2 open-label, randomised, long-term extension trial. Lancet Respir Med 2016;4:361–71.

4. Simonneau G, et al. Predictors of long-term outcomes in patients treated with riociguat for chronic thromboembolic pulmonary hypertension: data from the CHEST-2 open-label, randomised, long-term extension trial. Lancet Respir Med 2016;4:372–80.

Arzneimitteltherapie 2016; 34(09)