Enzymersatztherapien in der Neurologie


Stephan Wenninger und Benedikt Schoser, München

Für eine ausgewählte Gruppe der im Allgemeinen sehr seltenen genetisch bedingten lysosomalen Speichererkrankungen bietet heutzutage die Enzymersatztherapie (EET) das Mittel der Wahl, um den Erkrankungsprozess nachweislich zu verlangsamen. Mit der Entwicklung der EET für den M. Gaucher folgten auf neurologischem Gebiet für diese Multisystemerkrankungen Ersatztherapien für M. Fabry, M. Pompe und die Mukopolysaccharidosen I, II und VI. In den nun knapp 20 Jahren Erfahrung in der Enzymersatztherapie ist ein klarer Nutzen für alle Wirkstoffe bei überschaubarem Nebenwirkungsprofil nachgewiesen, wenngleich für alle EET eine klare Limitation bei zentral-nervösen Symptomen besteht. Eine EET ist in der Regel lebenslang notwendig, was allerdings einen sehr hohen Kostenfaktor und damit eine gesundheitsökonomische Herausforderung darstellt. Die Entwicklung neuerer Substanzen, die sowohl einen Kosten-Nutzen-Vorteil gegenüber den bisher verfügbaren Wirkstoffen als auch positiven Einfluss auf zentralnervöse Symptome bietet, ist damit unerlässlich.

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Arzneimitteltherapie 2016;34:298–306.

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Entwicklung und allgemeine Aspekte der Enzymersatztherapie

Enzymersatztherapien (EET) stellen seit den 70er-Jahren die wesentliche Therapieoption bei den mehr als 50 bekannten, genetisch bedingten lysosomalen Speichererkrankungen dar, die unbehandelt zu schweren Multisystemerkrankungen führen. Durch die Entwicklung der spezifischen EET kann für alle Erkrankungen eine Stabilisierung oder Verlangsamung der Krankheitsprogression erreicht werden. Wesentliche Vertreter dieser im Allgemeinen sehr seltenen Erkrankungen sind auf neurologischem Gebiet Morbus Gaucher, Morbus Pompe, Morbus Fabry, Morbus Niemann-Pick sowie die Mukopolysaccharidosen (Tab. 1).

Tab. 1. Genetisch bedingte lysosomale Speichererkrankungen und ihre Behandlungsmöglichkeiten

Erkrankung

Vererbung

Inzidenz ca. (Angaben schwankend)

Erstbe-schreibung

Vermindertes Enzym

Akkumulation von

Verfügbare Wirkstoffe in der EU

Handelsname

Hersteller

Zulassung EU

Empfohlene Dosierung

JTK [EUR]

Patienten mit Antikörpern [%]; nach [14]

M. Gaucher

Autosomal rezessiv

1:60000 1:1000 bei Aschkenasim

1882

Beta-Glucocerebrosidase

Glucocerebroside

Imiglucerase

Cerezyme®

Genzyme

1997

300000

15%

Veraglucerase alfa

VPRIV®

Shire

2010

635000

2%

SRT: Miglustat

Zavesca®

Actelion

2009

3×100 mg/Tag

120000

SRT: Eliglustat

Cerdelga®

Genzyme

2015

2×84 mg/Tag

331000

M. Fabry

X-chromosomal rezessiv

1:80000

1890

Alpha-Galactosidase

Globotriaosyl-ceramide

Agalsidase beta

Fabrazyme®

Genzyme

2001

1,0 mg/kg

alle 2 Wochen

255000

ca. 70%

Agalsidase alfa

Replagal®

Shire

2001

0,2 mg/kg

alle 2 Wochen

261000

ca. 65%

Chaperon:

Migalastat

Galafold®

Amicus

2016

123 mg (1 Kps) alle 2 Tage

290000

M. Niemann-Pick

Autosomal rezessiv

Typ A und B

1:250000

1914

Saure Sphingomyelinase

Sphingomyelin

Studie: Olipudase alfa

N.N.

Genzyme

k.A.

Typ C

1:130000

Cholesterin, Glykosphingolipide

SRT: Miglustat

Zavesca®

Actelion

2009

3×200 mg/Tag

120000

M. Pompe (GSD 2)

Autosomal rezessiv

1:200000

1936

Alpha-1,4-Glucosidase

Glykogen

Alglucosidase alfa

Myozyme®

Genzyme

2006

20 mg/kg

alle 2 Wochen

490000

100%

MPS I
(Hurler)

Autosomal rezessiv

1:145000

1919

Alpha-L-Iduronidase

Glykosaminoglykane, Dermatan- und Heparansulfat

Laronidase (Alpha-L-Iduronidase)

Aldurazyme®

BioMarin/Genzyme

2003

0,58 mg/kg wöchentlich

662000

97%

MPS II
(Hunter)

X-chromosomal rezessiv

1,3:100000

1917

Iduronat-2-Sulfatase

Idursulfase (Iduronat-2-Sulfatase)

Elaprase®

Shire

2007

0,5 mg/kg wöchentlich

1,1 Mio.

47%

MPS VI
(Maroteaux-Lamy)

Autosomal rezessiv

1:455000

1963

Arylsulfatase

Galsulfase

Naglazyme®

Genzyme

2006

1,0 mg/kg wöchentlich

1,3 Mio.

97%

GSD: Glykogenspeicherkrankheit; JTK: Jahrestherapiekosten in EUR bei 70 kg Körpergewicht, Stand 07/2016, Einzelpreisgrundlage, gerundet (auf Daten in AIDKlinik® zurückzuführen, können sich je nach Apothekenverträgen ändern); k.A.: keine Angabe; M.: Morbus; MPS: Mukopolysaccharidose; N.N.: Nomen nominandum; SRT: Substratreduktionstherapie

Bereits 1964 wurde von de Duve die EET als Behandlungsoption lysosomaler Speichererkrankungen angedacht, wenngleich anfängliche Enzymersatztherapieversuche mangels Kenntnissen über Mechanismen wie Rezeptor-vermittelte Endozytose und mangels ausgereifter Herstellungsprozesse für hochgereinigte Enzyme nur unzureichende Ergebnisse lieferten. Pilotstudien Anfang der 70er-Jahre zeigten bei der Sandhoffschen Erkrankung, bei M. Gaucher, M. Fabry und M. Pompe mit hochgereinigten humanen Enzymen, dass diese nach Hydrolysierung in ihr natürliches Substrat rasch im Zielgewebe aufgenommen und dort auch in ausreichender Konzentration nachgewiesen werden konnten. Zunächst wurde die EET erfolgreich bei der nicht-neuronopathischen Form des M. Gaucher (Beta-Glucosidase-Defizienz) 1991 etabliert, was als Durchbruch der EET galt. Stimuliert durch diesen Therapieerfolg folgten Klonierung von cDNAs und der kodierenden Gene der meisten humanen lysosomalen Enzyme. Später waren die biotechnischen Methoden so gut weiterentwickelt, dass ausreichend große Mengen humanes rekombinantes Protein hergestellt werden und weitere klinische Studien bei lysosomalen Speichererkrankungen erfolgen konnten.

Der Transport des zugeführten Enzyms erfolgt bei jeder EET mit Ausnahme der optionalen intrathekalen Gabe bei Mukopolysaccharidosen über die Blutbahn zu den entsprechenden Organen. Dort kann das Enzym über spezifische Rezeptoren (z.B. Mannose-6-Phosphat-Rezeptor) auf der Zelloberfläche andocken und als Rezeptor-Enzym-Komplex seine enzymatische Aktivität intrazellulär entwickeln [15] (Abb. 1). Ein Abbau von extrazellulären Bestandteilen oder eine Wirkung im zentralen Nervensystem kann bei den EET aufgrund der nicht oder nur sehr schwer überwindbaren Blut-Hirn-Schranke nicht wesentlich erfolgen. Die EET ist in der Regel lebenslang notwendig, die Wirkung ist dosisabhängig und eine Unterbrechung oder Beendigung der EET führt in unterschiedlicher Geschwindigkeit zum erneuten Auftreten von Symptomen oder zur rascheren Krankheitsprogredienz [3]. Unverträglichkeitsreaktionen und Antikörperbildungen gegen das exogen zugeführte Enzym sind unterschiedlich häufig und können den therapeutischen Effekt und damit das klinische Outcome mindern. Bei den meisten Patienten kann nach etwa drei Monaten nach Therapiebeginn mit EET ein IgG-Antikörper gegen das rekombinante Enzym nachgewiesen werden. Ob diese Antikörper für das Auftreten von infusionsbedingten allergischen Reaktionen verantwortlich sind, ist zurzeit ebenso unklar wie die Bedeutung der Höhe der Antikörpertiter. Bei nur wenigen Studien konnte gezeigt werden, dass bei sehr hohen Antikörpertitern eine Infusionsreaktion auftritt beziehungsweise das zugeführte Enzym vor Erreichen des Zielgewebes inaktiviert wird. Das immunogene Ansprechen beziehungsweise eine immunogene Reaktion auf eine EET wird primär durch die körpereigene Rest-Enzymaktivität determiniert, die bei weniger als 1% Restaktivität mit hoher Wahrscheinlichkeit auftritt. Bei allen Patienten mit M. Gaucher Typ 1 (GD1) kann eine verminderte, aber nicht völlige Abwesenheit der Beta-Glucocerebrosidase-Aktivität nachgewiesen werden, sodass hier ein immunogenes Ansprechen auf die EET in weniger als 15% der Behandelten auftritt [14, 47]. Diese Antikörper beeinträchtigen nicht die Effektivität und nur selten kommt es zu infusionsassoziierten allergischen Antikörperreaktionen. Im Gegensatz dazu werden bei sehr vielen Patienten mit M. Fabry, bei denen keine residuale Enzymaktivität besteht, allergische Infusionsreaktionen beobachtet (grippales Syndrom, Fieber, Rigor), die aber ebenfalls nicht die Effektivität der Therapie beeinflussen und ähnlich der Interferon-Nebenwirkungen klinisch gut beherrschbar sind durch Verlangsamung der Infusionsgeschwindigkeit und/oder antihistaminerger und antipyretischer Vorbehandlung. Als ernsthafte Nebenwirkung der EET ist bisher nur ein nephrotisches Syndrom bei einem Pompe-Patienten unter einer EET beschrieben [14].

Abb. 1. Funktionsweise der Enzymersatztherapie am Beispiel der Alglucosidase alfa [nach 48]

In den nunmehr mehr als 20 Jahren Erfahrung mit EET bei verschiedensten lysosomalen Speichererkrankungen kann von einer sicheren und wirksamen Anwendung gesprochen werden, die nachweislich die Krankheitsprogression verlangsamt. Dennoch bleibt zu bedenken, dass EET sehr teuer sind und eine große gesundheitsökonomische Herausforderung darstellen. Die weitere Entwicklung alternativer Behandlungsstrategien wie die Substratreduktionstherapie (SRT) oder Chaperon-Therapie sind damit unerlässlich. Grundlage vielfacher, ethisch geprägter Diskussionen ist weiterhin das Neugeborenen-Screening und damit die Frage nach dem Beginn einer solchen EET: bei Bekanntwerden der Erkrankung oder beim Auftreten erster Symptome. In Ermangelung fehlender allgemeingültiger Empfehlungen ist ebenso unklar, zu welchem Zeitpunkt eine EET beendet werden sollte.

Enzymersatztherapie bei M. Fabry

Pathogenese und Klinik

Die verminderte Aktivität der Alpha-Galactosidase beim Morbus Fabry ist X-chromosomal vererbt und führt durch den verminderten Abbau von Globotriaosylceramid (Gb3 oder GL-3) und damit Akkumulation in Endothelzellen zu einer Multisystemerkrankung. Das Auftreten der ersten Symptome und die Schwere des klinischen Verlaufs hängen von der Enzym-Restaktivität und Dauer bis zur Diagnosestellung ab und können je nach Organbefall unterschiedlich stark ausgeprägt sein [38]. Klinisch kommt es ab dem Kindesalter häufig zu schweren Akroparästhesien, Gelenkschmerzen, Angiokeratomen sowie vielfältigen schmerzhaften gastrointestinalen Symptomen. Weitere regelmäßig betroffene Organe und daraus resultierende Symptome betreffen Nieren (Proteinurie), Herz (Kardiomyopathie) sowie autonomes, peripheres und zentrales Nervensystem (Anhidrose, Parästhesien, transitorische ischämische Attacke [TIA], Hirnischämie), wobei die zentral-neurologischen Symptome auf Durchblutungsstörungen durch Globotriasocylceramid-Ablagerungen und Endotheldysfunktion der kleinen Gefäße zurückgeführt werden [14, 18, 19, 25, 31].

Therapie

Die beiden in der EU verfügbaren EET-Substanzen wurden in mehreren Tierversuchsstudien miteinander verglichen und zeigten eine Überlegenheit der Agalsidase beta bei der Aufnahme in Herz- und Nierenzellen, was im Vergleich zur Agalsidase alfa auf die höhere Anzahl an Mannose-6-Phosphat-Bindungsstellen zurückgeführt wurde [39]. Durch zwei Phase-I-Studien konnte die Sicherheit und Effektivität der Enzymersatztherapie mit Agalsidase beta (Fabrazyme®) in einer Dosierung von 1,0 mg/kg Körpergewicht alle zwei Wochen belegt werden [14]; zudem wurde gezeigt, dass sich neben der Schmerzreduktion auch Nierenfunktion sowie kardiale und gastrointestinale Symptome verbessern und sich der zerebrale Blutfluss normalisieren kann [14, 31, 43]. Für Agalsidase alfa (Replagal®) wurde in den US-Zulassungsstudien in einer Dosierung von 0,2 mg/kg Körpergewicht alle zwei Wochen in den Endpunkten Schmerzreduktion, Besserung der Nierenfunktion sowie GL3-Spiegel in Herzmuskelzellen kein signifikanter Benefit durch die US-amerikanische Arzneimittelzulassungsbehörde FDA anerkannt, sodass dieses in den USA keine Zulassung erhielt [14, 52]. Nach nunmehr knapp 15 Jahren seit Erstzulassung existieren leider immer noch keine aussagekräftigen Langzeitstudien zum Vergleich in der Effektivität der beiden Substanzen. Die Daten einer Metaanalyse zeigen aber eine signifikante Verlangsamung in der Krankheitsprogression, besonders bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion [40].

Anfang 2016 wurde das Chaperon Migalastat (Galafol®, Amicus Therapeutics) in der EU zugelassen und ist damit der erste zugelassene orale Wirkstoff bei bestimmten ursächlichen Genveränderungen bei M. Fabry. Die Therapie ist genotypisch, das heißt, nur bei Patienten mit bestimmten Genveränderungen einsetzbar, die allerdings bei etwa 50% der Patienten zu finden ist. Um herauszufinden, ob Patienten für diese Chaperon-Therapie geeignet sind, steht eine Web-Anwendung zur Verfügung (Fabry_CEP). Chaperone an sich stellen einen relativ neuen Ansatz bei den lysosomalen Speichererkrankungen dar, indem sie durch Bindung an das defekte Enzym die Stabilität des falsch gefalteten Enzyms durch Entfaltung erhöhen und damit nach Transport in die Zelle dessen Abbau ermöglichen [26]. Migalastat wurde in zwei Hauptstudien bei insgesamt 127 Patienten mit Morbus Fabry untersucht und konnte in der zweiten Studie an 60 Patienten eine signifikantere Verbesserung der Nierenfunktion im Vergleich zu Agalsidase alfa oder Agalsidase beta zeigen. In der ersten Studie war für das gesamte Patientenkollektiv keine signifikante Überlegenheit gegenüber Placebo gesehen worden, nach Genotypisierung und erneuter Analyse wurde jedoch für bestimmte Genmutationen (s.o.) eine Überlegenheit nach sechs Behandlungsmonaten gegenüber Placebo dokumentiert [29].

Enzymersatztherapie bei M. Gaucher

Pathogenese und Klinik

Diese von Phillippe Charles Gaucher 1882 erstmals beschriebene Erkrankung ist die häufigste der über 50 bekannten lysosomalen Speicherkrankheiten. Sie folgt einem autosomal-rezessiven Erbgang und führt durch eine verminderte Aktivität des Enzyms Beta-Glucocerebrosidase zur Akkumulation von Glucocerebrosiden in Makrophagen. Derzeit sind mehr als 150 Mutationen bekannt, wobei die N370S-Mutation sehr häufig vorkommt und in der homozygoten Form in aller Regel mit einem milderen bis asymptomatischen Verlauf assoziiert ist. Schwerere Verlaufsformen sind meist mit neurologischen Symptomen vergesellschaftet, bieten eine entsprechend schlechtere Prognose und sind fast immer mit der L444P-Mutation assoziiert [21]. Aufgrund des hauptsächlichen Vorkommens von Makrophagen in Leber, Milz, Lymphknoten und Knochenmark führen die angereicherten Makrophagen (Gaucher-Speicherzellen) klinisch zu einer Multisystemerkrankung mit vorwiegend Hepato- und Splenomegalie, Panzytopenie sowie aufgrund einer verminderten Osteoblasten-Aktivität und Knochenmineralisierung zu einer Osteopenie. Seltener kann es zu einer Lungenbeteiligung im Sinne einer interstitiellen Lungenerkrankung kommen. Ernste vitale Komplikationen können durch Blutungen und Milzrupturen entstehen. Aufgrund der zum Teil sehr milde ausgeprägten Symptome kann die Zeit zwischen dem Auftreten der Beschwerden und der Diagnosestellung bis zu 15 Jahre andauern [7]. Neurologische Manifestationen umfassen bei der akut-neuronopathischen Form bulbäre Symptome wie Sprech- und Schluckstörungen sowie Läsionen des corticospinalen Systems mit spastischen Paresen. Typisch für die chronisch-neuronopathische Form sind horizontale Ophthalmoplegie, zerebelläre Ataxie, Myoklonusepilepsie und Parkinsonismus. Neuropsychologische Defizite werden ebenso unregelmäßig bei beiden neuronopathischen Formen berichtet [52]. Anhand der klinischen Verlaufsform werden hauptsächlich drei Unterformen unterschieden: die am seltensten vorkommende akute neuronopathische Form (GD2), die chronisch-neuronopathische (GD3) Form, und die mit 95% am häufigsten, mit einer Inzidenz von etwa 1:40000 bis 1:60000 vorkommende nicht-neuronopathische Form (GD1), die auch gleichzeitig die beste Prognose bietet [10, 14, 52]. Die neuronopathischen Verlaufsformen sind mit schlechteren Prognosen assoziiert, da die derzeit verfügbaren Enzymersatztherapien kaum Einfluss auf das zentrale Nervensystem haben.

Therapie

Derzeit sind zwei verschiedene Therapieansätze bei M. Gaucher anwendbar: der Enzymersatz mit drei und die Substrathemmung mit zwei zugelassenen Wirkstoffen. Andere Behandlungsmöglichkeiten wie Gen- oder Chaperon-Therapie (AT3375, Amicus Therapeutics [28]) befinden sich in der Entwicklungsphase.

Enzymersatz

Die Studien der Gruppe von Brady am National Institute of Health (NIH) mit zweimal pro Woche Gabe eines Enzymersatzes ohne wesentliche Nebenwirkungen und Besserung der Klinik waren 1991 der Durchbruch der EET bei M. Gaucher [15]. Zunächst wurde das Enzym, das über einen Mannose-Rest verfügte, aus humaner Plazenta gewonnen und zeigte zwar ermutigende, aber auch nur geringe klinische Verbesserungen. Nachdem dieser Mannose-Rest entfernt und eine Hochdosis-Therapie mit 2 bis 3 mg/kg Körpergewicht durchgeführt wurde, konnte eine entscheidende Reduktion der Hepato- und Splenomegalie, eine Stabilisierung des Blutbildes sowie eine Verbesserung der Knochendichte erreicht werden [3, 6]. Später wurde der Enzymersatz ohne Mannose-Rest rekombinant in Zellen von Hamster-Ovarien hergestellt (Imiglucerase). Bemerkenswert ist, dass im Rahmen nachfolgender Studien gezeigt wurde, dass nicht nur das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamt werden kann, sondern Organschäden auch reversibel sind [4]. Diese Enzymersatztherapie stellt heute die Standardtherapie für die nicht-neuronopathische (GD1) und chronisch-neuronopathische (GD3) Formen dar und bietet bei frühzeitiger Diagnose und Therapiebeginn eine gute gesundheitliche Zukunftsperspektive bei sehr gutem Sicherheitsprofil [10, 46, 52]. Limitierend für die EET sind auch hier zentralnervöse Symptome. Auch unter hohen Dosierungen von bis zu 120 U/kg intravenöser Gabe alle zwei Wochen konnte keine Verbesserung der neurologischen Defizite erreicht werden [56].

Substrathemmung

Die Substrathemmung (SRT) wurde im Jahr 2000 erfolgreich an 28 Patienten über einen Zeitraum von einem Jahr mit dem oral eingenommenen OGT918 (N-butyldeoxynojirimycin) in einer Studie bei Patienten getestet, bei denen eine Enzymersatztherapie nicht möglich war [11]. Wie die EET muss auch diese „Substratverminderungstherapie“ lebenslang durchgeführt werden. Hierbei wird über hochspezifische Ceramid-Analoga die Glucocerebrosid-Synthetase, die für den ersten Syntheseschritt der meisten Glykoshingolipide verantwortlich ist, gehemmt. Damit verringert sich die Menge an Glucosylceramid, sodass in den Lysosomen weniger Substrat zur Verfügung steht. Der Hemmstoff wird oral als Tablette oder Kapsel verabreicht, die orale Bioverfügbarkeit liegt zwischen 40 und 60% [51]. Miglustat (Zavesca®) war die erste zugelassene SRT in Europa für Patienten, bei denen eine EET nicht möglich ist. Klinisch konnte bei den Patienten unter einer Dosis von dreimal 100 mg/Tag eine signifikante Reduktion der Leber- und Milzgröße sowie Besserung des Blutbildes erreicht werden [11, 46]. Der Wirkstoff Miglustat verteilt sich in einer Vielzahl von Organen und Geweben und kann die Blut-Hirn-Schranke überwinden, jedoch konnte kein signifikanter Benefit für Patienten mit neuronopathischer Form gezeigt werden [5].

Im Gegensatz zu Miglustat ist Eliglustat seit dem Jahr 2015 als Erstlinientherapie zugelassen. Zulassungsrelevant waren die Ergebnisse der beiden Phase-III-Studien ENGANGE und ENCORE [12, 30]. Der Wirkungsmechanismus ist ähnlich dem von Miglustat und beinhaltet die Hemmung der UDP-GLC-Synthase, jedoch unterliegt Eliglustat einer sehr starken Metabolisierung durch CYP2D6 und einer starken Metabolisierung durch CYP3A. Die Anwendung ist daher nur für erwachsene Patienten mit M. Gaucher Typ 1 (GD1) indiziert, die nachweislich langsam, intermediär oder schnell über Cytochrom P450 Typ 2D6 metabolisieren. Für die vierte Gruppe der Metabolisierer (sogenannte Ultra-Rapid-Metabolizer) ist Eliglustat nicht geeignet. Für schnelle und intermediäre Metabolisierer werden zweimal 84 mg Eliglustat/Tag empfohlen, für langsame Metabolisierer einmal 84 mg Eliglustat/Tag. Sofern eine (Begleit-)Medikation mit CYP2D6- oder CYP3A-Enzyminhibitoren erwogen wird oder bereits besteht, muss die Dosis von Eliglustat entsprechend angepasst werden beziehungsweise besteht dann eine Kontraindikation (z.B. Paroxetin, Ketoconazol, Ranitidin, Carbamazepin, Phenytoin). Eliglustat kann die Blut-Hirn-Schranke zwar überwinden, wird jedoch über den P-gp-1-Transporter zu rasch aus dem zentralen Nervensystem (ZNS) entfernt und kann somit keine relevanten Konzentrationen aufbauen [45].

Die häufigsten Nebenwirkungen für Milgustat bestehen in Durchfall und Gewichtsverlust, Tremor, Thrombopenie und Brenngefühl in Füßen und Händen. Eliglustat inhibiert keine gastrointestinalen Enzyme, sodass keine gastroenterologischen Nebenwirkungen in den zwei relevanten Zulassungsstudien berichtet wurden. Hingegen traten am häufigsten Kopfschmerz, Fatigue, Arthralgien, gastroösophagealer Reflux, Schwindel und unspezifische Schmerzen in den Extremitäten auf [2].

Im Gegensatz zu den verfügbaren EETs besteht bei Anwendung von SRTs ein relevanter Kosten-Nutzen-Vorteil [52].

Enzymersatztherapie bei Niemann-Pick

Pathogenese und Klinik

Bei den Formen der Niemann-Pick-Erkrankung (NP) führen autosomal-rezessive Mutationen zu einer atypischen lysosomalen Speichererkrankung mit Ansammlung von Lipiden, die in den meisten Fällen Sphingomyelin und Cholesterin darstellen. Die Ansammlung führt in verschiedenen Organen wie Leber und Milz zu einer entsprechenden Organvergrößerung. Anhand des Organbefalls und Erkrankungsbeginns wurden in einer Klassifikation von 1961 die vier Typen A bis D unterschieden [13]. Fünf Jahre später führten die Erkenntnisse über die pathobiologischen Prozesse zur Unterteilung in die zwei Hauptgruppen 1 und 2, wobei es bei den Formen der Gruppe 1 (A und B) durch die verminderte Aktivität der sauren Sphingomyelinase zur intrazellulären Akkumulation von Sphingomyelin kommt und bei den Formen der Gruppe 2 (C und D) der intrazelluläre LDL-Fetttransport gestört ist, was zu einer Akkumulation von freiem Cholesterin und Glykosphingolipiden in Organen und Geweben führt [8, 42]. Bei der Gruppe 1 ist eine Mutation im SMPD1-Gen ursächlich, bei der Gruppe 2 liegt eine Mutation im NPC1-Gen (95%) oder NPC2-Gen (5%) vor [42].

Neurologische Symptome treten hauptsächlich bei den Unterformen NPA in Form einer schweren Neurodegeneration mit ungünstiger Prognose und der NPC mit zerebellärer Ataxie und Augenbewegungsstörungen auf, es werden aber auch Mischformen beschrieben.

Therapie

Eine echte Enzymersatztherapie wie für die oben genannten Erkrankungen existiert für die Niemann-Pick-Erkrankungen derzeit nicht, zugelassen ist lediglich die SRT bei NPC, analog zu M. Gaucher. Wie oben beschrieben kann Miglustat als kompetitiver Hemmstoff der Glucosylceramidsynthetase die Glykosphingolipidsynthese hemmen und durch seine Eigenschaft, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden, in relevanter Konzentration im Hirngewebe nachgewiesen werden. Es wurde in der EU im Jahr 2009 zur Behandlung der NPC aufgrund der Ergebnisse einer randomisierten Studie mit 29 Patienten und der darauffolgenden Extensionsstudie sowie einer Beobachtungsstudie mit 16 Patienten mit einer Dosierung von dreimal 100 mg/Tag zugelassen [36, 37, 39]. Wesentliche Endpunkte waren eine Verbesserung oder fehlende Verschlechterung einer Schluckstörung, Sprechstörung oder Augenbewegungsstörungen. Die berichteten Nebenwirkungen gleichen denen der Studien bei M. Gaucher (siehe dort).

Ausblick

In derzeitiger Erprobung befindet sich der Enzymersatz Olipudase alfa (GZ-402665, Genzyme Corporation) für den nicht-neurologischen Typ B, der in einer Dosierung von 3 mg/kg Körpergewicht alle zwei Wochen infundiert wird. Anhand der aktuell veröffentlichten Daten führt die regelmäßige Infusionstherapie nach 26 Wochen zu einer signifikanten Reduktion der Hepatomegalie [20, 49, 57].

Enzymersatztherapie bei Mukopolysaccharidosen (MPS)

Pathogenese und Klinik

Durch den gestörten Abbau der Mukopolysaccharide (Glucosaminoglykane) kommt es auch hier zur lyososmalen Akkumulation und damit zum Zelluntergang, was für den Typ I erstmals 1919 durch Gertrud Hurler beschrieben wurde, für Typ II durch Hunter 1917. Zwar wurde 1968 eine MPS Typ V durch den Augenarzt Scheie erstbeschrieben, nach Kenntnis des gleichen Enzymdefekts mit jedoch milderer Klinik wurde Typ I in H und S sowie die dritte Unterform H-S unterteilt. Die Häufigkeit aller Mukopolysaccharidosen wird auf insgesamt 1:29000 Geburten geschätzt. Derzeit sind elf enzymatische Abbaustörungen bekannt, die zu sieben verschiedenen Formen der MPS (Typ I bis VII) führen [32] und bis auf den Typ II einem autosomal-rezessiven Erbgang folgen. Bei Typ II ist das defekte IDS-Gen auf dem X-Chromosom lokalisiert mit folglich X-chromosomalem Erbgang. Die schwerste Form stellt der Typ I H mit drei Unterformen (H, S und H-S) dar. Neben den neurologischen Manifestationen im zentralen und peripheren Nervensystem führt auch diese Multisystemerkrankung zu Schäden an Organen wie Herz, Leber, Milz, Lunge und Auge, aber auch Skelett- und Knochenschäden.

Therapie

Eine Enzymersatztherapie steht für die drei MPS-Typen I (2003), II (2007) und VI (2006) zur Verfügung, die vor oder während einer hämotopoetischen Stammzelltransplantation durchgeführt werden kann und den derzeitigen Goldstandard in der Therapie der MPS darstellt. Bei allen drei Formen sorgt die Enzymersatztherapie für eine Reduktion der retikuloendothelialen Glycosaminoglycan(GAG)-Akkumulation, was zu einer Verringerung einer Organomegalie, verbesserten Mobilität, verbesserten Lungenfunktion und Reduktion von Schmerzen führt und die Lebensqualität der Patienten nachweislich steigert [4, 15].

Bei der MPS I (Hurler) besteht die Enzymersatztherapie aus wöchentlichen Infusionen mit 100 bis 200 U/kg Laronidase (Alpha-L-Iduronidase; Aldurazyme®). Bei nahezu allen Patienten konnten nach den ersten Behandlungswochen nicht-neutralisierende Anti-IgG-Antikörper im Serum gefunden werden, die tierexperimentell zwar die zelluläre Enzymaufnahme hemmen, jedoch klinisch keinen eindeutig nachteiligen Effekt auf das Outcome haben [22, 58]. Die intravenöse Gabe von Iduronidase hat zwar keinen Effekt auf zentralnervöse Störungen, jedoch konnte 2009 nach monatlicher beziehungsweise vierteljährlicher intrathekaler Gabe eine signifikante (58–70%ige) meningeale, ZNS- und rückenmarkszelluläre GAG-Reduktion erreicht werden. Klinische Untersuchungsdaten liefern allerdings widersprüchliche Ergebnisse für das Outcome [16, 17, 52].

Bei der MPS II (Hunter) kommt die in den USA seit 2005 klinisch getestete und in der EU seit 2007 zugelassene Idursulfase (Iduronat-2-Sulfatase; Elaprase®) zum Einsatz, die nachweislich zu einer Verbesserung einer Hepatosplenomegalie, der Lungenfunktion und auch des 6-Minuten-Gehtests führt [4, 16, 41].

Der Aktivitätsmangel der Arylsulfatase B, der zur Anhäufung von Dermatansulfat führt, ist Grundlage für die MPS Typ VI. Therapeutisch kommt hier Galsulfase (Naglazyme®) zum Einsatz. Der therapeutische Nutzen dieser EET scheint in den verfügbaren Studien nicht überragend. Es konnte zwar eine signifikante Verbesserung im 12-Minuten-Gehtest und der Glycosaminoglycan-Konzentration im Urin gezeigt werden. Keine signifikanten Unterschiede lieferten aber die Ergebnisse für die weiteren relevanten restlichen Endpunkte wie Lungenfunktion, Reduktion der Hepatosplenomegalie, Lebensqualität und Nebenwirkungen [9].

Ausblick

Hauptsächlich bei Patienten mit neurologischen Symptomen erzielen weiterhin EET und Stammzelltransplantation durch die unzureichende Eigenschaft, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden oder relevante Gewebekonzentrationen zu erreichen, eine unbefriedigende Wirkung bei den MPS. Experimentelle Studien zur Wirkungsverlängerung der EET bei MPS VI als auch Fusionsproteine, die zusammen mit Iduronat-2-sulfat die Hirnschranke passieren können, befinden sich ebenso in Arbeit wie Studien zur Substratreduktions- und Chaperon-Therapie [33]. Der monoklonale Antikörper Adalimumab wird derzeit vom Los Angeles Biomedical Research Institute zur Behandlung von Schmerzen und Muskelsteifigkeit bei der MPS I, II und VI getestet.

Enzymersatztherapie bei Morbus Pompe/Glykogenspeichererkrankung Typ 2 (GSD2)

Pathogenese und Klinik

Die verminderte Aktivität der lysosomalen α-1,4-Glucosidase wird autosomal-rezessiv vererbt und führt zu einer Akkumulation von lysosomalem Glykogen vor allem in Skelettmuskelzellen und geringer in glatten Muskelzellen. Die Höhe der Restaktivität des Enzyms bestimmt den Erkrankungsbeginn (infantil, juvenil, adult) und die Schwere des Verlaufs [27]. Im Gegensatz zu den oben genannten lysosomalen Speichererkrankungen steht eine Schwäche der Skelettmuskulatur – meist mit proximaler Verteilung im Sinne eines Gliedergürtel-Phänotyps – im Vordergrund. Für die kindlichen Formen (infantil) tritt neben einer hochgradigen Extremitäten- und Rumpfmuskulaturschwäche („floppy infant“) regelmäßig eine relevante Kardiomyopathie auf, und nahezu 100% der Kinder werden beatmungspflichtig. Die Prognose ist hier ungünstig, wenngleich erfreuliche Einzelfälle mit verlängerten Überlebensraten unter Hochdosis-EET berichtet werden [55]. Bei den Erwachsenen-Formen (späte juvenile oder adulte Formen, auch Late-Onset-Pompe-Disease, LOPD) kommt es neben der Skelettmuskelschwäche seltener zu einer Hepatomegalie oder Gefäßbeteiligung im Sinne von Aneurysmabildungen, die auch die zentralen Gefäße betreffen können [35]. Etwa ein Drittel der erwachsenen Patienten entwickelt im Verlauf der Erkrankung eine relevante Atemmuskelbeteiligung mit Notwendigkeit einer maschinellen Beatmung [44].

Therapie

Für alle Formen der autosomal-rezessiv vererbten GSD2 steht seit April 2006 das Enzym Alglucosidase alfa (Myozyme®) für die EET zur Verfügung, das bereits 2001 als Arzneimittel für seltene Erkrankungen ausgewiesen wurde und in einer Dosierung von 20 mg/kg Körpergewicht alle zwei Wochen infundiert wird. Die Alglucosidase alfa ist das rekombinant hergestellte humane Enzym lysosomale α-1,4-Glucosidase. Es kann über chinesische Hamster-Ovar-Zelllinien (CHO-Zelllinien) oder aus Milch transgener Kaninchen in ausreichender Menge produziert werden. Intravenös verabreichtes rekombinantes Enzym soll bei GSD-II-Patienten die Aktivität der lysosomalen α-1,4-Glucosidase wiederherstellen oder potenzieren, sodass die intralysosomale Glykogenspeicherung vermindert wird.

Sowohl die Wirksamkeit als auch die Sicherheit konnte in vier zulassungsrelevanten Studien nachgewiesen werden. Bei 18 nichtbeatmeten Säuglingen waren alle Kinder nach 52 Wochen Behandlung mit 20 mg/kg Körpergewicht oder 40 mg/kg Körpergewicht am Leben und 15 Kinder (83%) benötigten keine Beatmung, was den primären Endpunkten entsprach. Es zeigte sich eine Verbesserung der Kardiomyopathie, der motorischen Funktionen und ein Erhalt oder eine Verbesserung des Körperwachstums im Vergleich zu einer historischen Kontrollgruppe, bei denen von 42 Kindern 41 verstarben, nach 18 Monaten war noch ein Kind am Leben. Die zwei unterschiedlichen Dosierungen ergaben keinen signifikanten Wirksamkeitsunterschied [23]. Weitere kleinere Phase-II-Studien zeigten ähnliche Ergebnisse bei infantilen Formen, jeweils in unterschiedlichen Dosierungen zwischen 5, 10 und 40 mg/kg Körpergewicht [1, 24]. Die ausgesprochen gute Wirkung auf die Herzmuskelzellen legt die Vermutung nahe, dass die normale Enzymaktivität für den Herzmuskel deutlich unter der notwendigen Enzymaktivität des Skelettmuskels zu liegen scheint. Zudem ist der wichtige Mannose-6-Phosphat-Rezeptor, über den die Aufnahme des Enzyms in den Muskel erfolgt, im Herzmuskel in höherer Anzahl vorhanden als im Skelettmuskel [24]. Für die infantile Form scheint ein sehr früher Therapiebeginn (<3 Monate) positiv für den späteren klinischen Verlauf [24, 53]. Unter Alglucosidase alfa konnte nach sechs Monaten Behandlung bei zuvor unbehandelten Patienten eine signifikante Reduktion des Glykogens in Muskelbiopsien nachgewiesen werden [54].

Die Nebenwirkungen der EET sind überschaubar. Unverträglichkeitsreaktionen können mit Antihistaminika und/oder Glucocorticoiden kupiert werden. Weitere relevante Nebenwirkungen sind Kopfschmerz und geringe gastrointestinale Symptome. Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sind bisher nicht bekannt [50]. Noch unklar ist die Bedeutung der nicht-neutralisierenden IgG-Antikörperbildung gegen Alglucosidase alfa. Eine Literaturrecherche zeigte, dass Patienten mit höhertitrigen Antikörpern schlechter auf die EET ansprachen [34].

Ausblick

Derzeit in klinischen Studien befinden sich Wirkstoffe, die durch eine veränderte Rezeptorenaufnahme eine raschere Endozytose und damit bessere Wirkung ermöglichen sollen (neoGAA, Sanofi Genzyme; BMN701–301, BioMarin Pharmaceutical). Endgültige Daten zur Überlegenheit im Vergleich zur zugelassenen Alglucosidase alfa liegen nicht vor. Geplant ist zudem eine Studie mit Wirkungsverbesserung der Alglucosidase alfa durch einen Chaperon-Zusatz (ATB200, Amicus Therapeutics). Alternative Ansätze wie Gentherapie und Stammzelltherapie befinden sich in der Entwicklung.

Zusammenfassung für die Praxis

  • Die EET muss lebenslang erfolgen. Therapieunterbrechungen oder Therapiebeendigungen können zu einer Symptomverschlechterung und rascherer Erkrankungsprogredienz führen
  • Bei nahezu allen EET können Antikörper gefunden werden; Die Bedeutung der Höhe der Antikörpertiter ist nicht vollständig geklärt. Bei infusionsassoziierten Unverträglichkeitsreaktionen können Antihistaminika oder Glucocorticoide die unerwünschte Reaktion kupieren
  • EET können die Blut-Hirn-Schranke aufgrund der Proteingröße entweder nur schlecht passieren oder im ZNS keine relevante Gewebekonzentration aufbauen. In klinischen Studien konnten ZNS-Symptome unter i.v. EET nicht signifikant verbessert werden, zur intrathekalen Gabe existieren widersprüchliche Fallberichte.
  • EET sind – auch aufgrund der lebenslangen Therapie – mit hohen Kosten und damit außerordentlichen Belastungen für das Gesundheitswesen vergesellschaftet.

Glossar

CYP

Cytochrom P450

EET

Enzymersatztherapie

GD

Morbus Gaucher (Gaucher disease; Unterformen GD1 bis GD3)

GSD

Glykogenspeicherkrankheit (Glycogen storage disease)

LOPD

Late-Onset-Pompe-Disease, Erwachsenen-Form des Morbus Pompe

MPS

Mukopolysaccharidose (Typ I bis VII, Unterformen H, S und H-S)

NP

Niemann-Pick-Erkrankung (Unterformen: NPA bis NPD)

SRT

Substratreduktionstherapie

Professor Dr. med. Benedikt Schoser ist Oberarzt am Friedrich-Baur-Institut, Interdisziplinäres Zentrum für Neuromuskuläre Erkrankungen an der Neurologischen Klinik des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Dr. med. Stephan Wenninger ist Facharzt für Neurologie am Friedrich-Baur-Institut, Interdisziplinäres Zentrum für Neuromuskuläre Erkrankungen an der Neurologischen Klinik des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Interessenkonflikterklärung

Dr. med. S. Wenninger gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Er erhielt Vortragshonorare von Recordati Pharma und der Glykogenose-Selbsthilfegruppe e.V.

Prof. Dr. med. B. Schoser gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Er erhielt von der Firma CSL Behring Forschungsförderungen bis 2011 und Honorare für Fortbildungsvorträge.

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Dr. Stephan Wenninger, Prof. Dr. Benedikt Schoser, Friedrich-Baur-Institut, Neurologische Klinik am Klinikum der Universität München, Interdisziplinäres Zentrum für Neuromuskuläre Erkrankungen, Ludwig-Maximilians-Universität München, Ziemssenstraße 1, 80336 München, E-Mail: bschoser@med.uni-muenchen.de


Enzyme replacement therapies in neurology

Lysosomal storage diseases (LSDs) are a group of more than 50 rare genetic multisystemic disorders. For six of them enzyme replacement therapy (ERT) has been approved in Europe: Gaucher disease, Fabry disease, Pompe disease and mucopolysaccharidosis types I, II, and VI. Following encouraging results from ERT trials in Gaucher Disease, ERT has been established succesfully for Fabry disease, Pompe disease and mukopolysachharidosis I, II and VI. ERT has been proved to be safe and effective in more than 20 years of experience and in several clinical trials, and may slow down or - in some cases-even halt disease progression. Since ERT have major limitations on CNS-symptoms and are one of the most expensive therapies to date, new strategies are necessary to lower cost of therapy and treat CNS symtoms effectively.

Key words: Enzyme replacement therapy; Fabry disease; Gaucher disease; glycogen storage disease; mucopolysaccharidosis; Niemann-Pick disease

Arzneimitteltherapie 2016; 34(09)