Erstlinientherapie bei CLL

Ibrutinib ist Chlorambucil überlegen


Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg

Der BTK-Inhibitor Ibrutinib hat jetzt auch die Zulassung für die Erstlinientherapie bei Patienten mit einer CLL erhalten. Die Grundlage für diese Zulassungserweiterung waren die Daten der RESONATE-2-Studie, bei der Ibrutinib mit Chlorambucil verglichen wurde. Die Ergebnisse wurden im Rahmen einer von der Firma Janssen veranstalteten Pressekonferenz vorgestellt.

Ibrutinib (Imbruvica®) ist ein oraler Inhibitor der Bruton-Tyrosinkinase (BTK). Die BTK ist eine essenzielle Komponente des B-Zell-Rezeptor-Signalwegs und spielt somit bei der Entstehung von B-Zell-Lymphomen wie der chronisch-lymphatischen Leukämie (CLL) und des Mantelzell-Lymphoms eine wichtige Rolle. Ist der B-Zell-Rezeptor-Signalweg pathologisch aktiviert, so führt dies zu einer Steigerung des Zellüberlebens, der Adhäsion und der Migration der malignen B-Zellen. Die Inhibition der BTK hemmt diese Prozesse und außerdem wird die Anfälligkeit der malignen Zellen für eine Apoptose erhöht (Abb. 1). Schon länger zugelassen ist Ibrutinib für die Therapie der CLL nach mindestens einer vorausgegangenen Therapie, des rezidivierten oder refraktären Mantelzell-Lymphoms und für den Morbus Waldenström, wenn eine Chemo-Immuntherapie nicht möglich ist oder die Erstlinientherapie versagt hat [1].

Abb. 1. Ibrutinib (blau) greift in den B-Zell-Rezeptor-Signalweg ein. Dies reduziert die pathologische Überaktivierung bei chronischer lymphatischer Leukämie und erhöht die Anfälligkeit der malignen Zellen für eine Apoptose [Mit freundlicher Genehmigung von Janssen-Cilag]

Bisheriger Standard bei älteren Patienten: Chlorambucil

Die CLL ist vorrangig eine Erkrankung des älteren Menschen, das heißt, das Durchschnittsalter der Patienten beträgt bei der Diagnosestellung >70 Jahre. Daraus ergibt sich, dass häufig Begleiterkrankungen vorliegen und die Standardtherapie für jüngere Patienten (FCR: Fludarabin, Cyclophosphamid, Rituximab) wegen der Toxizität nicht eingesetzt werden kann. Deshalb ist der Standard für ältere Patienten seit 15 Jahren Chlorambucil. In einer neueren Studie konnte gezeigt werden, dass die Kombination von Chlorambucil mit dem Anti-CD20-Antkörper Rituximab die Prognose verbessert.

RESONATE-2-Studie

Im Rahmen einer Phase-III-Studie (RESONATE 2, Tab. 1) wurde Ibrutinib im Vergleich zu Chlorambucil als Erstlinientherapie bei 269 älteren CLL-Patienten (Durchschnittsalter 73 Jahre) untersucht. 45% der Patienten waren in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium III oder IV und 20% hatten eine 11q22.3 Deletion.

  • 136 Patienten erhielten 420 mg Ibrutinib einmal täglich bis zur Progression oder bis zum Auftreten unzumutbarer toxischer Ereignisse.
  • 133 Patienten erhielten Chlorambucil in bis zu zwölf Zyklen in einer Dosierung von 0,5 mg/kg Körpergewicht an Tag 1 und 15 während eines 28-tägigen Zyklus, wobei die Dosierung bei guter Verträglichkeit auf maximal 0,8 mg/kg Körpergewicht erhöht wurde.

Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben (PFS), sekundäre Endpunkte das Gesamtüberleben (OS), die Gesamtansprechrate (ORR), die hämatologische Verbesserungsrate und die Sicherheit. Die Auswertung erfolgte nach einem medianen Follow-up von 18,4 Monaten.

Tab. 1. RESONATE 2 [nach ClinicalTrials.gov, 2]

Erkrankung

Chronische lymphatische Leukämie

Studienziel

Sicherheit/Wirksamkeit der Behandlung mit Romiplostim

Studientyp

Interventionsstudie

Studienphase

Phase III

Studiendesign

Randomisiert, parallel, Open-Label

Intervention

Ibrutinib (n=136)

Chlorambucil (n=133)

Primärer Endpunkt

Progressionsfreies
Überleben

Sponsor

Pharmacyclics

Studienregisternummer

NCT01722487
(ClinicalTrials.gov)

Signifikante Überlegenheit von Ibrutinib

Das mediane progressionsfreie Überleben unter Chlorambucil lag bei 18,9 Monaten, während es unter Ibrutinib noch nicht erreicht wurde (Hazard-Ratio [HR] 0,16; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,09–0,28; p<0,001). Das 18-Monats-PFS lag unter Ibrutinib bei 90% vs. 52% unter Chlorambucil (p<0,001). Das PFS lag bei Patienten ohne oder mit genetischen Risikofaktoren im Ibrutinib-Arm bei jeweils 89%, im Chlorambucil-Arm dagegen nur bei 47% bzw. 51%. Das Gesamtüberleben nach 24 Monaten betrug unter Ibrutinib 98% vs. 85% unter Chlorambucil. Auch die ORR war unter Ibrutinib signifikant höher als unter Chlorambucil (86% vs. 35%; p<0,001). Das gleiche gilt für die Verbesserung der hämatologischen Parameter wie Hämoglobin-Wert und Thrombozytenzahl [2].

Gutes Sicherheitsprofil

Die häufigsten unerwünschten Nebenwirkungen unter Ibrutinib waren Diarrhö (42%), Fatigue (30%), Übelkeit (22%) und Husten (22%). Unter Chlorambucil waren es Übelkeit (39%), Fatigue (38%), Neutropenie (23%), Anämie (20%) und Erbrechen (20%). Trotz der längeren Behandlungsdauer (Ibrutinib 17,4 Monate vs. Chlorambucil 7,1 Monate) brachen nur 9% der Patienten in der Ibrutinib-Gruppe, aber 23% unter Chlorambucil die Therapie wegen Nebenwirkungen ab. Nach dem medianen Follow-up von 18,4 Monaten setzten 87% der Patienten in der Ibrutinib-Gruppe die Therapie fort, während nur 40% der Patienten die maximalen zwölf Zyklen der Chlorambucil-Therapie erhielten [2].

Fazit

In der RESONATE-2-Studie war der BTK-Inhibitor Ibrutinib bei älteren Patienten mit einer CLL bezüglich aller Endpunkte (PFS, OS, ORR, hämatologische Parameter) Chlorambucil signifikant überlegen. Dabei wurde auch das aus früheren Studien bekannte Sicherheitsprofil von Ibrutinib bestätigt. Die Studie war die Grundlage für die Zulassungserweiterung von Ibrutinib zur Erstlinienbehandlung von CLL-Patienten.

Quelle

Prof. Dr. Stephan Stilgenbauer, Ulm, Dr. Manfred Welslau, Aschaffenburg; Pressekonferenz „Zulassungserweiterung für Imbruvica®: Erstlinientherapie der Chronischen Lymphatischen Leukämie“, Frankfurt a.M., 5. Juli 2016, veranstaltet von Janssen-Cilag.

Literatur

1. Fachinformation Imbruvica® (Stand Mai 2016).

2. Burger, et al. Ibrutinib as initial therapy for patients with chronic lymphocytic leukemia. N Engl J Med 2015;373:2425–37.

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Arzneimitteltherapie 2016; 34(10)