Lesinurad


Aus Expertensicht

Rieke Alten, Berlin

Arzneimitteltherapie 2016;34:362.

Die Ätiologie und Pathogenese der Gicht, einer der häufigsten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, konnte in den letzten Jahren zunehmend aufgeklärt werden. Aus diesem Grund stehen uns heute auch in der Therapie vielfältige neue Optionen zur Verfügung, um die Gicht mit ihren Folgen noch effektiver auf Dauer behandeln zu können. Eines der neuen Pharmaka zur Behandlung der Gicht ist Lesinurad.

Mit dem selektiven URAT-1-Transporter-Inhibitor Lesinurad (Zurampic®) wird das therapeutische Armamentarium zur Behandlung der symptomatischen Hyperurikämie mit/ohne Tophi seit der Zulassung in der Kombination mit Allopurinol in Europa im Februar 2016 bereichert. Die Zulassung durch die FDA (Oktober 2015) und durch die Europäische Kommission basiert vor allem auf den Daten von zwei großen Phase-III-Studien.

In der ersten Studie (LIGHT) wurden Patienten untersucht, die gegenüber Xanthinoxidase-Hemmern intolerant waren. Signifikant mehr Patienten erreichten den primären Endpunkt (Serumharnsäure <6 mg/dl) unter Lesinurad-Monotherapie im Vergleich zu Placebo. Allerdings ergab sich unter den mit Lesinurad behandelten Patienten eine deutlich höhere Rate unerwünschter Ereignisse, insbesondere in Bezug auf die Nierenfunktion. Obwohl in dieser Patientengruppe Lesinurad 400 mg in Monotherapie gegenüber Xanthinoxidase-Hemmern allein einen deutlichen Effekt in Bezug auf die Absenkung der Serumharnsäure zeigte, übersteigt das Risiko renaler Nebenwirkungen, insbesondere Serumcreatininerhöhung, den Nutzen der Serumharnsäuresenkung in der Monotherapie mit 400 mg.

In zwei randomisierten, Placebo-kontrollierten Phase-III-Studien (CLEAR-I und CLEAR-II) wurde Lesinurad in Kombination mit Allopurinol untersucht. In der dreiarmigen Studie wurden Patienten, die sich auf einer stabilen Allopurinol-Dosis befanden, mit Placebo, Lesinurad 200 bzw. 400 mg untersucht.

Unter der Behandlung mit Lesinurad erreichten doppelt so viele Patienten den Zielwert der Serumharnsäure (<6 mg/dl) als unter Allopurinol allein. Lesinurad war gut verträglich. In der 200-mg-Dosierung war die Rate unerwünschter Ereignisse nicht höher als in der Placebo-Gruppe mit der Ausnahme einer höheren Inzidenz von reversiblen Creatininerhöhungen, die sich in den meisten Fällen normalisierten, ohne dass die Studienmedikation unterbrochen wurde. Es konnte kein Unterschied beobachtet werden in Bezug auf die Tophusresolution (kleine Zahl bei Screening, 14 bzw. 23%) sowie auf die Raten der Gichtattacken.

Das Präparat ist zugelassen mit der Auflage des zusätzlichen Monitorings, um das Nutzen-Risiko-Profil über die vorliegenden Daten aus klinischen Studien hinaus unter Bedingungen des Einsatzes in klinischer Praxis zu ergänzen. Die Zulassungsbehörde sieht folgende Auflagen vor: regelmäßige Updates der Sicherheitsberichte, einen Risikomanagementplan (RMP) und die nichtinterventionelle Sicherheitsstudie nach der Zulassung („Post-Authorization Safety Study“ [PASS]) zum kardiovaskulären Risiko insbesondere bei Patienten mit kardiovaskulärer Vorerkrankung. Des Weiteren ist eine andere europäische Sicherheitsstudie zur Überprüfung der Sicherheit von Lesinurad bei Patienten mit einer GFR zwischen 30 und 45 ml/min geplant.

Fazit

Unter strenger Beachtung der Kontraindikationen und potenziellen Nebenwirkungen kann Lesinurad das Management der therapierefraktären Gicht erheblich verbessern.

Interessenkonflikterklärung

Rieke Alten hat Honorare für die Beratung oder Teilnahme an einem Expertenbeirat von AstraZeneca erhalten. Sie bzw. eine von ihr vertretene Einrichtung hat Förderungen im Rahmen des CLEAR-II-Studienprogramms erhalten.

Literatur

Kiltz U, Alten R. Langfassung zur S2e-Leitlinie Gichtarthritis (fachärztlich); Evidenzbasierte Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) Z Rheumatol 2016.

Tausche A-K, Alten R, Dalbeth N, Kopicko J, et al. Lesinurad monotherapy in gout patients intolerant to xanthine oxidase inhibitors (Light): A randomized, double-blind, placebo-controlled, 6-month phase III clinical trial. Ann Rheum Dis 2015;74(Suppl 2):769. SAT0307.

Khanna PP, Baumgartner S, Robinson J, Tafesse E, Morlock R. Lesinurad, a selective uric acid reabsorption inhibitor, in combination with xanthine oxidase inhibitors: SUA and flares composite endpoint from phase III studies in gout patients (Clear 1, Clear 2 and Crystal). Ann Rheum Dis 2016;75(Suppl 2):382–3. THU0527.

Richette P, et al. 2016 updated EULAR evidence-based recommendations for the management of gout. Ann Rheum Dis. 2016 Jul 25.

Food an Drug Administration. www.accessdata.fda.gov/drugsatfda_docs/label/2015/207988lbl.pdf (Letzter Zugriff am 08.08.2016).

European Medicines Agency. www.ema.europa.eu/ (Letzter Zugriff am 08.08.2016).


Dr. med. Rieke Alten [Foto privat]

Dr. med. Rieke Alten, Chefärztin Abteilung Innere Medizin II, Schlosspark-Klinik, Akademisches Lehrkrankenhaus der Charité Berlin, Schlosspark-Klinik Berlin, Heubnerweg 2, 14059 Berlin, E-Mail: rieke.alten@schlosspark-klinik.de

Arzneimitteltherapie 2016; 34(10)