Depression

Escitalopram zeigt bei Herzinsuffizienz keine positiven Effekte


Dr. Marianne Schoppmeyer, Nordhorn

Patienten mit Herzinsuffizienz leiden häufig zusätzlich unter einer Depression. Je nach Schweregrad der Herzinsuffizienz sind 10 bis 40% der Patienten betroffen. Das legt nahe, diesen Patienten Antidepressiva zu verordnen. Bisherige Studien (ENRICHD-Studie, SADHART-CHF-Studie) konnten jedoch keine signifikant positiven Effekte für die Patienten nachweisen. Diese Ergebnisse werden nun auch durch die MOOD-HF-Studie bestätigt. Durch die Gabe des selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmers (SSRI) Escitalopram konnte weder die Stimmung bei herzinsuffizienten Patienten verbessert noch konnte ihre Überlebenszeit verlängert werden.

Langzeitwirkung untersucht

Ziel der doppelblinden, Placebo-kontrollierten und randomisierten MOOD-HF-Studie war es, die Wirksamkeit und Sicherheit von Escitalopram über einen Zeitraum von 24 Monaten bei herzinsuffizienten Patienten zu untersuchen. In der bereits 2010 durchgeführten SADHART-CHF-Studie wurde der SSRI Sertralin lediglich für zwölf Wochen verschrieben [1]. Die Studienautoren von MOOD-HF gingen bei Studienbeginn davon aus, dass herzinsuffiziente Patienten von einer Langzeittherapie mit einem SSRI profitieren würden.

Escitalopram versus Placebo

In die Studie wurde 372 herzinsuffiziente Patienten der NYHA-Klasse II-IV und einer linksventrikulären Ejektionsfraktion kleiner 45% eingeschlossen (Tab. 1). Zusätzlich musste eine Major Depression vorliegen, die mithilfe des Screening-Tools „Patient Health Questionnaire“ und einem anschließenden Interview diagnostiziert wurde. Die Patienten erhielten entweder Escitalopram 10 bis 20 mg (n=185) oder ein Placebo (n=187) zusätzlich zu einer leitliniengerechten Therapie ihrer Herzinsuffizienz. Primäre Endpunkte der Studie waren eine Krankenhauseinweisung jeglicher Ursache oder der Tod des Patienten.

Tab. 1. Studiendesign von Mood-HF [nach Angermann CE, et al.]

Erkrankung

Depression bei Herzinsuffizienz

Studienziel

Auswirkungen von Escitalopram auf Morbidität, Mortalität und Stimmung

Studientyp

Interventionsstudie

Studiendesign

Multizentrisch, randomisiert, doppelblind, Placebo-kontrolliert

Eingeschlossene Patienten

372 Patienten mit NYHA-Klasse II-IV, linksventrikulärer Ejektionsfraktion<45% und Major Depression

Intervention

  • Escitalopram 10–20 mg (n=185)
  • Placebo (n=187)

Primäre Endpunkte

Tod, Krankenhauseinweisung jeglicher Ursache

Sekundäre Endpunkte

Sicherheit, Schweregrad der Depression nach 12 Wochen Therapie

Sponsoren

Bundesministerium für Bildung und Forschung, Deutschland

Lundbeck AS, Dänemark

Studienregisternummer

ISRCTN33128015 (www.isrctn.com)

Keine signifikanten Unterschiede

Die mediane Behandlungsdauer betrug lediglich 18,4 beziehungsweise 18,7 Monate, da die Studie aufgrund fehlender positiver Effekte frühzeitig abgebrochen wurde. Während dieser Zeit lagen die mittleren Escitalopram-Spiegel im therapeutischen Bereich von 15 ng/ml bis 80 ng/ml. Bei 63% (116/185) der Patienten in der Verum-Gruppe und 64% (119/187) der Patienten in der Placebo-Gruppe kam es zu einer Krankenhausaufnahme oder die Patienten verstarben. Damit trat der primäre Endpunkt in beiden Gruppen ähnlich häufig auf (Hazard-Ratio [HR] 0,99; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,76–1,27; p=0,92). Auch die Entwicklung der Depression zeigte in der Escitalopram-Gruppe im Vergleich zu Placebo keine signifikanten Unterschiede. Auf der Montgomery Asberg Depression Rating Scale sank der Basiswert in der Verum-Gruppe zwar von 20,2 auf 11,2 nach zwölf Wochen, in der Placebo-Gruppe sank er jedoch ähnlich stark von 21,4 auf 12,5 (Between-group difference –0,9; 95%-KI –2,6 bis 0,7; p=0,26).

Fazit

MOOD-HF konnte – wie auch schon die SADHART-CHF-Studie – keinen Effekt einer antidepressiven Therapie auf die primären Endpunkte Krankenhauseinweisung und Tod belegen. Aufgrund dieser Ergebnisse sehen die Studienautoren keinen Anlass, herzinsuffizienten Patienten bei Vorliegen einer Major Depression Escitalopram zu verschreiben.

Die Daten aus MOOD-HF könnten dafür sprechen, dass der Depression bei Herzinsuffizienz möglicherweise andere Entstehungsmechanismen zugrunde liegen, die durch klassische Stimmungsaufheller nicht oder weniger beeinflussbar sind, vermuten die Studienautoren. Zukünftige Forschung müsse laut der Erstautorin Dr. Christiane Angermann darauf abzielen, die Entstehungsmechanismen besser zu verstehen. Dies führe nicht nur zu gezielteren Behandlungsmöglichkeiten für die Depression, sondern möglicherweise auch zu einem neuen Krankheitsverständnis bei der Herzinsuffizienz.

Quellen

Angermann CE, et al. for the MOOD-HF Investigators and Committees. Effect of escitalopram on all-cause mortality and hospitalization in patients with heart failure and depression. The MOOD-HF randomized clinical trial. JAMA 2016;315:2683–93.

Pressemitteilung des Uniklinikums Würzburg vom 05.07.2016. www.ukw.de/aktuelles/news-detail/article/depressiven-herzschwaechepatienten-kein-antidepressivum-verabreichen.html (Letzter Zugriff am 26.08.2016).

Literatur

1. O’Connor CM, et al. SADHART-CHF investigators safety and efficacy of sertraline for depression in patients with heart failure: results of the SADHART-CHF (Sertraline against depression and heart disease in chronic heart failure) trial. J Am Coll Cardiol 2010;56:692–9.

Arzneimitteltherapie 2016; 34(11)