Antirheumatika und kardiovaskuläres Risiko: Steht eine Neubewertung an?


Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen

[ Foto: privat]

Die nichtsteroidalen Antirheumatika wurden in den 60 Jahren des letzten Jahrhunderts in die Therapie degenerativer Gelenkerkrankungen, Gelenksschmerzen und der rheumatoiden Arthritis eingeführt. Sie gehörten in der Folgezeit zu den am häufigsten eingenommenen Arzneimittel weltweit. Die klassischen nichtsteroidalen Antirheumatika hemmen die Cyclooxygenase (COX), wobei die therapeutische Wirkung über die Hemmung der COX-2 erfolgt und gastrointestinale Nebenwirkungen aus der Hemmung der COX-1 resultieren. Daher wurden von der Pharmaindustrie selektive COX-2-Hemmer entwickelt mit der Vorstellung, den erwünschten therapeutischen Effekt bei Gelenksschmerzen zu erzielen und gleichzeitig die gastrointestinalen Nebenwirkungen zu reduzieren. In den Zulassungsstudien und später auch in Registerstudien wurde allerdings eine leicht erhöhte Rate an kardiovaskulären Ereignissen unter der Einnahme von COX-2-Hemmern beobachtet [3]. Aus diesem Grund entzog die amerikanische Zulassungsbehörde im Jahre 2004 Rofecoxib (Vioxx®) die Zulassung. Von den verbleibenden COX-2-Hemmern behielt nur Celecoxib die Zulassung unter der Auflage, eine prospektive Sicherheitsstudie durchzuführen [1]. Die Ergebnisse der PRECISION-Studie wurden jetzt im New England Journal of Medicine publiziert [2]. Die Studie schloss 24081 Patienten mit degenerativen Gelenksschmerzen oder rheumatoider Arthritis ein, die in drei Therapiegruppen eingeteilt wurden. Ein Drittel der Patienten erhielt Celecoxib in einer mittleren Tagesdosis von 210 mg, ein Drittel Naproxen in einer mittleren Dosis von 850 mg und ein Drittel Ibuprofen in einer mittleren Dosis von 2045 mg.

Die PRECISION-Studie wird in dieser Ausgabe der „Arzneimitteltherapie“ in der Rubrik „Klinische Studie“ ausführlich vorgestellt (S. 21ff.).

Die Studie zeigt bei allen methodischen Limitationen (hohe Rate an Studienabbrechern), dass die Einordung des Nutzens und Risikos einer Therapie sich nicht ausschließlich auf Beobachtungsstudien und Sicherheitsstudien nach der Zulassung stützen sollte, sondern auf die Ergebnisse großer randomisierter Studien. Das in Registern beobachtete erhöhte kardiovaskuläre Risiko unter COX-2-Hemmern konnte hier nicht bestätigt werden. Ganz im Gegenteil zeigte sich sogar eine bessere Verträglichkeit bezüglich gastrointestinaler Nebenwirkungen verglichen mit klassischen Antirheumatika durch den COX-2-Hemmer. Die Ergebnisse der Studie ändern aber nichts an der Tatsache, dass sowohl die klassischen nichtsteroidalen Antirheumatika als auch die COX-2-Hemmer zu einem leicht erhöhten Risiko kardiovaskulärer Ereignisse bei Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko führen. Daher sollten diese Substanz-Gruppen nach Möglichkeit bei Patienten mit hohem kardiovaskulärem Risiko nur zeitlich begrenzt eingesetzt werden. Echte Alternativen fehlen allerdings. Paracetamol ist deutlich weniger wirksam und hat eine enge therapeutische Toleranz bezüglich Leberschäden. Leider werden die hochwirksamen nichtmedikamentösen Therapien wie regelmäßige Krankengymnastik und Physiotherapie sowie verhaltenstherapeutische Maßnahmen der Stressbewältigung und der progressiven Muskelrelaxation zu selten eingesetzt.

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