Schweres Asthma bronchiale

Benralizumab bewährt sich


Dr. med. Marianne Schoppmeyer, Nordhorn

Der monoklonale Antikörper Benralizumab hat in zwei großen Phase-III-Studien die Rate der Exazerbationen bei Patienten mit schwerem Asthma und eosinophiler Entzündung gesenkt sowie die Lungenfunktion verbessert. Nach Mepolizumab und Reslizumab ist das gegen eosinophile Granulozyten gerichtete Benralizumab damit der dritte Antikörper, der sich in klinischen Studien als wirkungsvoll erwiesen hat.

Etwa 10% der Patienten mit Asthma leiden an einem schwergradigen Asthma, das oft nur unzureichend medikamentös zu beherrschen ist. Diese Patienten haben häufig eine Eosinophilie. Studien haben gezeigt, dass eine erhöhte Zahl eosinophiler Granulozyten verbunden ist mit vermehrten Exazerbationen und einem schweren Verlauf der Erkrankung. Bei diesen Patienten kommen entsprechend der aktuellen Leitlinien der Global Initiative for Asthma (GINA) mehrere Therapiemöglichkeiten infrage. Neben dem Anti-IgE-Antikörper Omalizumab beim allergischen Asthma kann seit einem Jahr der Anti-Interleukin(IL)-5-Antikörper Mepolizumab eingesetzt werden. Vor Kurzem wurde zusätzlich der Anti-IL-5-Antikörper Reslizumab von der Europäischen Kommission als Zusatztherapie bei Erwachsenen mit schwerem eosinophilen Asthma bronchiale zugelassen.

Apoptose der Eosinophilen

Mit Benralizumab steht nun ein weiterer monoklonaler Antikörper zur Verfügung, der sich gegen eosinophile Granulozyten richtet. Der neue Wirkstoff bindet – anders als Mepolizumab und Reslizumab – an die Alpha-Kette der IL-5-Rezeptoren auf eosinophilen Granulozyten. Benralizumab löst damit eine Immunreaktion gegen die eosinophilen Granulozyten aus, verursacht so die Apoptose der Zellen und führt zu einer direkten, schnellen und fast kompletten Depletion der Zellen.

Therapie über 48 und 56 Wochen

Untersucht wurde Benralizumab in den zwei parallel durchgeführten multizentrischen Phase-III-Studien SIROCCO und CALIMA (Tab. 1 und 2). In beide Studien wurden Patienten eingeschlossen, die trotz hochdosierter Therapie mit inhalierbaren Glucocorticoiden plus lang wirksamen Beta2-Agonisten (LABA) mindestens zwei Exazerbationen im Vorjahr gehabt hatten. Die Patienten erhielten hochdosiert inhalierbare Glucocorticoide plus LABA sowie randomisiert entweder alle vier Wochen (Q4W) oder alle acht Wochen (Q8W, die ersten 3 Dosen alle 4 Wochen) 30 mg Benralizumab s.c. oder alle vier Wochen ein Placebo s.c. über 48 Wochen (SIROCCO) bzw. über 56 Wochen (CALIMA) (Tab. 1 und 2). Der primäre Endpunkt der Studie war die Rate der Exazerbationen. Die primäre Analyse der Daten wurde bei den Patienten vorgenommen, die eine Eosinophilenzahl >300/µl aufwiesen.

Tab. 1. Studiendesign von SIROCCO [nach 2]

Erkrankung

Schweres Asthma bronchiale

Studienziel

Wirksamkeit und Verträglichkeit von Benralizumab als Add-on-Therapie bei Patienten mit schwerem, unkontrolliertem Asthma und Eosinophilenzahl >300/µl nach 48 Wochen Therapie

Studienphase

Phase III

Studiendesign

Multizentrisch, randomisiert, doppelblind, Placebo-kontrolliert, parallel

Eingeschlossene Patienten

809

Intervention

  • Benralizumab 30 mg alle vier Wochen s.c. (n=275)
  • Benralizumab 30 mg alle acht Wochen s.c. (n=267)
  • Placebo s.c. (n=267)

Primärer Endpunkt

Exazerbationsrate

Sekundäre Endpunkte

FEV1, Asthma Quality of Life Questionnaire

Sponsor

AstraZeneca, Kyowa Hakko Kirin

Studienregisternummer

NCT01928771 (ClinicalTrials.gov)

Tab. 2. Studiendesign von CALIMA [nach 1]

Erkrankung

Schweres Asthma bronchiale

Studienziel

Wirksamkeit und Verträglichkeit von Benralizumab als Add-on-Therapie bei Patienten mit schwerem, unkontrolliertem Asthma und Eosinophilenzahl >300/µl nach 56 Wochen Therapie

Studienphase

Phase III

Studiendesign

Multizentrisch, randomisiert, doppelblind, Placebo-kontrolliert, parallel

Eingeschlossene Patienten

728

Intervention

  • Benralizumab 30 mg alle vier Wochen s.c. (n=241)
  • Benralizumab 30 mg alle acht Wochen s.c. (n=239)
  • Placebo s.c. (n=248)

Primärer Endpunkt

Exazerbationsrate

Sekundäre Endpunkte

FEV1, Asthma Quality of Life Questionnaire

Sponsor

AstraZeneca, Kyowa Hakko Kirin

Studienregisternummer

NCT01914757 (ClinicalTrials.gov)

Exazerbationen signifikant reduziert

Die Raten der Exazerbationen reduzierten sich durchgängig in allen Therapiegruppen signifikant gegenüber Placebo (Abb. 1). Nach 48 Wochen Therapie mit Benralizumab alle vier Wochen bzw. alle acht Wochen war die Exazerbationsrate um 45% (Rate-Ratio [RR] 0,55; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,42–0,71; p<0,0001) bzw. um 51% gegenüber Placebo gesunken (RR 0,49; 95%-KI 0,37–0,64; p<0,0001). Nach 56 Wochen Therapie zeigte sich ein ähnliches Ergebnis. Die Exazerbationsrate war im vierwöchigen Behandlungsintervall um 36% (RR 0,64; 95%-KI 0,49–0,85; p<0,0018) und im achtwöchigen Behandlungsintervall um 28% (RR 0,72; 95%-KI 0,54–0,95; p<0,0188) niedriger als in der Placebo-Gruppe.

Abb. 1. Rate der Exazerbationen unter Benralizumab [nach 1 und 2] KI: Konfidenzintervall

Lungenfunktion und Lebensqualität verbessert

Zudem verbesserten sich die Lungenfunktion und die Lebensqualität der Patienten unter Benralizumab (Tab. 3). Das forcierte exspiratorische Volumen in einer Sekunde (FEV1) vor Bronchodilatation stieg bei mit Benralizumab behandelten Patienten gegenüber Placebo schnell um 0,106 Liter für Q4W (95%-KI 0,016–0,196; p=0,0215) und 0,159 Liter für Q8W (95%-KI 0,068–0,249; p=0,0006) nach 48 Wochen. Ähnliche Ergebnisse wurden in der CALIMA-Studie nach 56 Wochen beobachtet. Auch die ACQ-6-Scores des Asthmakontrolltests (Einschätzung der Beschwerden der Patienten) verbesserten sich in den Verum-Gruppen. Allerdings konnte eine signifikante Verbesserung in beiden Studien nur unter dem längeren Therapieintervall Q8W festgestellt werden. Die Nebenwirkungen unter Benralizumab waren in beiden Studien nicht größer als unter Placebo. Am häufigsten verschlechterten sich die Asthma-Beschwerden oder eine Nasopharyngitis trat auf.

Tab. 3. Wirksamkeit bei Patienten, die Benralizumab erhielten, gegenüber Placebo [nach 1 und 2]

SIROCCO (Woche 48)

CALIMA (Woche 56)

Benralizumab

Benralizumab

Q4W

Q8W

Q4W

Q8W

Exazerbationen pro Jahr

↓45%

↓51%

↓36%

↓28%

FEV1 vor Bronchodilatation [Liter]

↑0,106

↑0,159

↑0,125

↑0,116

Total Asthma Symptom Score

(0–6)*

↓0,08**

↓0,25

↓0,12**

↓0,23

FEV1: forciertes exspiratorisches Volumen in einer Sekunde; Q4W: alle 4 Wochen; Q8W: alle 8 Wochen (die ersten drei Dosen Q4W). *kleinere Werte zeigen eine Verbesserung an; **nicht signifikant Alle Ergebnisse im Vergleich zu Placebo

Fazit

Damit bestätigen beide Studien die positiven Ergebnisse der vorangegangenen Phase-II-Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit von Benralizumab und eröffnen eine zusätzliche Therapieoption für Patienten mit schwerem Asthma bronchiale und erhöhten Eosinophilenzahlen. Da Benralizumab auch in der Dosierung Q8W gut wirksam und sicher war, könnte das Arzneimittel auch in einer niedrigeren Dosierung als bei den bereits klinisch eingesetzten monoklonalen Antikörpern verabreicht werden. Eine Kostenersparnis erscheint so möglich.

Um die Sicherheit von Benralizumab auch über einen längeren Zeitraum zu prüfen, werden die Patienten der SIROCCO- und CALIMA-Studie über weitere zwei Jahre beobachtet. Hierfür wurde die BORA-Studie (NCT02258542) initiiert.

Literatur

1. FitzGerald JM, et al. Benralizumab, an anti-interleukin-4-receptor α monoclonal antibody, as add-on treatment for patients with severe, uncontrolled, eosinophilic asthma (CALIMA). A randomised, double-blind, placebo-controlled phase 3 trial. Lancet 2016;388:2128–41.

2. Bleecker ER, et al. Efficacy and safety of benralizumab for patients with severe asthma uncontrolled with high-dosage inhales corticosteroids and long-acting β2-agonists (SIROCCO): a randomised, multicentre, placebo-controlled phase 3 trial. Lancet 2016: 388:2115–27.

Arzneimitteltherapie 2017; 35(03)