Chronische Herzinsuffizienz

Eisenmangel leitliniengerecht therapieren


Dr. Maja M. Christ, Stuttgart

Viele Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz (CHI) weisen einen Eisenmangel oder eine Anämie auf. Da sich die Symptome einer Herzinsuffizienz mit denen einer Eisenmangelanämie überlappen können, wird letztere nicht immer erkannt. Über diagnostische Schritte und Algorithmen zur Therapiefindung diskutierten Mediziner auf einem von der Firma Vifor Pharma veranstalteten Symposium im Rahmen des diesjährigen Kardiologenkongresses.

Nicht nur Patienten mit gastrointestinalen oder onkologischen Erkrankungen leiden unter Eisenmangel. Auch andere Erkrankungen, bei denen chronische Entzündungsprozesse beteiligt sind, gehen mit Eisenmangel einher. Eine aktuelle Registerstudie zeigte, dass 42,5% der 1198 eingeschlossenen CHI-Patienten an Eisenmangel litten (definiert als Ferritin <100 ng/ml oder Ferritin 100–300 µg/l bei einer Transferrin-Sättigung [TSAT] <20%). Eine Anämie hatten 18,9% der Patienten [5].

Ein Grund für die unterschätzte Häufigkeit: Einige der typischen Eisenmangel-Symptome sind auch Kardinalsymptome einer CHI, darunter Dyspnoe, körperliche Schwäche, Müdigkeit und Adynamie, sagte Wolfram Döhner, Berlin.

Eisenmangel und Anämie wirken sich additiv auf die Leistungsminderung bei Herzinsuffizienz aus. Leide ein Patient zusätzlich noch an Diabetes mellitus, würde dies die Überlebenswahrscheinlichkeit überadditiv reduzieren, so Malte Kelm, Düsseldorf.

Diagnostik des Eisenmangels

In der aktuellen Leitlinie der europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) wird bei neu diagnostizierten Patienten mit Herzinsuffizienz die parallele Abklärung eines Eisenmangels empfohlen [4]. Hilfreiche Parameter sind Serum-Ferritin und TSAT (Empfehlungsgrad I C). Einen Algorithmus für die Diagnostik gibt Abbildung 1.

Abb. 1. Diagnose-Algorithmus Eisenmangel bei chronischer Herzinsuffizienz [nach 2] ESC: Europäische Gesellschaft für Kardiologie; Hb: Hämoglobin; HFrEF: Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion; i.v.: intravenös; NYHA: New York Heart Association

Welche Eisensubstitution für welchen Patienten?

Über die Ernährung können CHI-Patienten einen ausgeprägten Eisenmangel praktisch nicht ausgleichen. Darauf wies Mahir Karakas, Hamburg, in seinem Vortrag hin. Die Eisenresorption im Zwölffingerdarm beträgt normalerweise 1 bis 2 mg/Tag. Über eine orale Medikation kann die Resorption auf 10 mg/Tag gesteigert werden. Eine chronische Inflammation erhöht jedoch unter anderem die Hepcidin-Produktion. Als Folge wird die Eisenaufnahme im Darm blockiert. Außerdem wird weniger Eisen aus den Speichern freigesetzt. Ob eine orale Eisengabe für Patienten mit CHI bei Eisenmangel ausreicht, sollte beispielsweise in der IRONOUT-HF-Studie getestet werden. Hier erreichte man mit einer oralen Eisengabe zwar gegenüber Placebo eine leichte Verbesserung von Laborparametern wie Ferritin und TSAT. Die Werte erreichten nach 16 Wochen aber kaum den Normbereich der einzelnen Parameter.

Der therapeutische Nutzen einer intravenösen Eisengabe bei CHI wurde in verschiedenen kontrollierten klinischen Studien untersucht, darunter FAIR-HF, CONFIRM-HF und EFFECT-HF. In FAIR-HF waren 459 Patienten mit CHI und Eisenmangel eingeschlossen und 2:1 randomisiert worden. Von den Patienten, die Eisen(III)-carboxymaltose (Ferinject®) erhielten, erreichte die Hälfte nach eigenem Urteil eine gute oder mäßige Verbesserung des Gesamtzustands, unter Placebo war dies bei 27% der Patienten der Fall. Auch beim 6-Minuten-Gehtest kam es mit intravenösem Eisen im Gegensatz zu Placebo zu einer Verbesserung [1]. Die Patienten hatten mit intravenösem Eisen nach 24 Wochen den Normbereich von 100 bis 300 ng/ml Ferritin und 25 bis 35% TSAT erreicht.

ESC-Leitlinie empfiehlt Gabe von intravenösem Eisen

In der ESC-Leitlinie wird empfohlen, bei symptomatischen CHI-Patienten mit reduzierter Ejektionsfraktion und Eisenmangel eine Gabe von intravenösem Eisen in Form von Eisen(III)-carboxymaltose in Betracht zu ziehen, und zwar

  • bei einem Serum-Ferritin-Wert <100 ng/ml, oder
  • bei einem Serum-Ferritin-Wert zwischen 100 und 299 ng/ml und einer TSAT <20%

(Empfehlunggrad IIa A) [4].

Der Eisenbedarf richtet sich nach nach dem Körpergewicht und dem Hämoglobin-Wert (Tab. 1).

Tab. 1. Ermittlung des Eisenbedarfs mit Eisen(III)-carboxymaltose nach Fachinforamtion [3]

Hämoglobin-
Wert

Körpergewicht (KG) des Patienten

<35 kg

35 bis <70 kg

70 kg und mehr

<10 g/dl

(<6,2 nmol/l)

500 mg

1500 mg

2000 mg

10–14 g/dl

(6,2–8,7 nmol/l)

500 mg

1000 mg

1500 mg

>14 g/dl

(>8,7 nmol/l)

500 mg

500 mg

500 mg

Die maximale Dosis beträgt 20 mg/kg KG bei Infusion bzw. 15 mg/kg KG bei Injektion bei maximal 1000 mg pro Applikation und Woche. In der Hämodialyse beträgt die maximale Dosis/Tag 200 mg.

Ausblick: Werden harte Endpunkte erreicht?

Ob mit der intravenösen Gabe von Eisen(III)-carboxymaltose auch harte Endpunkte wie eine Verringerung des Herztods oder von erneuten Krankenhausaufenthalten erreicht werden können, soll derzeit mit der FAIR-HF-2-Studie gezeigt werden. Ergebnisse werden bis 2020 erwartet.

Quelle

Prof. Dr. Dr. Wolfram Döhner, Berlin, Prof. Dr. Malte Kelm, Düsseldorf, Priv.-Doz. Dr. Mahir Karakas, Hamburg, Symposium „Eisenmangeltherapie in der Herzinsuffizienz – von der Leitlinie in die Praxis“, veranstaltet von Vifor Pharma im Rahmen der 83. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, Herz- und Kreislaufforschung, Mannheim, 20. April 2017.

Literatur

1. Anker SD, et al. Ferric carboxymaltose in patients with heart failure and iron deficiency. N Engl J Med 2009;361:2436–48.

2. Doehner W, et al. Eisenmangel bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz – diagnostische Algorithmen und therapeutische Optionen anhand der aktuellen Studienlage. Dtsch med Wochenschr 2017 Mar 16 [Epub ahead of print]. doi: 10.1055/s-0043–100900.

3. Fachinformation Ferinject®. Vifor Pharma. Stand September 2015.

4. Ponikowski P, et al. 2016 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure: The Task Force for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure of the European Society of Cardiology (ESC). Developed with the special contribution of the Heart Failure Association (HFA) of the ESC. Eur Heart J 2016;37:2129–200.

5. von Haehling S, et al. Prevalence and clinical impact of iron deficiency and anaemia among outpatients with chronic heart failure: The PrEP Registry. Clin Res Cardiol 2017 Feb 22 [Epub ahead of print]. doi:10.1007/s00392–016–1073-y.

Arzneimitteltherapie 2017; 35(06)