Aortenklappen-Stenose

Neue Klappe per Katheter implantiert ist genauso gut wie durch Operation eingesetzt


Dr. Susanne Heinzl, Reutlingen

Patienten mit schwerer Aortenstenose und intermediärem Operationsrisiko kann eine neue Aortenklappe statt chirurgisch auch perkutan mit einem Katheter implantiert werden, so das Ergebnis der multizentrischen, internationalen randomisierten SURTAVI-Studie (Surgical Replacement and Transcatheter Aortic Valve Implantation), die bei der 66. Wissenschaftlichen Jahrestagung des American College of Cardiology am 17. März 2017 in Washington vorgestellt und parallel im New England Journal of Medicine publiziert wurde.

Eine Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) ist bislang vorwiegend Patienten mit schwerer symptomatischer Aortenstenose vorbehalten, bei denen ein chirurgischer Eingriff sehr risikoreich wäre. Bei Patienten mit intermediärem Operationsrisiko wird die TAVI zwar eingesetzt, bislang zeigte aber nur die PARTNER-2-Studie [1] eine ähnliche Wirksamkeit wie die Operation. In die nun vorgestellte zweite große Studie zu dieser Frage, die internationale multizentrische randomisierte SURTAVI, wurden in 87 Zentren in den USA, Kanada und Europa mehr als 1700 Patienten aufgenommen, deren Risiko für die operative Sterblichkeit zwischen 3 und 15% lag. Ein interdisziplinäres Herzteam schätzte das Risiko anhand des Society of Thoracic Surgery Predicted Risk of Mortality (STS-PROM) und des klinischen Status ein und beurteilte die Eignung der Patienten für die Studie. Randomisiert wurde die Aortenklappe chirurgisch oder mithilfe eines Katheters eingesetzt. Die meisten Patienten (84%) der TAVI-Gruppe erhielten das CoreValve-Klappensystem der ersten Generation, 16% wurde das modernere Evolut-R-Klappensystem implantiert. Der zusammengesetzte primäre Endpunkt umfasste die Gesamtsterblichkeit und schwere, mit Behinderung einhergehende Schlaganfälle innerhalb von zwei Jahren. Zum Nachweis der Nichtunterlegenheit wurde ein bayesianisches statistisches Verfahren eingesetzt.

TAVI mit Operation vergleichbar

Insgesamt wurden 1746 Patienten randomisiert, davon 879 in die TAVI- und 867 in die Operationsgruppe. Zur modifizierten Intent-to-Treat-Gruppe (mITT) gehörten Patienten, bei denen eine Prozedur versucht wurde; dies waren 864 in der TAVI- und 796 Patienten in der Operationsgruppe. Tatsächlich erhielten 863 Patienten ein Klappensystem mit dem Katheter, 794 Patienten wurden dazu operiert. Die demographischen Parameter und die kardiovaskulären Risikofaktoren der Patienten in den beiden Gruppen waren ähnlich. Das Durchschnittsalter lag bei knapp 80 Jahren, rund 57% waren Männer, der STS-PROM lag bei 4,5%. Die Patienten hatten eine sehr starke koronare Belastung, fast 40% hatten schon eine perkutane Angioplastie durchgemacht oder einen Bypass erhalten.

Die Studie erreichte ihren primären Endpunkt: Nach zwei Jahren betrug die Mortalitäts- und Schlaganfallrate bei TAVI 12,6%, bei Operation 14,0%. Damit konnte eine sehr stabile statistisch signifikante Nichtunterlegenheit der TAVI im Vergleich zur Operation nachgewiesen werden. Die Gesamtsterblichkeit allein lag nach 30 Tagen mit TAVI bei 2,2%, mit Operation bei 1,7%. Nach zwei Jahren betrug die Gesamtmortalität 11,4% mit TAVI und 11,6% bei Operation. Die Rate schwerer Schlaganfälle lag nach zwei Jahren bei 2,6% mit TAVI und 4,5% mit Operation (Abb. 1). Dies weist auf einen Vorteil der TAVI hin. Die Ergebnisse waren auch in verschiedenen Subgruppen (Alter, Geschlecht, Körpermassenindex, Auswurffraktion) konsistent.

Abb. 1. Schwere Schlaganfälle innerhalb von zwei Jahren bei Patienten mit Aortenklappenstenose, denen eine neue Aortenklappe mit dem Katheter (TAVI) oder mittels Operation (SAVR) eingesetzt wurde [nach Reardon MJ, et al. 2017]

Bessere Lebensqualität nach 30 Tagen mit TAVI

Unter den durch den Eingriff bedingten Komplikationen innerhalb der ersten 30 Tage waren

  • Schlaganfälle (3,4 vs. 5,6%)
  • Transfusionsbedarf (kein Bedarf 87,5% vs. 58,9%)
  • Nierenversagen Stadium 2 bis 3 (1,7 vs. 4,4%)
  • kardiogener Schock (1,1 vs. 3,8%)
  • Vorhofflimmern (12,9 vs. 43,4%)

bei TAVI signifikant seltener als bei Operation. Nach 30 Tagen war die Lebensqualität der TAVI-Patienten besser als die der Operierten. Bei TAVI verbesserte sich die Klappen-Hämodynamik stärker mit einem niedrigeren transvalvulären Druckgradienten und einer größeren Öffnungsfläche im Vergleich zur Operation.

Bei den operierten Patienten kam es zu weniger lebensbedrohlichen oder großen Blutungen (9,3 vs. 12,2%) und seltener zu residualen Klappeninsuffizienzen. Schrittmacher mussten den Operierten ebenfalls seltener implantiert werden als den TAVI-Patienten (6,6 vs. 25,9%). Die NYHA-Klasse verbesserte sich in beiden Gruppen ähnlich.

TAVI bei intermediärem Risiko bevorzugen

Für Diskutant Prof. Dr. David Cohen, Kansas City, waren vor allem die Ergebnisse zum Schlaganfall bedeutsam. Weltweit sei dies erst die dritte Studie, in der die Rate schwerer Schlaganfälle mit TAVI geringer war als mit Operation. Aus seiner Sicht sei dies ein „echter Nutzen“. Die TAVI war zwar im Hinblick auf die Sterblichkeit und die Schlaganfallrate zusammen nicht besser als die Operation, Cohen würde sie wegen der besseren Lebensqualität in den ersten 30 Tagen und wegen der rascheren Erholung der Patienten jedoch bevorzugen.

Quellen

Reardon MJ et al. Transcatheter aortic valve replacement with a self-expanding bioprosthesis compared with surgical aortic valve replacement in patients at intermediate surgical risk: first results from the SURTAVI clinical trial. ACC 2017, Washington DC, 17.-19. März 2017, Abstract 400–18. www.abstractsonline.com/pp8/#!/4223/presentation/38090

Reardon MJ, et al. Surgical or transcatheter aortic-valve replacement in intermediate-risk patients. N Engl J Med. 2017;376:1321–31.

Literatur

1. Leon MB et al. Transcatheter or surgical aortic-valve replacement in intermediate-risk patients. N Engl J Med. 2016;374:1609–20.

Tab. 1. SURTAVI – Studiendesign [nach Reardon MJ, et al. 2017]

Erkrankung

Schwere Aortenstenose

Studienziel

Sicherheit und Wirksamkeit der Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) bei Patienten mit schwerer, symptomatischer Aortenstenose (AS) bei mittlerem chirurgischen Risiko versus chirurgischem Aortenklappenaustausch (SAVR)

Studientyp

Intervention

Studiendesign

Randomisiert, parallel, multizentrisch

Studienteilnehmer

1746 Patienten mit Risiko für operative Sterblichkeit zwischen 3 und 15%

Intervention

  • Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) (n=879, ITT: 864)
  • Medtronic CoreValve® System
  • Medtronic CoreValve® Evolut-R-System
  • Chirurgische Aortenklappenersatz (SAVR) (n=867, ITT: 794)

Primäre Endpunkte

Gesamtsterblichkeit und schwere, mit Behinderung einhergehende Schlaganfälle innerhalb von zwei Jahren

Sponsor

Medtronic Cardiovascular

Studienregisternummer

NCT01586910 (ClinicalTrials.gov)

ITT: Intent-to-treat-Population; n: Anzahl

Arzneimitteltherapie 2017; 35(06)