Dr. Miriam Sonnet, Rheinstetten
Die Behandlung von Kindern mit Psoriasis ist bis heute kompliziert und es stehen nur wenige Therapieoptionen zur Verfügung. Die UVB-Phototherapie und Medikamente wie Methotrexat, Ciclosporin und Acitretin sind auf schwere oder wiederkehrende Fälle von pädiatrischer Psoriasis beschränkt [1, 2]. Eine neue Möglichkeit bieten Inhibitoren des Tumornekrosefaktors. Im Jahr 2015 wurde der Inhibitor Adalimumab von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) für Kinder ab vier Jahren, die unter schwerer Plaque-Psoriasis leiden, zugelassen.
Die Autoren der Studie überprüften, ob sich Adalimumab für die Therapie von Kindern und Jugendlichen mit schwerer Plaque-Psoriasis bezüglich Effizienz und Sicherheit eignet und sogar Methotrexat überlegen ist.
Studiendesign
Die randomisierte, doppelblinde Phase-III-Studie erfolgte in 38 Kliniken 13 verschiedener Länder und schloss 114 Patienten im Alter von 4 bis 18 Jahren mit schwerer Plaque-Psoriasis ein, die auf eine topische Therapie nicht ansprachen. Die Psoriasis wurde als schwer definiert, wenn Patienten eines der folgenden Kriterien erfüllten: Einen Physician Global Assessment (PGA) Score von mindestens 4; mehr als 20% der Körperoberfläche oder mehr als 10% mit großen Läsionen sind betroffen; einen Psoriasis Area and Severity Index (PASI) Score von mindestens 20 oder mindestens 10 plus eine resistente psoriatrische Arthritis, einen Children’s Dermatology Life Quality Index (CDLQI) Score von mehr als 10 oder die zusätzliche klinisch relevante Beteiligung von Gesicht, Genitalien, Händen oder Füßen.
Die Patienten wurden in drei Gruppen randomisiert (Tab. 1) und erhielten im Zeitraum von zunächst 16 Wochen:
- 0,8 mg/kg Adalimumab subkutan alle zwei Wochen (n=38)
- 0,4 mg/kg Adalimumab subkutan alle zwei Wochen (n=39)
- 0,1 bis 0,4 mg/kg p.o. Methotrexat wöchentlich (n=37)
Tab. 1. Studiendesign [nach Papp 2017 et al.]
Erkrankung |
Psoriasis |
Studienziel |
Überprüfung der Effizienz und Sicherheit von Adalimumab bei Kindern und Jugendlichen mit schwerer Plaque-Psoriasis |
Studienphase |
Phase III |
Studiendesign |
Randomisiert, doppelblind, Double-Dummy |
Eingeschlossene Patienten |
114 Patienten im Alter von ≥4 bis �18 Jahren, Körpergewicht von mindestens 13 kg, mit einer Plaque-Psoriasis, die seit mindestens 6 Monaten besteht. |
Intervention |
Danach entweder Langzeit-Follow-up oder Entzug des Medikaments für maximal 36 Wochen (bei Therapieansprechen) oder eine erneute Behandlung über 16 Wochen bei Verlust der Krankheitskontrolle |
Primäre Endpunkte |
Anteil der Patienten, bei denen eine Verbesserung des PASI-Score um 75% (PASI75) und eine Verbesserung des PGA auf 0 (keine Psoriasis) oder 1 (minimale Psoriasis) nach 16 Wochen eintritt |
Sekundäre Endpunkte |
Verbesserung der Lebensqualität, gemessen an CDLQI und PedsQL |
Sponsor |
AbbVie |
Studienregisternummer |
NCT01251614 |
CDLQI: Children’s Dermatology Life Quality Index; PASI: Psoriasis Area and Severity Index; PedsQL: Pediatric quality of life inventory; PGA: Physician Global Assessment
Die Autoren definierten als primären Endpunkt denjenigen Anteil der Patienten, der nach 16 Wochen eine Verbesserung des PASI-Scores um 75% (PASI75) und einen PGA-Score von 0 bis 1 erreichte. Sekundärer Endpunkt war die Verbesserung des PASI-Scores um 90% bis 100% (PASI90, PASI100) und eine erhöhte Lebensqualität der Patienten, gemessen an CDLQI und PedsQL (Pediatric quality of life inventory). Auch die Sicherheit der Therapie wurde über die Studie hinweg geprüft.
Ergebnisse
Zwischen Dezember 2010 und Februar 2015 wurden 114 Patienten in die drei Behandlungsarme randomisiert. Nach 16 Wochen Behandlung hatten mehr Studienteilnehmer einen PASI75 in der Adalimumab-Gruppe (0,8 mg/kg) (22/38; 58%) als in der Methotrexat-Gruppe (12/37; 32%; p=0,027) erreicht. In der zweiten Adalimumab-Gruppe (0,4 mg/kg) kamen 17 von 39 Patienten (44%) auf einen PASI75.
Die Behandlung war mit Adalimumab (0,8 mg/kg) bezüglich des PGA-Scores erfolgreicher als mit Methotrexat oder mit einer niedrigeren Adalimumab-Dosis: 23 von 38 (61%) Teilnehmern erreichten nach 16 Wochen PGA 0 oder 1 mit Adalimumab (0,8 mg/kg), in der Methotrexat-Gruppe waren es 15 von 37 Patienten (41%, p=0,083), mit 0,4 mg/kg Adalimumab erlangten 16 von 39 (41%) einen PGA von 0 bis 1. Die Ergebnisse waren zwischen der Adalimumab- (0,8 mg/kg) und der Methotrexat-Gruppe zwar nach 16 Wochen nicht signifikant – bei der Überprüfung zwischen Woche vier und elf ergaben die statistischen Tests jedoch signifikante Werte (p ≤0,021).
Auch bei den sekundären Endpunkten überzeugte der Tumornekrosefaktor-Inhibitor: Nach 16 Wochen hatten mehr Patienten der Adalimumab-Gruppen einen PASI90 oder PASI100 im Vergleich zu Methotrexat. Die Unterschiede waren allerdings nicht signifikant. Die Verbesserung der Lebensqualität bezüglich PedsQL war mit Adalimumab (0,8 mg/kg) besser als mit Methotrexat (p=0,005) (Tab. 2).
Tab. 2. Sekundäre Endpunkte in Woche 16
Methotrexat (n=37) |
Adalimumab 0,4 mg/kg (n=39) |
Adalimumab 0,8 mg/kg (n=38) |
p-Wert |
|
PASI90 |
8 (22%) |
12 (31%) |
11 (29%) |
0,466 |
PASI100 |
1 (3%) |
4 (10%) |
7 (18%) |
0,056 |
CDLQI-Änderung |
–5,0 (7,1) (n=36) |
–4,9 (6,2) (n=38) |
–6,6 (6,2) |
0,304 |
PedsQL-Änderung |
1,9 (10,4) (n=36) |
9,5 (12,3) (n=38) |
10,8 (15,4) |
0,005 |
Die Daten werden als Gesamtzahl (%) oder Mittelwerte (Standardabweichung) angegeben.
Bei insgesamt 84 (74%) der 114 Patienten kam es zu unerwünschten Ereignissen. Zu den häufigsten zählten Infektionen (45% bei Adalimumab 0,8 mg/kg, 56% bei Adalimumab 0,4 mg/kg und 57% bei Methotrexat). Die Sicherheitsprofile ähnelten sich in den verschiedenen Gruppen. Es gab drei schwerwiegende unerwünschte Ereignisse.
Fazit der Studienautoren
Die Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit schwerer Plaque-Psoriasis mit 0,8 mg/kg Adalimumab ist bezüglich PASI75-Scores effizienter als die Therapie mit Methotrexat. Die Patienten berichteten unter Adalimumab-Therapie auch über einer Verbesserung der Lebensqualität. Es gab keine neuen Sicherheitsrisiken.
Quelle
Papp K, et al. Efficacy and safety of adalimumab every other week versus methotrexate once weekly in children and adolescents with severe chronic plaque psoriasis: a randomised, double-blind, phase 3 trial. Lancet 2017;390:40–9.
Literatur
1. American Academy of Dermatology Work Group. Guidelines of care for the management of psoriasis and psoriatic arthritis: section 6. Guidelines of care for the treatment of psoriasis and psoriatic arthritis: case-based presentations and evidence-based conclusions. J Am Acad Dermatol 2011;65:137–74.
2. Cordoro KM. Systemic and light therapies for the management of childhood psoriasis: part II. Skin Therapy Lett 2008;13:1–3.
Kommentar
Die Psoriasis ist seit Jahren als Systemerkrankung bekannt. 2014 hat die WHO die Schuppenflechte als eine schwerwiegende nichtübertragbare Erkrankung anerkannt. In einer Resolution wurde bestätigt, dass viele Menschen durch die verspätete Diagnosestellung und mangelhafte Behandlungsmöglichkeiten sowie ungenügenden Zugang zur Gesundheitsversorgung unnötig an der Schuppenflechte leiden.
Bekannt ist auch, dass durch eine frühzeitige Intervention ein Großteil der Symptome der komplexen Erkrankung vermieden wird. So können Begleiterkrankungen wie metabolisches Syndrom oder Depression, die durch die systemische Entzündung bei der Psoriasis vermehrt vorliegen und bereits im Kindesalter bekannt sind, frühzeitig behandelt oder sogar verhindert werden.
Sobald es sich um eine mittelschwere oder schwere Psoriasis handelt, sollte deshalb systemisch behandelt werden. Hier stehen gerade im Kindesalter nur wenige zugelassene Systemtherapeutika zur Verfügung.
Von den neuen Biologika wird als Therapieoption erwartet, dass diese nicht nur die Psoriasis, sondern auch die Komorbidität positiv beeinflussen. Empfehlenswert ist natürlich immer, über den Einsatz der Biologika oder Systemtherapeutika vorwiegend bei jüngeren Kindern mit einem Pädiater gemeinsam zu entscheiden.
Die Studie unterstreicht die gute Wirksamkeit von Adalimumab auch im Kindesalter. Weitere Studien mit neueren Therapieoptionen wie zum Beispiel Anti-IL-17-Antagonisten haben bereits auch im deutschsprachigen Raum begonnen.
Arzneimitteltherapie 2017; 35(11)