Dr. Stefan Fischer, Stuttgart
Bisher galt die Hemmung des Tumornekrosefaktors alpha (TNF-α) als primäres Therapieprinzip in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA). Die Interleukin-6-Hemmung hat das infrage gestellt.
Interleukin 6 (IL-6) ist ein wichtiger Botenstoff für zahlreiche Differenzierungsprozesse. Erhöhte Interleukin-6- bzw. sIL-6R-Werte (soluble IL-6 receptor) korrelieren jedoch mit der Schwere der Gelenkzerstörung, der Leukozyteninfiltration und dem Krankheitsstadium (Abb. 1).

Abb. 1. Wirkung von Interleukin 6 (IL-6) am Ort der Entzündung
Effektiver Therapieansatz
In mehreren Studien wurde ein Zusammenhang zwischen erhöhten IL-6-Werten und RA-Begleiterkrankungen wie Anämie, Fatigue, Osteoporose sowie kardiovaskulärem Risiko gezeigt. Diese Korrelationen konnten bestätigt werden, da sich unter einer Blockade von IL-6 Anämie, Fatigue und kardiovaskuläre Faktoren bessern. Auch eine deutliche Senkung des Lipoproteins(a) wurde beobachtet. CRP-Werte normalisieren sich unter IL-6-Blockade.
Die gegen den IL-6-Rezeptor gerichteten Antikörper Tocilizumab (RoActemra®) und Sarilumab (Kevzara®) sind bereits zugelassen. Mehrere Antikörper gegen IL-6 selbst sind in der Entwicklung (z.B. Sirukumab).
Für Tocilizumab wurde gezeigt, dass sich die Therapietreue nicht unterscheidet – egal ob es mit oder ohne Methotrexat (MTX), in der Erstlinie oder in einer späteren Therapielinie gegeben wurde. Die Patienten zeigen also eine hohe Zufriedenheit unter der IL-6-Hemmung [2].
Bei welchen Patienten?
Serum- und Biomarker im Gelenk unterscheiden sich bei RA-Patienten. Hohe Konzentrationen von löslichem ICAM-1 und geringe CXCL13-Werte sprechen zum Beispiel für eine gute Wirksamkeit von Adalimumab. Bei anderen Entzündungsmarkern könnten IL-6-Hemmer geeigneter sein, allerdings stehen noch keine Screeningverfahren zur Verfügung.
Insgesamt besteht mehr Langzeiterfahrung mit TNF-α-Blockern, aber die bisherigen Studien versprechen mindestens ähnlich gute Responseraten unter IL-6-Hemmung; insbesondere bei Therapieversagern (Kasten).
Es stand in der AMT
Rheumatoide Arthritis: Interleukin-6-Rezeptorantagonist Sarilumab. Arzneimitteltherapie 2017;35:352–3.
Sicherheitsprofil
Neutropenien vom Grad 3 waren in der MONARCH-Studie [1] unter Sarilumab häufiger als unter Adalimumab, aber es gab keine Korrelation mit dem Auftreten schwerwiegender Infektionen. Es handelt sich bei den Neutropenien nicht um toxische Effekte, sondern um eine Umverteilung durch eine IL-6-vermittelte Wirkung auf die Migration der Neutrophilen. Es besteht in dieser Situation die Möglichkeit, MTX abzusetzen und auch die Dosis von Sarilumab zu reduzieren.
Unter Tocilizumab liegt die Häufigkeit schwerer Infektionen ebenfalls im Bereich anderer Biologika [3].
Intestinale Perforationen sind unter IL-6-Blockade häufiger, aber insgesamt noch immer sehr selten. In Studien, die Patienten mit Divertikulitis ausschlossen, war keine Häufung zu beobachten.
Fazit
Die IL-6-Blockade ist ein vielversprechendes Therapieprinzip und es ist zu erwarten, dass der Einsatz mit mehr Langzeiterfahrung in den Leitlinien noch weiter nach vorne rückt.
Quelle
Prof. Dr. Ulf Müller-Ladner, Bad Nauheim, Prof. Dr. Andrea Rubbert-Roth, Köln, Prof. Dr. Gerd R. Burmester, Berlin; Symposium „Erweiterte Optionen im Management der RA IL-6-Rezeptor-Blockade“, 8. September 2017, Stuttgart, veranstaltet von Sanofi Genzyme im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie.
Literatur
1. Burmester GR, et al. Efficacy and safety of sarilumab monotherapy versus adalimumab monotherapy for the treatment of patients with active rheumatoid arthritis (MONARCH): a randomised, double-blind, parallel-group phase III trial. Ann Rheum Dis 2017;76:840–7.
2. Kihara M, et al. Use and effectiveness of tocilizumab among patients with rheumatoid arthritis: an observational study from the British Society for Rheumatology Biologics Register for rheumatoid arthritis. Clin Rheumatol 2017;36:241–50.
3. Ramiro S, et al. Safety of synthetic and biological DMARDs: a systematic literature review informing the 2016 update of the EULAR recommendations for management of rheumatoid arthritis. Ann Rheum Dis. 2017;76:1101–36.
Arzneimitteltherapie 2017; 35(12):497-504