Dr. Claudia Bruhn, Schmölln
Bei Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) können die Entzündungen der Darmmukosa die Eisenabsorption beeinträchtigen. Daher entwickeln diese Patienten sehr häufig eine Eisenmangelanämie. Zu deren Behandlung wurden bisher entweder orale Präparate mit zweiwertigem Eisen oder intravenös zu verabreichende Arzneimittel eingesetzt. Bei oralen Eisen-II-Verbindungen treten oft gastronintestinale Nebenwirkungen auf, die nicht selten zum Therapieabbruch führen [4]. Während einer intravenösen Eisengabe kann es zu Überempfindlichkeitsreaktionen kommen. Daher soll Eisen nur dann auf diesem Weg verabreicht werden, wenn in der Arztpraxis eine vollständige Ausrüstung zur Reanimation direkt verfügbar ist [1]. Eine Alternative könnte ein orales Präparat mit dreiwertigem Eisen (Feraccru® Hartkapseln) darstellen. Darin liegt das Eisen als Komplexverbindung mit drei Maltol-(3-Hydroxy-2-methyl-4-pyron-)Liganden vor (Abb. 1). Wenn CED-Patienten auf ein zweiwertiges Eisenpräparat unzureichend angesprochen beziehungsweise dieses nicht vertragen haben, kann Eisen(III)-Maltol als Therapieoption erwogen werden, bevor die i.v. Gabe in Betracht gezogen wird. Außerdem kann es in der Erstlinientherapie bei therapienaiven Patienten angewendet werden.

Abb. 1. Eisen(III)-Maltol ist eine Komplexverbindung aus dreiwertigem Eisen und drei Maltol-(3-Hydroxy-2-methyl-4-pyron-)Liganden.
Wirkungsmechanismus von Eisen(III)-Maltol
Nachdem der Wirkstoff nach oraler Aufnahme die Dünndarmschleimhaut erreicht hat, erfolgt im Bürstensaum des Darmepithels durch die membranständige Ferrireduktase eine Dissoziation des Komplexes und eine Reduktion von Fe3+ zu Fe2+. Während die Maltolmoleküle im Darmlumen verbleiben, gelangt das zweiwertige Eisenion durch aktiven Transport in die Enterozyten und von dort über den Blutkreislauf in Leber und Knochenmark, wo es unter anderem für die Bildung von Erythrozyten zur Verfügung steht. Das erhöhte Eisenangebot kann dann beispielsweise die Konzentrationen von Hämoglobin im Blut und von Serumferritin steigern. Der aktive Transporter für die Eisenaufnahme ist sättigbar, weshalb eine Eisenüberladung nicht befürchtet werden muss.
Studienprogramm belegt Wirksamkeit und Verträglichkeit
Die Wirksamkeit und Sicherheit der Behandlung mit Eisen(III)-Maltol wurde im prospektiven, randomisierten und Placebo-kontrollierten Phase-III-Studienprogramm AEGIS bei erwachsenen CED-Patienten (mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa) mit Eisenmangelanämie geprüft, die die orale Gabe von zweiwertigem Eisen nicht vertragen hatten (Tab. 1). Ihre Ausgangs-Hb-Werte lagen zwischen 9,5 g/dl und 13 g/dl. Bereits in der vierten Behandlungswoche waren in der Verum-Gruppe die mittleren Hämoglobin(Hb)-Konzentrationen gegenüber Placebo um 1,04 g/dl signifikant höher, in Woche 8 im Mittel um 1,76 g/dl. Bis Woche 12 waren die Hb-Konzentrationen unter der Behandlung mit dem Verum gegenüber der Behandlung mit Placebo um 2,25 (Standardfehler [SE] ±0,19) g/dl signifikant gestiegen (p<0,0001 zu allen drei Zeitpunkten) [3].
Tab. 1. Studiendesign von AEGIS [3, 5]
Erkrankung |
Eisenmangelanämie |
Studienziel |
Wirksamkeit und Sicherheit von Eisen(III)-Maltol bei erwachsenen CED-Patienten |
Studientyp |
Interventionsstudie |
Studienphase |
Phase III |
Studiendesign |
Prospektiv, randomisiert, Placebo-kontrolliert |
Eingeschlossene Patienten |
Erwachsene CED-Patienten mit Eisenmangelanämie |
Intervention |
|
Primäre Endpunkte |
Veränderung der Hb-Konzentration von Baseline bis Woche 12 |
Sekundäre Endpunkte |
Hb-Veränderungen zwischen Woche 4 und 8; Sicherheit und Verträglichkeit |
Sponsor |
Shield Therapeutics |
Studienregisternummer |
NCT01340872 NCT01352221 (ClinicalTrials.gov) |
CED: chronisch-entzündliche Darmerkrankung
Die häufigsten Nebenwirkungen (Verum vs. Placebo) waren Bauchschmerzen (13,3% vs. 11,7%), Diarrhö (8,3% vs. 10,0%) und Obstipation (8,3% vs. 1,7%). Die Eisen-Substitution hatte keinen Einfluss auf die Grunderkrankung.
An diese Studie schloss sich eine offene Verlängerungsphase, in der alle Patienten bis zu 52 Wochen zweimal täglich 30 mg Eisen(III)-Maltol einnahmen [5]. Bei den Patienten der Verum-Gruppe (n=50) stieg die Hb-Konzentration zwischen Baseline und Woche 64 um 3,07 (Standardabweichung [SD] ±1,46 g/dl); in der ehemaligen Placebo-Gruppe (n=47) im gleichen Zeitraum um 2,19 (SD ±1,61 g/dl). 86% der Patienten erreichten eine Normalisierung der Hb-Werte bis zu Woche 64. Die Adhärenz zur Behandlung mit Eisen(III)-Maltol lag im Mittel bei 97%.
Anwendungshinweise
Die empfohlene Dosierung von Feraccru® beträgt 30 mg morgens und abends. Die Einnahme sollte entweder nüchtern mit einem halben Glas Wasser eine Stunde vor einer Mahlzeit oder mindestens zwei Stunden nach einer Mahlzeit erfolgen, da eine gleichzeitige Nahrungsaufnahme die Eisenresorption beeinträchtigt. Die empfohlene Behandlungsdauer beträgt 12 Wochen. Bei schweren Eisenmangelzuständen unter 10 g/dl ist intravenöses Eisen Mittel der Wahl [2].
Quelle
Prof. Dr. Andreas Stallmach, Jena, Prof. Dr. Robert Ehehalt, Heidelberg, Priv.-Doz. Dr. Carsten Schmidt, Fulda, Priv.-Doz. Dr. Niels Teich, Leipzig; Symposium „Erweiterte Therapieoptionen mit oralem Eisen(III)-Maltol bei Eisenmangelanämie: Ein altes Problem – Neue Lösungen“, veranstaltet von Shield Therapeutics im Rahmen der 72. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), Dresden, 15. September 2017.
Literatur
1. Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ). Rote-Hand-Brief: Verschärfte Empfehlungen bezüglich des Risikos schwerer Überempfindlichkeitsreaktionen auf Eisen-Präparate zur intravenösen Applikation, Oktober 2013.
2. Fachinformation Feraccru® 30 mg Hartkapseln, Stand Dezember 2016.
3. Gasche C, et al. Ferric maltol is effective in correcting iron deficiency anaemia in patients with inflammatory bowel disease: results from a phase-3 clinical trial program. Inflamm Bowel Dis 2015;21:579–88.
4. Presseinformation der Shield Therapeutics GmbH: Ein Jahr Erfahrung mit Feraccru®: Therapie der Eisenmangelanämie bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, September 2017.
5. Schmidt C, et al. Ferric maltol therapy for iron deficiency anaemia in patients with inflammatory bowel disease: long-term extension data from a phase 3 study. Aliment Pharmacol Ther 2016;44:259–70.
Die Beiträge in der Rubrik Pressekonferenzen werden von freien Journalisten im Auftrag der Redaktion verfasst. Die Herausgeber der Zeitschrift übernehmen keine Verantwortung für diesen Heftteil.
Arzneimitteltherapie 2017; 35(12):508-519