Nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD)


Univ.-Prof. Dr. med. Elke Roeb, Gießen

[Foto: privat]

„Eine übergroße Gänseleber, sie mag noch so gut schmecken, setzt doch immer eine kranke Gans voraus.“ (Clemens Brentano, 1778–1842)

Clemens Brentano hat sein Medizinstudium in Jena zugunsten seiner literarischen Laufbahn nicht vollendet, dennoch waren ihm die Zusammenhänge zwischen Fettleber und deren fatalen Auswirkungen auf den Gesamtorganismus bestens bekannt.

Patienten mit Fettleber und besonders diejenigen mit einer Fetteleberhepatitis haben eine deutlich eingeschränkte Lebenserwartung, verbunden mit einer erhöhten Morbidität für Herz- und Kreislauferkrankungen [1, 4].

Die nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) bezeichnet ein ganzes Spektrum von histologischen Leberveränderungen, die von der einfachen Steatose (Verfettung) bis hin zur Steatohepatitis (Verfettung und Entzündung, sogenannte NASH) mit/ohne Fibrose, zur „kryptogenen“ Zirrhose und zum hepatozellulären Karzinom (HCC) reichen. Ein dysmetabolisches Milieu, allerdings ohne übermäßigen Alkoholkonsum und andere konkurrierende Ätiologien einer chronischen Lebererkrankung, stellen die Grundlage dieser Fettlebererkrankungen dar [3].

NAFLD ist zu einer führenden Ursache für Lebererkrankungen im Endstadium geworden, die eine Lebertransplantation erforderlich machen und zu einer Hauptursache für hepatozelluläre Karzinome in vielen Regionen der westlichen industrialisierten Welt geführt haben. Aufgrund ihrer systemischen Natur ist die NAFLD stark mit dem metabolischen Syndrom und dem kardiovaskulären Risiko assoziiert. Die Inzidenz der NAFLD-Diagnose hat sich in den letzten Jahren verfünffacht, insbesondere bei jungen Erwachsenen, wie erst kürzlich in einer Kohortenstudie über 18 Jahre an mehr als 3800 Patienten belegt werden konnte [1]. In den letzten 20 Jahren ist die NAFLD zu einem bedeutenden Problem der öffentlichen Gesundheit geworden mit einer erheblichen klinischen und wirtschaftlichen Belastung, ohne dass es bisher eine zugelassene medikamentöse Therapie gibt [3].

Ein generelles Screening auf die Fettlebererkrankungen wird nicht empfohlen [3]. Da NAFLD pandemische Ausmaße erreicht hat und da es bestimmte physiologische und metabolische Faktoren gibt, die die Entwicklung und das Fortschreiten dieser Lebererkrankung modulieren, können Ärzte allerdings ein gezieltes NAFLD-Screening unter Risikogruppen durchführen.

Wie Rau und Geier in ihrer aktuellen Übersicht (Seite 479) zunächst erläutern, ist allgemein anerkannt, dass Änderungen des Lebensstils (gesunde Ernährung, körperliche Ausdauer-Aktivität, langsame Gewichtsabnahme) allen Patienten mit NAFLD angeboten werden sollten, und dass die Behandlung aller koexistierenden kardiometabolischen Risikofaktoren pharmakologische Interventionen erfordert [2].

Die Wirkung von Nährstoffen auf den jeweiligen Metabolismus kann durch Genpolymorphismen beeinflusst werden [6]. Daher scheint die Individualisierung der Ernährung bei NAFLD-Patienten und insbesondere der nährstoffinduzierte Insulinausstoß bei fettempfindlichen Personen nützlich zur Ermittlung spezifischer Ernährungsstrategien bei NAFLD zu sein [6].

Lebensstil-, Ernährungs- und Verhaltensstrategien haben erwiesenermaßen zu einer klinischen und histologischen Verbesserung der NASH-Leber geführt [7].

Die NAFLD-Forschung hat inzwischen einen hohen wissenschaftlichen Standard erreicht und die meisten Patienten mit NAFLD werden vermutlich davon profitieren. Basierend auf den bisherigen Daten ist eine enge Überwachung der Patienten mit NASH und fortgeschrittener Fibrose sehr empfehlenswert. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um genetische Modifikatoren, die molekulare Pathogenese und biologische Mechanismen, durch die die NAFLD zum erhöhten kardiometabolischen Risiko beitragen kann, besser zu verstehen.

In Deutschland und Europa gibt es bisher keine zugelassenen pharmakologischen Therapien und die Ergebnisse klinischer Studien sind aufgrund inkonsistenter Definitionen relevanter Krankheitsparameter bei Patienten mit NASH schwer vergleichbar. Gerade rechtzeitig hat jetzt das Liver-Forum, ein Multi-Stakeholder-Projekt, das US-amerikanische und europäische Regulierungsbehörden, akademische Forscher, Patientenvertreter, Ärzte und Industrievertreter einschließt, erste Publikationen herausgegeben. Das Konsortium hat Definitionen für die Aufnahme von NAFLD-Patienten in Studien und für die Analyse von Endpunkten in klinischen NASH-Studien aus der Sicht der regulatorischen Wissenschaft erstellt [5].

Nur durch multizentrische Studien mit konzertierten Einschlusskriterien, definierten Endpunkten und homogenen Patientenpopulationen lässt sich die Vielzahl der aktuellen Therapeutika, die von Rau und Geier hier kompetent vorgestellt und diskutiert werden, evaluieren.

Nicht vergessen sollte man allerdings, dass es bereits einen erfolgreichen Therapieansatz gibt: kostengünstig, überall verfügbar und garantiert nur mit positiven Nebenwirkungen – die Lifestyle-Änderung!

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