Rolapitant – ein weiterentwickelter Neurokinin-1-Rezeptorantagonist


Klinisch-pharmakologische Eigenschaften, Studienlage und Wechselwirkungen im Überblick

Veröffentlicht am: 28.11.2019

Hans-Peter Lipp, Tübingen

Mit Rolapitant steht inzwischen der dritte Vertreter der selektiv wirksamen Neurokinin-1(NK1)-Antagonisten für die Kontrolle der Chemotherapie-induzierten Nausea und Emesis (CINV) zur Verfügung. Phase-III-Studienergebnisse belegten die klinische Effektivität des weiterentwickelten NK1-Antagonisten im Rahmen der Prävention verzögert auftretender Episoden bei moderat und hoch emetogener Chemotherapie. Im Vergleich zu Aprepitant und Netupitant weist Rolapitant die längste Eliminationshalbwertszeit auf, sodass selbst eine Einmalgabe vor einem mehrtägigen Chemotherapie-Zyklus einen ausreichenden supportiven Schutz bietet. Im Gegensatz zu den anderen Vertretern erfolgt durch Rolapitant keine Beeinträchtigung des Glucocorticoid-Stoffwechsels beziehungsweise keine moderate CYP3A-Inhibition. Seine moderate CYP2D6-hemmende Wirkung dürfte nur dann von klinischer Relevanz sein, wenn ein entsprechendes Substrat eine geringe therapeutische Breite aufweist und ausschließlich über dieses CYP-Isoenzym abgebaut wird.
Arzneimitteltherapie 2017;35:485–92.

Zusatzmaterial

Zu diesem Beitrag existiert ein Online-Supplement als PDF mit den Tabellen S1, S2 zur MEC-Studie sowie S3, S4 zu CYP2D6- und P-Glykoprotein-Substraten.

Erhebungen aus den 1980er-Jahren zeigten eindrucksvoll, wie belastend eine Chemotherapie-induzierte Nausea und Emesis (Chemotherapy-induced nausea and vomiting, CINV) für viele Patienten war. Nicht selten war die CINV für vorzeitige Therapieabbrüche verantwortlich, da die Patienten diese Nebenwirkungen nicht mehr länger zu tolerieren bereit waren. Inzwischen – etwa 35 Jahre später – ist das Erbrechen üblicherweise nicht mehr unter den zehn belastendsten Nebenwirkungen einer medikamentös-basierten Tumortherapie zu finden. Die optimale Beherrschung der Übelkeit stellt hingegen noch eine Herausforderung dar.

Diese positive Entwicklung auf dem Gebiet der Supportivtherapie basiert vor allem auf dem besseren Verständnis der verschiedenen Pathomechanismen, die der CINV zugrunde liegen, wie beispielsweise der Bedeutung der Neurotransmitter Serotonin (5-HT3) und dem Neurokinin Substanz P, sowie der Entwicklung wirksamer und gut verträglicher Antiemetika. Außerdem ist sie der kontinuierlichen Überarbeitung von Therapieprotokollen hin zu weniger emetogenen Verfahren (Tab. 1) [16] und der regelmäßigen Überarbeitung und Anpassung internationaler Leitlinien zum optimierten Einsatz verschiedener Antiemetika geschuldet [9, 11].

Tab. 1. Übersicht zur emetogenen Potenz intravenöser und oraler Wirkstoffe in der Onkologie (mod. nach [16])

Emetogene Potenz

Intravenöse Wirkstoffe

Orale Wirkstoffe

Hoch
(>90%)

AC-Kombination definiert entweder als Doxorubin oder Epirubicin mit Cyclophosphamid, Carmustin, Cisplatin, Cyclophosphamid ≥1500 mg/m², Dacarbazin, Mechlorethamin, Streptozocin

Altretamin, Procarbazin

Moderat
(30–90%)

Alemtuzumab, Azacitidin, Bendamustin, Carboplatin*, Clofarabin, Cyclophosphamid <1500 mg/m², Cytarabin>1000 mg/m², Daunorubicin, Doxorubicin, Epirubicin, Idarubicin, Ifosfamid, Irinotecan, Oxaliplatin, Temozolomid, Thiotepa, Trabectedin

Bosutinib, Ceritinib, Crizotinib, Cyclophosphamid, Imatinib, Temozolomid, Vinorelbin

Niedrig
(10–30%)

Aflibercept, Belinostat, Blinatumomab, Bortezomib, Brentuximab vedotin, Cabazitaxel, Carfilzomib, Catumaxomab, Cetuximab, Cytarabin ≤1000 mg/m², Docetaxel, Doxorubicin-HCl (liposomal pegyliert), Eribulin, Etoposid, 5-Fluorouracil, Gemcitabin, Ipilimumab, Methotrexat, Mitomycin, Mitoxantron, Paclitaxel, Paclitaxel-albumin, Panitumumab, Pemetrexed, Temsirolimus, Topotecan, Trastuzumab emtansin, Vinflunin

Afatinib, Axitinib, Capecitabin, Dabrafenib, Dasatinib, Everolimus, Fludarabin, Ibrutinib, Idelalisib, Lapatinib, Lenalidomid, Nilotinib, Olaparib, Pazopanib, Ponatinib, Sunitinib, Thalidomid, Tegafur/Uracil, Vandetanib, Vorinostat

Minimal
(<10%)

Bevacizumab, Bleomycin, Busulfan, Cladribin, Fludarabin, Nivolumab, Ofatumumab, Pembrolizumab, Pertuzumab, Rituximab, Trastuzumab, Vinblastin, Vincristin, Vinorelbin

Chlorambucil. Erlotinib, Gefitinib, Hydroxyurea, Melphalan, Methotrexat, Pomalidomid, Sorafenib, Thioguanin, Vemurafenib, Vismodegib

*Carboplatin: Die aktuellen Leitlinien empfehlen eine antiemetische Primärprophylaxe mit einem Triple-Regime

AC: Anthracyclin + Cyclophosphamid; HCl: Hydrochlorid

Zunächst waren es die 5-HT3-Rezeptorantagonisten – allen voran der erste Vertreter Ondansetron – die die Prävention der CINV revolutionierten. Ein weiterer Durchbruch gelang einige Jahre später mit der Einführung des ersten Neurokinin-1(NK1)-Rezeptorantagonisten Aprepitant (EMEND®), der vor allem in der verzögerten Phase der CINV (ca. 24 bis 120 Stunden nach Chemotherapie-Gabe) eine bessere Kontrolle dieser Nebenwirkung mit sich brachte. Während mit Palonosetron vor mehr als zehn Jahren der letzte Vertreter der 5-HT3-Rezeptorantagonisten in den Markt eingeführt wurde, sind in den letzten Monaten bei den NK1-Rezeptorantagonisten mit Netupitant (Bestandteil des Kombinationspräparats Akynzeo®) und Rolapitant (Varuby®) innerhalb kurzer Zeit weiterentwickelte Vertreter zugelassen worden, die sich substanzabhängig vor allem durch ihre längere Eliminationshalbwertszeit und die Option der Einmalgabe pro Zyklus auszeichnen (Tab. 2) [10, 15].

Tab. 2. NK1-Rezeptorantagonisten – ein pharmakodynamischer und pharmakokinetischer Vergleich (mod. nach [10, 15])

Parameter

Aprepitant

Fosaprepitant

Netupitant

Rolapitant

Handelspräparat

EMEND® Kps. 125/80 mg bzw. IVEMEND® (150 mg i.v.)

Akynzeo® Kps. 300 mg/0,5 mg (Kombinationspräparat)

Varuby® Kps. 90 mg

Dosierung

Aprepitant 125/80/80 mg p.o. (d1–3)

Fosaprepitant 1×150 mg i.v. (d1)

1×300 mg p.o. (d1) (in Kombination mit 0,5 mg Palonosetron)

1×180 mg p.o. (d1); 60–120 Min. vor CTX-Infusionsbeginn

Halbwertszeit

9–13 Std.

Ca. 88 Std.

Ca. 180 Std.

Metabolisierung

Via CYP3A4

Inaktive Metaboliten

Via CYP3A4

u.a. aktive Metaboliten (M1, M3)

Via CYP3A4

Aktiver Metabolit (M19)

Elimination

Renal (57%), fäkal (45%)

Vorwiegend via Fäzes

Vorwiegend via Fäzes

Mögliche Interaktionen

Moderater Hemmstoff des CYP3A4 und Glucocorticoid-Stoffwechsels

Moderater Hemmstoff des CYP3A4 und Glucocorticoid-Stoffwechsels

Moderater Hemmstoff des CYP2D6 (z.B. Thioridazin), potenzielle Inhibition von BCRP und Pgp

BCRP: Breast Cancer Resistance Protein; CTX: Chemotherapie; CYP: Cytochrom P450; d: Tag; i.v.: intravenös; Kps.: Kapseln; Pgp: P-Glykoprotein; p.o.: per os

Pharmakodynamik und -kinetik

Rolapitant ist ein hochselektiver NK1-Rezeptorantagonist, der mit ähnlich hoher Affinität an die entsprechenden NK1-Rezeptoren bindet (Ki =0,66 nM) wie die strukturverwandten Vertreter Aprepitant und Netupitant. Nach Gabe der empfohlenen Dosis von einmal 180 mg Rolapitant ist von einer annähernd vollständigen Absorption und absoluten Bioverfügbarkeit von 100% auszugehen. Nach etwa vier Stunden wird eine Spitzenkonzentration des Wirkstoffs von etwa 1 µg/ml im Plasma erreicht, unabhängig davon, ob gleichzeitig eine Nahrungsaufnahme stattgefunden hat oder nicht. Rolapitant wird ausgedehnt im peripheren Gewebe verteilt, das Verteilungsvolumen wurde mit rund 460 Litern berechnet, die Plasmaeiweißbindung liegt bei über 99%.

Rolapitant wird hepatisch vornehmlich über das Cytochrom-P450(CYP)-Isoenzym CYP3A4 metabolisiert. Als Hauptmetabolit M19 wurde das Hydroxylderivat SCH 720881 identifiziert (Abb. 1), das ebenfalls noch pharmakologisch aktiv ist (Ki =0,42 nM) und mit seiner AUC (Area under the curve) annähernd 58% der AUC der Muttersubstanz erreichen kann. Beide, Rolapitant und SCH 720881, weisen eine außerordentlich lange Halbwertzeit von 146 bis 212 Stunden beziehungsweise 180 Stunden auf. Aufgrund dieser langen Eliminationshalbwertszeit erlaubt Rolapitant eine Einmalgabe selbst im Rahmen einer Chemotherapie, die kontinuierlich über fünf Tage gegeben wird (z.B. Cisplatin, Etoposid, Bleomycin [PEB] beim Hodenkarzinom). Die Ausscheidung erfolgt vorwiegend biliär-fäkal. Weniger als 10% der applizierten Dosis werden innerhalb von 44 Tagen im Urin wiedergefunden. Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit und die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) des Patienten hatten keinen signifikanten Einfluss auf die klinische Pharmakokinetik des NK1-Rezeptorantagonisten.

Abb. 1. Strukturformeln des NK1-Rezeptorantagonisten Rolapitant und seines aktiven Metaboliten M19 (SCH 720881)

Da der Wirkstoff gleichzeitig sehr gut ZNS-gängig ist, sind im Vergleich zu (Fos)Aprepitant fünf Tage nach oraler Gabe noch mehr als 90% der NK1-Rezeptoren im Cortex und 73% im Striatum besetzt [19]. Weitergehende Untersuchungen zeigten in diesem Zusammenhang, dass das Ausmaß der besetzten NK1-Rezeptoren im Cortex direkt mit den Rolapitant-Plasmakonzentrationen korreliert [8].

Beurteilung der klinischen Wirksamkeit

Ein komplettes Ansprechen (CR) auf ein Antiemetikum im Rahmen einer CINV-Prophylaxe setzt voraus, dass es in den vorgegebenen Zeiträumen zu keinem Erbrechen und zu keinem Bedarf an Rescue-Medikation kommt. Untersucht werden in diesem Zusammenhang die Segmente 0 bis 24 Stunden (akute Phase), >24 bis 120 Stunden (verzögerte Phase) und der gesamte Zeitraum (0 bis 120 Stunden). Bei der Prüfung auf Phasen von Übelkeit (Nausea) wird von „keiner signifikanten Nausea“ gesprochen, wenn auf einer 100 mm langen visuellen Analogskala (Visual Analog Scale, VAS) der maximale VAS-Score <25 mm liegt. Wenn „keine Nausea“ ermittelt wurde, muss der maximale VAS-Score <5 mm liegen. Von einem kompletten CINV-Schutz (complete protection) wird gesprochen, wenn alle drei Parameter zutreffen: keine Emesis, keine eingesetzte Rescue-Medikation und nur geringe Übelkeit (max. VAS-Score <25 mm).

Wird der Einfluss von CINV auf die Alltagsaktivität eines Patienten abgefragt, bedient man sich des FLIE-Fragebogens (FLIE: Functional living index – emesis). Er ist nach Abschluss der Chemotherapie an Tag 6 nach Gabe des 1. Zyklus auszufüllen. Dabei werden jeweils neun Fragen zu Nausea und Emesis gestellt und mithilfe einer 7-Punkte-VAS ausgewertet. Bestand überhaupt keine Beeinträchtigung der Alltagsaktivität unter der Supportivtherapie, sind maximal 126 Punkte erreichbar. Allerdings wird bereits bei einem Summen-Score >108 dieses Ziel als erreicht angesehen [4, 14].

Dosisfindungsstudie mit Rolapitant

Im Rahmen einer Dosisfindungsstudie wurde geprüft, inwieweit eine orale Einmalgabe von 9 mg, 22,5 mg, 90 mg oder 180 mg Rolapitant bei Cisplatin-behandelten Patienten (Cisplatin-Dosis 70 mg/m²) zu einer signifikanten Verbesserung des kompletten Ansprechens gegenüber einer Dublette aus 32 mg Ondansetron i.v. und oralem Dexamethason 20 mg führt. Beide Studienarme mit oder ohne Rolapitant sahen zweimal 8 mg Dexamethason pro Tag an den Folgetagen 2, 3 und 4 vor.

Da die Gabe von 180 mg p.o. mit dem größten supportiven Vorteil für die Patienten verbunden war, ohne dass sich eine nennenswerte Häufung von Nebenwirkungen ergab, wurde diese Dosis für weitergehende Phase-III-Studien festgelegt [12]. Inzwischen ist über PET(Positronen-Emissions-Tomographie)-Imaging-Studien bekannt, dass mit dieser Dosis eine annähernde Sättigung der NK1-Rezeptoren erreicht wird [21].

Phase-III-Studienprogramm

Es liegen die Ergebnisse von drei Phase-III-Studien vor, in denen die klinische Wirksamkeit von Rolapitant zusätzlich zu einer Therapie mit Granisetron und Dexamethason geprüft wurde: zwei Studien bei hoch emetogener Chemotherapie (HEC-1 und HEC-2) und eine Studie bei moderat emetogener Chemotherapie (MEC). Letztere berücksichtigte allerdings annähernd 50% Patienten, die mit einer Anthracyclin/Cyclophosphamid-Kombination (AC) behandelt worden waren, die heute bei Patientinnen mit Mammakarzinom als hoch emetogen eingestuft wird. Primärer Endpunkt der im Folgenden genauer ausgeführten Phase-III-Studien war das komplette Ansprechen in der verzögerten Phase nach Gabe der Chemotherapie [14, 18].

Phase-III-Studien: HEC-1 und HEC-2

In den zwei multizentrisch durchgeführten HEC-Studien HEC-1 und HEC-2 wurden insgesamt 1087 Chemotherapie-naive Patienten randomisiert [14]. Sie erhielten im Median 75 mg/m² i.v. Cisplatin als hoch emetogene Chemotherapie. Beide Studien waren identisch konzipiert. Bezogen auf die Patientencharakteristika Alter, Geschlecht und durchschnittlicher Alkoholkonsum pro Woche waren zwischen den jeweiligen Studienarmen keine relevanten Unterschiede zu verzeichnen. Beide Studienarme erhielten an Tag 1 der Chemotherapie 10 µg/kg Granisetron i.v. und 20 mg Dexamethason sowie an den Folgetagen 2 bis 4 jeweils 8 mg Dexamethason oral. Patienten im Rolapitant-Studienarm erhielten an Tag 1 zusätzlich 180 mg Rolapitant einmalig p.o. etwa ein bis zwei Stunden vor Beginn der Cisplatin-Infusion. Patienten im Vergleichsarm (Kontrollarm) erhielten ein Placebo.

Die Analyse nach dem ersten Therapiezyklus zeigte, dass ein höherer Anteil an Patienten im Rolapitant-Studienarm ein komplettes Ansprechen in der verzögerten Phase (primärer Studienendpunkt) aufwies als im Kontrollarm. Wurden die Ergebnisse der HEC-1 und HEC-2 zusammengefasst, erreichten im Rolapitant-Arm 71% der Studienteilnehmer und im Vergleichsarm 60% das primäre Studienziel, ein komplettes Ansprechen auf die Antiemese (Odds-Ratio 1,6; Konfidenzintervall [KI] 1,3–2,1; p=0,0001) (Tab. 3) [14].

Tab. 3. Komplette Ansprechrate nach Chemotherapie-Gabe in der verzögerten Phase (>24 bis 120 Stunden) als primärem Endpunkt der Studie, in der akuten und gesamten Phase als sekundäre Endpunkte bei HEC-1 und HEC-2 bzw. HEC (gepoolt); nähere Erläuterungen im Text (mod. nach [14])

Komplette Ansprechrate [N/n (%)]

Odds-Ratio (95%-KI); p-Wert

Rolapitant 180 mg

Aktive Kontrolle

Verzögerte Phase (>24–120 h)

HEC-1

192/264 (73%)

153/262 (58%)

1,9 (1,3–2,7); p=0,0006

HEC-2

190/271 (70%)

169/273 (62%)

1,4 (1,0–2,1); p=0,0426

HEC (gepoolt)

382/535 (71%)

322/535 (60%)

1,6 (1,3–2,1); p=0,0001

Akute Phase (≤24 h)

HEC-1

221/264 (84%)

193/262 (74%)

1,8 (1,2–2,8); p=0,0051

HEC-2

226/271 (83%)

217/273 (79%)

1,3 (0,8–2,0); p=0,2331

HEC (gepoolt)

447/535 (84%)

410/535 (77%)

1,6 (1,1–2,1); p=0,045

Gesamte Phase (0–120 h)

HEC-1

185/642 (70%)

148/262 (56%)

1,8 (1,3–2,6); p=0,0013

HEC-2

183/271 (68%)

165/273 (60%)

1,4 (1,0–1,9); p=0,0840

HEC (gepoolt)

368/535 (69%)

313/535 (59%)

1,6 (1,2–2,0); p=0,0005

HEC: hoch emetogene Chemotherapie; KI: Konfidenzintervall; n: Gesamtanzahl Patienten; N: Anzahl

Tabelle 4 zeigt die zusammengefassten Daten der HEC-1- und HEC-2-Studie zu den Endpunkten keine Emesis, keine signifikante Nausea, keine Nausea und kompletter Schutz in der akuten und verzögerten Phase sowie im gesamten fünftägigen Risikozeitraum nach der Chemotherapie.

Tab. 4. Rolapitant-haltige Dreifachkombination versus konventionelle Dublette – Vergleich der klinischen Endpunkte bei HEC (gepoolte Daten aus HEC-1 und HEC-2; mod. nach [14])

Rolapitant 180 mg (n=535)

Aktive Kontrolle
(n=535)

Odds-Ratio (95%-KI); p-Wert

Keine Emesis

Gesamte Phase (0–120 h)

73%

62%

1,7 (1,3–2,2); p<0,0001

Verzögerte Phase (>24–120 h)

76%

64%

1,8 (1,4–2,3); p<0,0001

Akute Phase (≤24 h)

86%

79%

1,6 (1,2–2,3); p=0,0022

Keine signifikante Nausea

Gesamte Phase (0–120 h)

72%

65%

1,4 (1,1–1,8); p=0,0174

Verzögerte Phase (>24–120 h)

74%

67%

1,4 (1,1–1,8); p=0,0108

Akute Phase (≤24 h)

88%

83%

1,6 (1,1–2,3); p=0,009

Keine Nausea

Gesamte Phase (0–120 h)

52%

42%

1,5 (1,2–2,0); p=0,0004

Verzögerte Phase (>24–120 h)

56%

44%

1,6 (1,2–2,0); p=0,0002

Akute Phase (≤24 h)

70%

64%

1,3 (1,0–1,7); p=0,0304

Kompletter Schutz

Gesamte Phase (0–120 h)

63%

54%

1,5 (1,2–1,9); p=0,0013

Verzögerte Phase (>24–120 h)

65%

55%

1,5 (1,2–,0); p=0,0006

Akute Phase (≤24 h)

81%

73%

1,5 (1,2–2,1); p=0,0033

HEC: hoch emetogene Chemotherapie; KI: Konfidenzintervall; n: Anzahl Patienten

Die Häufigkeit an Nebenwirkungen war in beiden Gruppen nicht signifikant unterschiedlich.

Die Post-hoc-Analyse zur Prävention der akuten Emesis (0 bis 24 Stunden) zeigte bei HEC-1 einen signifikanten Vorteil durch die Hinzunahme von Rolapitant, während bei HEC-2 in der akuten Phase im kompletten Ansprechen kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Studienarmen zu beobachten war. Allerdings war davon unabhängig der signifikante Vorteil durch die Dreierkombination bei den Studien in der verzögerten Phase gegeben. Das unterstreicht die Bedeutung des NK1-Rezeptorantagonisten insbesondere in der verzögerten Phase, da hier im Gegensatz zur akuten Phase 5-HT3-Rezeptor-getriggerte Prozesse eine deutlich geringere Rolle im Pathomechanismus der CINV spielen [15].

Phase-III-Studie: MEC

In der Phase-III-Studie zur klinischen Wirksamkeit und Verträglichkeit von Rolapitant bei moderat emetogener Chemotherapie (MEC) fällt auf, dass sowohl im Rolapitant-Studienarm als auch im Kontrollarm mehr als die Hälfte der Patienten eine Kombination bestehend aus einem Anthracyclin und Cyclophosphamid (AC) erhalten hatten [18] (siehe auch Tab. S1 im Online-Supplement). AC-Schemata waren 2011 noch als moderat emetogen eingestuft worden, sodass diese Studienplanung im Nachhinein verständlich ist, auch wenn man diese Patienten heute einer HEC-Studie zuordnen würde.

In der multizentrischen Studie wurden insgesamt 1369 Chemotherapie-naive Patienten mit vorwiegend soliden Tumoren berücksichtigt. Bezogen auf die Patientencharakteristika waren in den Studienarmen keine relevanten Unterschiede zu verzeichnen. In beiden Studienarmen – mit oder ohne Rolapitant – erhielten die Patienten an Tag 1 der Chemotherapie 2 mg Granisetron p.o. und 20 mg Dexamethason, sowie an den Folgetagen 2 und 3 jeweils 2 mg Granisetron. Die Analyse nach dem ersten Therapiezyklus zeigte, dass ein höherer Anteil an Patienten im Rolapitant-Studienarm ein komplettes Ansprechen in der verzögerten Phase (primäres Studienziel) aufwies: 71% versus 62% (Odds-Ratio 1,6; 95%-KI 1,2–2,0; p=0,0002) (Tab. 5).

Tab. 5. Klinische Wirksamkeit im ersten Chemotherapiezyklus Rolapitant-haltiges Triple-Regime vs. Zweierkombination bei MEC (mod. nach [18])

Komplette Ansprechrate [N/n (%)]

Odds-Ratio (95%-KI); p-Wert

Rolapitant

Aktive Kontrolle

Verzögerte Phase (>24–120 h)

AC

230/344 (67%)

214/359 (60%)

1,4 (1,0–1,9); p=0,0465

Non-AC MEC

245/322 (76%)

196–307 (64%)

1,8 (1,3–2,5); p=0,0008

Akute Phase (0–24 h)

AC

264/344 (77%)

276/359 (77%)

1,0 (0,7–1,4); p=0,9659

Non-AC MEC

292/322 (91%)

259/307 (84%)

1,8 (1,1–2,9); p=0,0163

Gesamte Phase (0–120 h)

AC

216/344 (63%)

197/359 (55%)

1,4 (1,0–1,9); p=0,0332

Non-AC MEC

241/322 (75%)

188/307 (61%)

1,9 (1,3–2,6); p=0,0003

AC: Anthracyclin+Cyclophosphamid, KI: Konfidenzintervall; MEC: moderat emetogene Chemotherapie; n: Gesamtanzahl Patienten; N: Anzahl

Die Subgruppenanalyse der MEC-Studie ergab, dass die Patienten, die eine AC-haltige Chemotherapie bekommen hatten, in der verzögerten Phase und auf den gesamten Risikozeitraum hin gesehen von der Dreifachkombination profitierten. In beiden Zeiträumen erreichten signifikant mehr mit Rolapitant behandelte Patienten ein komplettes Ansprechen auf die Antiemese als mit der Zweierkombination behandelte Patienten (Tab. 5). Bei den nicht mit AC behandelten Patienten waren die CR-Raten in allen drei Phasen nach der Chemotherapie durch den Zusatz von Rolapitant signifikant verbessert (Tab. 5). Zwischen den beiden Behandlungsgruppen war keine Veränderung im Verträglichkeitsmuster zu erkennen.

Inzwischen liegt auch eine Post-hoc-Analyse für Carboplatin-behandelte Patienten im Rahmen dieser MEC-Studie vor: Signifikant mehr Patienten unter Rolapitant zeigten ein komplettes Ansprechen und zwar sowohl in der verzögerten Phase (82,3% vs. 65,6%; p<0,001) als auch im Gesamtzeitraum (0 bis 120 Stunden) (80,2% vs. 64,6%; p<0,001). Diese Post-hoc-Analyse ist insofern von Interesse, als bereits in anderen Studien gezeigt wurde, dass Carboplatin-behandelte Patienten vom Zusatz eines NK1-Rezeptorantagonisten deutlich profitieren [7].

Eine Zusammenfassung der Studienergebnisse findet sich im Online-Supplement in Tabelle S2.

Weitergehende Studienergebnisse

Bei der Erfassung des Patient-Reported Outcome mithilfe der FLIE-Bögen zeigte sich, dass in der MEC-Studie signifikant mehr Patienten, die eine Antiemese mit Rolapitant erhalten hatten, keine Auswirkungen der CINV auf ihr tägliches Leben angaben als Patienten aus dem Kontrollarm (73% vs. 67%; p=0,0270, Abb. 2). In den beiden HEC-Studien ließ sich bei der Auswertung der FLIE-Bögen zwar ein Unterschied zugunsten des Rolapitant-haltigen Regimes feststellen, er war jedoch nicht statistisch signifikant (gepoolte Studiendaten: 76% vs. 71%; p=0,0821, Abb. 2). Die differenzierte Betrachtung der Scores zur Nausea und zum Erbrechen in den HEC-Studien und der MEC/AC-Studie lässt durchgängig eine signifikante Verbesserung durch die Hinzunahme von Rolapitant erkennen [4].

Abb. 2. Ergebnisse des FLIE-Fragebogen unter Einsatz von Rolapitant bzw. Kontrolle ohne NK1-Rezeptorantagonisten. Zugrunde gelegt ist eine Skala von 18 bis 126 Punkten; nähere Erläuterung im Text (mod. nach [4])

Dass der protektive Effekt von Rolapitant über mehrere Chemotherapiezyklen (MEC und HEC) anhält, wurde von Rapoport et al. herausgearbeitet. In den Zyklen 2 bis 6 wurden die Patienten an den Zyklustagen 6 bis 8 befragt, ob es an den fünf Tagen nach der Chemotherapie-Gabe zu Erbrechen oder Würgen gekommen war und ob sie unter Übelkeit litten, die ihren normalen Alltag beeinträchtigte. Hinsichtlich der beiden Parameter Kein Erbrechen und Keine beeinträchtigende Übelkeit ergab sich ein statistisch signifikanter Vorteil für die Rolapitant-haltige Kombinationsantiemese in den Zyklen 2 bis 5 (Zyklus 2: p=0,006, Zyklus 3: p<0,001, Zyklus 4: p=0,001 und Zyklus 5: p=0,021). Betrachtet man nur den Parameter „kein Erbrechen“, zeigte sich der statistisch signifikante Vorteil für die Dreierkombination in den Zyklen 2 bis 6. Therapiebezogene unerwünschte Ereignisse traten mit 5,5% in den Rolapitant- und 6,8% in den Kontrollarmen ähnlich häufig auf [13].

Verträglichkeit

Rolapitant weist ein sehr ähnliches Nebenwirkungsprofil auf wie Aprepitant und Netupitant, wobei in den zulassungsrelevanten Studien die unerwünschten Ereignisse Schluckauf, Kopfschmerzen, Obstipation und Fatigue in den Vergleichsgruppen ohne Rolapitant ähnlich häufig beobachtet wurden [8, 12, 15]. Aus Untersuchungen an gesunden Probanden wurde vom Auftreten leichter Kopfschmerzen, Schwindel und Müdigkeit berichtet [8].

Wechselwirkungen

Im Gegensatz zu Aprepitant und Netupitant gehen von Rolapitant keine moderaten inhibierenden Effekte auf CYP3A4 aus (Tab. 2) [10, 15]. Entsprechende Untersuchungen mit dem Modellsubstrat Midazolam führten zu keinen klinisch-pharmakokinetischen Veränderungen des Benzodiazepins.

Darüber hinaus ist keine metabolische Beeinträchtigung des Glucocorticoid-Stoffwechsels unter Rolapitant beobachtet worden, sodass bei einer gleichzeitigen Gabe von Dexamethason keine Dosismodifikationen vorzunehmen sind [8].

Hingegen gehen von Rolapitant moderat CYP2D6-inhibierende Wirkungen aus, die aufgrund der vergleichsweise langen Halbwertszeit des NK1-Rezeptorantagonisten auch entsprechend lange anhalten können (Übersicht entsprechender CYP2D6-Substrate in Tab. S3 im Online-Supplement). Klinisch-pharmakokinetische Untersuchungen mit dem Modellsubstrat Dextromethorphan zeigten, dass der gleichzeitige Einsatz von Rolapitant zu einer Steigerung der Dextromethorphan-Exposition um das 2,2- bis 3,9-Fache führte. Bei CYP2D6-Ultrarapid-Metabolizern ist von einer stärkeren Expositionssteigerung auszugehen (etwa 5,7-fach), während bei Intermediate Metabolizern der Effekt deutlich abgeschwächt ist (etwa 1,4- bis 1,7-fach) [8].

Eine erhöhte Exposition entsprechender CYP2D6-Substrate ist vor allem dann zu erwarten, wenn dieses Isoenzym das einzige oder vorherrschende Enzym für die Metabolisierung der Komedikation ist, und andere CYP-Isoenzyme nur wenig kompensatorisch eingreifen. Weist das CYP2D6-Substrat darüber hinaus eine relativ geringe therapeutische Breite auf (z.B. Thioridazin), sollte auf eine geeignete therapeutische Alternative mit einem anderen pharmakokinetischen Profil ausgewichen werden [1].

Aus In-vitro-Untersuchungen wurde abgeleitet, dass von Rolapitant Breast-Cancer-Resistance-Protein(BCRP)- und P-Glykoprotein(Pgp)-hemmende Eigenschaften ausgehen. Modellsubstrate für die BCRP-Efflux-Pumpe sind Wirkstoffe wie Methotrexat, Topotecan, Irinotecan und Rosuvastatin. Für die Pgp-Efflux-Pumpe (Synonym: ABCB1, MDR1) werden Arzneimittel wie Digoxin, Verapamil oder Cyclosporin aufgeführt (Übersicht potenzieller Pgp-Substrate in Tab. S4 im Online-Supplement). In einer pharmakokinetischen Studie wurden 200 mg Rolapitant gemeinsam mit 0,5 mg Digoxin gegeben. Zwar erhöhte sich dadurch die cmax des Digitalisglykosids um 71% und dessen AUC um 30%, eine klinisch relevante Veränderung der ventrikulären Frequenz und anderer EKG-Parameter wurde jedoch nicht festgestellt [8].

Da Rolapitant über CYP3A4 verstoffwechselt wird, können sehr potente Induktoren (z.B. Rifampicin) die Clearance des NK1-Rezeptorantagonisten erheblich steigern, sodass mit einer 6- bis 8-fachen AUC-Senkung zu rechnen ist. Der CYP3A-Inhibitor Ketoconazol führte zu keiner relevanten pharmakokinetischen Veränderung [8].

Dass die CYP2D6-, BCRP- und Pgp-Inhibition in Verbindung mit Rolapitant tatsächlich mit relativ wenigen klinisch relevanten Wechselwirkungen in der täglichen Praxis verbunden ist, wurde vor Kurzem von Barbour et al. in einer Post-hoc-Analyse der durchgeführten Zulassungsstudien herausgearbeitet. In diesem Zusammenhang wurde der Frage nachgegangen, ob in den Zulassungsstudien durch die Hinzunahme von Rolapitant Auffälligkeiten im Nebenwirkungsspektrum zu beobachten waren, die auf einer Arzneimittelwechselwirkung beruhen könnten. Sie identifizierten bei 53% der Patienten Arzneimittel, die potenziell über CYP2D6 metabolisiert werden, und bei 63% der Patienten Arzneimittel, die potenziell als BCRP-Substrate eingestuft werden können. Ihre Analyse hatte zum Ergebnis, dass in diesem Zusammenhang keine Auffälligkeiten in den unerwünschten Begleiterscheinungen zu beobachten waren. Allerdings war bei keinem Patienten ein Arzneistoff wie Thioridazin oder Pimozid eingesetzt worden [2].

Vergleich mit anderen NK1-Rezeptorantagonisten

Ein auffälliger Unterschied zwischen den NK1-Rezeptorantagonisten besteht im Spektrum an potenziellen Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln [10, 15]. Bei Aprepitant werden aufgrund der moderaten CYP3A4-inhibierenden Wirkung vor allem Arzneistoffe in der Komedikation erfasst, die nach oraler Gabe einem relativ hohen First-Pass-Effekt unterliegen (z.B. Midazolam, Quetiapin, Sirolimus). In der Fachinformation der oralen Fixkombination Netupitant/Palonosetron (NEPA) findet sich der Hinweis, dass ein klinisch-pharmakokinetischer Einfluss auf das intravenös applizierte Zytostatikum Docetaxel und eine damit verbundene Expositionssteigerung des Taxans um +37% nicht ausgeschlossen werden kann [6, 10].

Die beiden NK1-Rezeptorantagonisten Aprepitant und Netupitant erhöhen im Gegensatz zu Rolapitant die Exposition eines gleichzeitig applizierten Glucocorticoids (z.B. Dexamethason) im Plasma, sodass Dosismodifikationen vorzusehen sind. Inwieweit die potenziell CYP2C9-induzierenden Eigenschaften von Aprepitant klinisch relevant sind, bedarf weitergehender Untersuchungen [10, 15].

Rolapitant ist eine moderate CYP2D6-Inhibition zu eigen. Hier können gewisse Parallelen zum CYP17-Inhibitor Abirateron herstellt werden, der ebenfalls als moderater CYP2D6-Inhibitor eingestuft wird. Im Rahmen einer aktuellen Analyse zu möglichen Wechselwirkungen wurden allerdings nur wenige Arzneimittel identifiziert, die in diesem Zusammenhang als kritisch eingestuft werden, wie beispielsweise die kaum mehr eingesetzten Antiarrhythmika Chinidin und Propafenon [5].

MASCC/ESMO: Aufnahme in die Leitlinien

Auf der Basis der Studiendaten haben die „Multinational Association of Supportive Care in Cancer“ (MASCC) und die Europäische Gesellschaft für medizinische Onkologie (ESMO) im Update 2016 ihrer Antiemese-Leitlinien Rolapitant in die Leitlinien zur CINV-Prophylaxe bei HEC, AC- und Carboplatin-haltigen Therapieprotokollen aufgenommen (Tab. 7) [11]. Im Gegensatz zu (Fos)aprepitant und Netupitant ist bei Rolapitant keine Reduktion der Dexamethason-Dosis erforderlich.

Tab. 7. Update 2016 der Antiemetischen Leitlinien gemäß MASCC/ESMO – unter besonderer Berücksichtigung des Einsatzes von Rolapitant und der darauf abzustimmenden Anwendung von Dexamethason in der akuten und verzögerten Phase der Chemotherapie-induzierten Nausea und Emesis (mod. nach [17])

Emetogene Chemotherapie

Prophylaxe für die akute Phase

Prophylaxe für die verzögerte Phase

Hoch emetogene Chemotherapie (HEC)

5-HT3-RA, Rolapitant 180 mg und Dexamethason 20 mg

2-mal tgl. Dexamethason 8 mg p.o. für 3–4 Tage

AC-basierte Protokolle beim Mammakarzinom

5-HT3-RA, Rolapitant 180 mg und Dexamethason 8 mg

Carboplatin-haltige Protokolle

5-HT3-RA, Rolapitant 180 mg und Dexamethason 8 mg

Moderat emetogene Chemotherapie (MEC)

5-HT3-RA, Dexamethason 8 mg

1-mal 8 mg bzw. 2-mal 4 mg Dexamethason für 2–3 Tage

5-HT3-RA: Serotoninrezeptor-Rezeptorantagonist; AC: Anthracyclin+Cyclophosphamid

Die Eliminationshalbwertszeit von Rolapitant ist mit etwa 180 Stunden weitaus länger als die von Aprepitant oder Netupitant [9, 15]. Mit dieser langen Eliminationshalbwertszeit ist eine relativ lange Verweilzeit des Wirkstoffs und seines aktiven Metaboliten SCH 720881 im Cortex und im Striatum verbunden, sodass trotz Einmalgabe der antiemetische Effekt von Rolapitant über mehrere Tage sichergestellt ist [8]. Damit kann selbst bei einer Chemotherapie, die durchgehend über fünf Tage sukzessive gegeben wird (z.B. das PEB-Protokoll beim Hodenkarzinom), eine alleinige orale Gabe des NK1-Rezeptorantagonisten Rolapitant gemeinsam mit Dexamethason und einem 5-HT3-Rezeptorantagonisten als antiemetischer Schutz angeboten werden. Bei Bedarf kann eine Dexamethason-Gabe in den Folgetagen gemäß MASCC/ESMO-Leitlinien vorgesehen werden [11].

Wird hingegen Aprepitant beim PEB-Protokoll eingesetzt, ist die Sachlage etwas komplexer, wie man im Rahmen einer 5-Tages-Therapie am besten verfahren soll: Die Fachinformation sieht nur eine Gabe über drei Tage vor. Eine vergleichsweise große klinische Studie sah die erste Gabe von Aprepitant erst an Tag 3 vor, während eine weitergehende Publikation von Tag 1 an eine durchgehende Prophylaxe über insgesamt sieben Tage vorsieht (vgl. [17]). Eine Erhebung zeigt, dass Patienten teilweise die mitgegebene Menge von zwei Kapseln Aprepitant 80 mg für die zwei Folgetage nach Chemotherapie nicht korrekt, sondern erst als Salvage-Medikation bei Bedarf einnehmen [20]. Hier bietet Rolapitant einen Vorteil in der praktischen Anwendung und Adhärenz.

Zusammenfassung

Mit Rolapitant wurde im April 2017 der dritte Vertreter der Neurokinin-1-Rezeptorantagonisten für die Prophylaxe der Chemotherapie-induzierten Nausea und Emesis (CINV) bei hoch und moderat emetogener Chemotherapie in Europa zugelassen. Handelsüblich steht der NK1-Rezeptorantagonist als Filmtablette mit 90 mg Wirkstoff zur Verfügung. Da zur CINV-Prophylaxe 180 mg Rolapitant empfohlen werden, ist im Rahmen einer HEC oder MEC etwa 60 bis 120 Minuten vor Beginn der Infusion die einmalige Gabe von zwei Filmtabletten vorzusehen.

Zusammenfassend stellt Rolapitant eine Bereicherung des Antiemetika-Spektrums in der klinischen Onkologie dar. Der NK1-Rezeptorantagonist ermöglicht durch die Option der Einmalgabe und seines vergleichsweise geringen Wechselwirkungsspektrums Erleichterungen in der täglichen Praxis. Bisher ist das Arzneimittel ausschließlich oral verfügbar, die Gabe sollte ein bis zwei Stunden vor Beginn der Chemotherapie-Infusion erfolgen. Eine parenterale Darreichungsform des Rolapitant befindet sich in der Entwicklung.

Prof. Dr. rer. nat. Hans-Peter Lipp ist seit 1998 Chefapotheker des Universitätsklinikums Tübingen. Fachliche Schwerpunkten sind die klinische Mykologie, Onkologie und Hämostaseologie sowie sich daraus ableitende pharmaökonomische Herausforderungen.

Interessenkonflikterklärung

HPL gibt an, Honorare für die Beratung oder Teilnahme an einem Expertenbeirat erhalten zu haben von MSD, Janssen-Cilag, Leo Pharma, Pfizer, Sanofi und AstraZeneca sowie Honorare für Vorträge, Stellungnahmen oder Artikel von BMS, Pfizer, Celgene, Cellpharm, Daiichi-Sankyo, Biotest, Hexal, Janssen-Cilag, Lilly, MEdac, MSD, Mundipharma, Tesaro, Gilead und Vifor.

Literatur

1. American Society of Health-System Pharmacists. www.ahfsdruginformation.com

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3. Bošnjak SM, Gralla RJ, Schwartzberg L. Prevention of chemotherapy-induced nausea: the role of neurokinin-1 (NK1) receptor antagonists. Support Care Cancer 2017;25:1661–71.

4. Chasen M, Urban L, Schnadig I, Rapoport B, et al. Rolapitant improves quality of life of patients receiving highly or moderately emetogenic chemotherapy. Support Care Cancer 2017;25:85–92.

5. Del Re M, Fogli S, Derosa L, Massari F, et al. The role of drug-drug interactions in prostate cancer treatment: Focus on abiraterone acetate/prednisone and enzalutamide. Cancer Treat Rev 2017;55:71–82.

6. Fachinformation Akynzeo® 300 mg/0,5 mg Hartkapseln. Stand: Januar 2017.

7. Hesketh PJ, Schnadig ID, Schwartzberg LS, Modiano MR, et al. Efficacy of the neurokinin-1 receptor antagonist rolapitant in preventing nausea and vomiting in patients receiving carboplatin-based chemotherapy. Cancer 2016;122:2418–25.

8. Investigator`s Brochure Rolapitant (SCH 619734). Tesaro Inc., August 3, 2014.

9. Lau TK, Yip CH, Yeo W. State of the art antiemetic therapy for cancer patients. Curr Oncol Rep 2016;18:2.

10. Lipp HP. NEPA (Netupitan/Palonosetron) zur Prophylaxe der Chemotherapie-induzierten Nausea und Emesis. Krankenhauspharmazie 2015;36:485–93.

11. Navari RM, Aapro M. Antiemetic prophylaxis for chemotherapy-induced nausea and vomiting. N Engl J Med 2016;374:1356–67.

12. Rapoport B, Chua D, Poma A, Arora S, et al. Study of rolapitant, a novel, long-acting, NK-1 receptor antagonist, for the prevention of chemotherapy-induced nausea and vomiting (CINV) due to highly emetogenic chemotherapy (HEC). Support Care Cancer 2015;23:3281–8.

13. Rapoport B, Schwartzberg L, Chasen M, Powers D, et al. Efficacy and safety of rolapitant for prevention of chemotherapy-induced nausea and vomiting over multiple cycles of moderately or highly emetogenic chemotherapy. Eur J Cancer 2016;57:23–30.

14. Rapoport BL, Chasen MR, Gridelli C, Urban L, et al. Safety and efficacy of rolapitant for prevention of chemotherapy-induced nausea and vomiting after administration of cisplatin-based highly emetogenic chemotherapy in patients with cancer: two randomized, active-controlled, double-blind, phase 3 trials. Lancet Oncol 2015;16:1079–89.

15. Rapoport BL. Differential pharmacology and clinical utility of rolapitant in chemotherapy-induced nausea and vomiting. Cancer Management and Research 2017;9:41–50.

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17. S3-Leitlinie Supportive Therapie bei onkologischen Patienten – Langversion 1,0. November 2016; AWMF-Registernummer: 032/0540L http://leitlinienprogramm-onkologie.de/Supportive-Therapie.95.0.html (Zugriff am 16.05.2017).

18. Schwartzberg LS, Modiano MR, Rapoport BL, Chasen MR , et al. Safety and efficacy of rolapitant for prevention of chemotherapy-induced nausea and vomiting after administration of moderately emetogenic chemotherapy or anthracycline and cyclophosphamide regimens in patients with cancer: a randomised, active-controlled, double-blind, phase 3 trial. Lancet Oncol 2015;16:1071–8.

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22. Wu G, Yeung S, Chen F. Compatibility and stability of rolapitant injectable emulsion admixed with dexamethasone sodium phosphate. Int J Pharm Compd 2017;21:66–75.

Prof. Dr. Hans-Peter Lipp, Universitätsapotheke, Röntgenweg 9, 72076 Tübingen, E-Mail: Hans-Peter.Lipp@med.uni-tuebingen.de

Rolapitant – a further developed neurokinin-1-receptor antagonist. An overview to clinical-pharmacokinetic characteristics, study results as well as potential drug interactions

Rolapitant represents the third congener of the selectively acting neurokinin-1-antagonists available to control chemotherapy (CTX)-induced nausea and vomiting (CINV). Phase-III-study results have confirmed the clinical effectiveness of Rolapitant for the prevention of delayed CINV episodes irrespective whether highly (HEC) or moderately emetogenic agents (MEC) had been used. In comparison with Aprepitant or Netupitant the elimination half-life of Rolapitant is much longer which allows an oral intake once before the first CTX infusion, even in case of a treatment regimen over several consecutive days. In contrast to Aprepitant and Netupitant, no impact on Cyp3A-mediated metabolism including glucocorticoids has to be expected with Rolapitant, whereas its moderate Cyp2D6 inhibitory effects may be only clinically relevant in case of a coadministered narrow therapeutic index drug which is exclusively inactivated via Cyp2D6 isozyme.

Key words: Rolapitant, study results, clinical pharmacokinetics, potential drug interactions

Arzneimitteltherapie 2017; 35(12):485-492