Hepatozelluläres Karzinom

Zweitlinientherapie mit Regorafenib


Dr. Stefan Fischer, Stuttgart

Seit September ist der Kinaseinhibitor Regorafenib als systemische Zweitlinientherapie beim hepatozellulären Karzinom zugelassen. In der Phase-III-Studie führte der Wirkstoff zu einem signifikant verlängerten Gesamtüberleben gegenüber Placebo. Allerdings muss das Arzneimittel importiert werden. Die Daten wurden im September auf einer Pressekonferenz der Firma Bayer vorgestellt.

Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist eine der Hauptursachen krebsbedingter Todesfälle in Europa. Laut S3-Leitlinie ist im intermediären Stadium BCLC-B (barcelona clinic liver cancer) eine TACE (transartierielle Chemoembolisation) angezeigt. Sollte der Tumor in diesem Stadium nicht mehr kontrolliert werden können oder fortschreiten (BCLC-C), wird eine systemische Therapie mit Sorafenib (Nexavar®) empfohlen [5]. Allerdings muss die Leberfunktion noch erhalten sein (Child-Pugh-Stadium A).

Für den Wechsel zwischen TACE und systemischer Therapie existieren keine klar definierten Kriterien. Eine frühzeitige Therapieänderung korreliert mit einem Überlebensvorteil gegenüber einer Weiterbehandlung mit TACE [1].

Die Zulassung von Regorafenib (Stivarga®) wurde im September auf die Zweitlinientherapie nach Sorafenib erweitert.

Regorafenib in der Zweilinie

In der Phase-III-Studie RESORCE [2] wurden 567 Patienten randomisiert mit

  • Regorafenib (Stivarga®) (160 mg/Tag für 3 Wochen, dann 1 Woche Pause; n=374) oder
  • Placebo (n=193)

behandelt.

Es handelte sich um ein stark vorselektioniertes Patientenkollektiv, das Sorafenib gut vertragen hatte. Die Leberfunktion der Patienten entsprach dem Stadium A der Child-Pugh-Kriterien.

Das mediane Gesamtüberleben lag in der Verum-Gruppe bei 10,6 Monaten; unter Placebo bei 7,8 Monaten. Das Sicherheitsprofil entsprach dem anderer Studien mit Regorafenib. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse Grad 3 oder 4 beinhalteten Bluthochdruck, Hand-Fuß-Hautreaktion, Fatigue und Diarrhö.

Längeres Überleben bei Nebenwirkungen

Es gibt aktuell keine Biomarker, die die Effektivität einer Therapie mit Sorafenib oder Regorafenib vorhersagen können. Bestimmte Nebenwirkungen scheinen aber ein Indikator für das Ansprechen auf die Therapie zu sein: Patienten mit bestimmten Nebenwirkungen, vor allem mit Hand-Fuß-Hautreaktion, hatten gegenüber anderen Patienten ein verlängertes medianes Gesamtüberleben [6]. Daher kommt dem Management von Nebenwirkungen eine besondere Bedeutung zu, um die Patienten in einer potenziell wirksamen Therapie halten zu können.

Zwei Substanzen in der Pipeline

Weitere Zulassungen sind für die Substanzen Lenvatinib und Nivolumab zu erwarten.

Patienten lebten mit Lenvatinib als systemischer Erstlinientherapie ähnlich lange wie unter Sorafenib [3].

Nivolumab (Opdivo®) wurde von der amerikanischen Zulassungsbehörde (FDA) bereits zur Behandlung des hepatozellulären Karzinoms zugelassen [7]. Die Entscheidung basiert auf einer Subgruppe aus 154 Patienten der Phase-I/II-Studie CHECKMATE-040 [4]. In Europa wird ein Zulassungsantrag erwartet, nachdem die Daten aus der Phase III vorliegen.

Import von Regorafenib

Nachdem der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) einen Zusatznutzen für Regorafenib bei metastasiertem Darmkrebs nicht mehr als belegt angesehen hatte, wurde der Regorafenib-Vertrieb in Deutschland durch die Firma Bayer eingestellt.

Bayer wird Regorafenib in Deutschland auch nach der Zulassungserweiterung nicht mehr auf den Markt bringen. Der Bezug muss über einen Einzelimport erfolgen.

Quelle

Prof. Dr. Arndt Vogel, Hannover, Priv.-Doz. Dr. Marcus-Alexander Wörns, Mainz, Prof. Dr. Michael Bitzer, Tübingen; Pressekonferenz „Fortschritte in der Behandlung des Leberzellkarzinoms – von der Sequenztherapie bis zur personalisierten Medizin“, veranstaltet von Bayer, Stuttgart, 29.09.17.

Literatur

1. Arizumi et al. Effectiveness of sorafenib in patients with transcatheter arterial chemoembolization (TACE) refractory and intermediate-stage hepatocellular carcinoma. Liver Cancer 2015;4:253–62.

2. Bruix, et al. Regorafenib for patients with hepatocellular carcinoma who progressed on sorafenib treatment (RESORCE): a randomised, double-blind, placebo-controlled, phase 3 trial. Lancet 2017;389:56–66.

3. Cheng AL, et al. Phase III trial of lenvatinib (LEN) vs sorafenib (SOR) in first-line treatment of patients (pts) with unresectable hepatocellular carcinoma (uHCC). J Clin Oncol 2017;35:(suppl):abstr 4001.

4. Crocenzi TS, et al. Nivolumab (nivo) in sorafenib (sor)-naive and -experienced pts with advanced hepatocellular carcinoma (HCC): CheckMate 040 study. J Clin Oncol 2017;35:(suppl):abstr 4013.

5. Leitlinienprogramm Onkologie. S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie des hepatozellulären Karzinoms (HCC). www.leitlinienprogramm-onkologie.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/HCC/S3-HCC-OL-Langversion-V1.0.pdf (Zugriff am 09.10.17).

6. Reig N, et al. Early dermatologic adverse events predict better outcome in HCC patients treated with sorafenib. J Hepatol 2014;61:318–24.

7. U.S. Food and Drug Administration (FDA). FDA grants accelerated approval to nivolumab for HCC previously treated with Sorafenib. www.fda.gov/Drugs/InformationOnDrugs/ApprovedDrugs/ucm577166.htm (Zugriff am 10.10.17).


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Arzneimitteltherapie 2017; 35(12):508-519