Atopische Dermatitis

Antikörpertherapie jetzt auch bei Neurodermitis möglich


Dr. Claudia Bruhn, Schmölln

Ende 2017 wurde mit Dupilumab erstmalig ein monoklonaler Antikörper zur Behandlung der atopischen Dermatitis (AD) in Deutschland eingeführt. Er blockiert die Signaltransduktion der Interleukine 4 und 13, deren Expression bei Menschen mit AD mit der Erkrankungsaktivität korreliert. Dupilumab wird alle zwei Wochen subkutan verabreicht. Das Arzneimittel kann bei erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Erkrankung eingesetzt werden, wenn sie sich für eine systemische Behandlung eignen.

Die Blockade der Signalwege von Interleukin 4 (IL-4) und 13 (IL-13), deren Spiegel während eines Krankheitsschubes häufig erhöht sind, hat sich als geeigneter Ansatz zur Behandlung der atopischen Dermatitis erwiesen. Denn bei Neurodermitis-Patienten ist die Hautbarriere latent geschädigt, sodass Allergene und Krankheitserreger leichter eindringen können als bei Gesunden. Diese werden von Immunzellen wie Langerhans-Zellen gebunden, die wiederum bei der Differenzierung von T-Helferzellen (Th1 und Th2) eine Rolle spielen. Die Immundysregulation bei AD führt zu einem Übergewicht von Th2-Zellen. Diese wiederum regen die Bildung von IL-4 und IL-13 an. Die beiden Zytokine ziehen weitere Immunzellen an, die in die Haut einwandern und dort die Entzündung verstärken und unterhalten.

Doppelte Signalblockade

Voraussetzung für die Wirkungen der Interleukine ist die Bindung an einen Rezeptor. IL-4 und IL-13 binden an die Rezeptorkomplexe Typ I und II, die aus je zwei Untereinheiten bestehen. Der Typ-I-Rezeptor besteht aus der IL-4-Rezeptor-α (IL-4Rα)-Untereinheit und einer γ-Kette (γc) und bindet nur IL-4. Dagegen setzt sich der Typ-II-Rezeptor aus der IL-4Rα- und der IL-13-Rezeptor-α1 (IL-13Rα1)-Untereinheit zusammen. Dieser Rezeptor kann sowohl IL-4 und als auch IL-13 binden. Indem Dupilumab spezifisch die IL-4Rα-Untereinheit beider Rezeptortypen blockiert, hemmt es die Weitergabe proinflammatorischer Signale.

Studienergebnisse zur Wirksamkeit

Die Wirksamkeit von Dupilumab (Dupixent®) als Monotherapie sowie mit begleitenden topischen Glucocorticoiden wurde unter anderem in den zulassungsrelevanten randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studien SOLO 1 und SOLO 2 geprüft (Tab. 1). Die teilnehmenden 2119 Patienten ab 18 Jahren mit mittelschwerer bis schwerer AD hatten zuvor nur unzureichend auf eine topische Medikation angesprochen. Die Untersuchungen sind Teil des Studienprogramm LIBERTY AD mit sechs Phase-III-Studien und insgesamt fast 3000 erwachsenen Patienten, in dem Dupilumab in der Monotherapie und in Kombination mit topischen Glucocorticoiden bis zu 52 Wochen untersucht wird.

Tab. 1. Studiendesign von SOLO 1 und SOLO 2 [1]

Studie

SOLO 1

SOLO 2

Erkrankung

Atopische Dermatitis

Studienziel

Wirksamkeit und Verträglichkeit von Dupilumab im Vergleich zu Placebo bei erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis

Studientyp/-phase

Interventionsstudie/Phase III

Studiendesign

Multizentrisch, randomisiert, doppelblind, Placebo-kontrolliert, parallel (je 3 Gruppen)

Eingeschlossene Patienten

671 Patienten mit vorangegangener erfolgloser topischer Behandlung

708 Patienten mit vorangegangener erfolgloser topischer Behandlung

Intervention

  • Dupilumab 300 mg alle 2 Wochen (n=224)
  • Dupilumab 300 mg 1-mal wöchentlich (n=223)
  • Placebo (n=224)
  • Dupilumab 300 mg alle 2 Wochen (n=233)
  • Dupilumab 300 mg 1-mal wöchentlich (n=239)
  • Placebo (n=236)

Primäre Endpunkte

Anteil der Patienten mit einem Score von 0 oder 1 (klares oder fast klares Hautbild) im Investigator’s Global Assessment und Reduktion von mindestens 2 Punkten in Woche 16

Sekundäre Endpunkte

Veränderungen von min. 75% von Baseline bis Woche 16 im Eczema Area and Severity Index (EASI-75), mittlere prozentuale Veränderungen im SCORAD (Atopic Dermatitis Score) von Baseline bis Woche 16, Verringerung des Juckreizes (Pruritus Numerical Rating Scale) u.a.

Sponsor

Sanofi Genzyme

Studienregister-Nr.

NCT02277743 (ClinicalTrials.gov)

NCT02277769 (ClinicalTrials.gov)

Die Ergebnisse von SOLO 1 und SOLO 2 waren ähnlich und zeigten eine signifikante Überlegenheit der Dupilumab-Behandlung über Placebo. In SOLO 1 erreichten 38% der Patienten unter Dupilumab alle zwei Wochen den primären Endpunkt, mit der wöchentlichen Gabe 37% und unter Placebo 10% (je p<0,001). In SOLO 2 lagen diese Werte bei jeweils 36% unter dem Verum und bei 8% unter Placebo (je p<0,001). In beiden Studien erreichten signifikant (p<0,001) mehr Patienten der Dupilumab-Gruppen Verbesserungen im Eczema Area and Severity Index (EASI-75, Abb. 1). Die Veränderungen im EASI-75, eigentlich ein sekundärer Endpunkt, wurden von den Zulassungsbehörden in der EU und Japan als co-primärer Endunkt bewertet.

Abb. 1. SOLO 1 und SOLO 2: Veränderung im EASI-75 [1]

Sicherheitsprofil von Dupilumab

Die Ergebnisse zum Nebenwirkungsprofil des monoklonalen Antikörpers beruhen auf einer umfangreichen Datenbasis. Insgesamt wurden 1689 Patienten mit Dupilumab mit oder ohne begleitende topische Glucocorticoide behandelt, 305 Patienten mindestens ein Jahr lang. Sehr häufige unerwünschte Wirkungen waren Reaktionen an der Injektionsstelle wie Rötung, Schwellung und Jucken.

Zu den häufigen Nebenwirkungen zählten Kopfschmerzen, Herpes labialis und Augensymptome (Augentrockenheit, -rötung, -jucken), Konjunktivitis und Blepharitis. Konjunktivitiden ließen sich in den Studien mit Cortison-haltigen Augentropfen gut behandeln.

Patienten können Injektionen selbst vornehmen

Die empfohlene Anfangsdosis beträgt 600 mg Dupilumab (zwei Injektionen zu je 300 mg), gefolgt von 300 mg alle zwei Wochen. Das Arzneimittel wird mithilfe einer Fertigspritze mit Sicherheitssystem subkutan verabreicht. Geeignete Applikationsorte sind die Oberschenkel, die Oberarme sowie das Abdomen, außer in einem Umkreis von fünf Zentimetern um den Bauchnabel. Es wird empfohlen, bei jeder Injektion eine andere Injektionsstelle zu wählen. Das Arzneimittel darf nicht in empfindliche, verletzte oder vernarbte Hautstellen gespritzt werden. Nach einer Unterweisung durch den Arzt kann der Patient die Injektionen selbst – gegebenenfalls mit Unterstützung einer Betreuungsperson – durchführen. Die Lagerung von Dupilumab soll im Kühlschrank zwischen 2 und 8°C erfolgen. Bis zu 14 Tage kann der Antikörper bei Raumtemperatur (unter 25°C) aufbewahrt werden. Die Fertigspritze soll zwecks Lichtschutz im Originalkarton belassen werden.

Quelle

Prof. Dr. Dr. Thomas A. Luger, Münster, Prof. Dr. Kristian Reich, Berlin, Prof. Dr. med. Dr. h.c. Andreas Wollenberg, München; Launch Pressekonferenz „Zulassung von Dupilumab – Erstes Biologikum zur Behandlung Erwachsener mit schwerer atopischer Dermatitis“, Berlin 17. Oktober 2017, veranstaltet von Sanofi Genzyme.

Literatur

1. Simpson EL, et al. Two phase-III-trials of dupilumab versus placebo in atopic dermatitis. New Engl J Med 2016;375:2335–48.

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Arzneimitteltherapie 2018; 36(01):41-53