Ovarialkarzinom

Erhaltungstherapie mit PARP-Inhibitor verbessert progressionsfreies Überleben


Dr. Annette Junker, Wermelskirchen

Frauen mit Platin-sensitiven Ovarialkarzinomen überleben länger progressionsfrei, wenn sie nach einem Ansprechen auf eine Platin-haltige Chemotherapie eine Erhaltungstherapie mit Rucaparib erhalten. Das zeigten die Ergebnisse der ARIEL3-Studie, die im September während des Jahreskongresses 2017 der European Society for Medical Oncology (ESMO) in Madrid präsentiert wurden.

PARP-Enzyme (Poly-ADP-Ribose-Polymerase) spielen eine zentrale Rolle bei der Reparatur von DNA, die beispielsweise von Zytostatika beschädigt wurde. Die Erkenntnis, dass PARP-Inhibitoren einen essenziellen Pathway der DNA-Reparatur hemmen, hat neue therapeutische Optionen geöffnet, hochgradige Ovarialkarzinome zu behandeln.

Tumoren, die einen Defekt der homologen Rekombination (HRD) aufweisen, sind empfindlich für PARP-Inhibitoren (Abb. 1). Dazu gehören Zellen mit BRCA-Mutation, die bei rund 20% der höhergradigen schweren Ovarialkarzinome vorliegen. Da Zytostatika-induzierte DNA-Schäden unter PARP-Inhibitoren im Tumor nicht mehr repariert werden können, kommt diese Wirkstoffgruppe potenziell als Erhaltungstherapie nach einer Chemotherapie infrage.

Abb. 1. Durch Inhibition von PARP werden Einzelstrangbrüche (z.B. nach Chemotherapie) nicht mehr repariert und bei der nächsten Zellteilung entstehen Doppelstrangbrüche. Diese können in gesunden Zellen durch homologe Rekombination behoben werden. Bestimmte Tumorzellen (z.B. mit BRCA-Mutation) sind dazu nicht fähig und werden apoptotisch (mod. nach [2])

Rucaparib ist ein potenter Inhibitor von PARP1, PARP2 sowie PARP3 und hat bereits seine Antitumoraktivität bei Patienten mit rückfälligen Ovarialkarzinomen zeigen können, deren Tumoren entweder BRCA-Mutationen aufweisen oder aber im Genom einen hohen Prozentsatz von LOH (loss of heterozygosity) haben; also einem Verlust der Heterozygosität, der ein phänotypischer Marker für HRD ist. In den USA ist Rucaparib zur Behandlung von Patienten mit BRCA-Mutationen und fortgeschrittenem Ovarialkrebs, die zuvor mit ≥2 Chemotherapie-Regimen behandelt wurden, zugelassen.

Die ARIEL3-Studie testete den Wert von Rucaparib vs. Placebo als Erhaltungstherapie bei Patienten mit rückfälligen Platin-sensitiven Ovarialkarzinomen (OC).

Die ARIEL3-Studie

In die Studie wurden 564 Platin-sensitive Patientinnen mit Ovarialkarzinomen inklusive Eileiter- und Peritonealkarzinomen eingeschlossen, deren Progression ihrer vorletzten Platin-haltigen Therapie mindestens sechs Monate zurücklag, und die unter ihrer jüngsten Platin-haltigen Chemotherapie eine komplette oder partielle Remission erreicht hatten (Tab. 1). Bei diesen Patientinnen musste der Tumormarker CA-125 niedriger als das oberste Limit von normal sein. Die Patienten wurden 2:1 randomisiert und erhielten entweder

  • 600 mg Rucaparib oral zweimal täglich oder
  • Placebo.

Tab. 1. Studiendesign ARIEL3 [nach Ledermann et al. 2017]

Erkrankung

Ovarialkarzinom

Studienziel

Wirksamkeit und Sicherheit von Rucaparib in der Erhaltungstherapie

Studientyp/Design

Randomisiert, doppelblind, Phase III

Patienten

564

Intervention

  • Rucaparib
  • Placebo

Primärer Endpunkt

Progressionsfreies Überleben (PFS)

Sponsor

Clovis Oncology, Inc.

Studienregisternummer

NCT01968213
(ClinicalTrials.gov)

Primärer Endpunkt war das von den Forschern bestimmte progressionsfreie Überleben (PFS); dieses wurde in drei verschiedenen, ineinander verschachtelten Gruppen bewertet:

  • BRCA-mutierte Ovarialkarzinome
  • Ovarialkarzinome mit Defekten der homologen Rekombination (HRD) (BRCA-mutierte oder BRCA-Wildtyp/LOH hoch)
  • gesamte Intention-to-treat(ITT)-Population (Abb. 2).

Auch von einem unabhängigen Gremium wurde das PFS bestimmt (sekundärer Endpunkt).

Abb. 2. Analyse der Kohorten in ARIEL3 HRD: Defekt der homologen Rekombination; ITT: intention to treat; LOH: loss of heterozygosity

Signifikante Vorteile für Rucaparib in allen Subgruppen

Es zeigte sich, dass die Rucaparib-Erhaltungstherapie bei den BRCA-mutierten und HRD-Kohorten sowie bei der gesamten ITT-Population das PFS im Vergleich zu Placebo signifikant verlängert hatte. Auch für Patienten mit Ovarialkarzinomen mit BRCA-Wildtyp (sowohl LOH hoch als auch LOH niedrig) zeigte sich für den Rucaparib-Arm im Vergleich zu Placebo ein signifikant längeres PFS. Bei einigen Patienten mit messbarer Resterkrankung zu Behandlungsbeginn führte die Rucaparib-Erhaltungstherapie darüber hinaus zu einer weiteren Reduktion der Tumorlast.

Die häufigsten Nebenwirkungen der Grade 3 und 4 waren Anämie (Verum 18,8% vs. Placebo 0,5%), Erhöhung der Alanin/Aspartat-Aminotransferase (10,5% vs. 0%) und Übelkeit (3,8% vs. 0%). Bis zum Ende der Datenaufnahme hatten 13,4% vs. 1,6% der Patienten die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen.

Diskussion

Diskutant Sandro Pignata, National Cancer Institute Neapel, Italien, fasste zusammen, dass aufgrund dieser Studie Rucaparib auf jeden Fall eine neue Option zur Erhaltungstherapie bei Platin-sensitiven Ovarialkarzinom-Patientinnen sei. Außerdem gebe es jetzt deutliche Anzeichen dafür, dass auch Patientinnen mit BRCA-Wildtyp profitieren. LOH sei allerdings leider kein geeigneter Marker, um vorher zu bestimmen, welche Patienten profitieren und welche nicht.

Quelle

Ledermann JA, et al. ARIEL3: A phase 3, randomised, double-blind study of rucaparib vs. following response to platinum-based chemotherapy for recurrent ovarian carcinoma (OC). ESMO 2017, abstract LBA40_PR.

Literatur

1. Kristeleit R, et al. A phase I–II study of the oral PARP inhibitor rucaparib in patients with germline BRCA1/2-mutated ovarian carcinoma or other solid tumors. Clin Cancer Res 2017;23:4095–106.

2. Neubeck M. Olaparib hemmt DNA-Reparaturmechanismen Neue Arzneimittel 2015;62:74.

Arzneimitteltherapie 2018; 36(01):15-30