Prof. Dr. Hans-Christoph Diener, Essen
Die gefürchtetste Komplikation einer Schlaganfallprophylaxe mit Antikoagulanzien bei Patienten mit Vorhofflimmern ist die intrazerebrale Blutung. Diese hat eine Mortalität zwischen 30 bis 50%. Nicht-Vitamin-K-antagonistische orale Antikoagulanzien (NOAK) reduzieren das Risiko einer intrazerebralen Blutung gegenüber Vitamin-K-Antagonisten um 50 bis 80% [2]. Ob sie auch die Prognose außerhalb von randomisierten Studien verbessern, ist bisher nicht gut untersucht.
Studiendaten
Bei der hier diskutierten Untersuchung (Tab. 1) handelt es sich um eine prospektive Fallserie aus 13 Schlaganfall-Zentren in den Vereinigten Staaten über einen Zeitraum von 12 Monaten. Erfasst wurden konsekutive Patienten mit einer nichttraumatischen Antikoagulanzien-induzierten intrazerebralen Blutung. In das prospektive Register gingen 161 Patienten ein, mit einem mittleren Altern von 76 Jahren. 58% der Patienten waren Männer und der mediane Schlaganfall-Score (NIHSS) betrug 13 Punkte (mittelschwere neurologische Ausfälle). Patienten, die unter NOAKs beziehungsweise unter Vitamin-K-Antagonisten eine intrazerebrale Blutung erlitten hatten, unterschieden sich nicht in demographischen Parametern, vaskulären Risikofaktoren und dem Risiko eines Schlaganfalls (gemessen mit dem CHA2DS2-VASc-Score) oder einer Blutung (gemessen mit dem HAS-BLED-Score).
Tab. 1. Studiendesign [nach Tsivgoulis et al. 2017]
Erkrankung |
Schlaganfall bei Patienten mit Vorhofflimmern |
Studienziel |
Prognose von nichttraumatischen intrazerebralen Blutungen unter Antikoagulanzien |
Studientyp/Design |
Registerstudie |
Patienten |
161 |
Kohorten |
|
Endpunkte |
Neuronale Bildgebung und klinische Ergebnisse |
Kommentar
Die vorliegende Registerstudie aus 13 Schlaganfall-Zentren in der Vereinigten Staaten untersuchte die Prognose von nichttraumatischen intrazerebralen Blutungen unter Antikoagulanzien bei Patienten mit Vorhofflimmern. Ähnlich wie eine entsprechende Studie aus den Vereinigen Staaten [4] und zwei Studien aus Japan [1, 3] fanden die Autoren, dass Patienten, die mit NOAKs behandelt waren, ein geringeres Blutungsvolumen, geringere neurologische Ausfälle und eine reduzierte Mortalität aufweisen im Vergleich zu Patienten, die mit Vitamin-K-Antagonisten behandelt wurden. Dies wäre ein weiteres Argument für eine Antikoagulation mit NOAKs verglichen mit Vitamin-K-Antagonisten. NOAKs reduzieren also offenbar nicht nur die Inzidenz von intrazerebralen Blutungen, sondern verbessern die Prognose, wenn es tatsächlich zu einer intrazerebralen Blutung kommt. Das gesamte Bild wird sich in Zukunft noch dramatisch ändern, wenn nicht nur für Dabigatran ein spezifisches Antidot zur Verfügung steht, sondern auch für die Faktor-X-Hemmer.
Quelle
Tsivgoulis G, et al. Direct oral anticoagulant- vs vitamin K antagonist-related nontraumatic intracerebral hemorrhage. Neurology 2017;89:1142–51.
Literatur
1. Hagii J, et al. Characteristics of intracerebral hemorrhage during rivaroxaban treatment: comparison with those during warfarin. Stroke 2014;45:2805–7.
2. Ruff CT, et al. Comparison of the efficacy and safety of new oral anticoagulants with warfarin in patients with atrial fibrillation: a meta-analysis of randomised trials. Lancet 2014;383:955–62.
3. Takahashi H, et al. Intracerebral hematoma occurring during warfarin versus non-vitamin K antagonist oral anticoagulant therapy. Am J Cardiol 2016;118:222–5.
4. Wilson D, et al. Volume and functional outcome of intracerebral hemorrhage according to oral anticoagulant type. Neurology 2016;86:360–6.
Arzneimitteltherapie 2018; 36(01):15-30