Rheumatoide Arthritis

Ein Jahr Praxiserfahrung mit Baricitinib


Dr. Claudia Bruhn, Berlin

Vor gut einem Jahr wurden die beiden JAK-STAT-Inhibitoren Baricitinib und Tofacitinib in die Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) eingeführt. Sie können bei mittelschwerer bis schwerer RA sowohl in Kombination mit Methotrexat (MTX) als auch als Monotherapie verabreicht werden, wenn eine vorangegangene Behandlung mit DMARDs (disease-modifying anti-rheumatic drugs) nicht erfolgreich war oder nicht vertragen wurde. Welche Vorteile die Small molecules für die Patienten bringen, kann erst der klinische Alltag zeigen. Erste Praxiserfahrungen für den JAK1-/JAK2-Inhibitor Baricitinib wurden auf dem diesjährigen Kongress des Berufsverbandes der Rheumatologen vorgestellt.

Niedergelassene Rheumatologen berichten, dass ihre Patienten die orale Einnahme der neuen Wirkstoffe sehr schätzen. Tofacitinib (Xeljanz®) steht als 5-mg-Filmtablette, Baricitinib (Olumiant®) in den Stärken 2 mg und 4 mg zur Verfügung. Die 2-mg-Dosis wird für Patienten ab 75 Jahren sowie für Jüngere mit chronischen bzw. wiederkehrenden Infektionen in der Anamnese empfohlen. Erreichen Patienten unter 4 mg einmal täglich eine Kontrolle der Krankheitsaktivität, kann der Arzt eine Reduktion auf 2 mg täglich in Betracht ziehen [2, 3].

Schmerzreduktion ermöglicht Verzicht auf Cortison

Eine Sekundäranalyse der RA-BEAM-Studie [4] hat gezeigt, dass Baricitinib die mit der RA verbundenen Schmerzen effektiv zu reduzieren vermag. In einigen Fällen kann diese Substanzeigenschaft dazu führen, dass man auf die Gabe von Glucocorticoiden verzichtet, die aufgrund ihrer antientzündlichen und krankheitsmodifizierenden Wirkung zu Beginn der Behandlung als Ergänzung zu den DMARDs wie beispielsweise Methotrexat (MTX) verabreicht werden. Fallberichte von Patienten, die seit der Zulassung Baricitinib eingenommen haben, zeigen zum Beispiel komplett abgeschwollene Fingergelenke. Die Schmerzlinderung und der rasche Wirkungseintritt unter dem JAK-Inhibitor wirken sich auch auf die Lebensqualität aus. Dies hatte bereits ein Phase-III-Studie gezeigt, in der der Score für die Funktionsverbesserung des täglichen Lebens HAQ-DI (Health assessment questionnaire-disability index) unter Baricitinib in Kombination mit Methotrexat (MTX) nicht nur Placebo, sondern auch Adalimumab plus MTX signifikant überlegen war (p<0,01, Abb. 1).

Abb. 1. Verbesserung der Funktionen des täglichen Lebens HAQ-DI (Health assessment questionnaire-disability index) im Vergleich zum Ausgangsniveau unter Baricitinib (einmal täglich 4 mg), Adalimumab (14-täglich 40 mg) oder Placebo und jeweils Methotrexat als Basistherapie (modifiziert nach [5])

Die empfohlenen Kontrollintervalle beachten

Zu den häufigsten Nebenwirkungen, die unter Baricitinib beobachtet werden, zählen Infektionskrankheiten (vor allem Herpes zoster), Übelkeit, Veränderungen der Blutzellzahl (Neutropenie, Anämie, Lymphopenie) und Veränderungen der Lipidwerte. Erfahrungsgemäß tritt Übelkeit oft nur in den ersten beiden Behandlungswochen auf. Durch eine Dosisreduktion von 4 mg auf 2 mg gelingt es häufig, sie zu reduzieren oder komplett zum Abklingen zu bringen. Infektionen werden in vielen Fällen mit gleicher Häufigkeit beobachtet wie unter Adalimumab. Dagegen steigen die LDL- und HDL-Werte nach den bisherigen Erfahrungen stärker als unter Adalimumab. Die von der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie empfohlenen Kontrollintervalle für die Lipidwerte (12 Wochen nach Behandlungsbeginn) für das Differenzialblutbild und die Leberwerte sollten daher unbedingt eingehalten werden [1]. Bei Lymphozytenzahlen unter 500/μl, Neutrophilenzahlen unter 1000/μl und einem Hämoglobinwert unter 8 g/dl soll die Behandlung unterbrochen werden. Haben sich die Werte stabilisiert, kann der Arzt die Therapie fortsetzen.

Quelle

Prof. Dr. med. Christoph Fiehn, Baden-Baden, Symposium „Neue Perspektiven in der Therapie der RA und PsA“, veranstaltet von Lilly Deutschland im Rahmen des 13. Kongresses des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen, Berlin, 20. April 2018.

Literatur

1. Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (Hrsg.). Therapie mit Baricitinib. Merkblatt für Ärztinnen und Ärzte. Stand Juli 2017, www.dgrh.de (Zugriff am 2. Mai 2018).

2. Fachinformation Olumiant® 2-mg-/4-mg-Filmtabletten, Stand Januar 2018.

3. Fachinformation Xeljanz® 5-mg-Filmtabletten, Stand Dezember 2017.

4. Keystone EC, et al. Patient-reported outcomes from a phase 3 study of baricitinib versus placebo or adalimumab in rheumatoid arthritis: secondary analyses from the RA-BEAM study. Ann Rheum Dis 2017;76:1853–61.

5. Taylor PC, et al. Baricitinib versus placebo or adalimumab in rheumatoid arthritis. N Engl J Med 2017;376:652–62.

Arzneimitteltherapie 2018; 36(06):213-223