Neue Therapiestrategien in der Kardiologie


Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg

[Foto: privat]

„Kardiologie 2018 – von der Grundlagenforschung zur Hochleistungsmedizin“. Dieses Motto der 84. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK), die vom 4. bis 7. April 2018 traditionsgemäß in Mannheim stattfand, sollte die gesamte Bandbreite der modernen Kardiologie widerspiegeln. Unbestritten hat die Kardiologie in den letzten Jahrzehnten gewaltige Fortschritte gemacht, sodass ein Großteil der gewonnen Lebenszeit den Innovationen in diesem Teilgebiet zu verdanken ist.

Doch wie geht es weiter? Welche neuen Therapiestrategien sind in Entwicklung? Einer der Schwerpunkte des diesjährigen Kongresses waren neue wissenschaftliche Erkenntnisse mit translationalem Potenzial, genauer gesagt Stammzellen, nichtkodierende RNAs und die revolutionär anmutende Technik der Genomeditierung mittels CRISPR/Cas9.

Die stammzellbasierte Therapiestrategie zur Regeneration des Myokards nach einem Myokardinfarkt war in präklinischen Studien erfolgreich. Doch die Frage ist, ob mit diesem Verfahren eine Remuskularisierung bei Patienten mit Herzinsuffizienz gelingen kann. Auch das Problem der Induktion von ventrikulären Rhythmusstörungen ist noch nicht geklärt. Erste klinische Studien sind bereits in Planung. Mit den induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen) steht eine Alternative für die embryonalen Stammzellen zur Verfügung.

Auch die therapeutische Applikation von kardialen nichtkodierenden RNA-Modulatoren (ncRNA) verspricht einen innovativen Ansatz für die Therapie der Herzinsuffizienz. Mit solchen Substanzen lässt sich das kardiale Remodeling steuern. In ersten experimentellen Studien konnten durchaus hoffnungsvoll stimmende Ergebnisse erzielt werden. Voraussetzung ist, die entsprechenden molekularen Zielstrukturen zu finden, die beim Umbau des Herzens eine wichtige Rolle spielen, indem sie die biologische Funktion der Kardiomyozyten und Fibroblasten steuern. Daraus ergibt sich ihr therapeutisches Potenzial. Ein praktisches Beispiel für die klinische Anwendung ist die Doxorubicin-assoziierte Kardiotoxizität. Bei einer Doxorubicin-Behandlung wird ein RNA-bindendes Protein (QKI) im Myokard herunterreguliert. Dieses hat eine kardioprotektive, antiapoptotische Funktion. Mittels ncRNA kann die QKI-Expression experimentell erhöht werden, wodurch die Doxorubicin-induzierten Effekte teilweise aufgehoben werden. Doch vor der Einführung in die Klinik sind noch weitere präklinische Untersuchungen erforderlich.

Der Weg zu einer nukleinsäurebasierten, ncRNA-vermittelten kardialen Therapie ist noch weit.

Die Entdeckung des CRISPR/Cas9-Systems eröffnet der Medizin revolutionär anmutende neue Möglichkeiten. Bisher lässt sich nur erahnen, welche Konsequenzen und Chancen sich daraus für die Medizin ergeben. Cas9 schneidet gezielt die DNA von kernhaltigen Zellen. Dabei interagiert es mit RNA, die komplementär an DNA bindet. Um eine spezifische Stelle in der DNA aufzuschneiden, bringt man eine spezifische „guide RNA“ zusammen mit Cas9 in die Zelle. Diese führt Cas9 genau an die Stelle der DNA, die herausgeschnitten werden soll. So kann fast jede Stelle im Genom erreicht werden. Die Zelle reagiert auf solche Schnitte mit Reparatur und schließt die DNA wieder. Dies eröffnet die Möglichkeit einer gezielten Gentherapie bei Erbkrankheiten. Darüberhinaus eröffnet sich auch die Möglichkeit, die Genexpression gezielt zu hemmen oder zu steigern und somit Einfluss auf Erkrankungen zu nehmen, ja sogar eine Heilung ist denkbar. Doch wie lange wird es noch dauern, bis CRISP/Cas9 die Klinik erreicht? Experten schätzen weniger als 10 Jahre.

Ob alle Hoffnungen, die mit diesen neuen Strategien verbunden sind, in Erfüllung gehen werden, weiß niemand. Aber Visionen von heute waren bekanntlich schon oft die Realitäten von morgen.

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