Krebstherapie

Genetische Abstimmung der Behandlung wirkt lebensverlängernd


Dr. Annette Junker, Wermelskirchen

Wenn die Therapie einer Krebserkrankung nicht nach der Krebsart und deren Lokalisation, wie bislang üblich, sondern nach den genetischen Veränderungen im Tumorgewebe ausgerichtet wird, führt das zu einer Lebensverlängerung bei verschiedenen Krebsarten. Das konnte in einer Studie gezeigt werden, die während der 54. Jahrestagung der amerikanischen Onkologen (ASCO) vorgestellt wurde.

Es liegt etwa 20 Jahre zurück, seit die ersten zielgerichteten Therapien für Krebserkrankungen entwickelt wurden. Laut ASCO-Expertin Dr. Catherine Diefenbach, New York, haben diese zielgerichteten Therapien die Behandlung von Krebs revolutioniert. Aber, so Diefenbach: „Wir haben gerade mal erst an der Oberfläche gekratzt.“ Denn mit schnelleren und viel robusteren Tests sei jetzt eine viel umfassendere genetische Testung möglich. Damit könne deutlich mehr Patienten geholfen werden, indem man bei der Behandlung an den genetischen Veränderungen des Tumors ansetzt und nicht am Ort der Krebsentstehung.

Die IMPACT-Studie

In das Studienprogramm wurden zwischen 2007 und 2013 Patienten mit fortgeschrittenen Krebsentitäten aufgenommen, bei denen die Standardtherapie fehlgeschlagen war. Einige dieser Patienten hatten schon 16 Vortherapien erhalten. Sehr wenige Patienten (2,8 %) mit seltenen, unheilbaren Krebserkrankungen waren noch nicht vortherapiert worden. Die meisten Patienten hatten gastrointestinale Tumore, Brustkrebs, gynäkologische Tumore, Melanome, Lungenkrebs und Schilddrüsenkrebs. In den ersten Jahren der Studie wurde bei ihnen auf Mutationen in individuellen Genen getestet, später wurden die Tumore mit dem Next generation sequencing (NGS) untersucht. Während der Studie wurde im Tumorgewebe von insgesamt 3743 Patienten bei 1307 Tumoren mindestens eine genetische Veränderung gefunden. Von Letzteren wurden 711 Patienten mit zielgerichteter Therapie im Hinblick auf die Biologie ihres Tumors behandelt und die übrigen 596 mit einer Therapie, die nicht auf die Biologie ihres individuellen Tumors gerichtet war. Die abgestimmten Therapien bestanden teilweise aus Monotherapien mit zielgerichteten Wirkstoffen, teilweise aber auch aus Kombinationen aus zielgerichtetem Wirkstoff plus Chemotherapie.

Plateau in der Überlebenskurve nach gut drei Jahren

Von einer zielgerichteten Therapie infolge einer genetischen Testung profitierten Patienten mit verschiedenen malignen Erkrankungen. Die Behandlung führte zu einem verlangsamten Tumorwachstum und einem längeren Überleben. Die Drei-Jahres-Überlebensrate betrug unter der zielgerichteten Therapie 15 %, aber nur 7 % in der Vergleichsgruppe. Die 10-Jahres-Überlebensraten betrugen 6 % vs. 1 % (jeweils zielgerichtete Therapie vs. Kontrolle). In der Kaplan-Meier-Kurve der zielgerichteten Gruppe beginnt nach 3,2 Jahren eine Plateaubildung (Abb. 1). 11 % der zielgerichtet behandelten Patienten lebten nach zehn Jahren noch. Wenn die Signalwege von MEK/RAF und RET im Fokus der Behandlung standen, war es im Vergleich zu Mutationen in den übrigen Signalwegen zu höheren Raten von CR (komplette Remission)/PR (partielle Remission) /SD (stable disease; weder Progression noch Remission) ≥ 6 Monate, progressionsfreiem Überleben (PFS) und Gesamtüberleben (OS) gekommen. Nach Ansicht der Experten auf dem ASCO sollte, aufgrund der Ergebnisse dieser Studie, besonders bei Patienten mit schwer zu behandelnden Krebsarten eine Genomtestung mit NGS für eine Therapieentscheidung in Erwägung gezogen werden.

Abb. 1. Das Gesamtüberleben war in der IMPACT-Studie für die Patienten, die zielgerichtet behandelt worden waren, signifikant länger [1]

Quelle

Tsimberidou AM, et al. Precision medicine: Clinical outcomes including long-term survival according to the pathway targeted and treatment period – The IMPACT study. J Clin Oncol 2018;36(Suppl): Abstr. LBA2553.

Arzneimitteltherapie 2018; 36(10):350-371