Dr. Susanne Heinzl, Reutlingen
Etwa 15 bis 20 % der Mammakarzinome sind HER2-positiv. Frauen mit großen Tumoren oder Ausbreitung des Tumors in die axillären Lymphknoten werden im Allgemeinen präoperativ mit Chemotherapie plus einer gegen HER2 gerichteten Therapie wie Trastuzumab (Herceptin®), eventuell kombiniert mit Pertuzumab (Perjeta®), behandelt. Wird bei der anschließenden Operation kein bösartiges Gewebe mehr gefunden, haben die Frauen eine günstige Prognose mit einem geringen Rezidivrisiko. Bei Nachweis einer invasiven pathologischen Resterkrankung erhöht sich das Rezidivrisiko und die Prognose verschlechtert sich.
Trastuzumab Emtansin versus Trastuzumab
Ziel der von Hoffmann-LaRoche/Genentech finanzierten, offenen, randomisierten, multizentrischen Phase-III-Studie KATHERINE (Tab. 1) war es, Wirksamkeit und Sicherheit von Trastuzumab Emtansin (Kadcyla®) mit Trastuzumab in der adjuvanten Therapie bei Patienten mit HER2-positivem primärem Brustkrebs und pathologischem Resttumor in Brust oder axillären Lymphknoten nach präoperativer Therapie zu vergleichen.
Tab. 1. Design der KATHERINE-Studie
Erkrankung |
Mammakarzinom |
Studienziel |
Wirksamkeit bei Resterkrankung nach neoadjuvanter Behandlung |
Studientyp/Design |
Randomisiert, interventionell, Phase III, Open-Label |
Patienten |
1486 |
Intervention |
|
Primärer Endpunkt |
Invasives krankheitsfreies Überleben (IDFS) |
Sponsor |
Hoffmann-La Roche |
Studienregisternummer |
Trastuzumab Emtansin ist seit November 2013 für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit HER2-positivem, inoperablem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs indiziert, die zuvor, einzeln oder in Kombination, Trastuzumab und ein Taxan erhalten haben. In Trastuzumab Emtansin, einem Antikörper-Arzneistoff-Konjugat, ist der Mikrotubuli-Hemmer DM1 (Emtansin) an den HER2-Antikörper Trastuzumab gebunden. Die Konjugation von DM1 an Trastuzumab verleiht dem Zytostatikum eine Selektivität für Tumorzellen mit Überexpression von HER2, wodurch die intrazelluläre Abgabe von DM1 direkt an maligne Zellen verstärkt wird. Gleichzeitig hemmt das Konjugat die HER2-Aktivität.
In die KATHERINE-Studie wurden 1486 Patienten mit HER2-positivem Mammakarzinom im Frühstadium eingeschlossen, die präoperativ mit Trastuzumab plus Taxan behandelt worden waren. Bei allen Frauen war bei der Operation eine pathologische Resterkrankung in der Brust oder den Achsel-Lymphknoten nachgewiesen worden. Innerhalb von zwölf Wochen nach der Operation wurde die adjuvante Therapie mit Trastuzumab Emtansin (3,6 mg/kg i. v. alle drei Wochen) (n = 743) oder Trastuzumab (6 mg/kg i. v. alle drei Wochen) (n = 743) begonnen und über 14 Zyklen fortgeführt.
Risikosenkung um 50 %
Primärer Endpunkt war das invasive krankheitsfreie Überleben (IDFS). Dieser Endpunkt war nach rund 41 Monaten Nachbeobachtungszeit bei 91 Patienten (12,2 %) der Trastuzumab-Emtansin-Gruppe und bei 165 Patienten (22,2 %) der Trastuzumab-Gruppe aufgetreten. Hieraus ergab sich ein 3-Jahres-IDFS von 88,3 % unter dem Antikörper-Arzneistoff-Konjugat und von 77,0 % unter Trastuzumab. Damit war der primäre Endpunkt IDFS in der Trastuzumab-Emtansin-Gruppe mit einem Hazard-Ratio von 0,50 (p < 0,0001) signifikant besser als unter Trastuzumab. Die Kurven im Kaplan-Meier-Plot trennten sich früh und die Differenz zwischen den beiden Gruppen nahm über die Zeit weiter zu (Abb. 1).

Abb. 1. KATHERINE-Studie: Invasives krankheitsfreies Überleben bei Behandlung von Frauen mit HER2-positivem Brustkrebs mit Trastuzumab Emtansin (T-DM1) oder Trastuzumab, bei denen nach präoperativer Behandlung eine pathologische Resterkrankung nachgewiesen worden war (mod. nach [2])
Der Effekt war in allen Subgruppen zu sehen. In den meisten Fällen war eine distante Metastasierung das erste Rezidiv, und zwar bei 16 % unter Trastuzumab und bei 10,5 % unter Trastuzumab Emtansin. ZNS-Metastasen als Teil des distanten Rezidivs traten bei 4,3 % der Patienten unter Trastuzumab und bei 5,9 % unter Trastuzumab Emtansin auf. Rezidive im ZNS bei Patienten mit HER2-positivem frühem Mammakarzinom bleiben damit ein Problem, für das bislang wirksame Therapien fehlen. Die Daten zum Gesamtüberleben sind derzeit noch nicht reif.
Das Sicherheitsprofil entsprach dem, was bisher bekannt war. Unter Trastuzumab Emtansin waren Nebenwirkungen wie erwartet häufiger als unter Trastuzumab. Unter dem Konjugat kam es bei 25,7 % der Patienten zu unerwünschten Wirkungen vom Grad 3 oder höher, unter Trastuzumab bei 15,4 %.
Fazit der Autoren
Nach Meinung der Autoren werden die Ergebnisse die klinische Praxis verändern. „Diese Ergebnisse sollten die Grundlage für einen neuen Therapiestandard bei Patienten mit pathologischem Resttumor nach präoperativer Therapie bilden.“ Wenn Trastuzumab Emtansin für diese Indikation zugelassen würde, könnte dies auch zu einer vermehrten präoperativen Therapie von Patienten mit HER2-positivem frühem Mammakarzinom führen.
Fazit des Diskutanten
Auch Prof. Dr. Eric Winer, Dana Farber Cancer Institute, Boston, als Diskutant der Studie beim SABCS 2018 [1], sieht aufgrund der Ergebnisse eine Änderung des Therapiestandards in diesen Fällen. Der Effekt auf das invasive krankheitsfreie Überleben sei mit einem Unterschied von mehr als 11 Prozentpunkten deutlich. „Leider zeigte sich keine Wirkung auf die Inzidenz von Hirnmetastasen“, so Winer, dies habe er so nicht erwartet. Hier seien dringend weitere Forschungsanstrengungen erforderlich. Winer wies weiter darauf hin, dass präoperativ die meisten Patienten Anthracycline erhalten hatten und nur etwa 20 % mit Pertuzumab behandelt worden waren. Zudem wirkte das Antikörper-Arzneistoff-Konjugat auch bei negativen Lymphknoten und kleinen Tumoren klinisch signifikant, wenngleich das Ausmaß des Effekts geringer war. Der Nutzen sei jedoch deutlich. „Die Ergebnisse der Studie belegen, dass die pathologische Resterkrankung häufig durch HER2 getriggert wird.“ Seine Meinung: „Der Therapiestandard hat sich geändert. Trastuzumab Emtansin sollte der großen Mehrheit dieser Patientinnen mit Resterkrankung empfohlen werden.“
Wie bei solchen Studien üblich, sei jedoch noch eine Reihe von Fragen offen, beispielsweise sei zum Design künftiger Studien zu klären, ob Trastuzumab Emtansin künftig eine größere Rolle beim frühen Mammakarzinom spielen solle. Unklar sei auch, wie bei Patienten vorzugehen sei, die präoperativ Pertuzumab erhalten haben.
Die Therapiedauer mit 14 Zyklen bedeute eine HER2-Antikörperbehandlung über mehr als ein Jahr. „Aber weil diese Ergebnisse mit 14 Zyklen erzielt wurden, sollten sie derzeit auch Standard sein.“
Quellen
1. Geyer, Jr. CE, et al. Phase III study of trastuzumab emtansine (T-DM1) vs trastuzumab as adjuvant therapy in patients with HER2-positive early breast cancer with residual invasive disease after neoadjuvant chemotherapy and HER2-targeted therapy including trastuzumab: Primary results from KATHERINE. SABCS 2018, San Antonio, 4. bis 8. Dezember 2018, GS1–10, https://www.abstracts2view.com/sabcs18/view.php?nu=SABCS18L_1226 (Zugriff am 14.01.19).
2. von Minckwitz G, et al. Trastuzumab Emtansine for residual invasive HER2-positive breast Cancer. N Engl J Med 2018; doi: 10.1056/NEJMoa1814017.
Arzneimitteltherapie 2019; 37(03):76-95