Beatrice Hamberger, Berlin
Bei akuten Krankheitsschüben der COPD sind Bronchodilatatoren zur Erweiterung der Bronchien angezeigt. Dabei kommen hauptsächlich die beiden Wirkstoffklassen Beta2-Sympathomimetika wie Terbutalin und Anticholinergika wie Ipratropiumbromid zum Einsatz [1, 4].
Wegen ihrer unterschiedlichen, aber sich ergänzenden Wirkungsmechanismen wird seit längerem die Kombination beider Substanzklassen diskutiert [2]. Während sich bei stabilen COPD-Patienten die Kombinationstherapie in zahlreichen Studien als wirksamer erwiesen hat, gibt es für COPD-Patienten mit akuten Exazerbationen (AECOPD) diesbezüglich bisher keine Evidenz [3, 5]. Die wenigen Studien, in denen ein Beta2-Sympathomimetikum mit einer Kombinationstherapie aus Beta2-Sympathomimetikum und Ipratropiumbromid verglichen wurden, konnten keine Verbesserung der Lungenfunktion unter der Kombinationstherapie zeigen. Zudem fehlen wichtige Daten zu klinischen Endpunkten wie Krankenhauseinweisung, Krankenhaussterblichkeit oder Intubation sowie zu der Frage, wie sich die beiden Therapieansätze bei AECOPD-Patienten auswirken, die einer nichtinvasiven Beatmung bedürfen.
Studiendesgin
In einer Studie (Tab. 1) wurde nun untersucht, ob COPD-Patienten, die wegen einer akuten Verschlechterung eine Notfallambulanz aufsuchen, von der Inhalationstherapie mit Terbutalin und Ipratropiumbromid profitieren oder ob die Standardtherapie mit Terbutalin allein ausreichend ist.
Tab. 1. Studiendesign [Beltaief et al. 2018]
Erkrankung |
Akute Exazerbation bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung |
Studienziel |
Evaluation, ob eine Therapie mit Terbutalin plus Ipratropiumbromid die Rate an Krankenhauseinweisungen ins Krankenhaus und auf die Intensivstation im Vergleich zu Terbutalin alleine reduziert |
Studientyp |
Interventionsstudie, Vergleichsstudie |
Studiendesign |
Multizentrisch, randomisiert, doppelblind, kontrolliert |
Eingeschlossene Patienten |
232, Durchschnittsalter 65 Jahre |
Intervention |
|
Primärer Endpunkt |
Rate an Einweisungen ins Krankenhaus und endotrachealer Intubationen innerhalb der ersten 24 Stunden nach Beginn des Behandlungsprotokolls |
Sekundäre Endpunkte |
Verbesserungen von Dyspnoe-Score und div. physiologischer Parameter, Dauer des Krankenhausaufenthalts, Rate an Einweisungen auf die Intensivstation, 7-Tages-Sterblichkeit |
Sponsor |
University of Monastir |
Studienregisternummer |
NCT 01944033 |
Primäre Studienendpunkte waren die Rate an Krankenhauseinweisungen und Intubationen innerhalb der ersten 24 Stunden nach Beginn der Therapie.
In die doppelblinde, randomisierte, kontrollierte Studie wurden insgesamt 232 Patienten aus drei universitären Notfallambulanzen in Tunesien eingeschlossen.
Alle Patienten erfüllten die Kriterien einer COPD und litten an einer Exazerbation, die folgendermaßen definiert war: anhaltende Verschlechterung, die innerhalb der letzten 14 Tage eine Medikationsänderung erforderlich machte, Kohlenstoffdioxidpartialdruck > 45 mm Hg, arterieller pH < 7,35 sowie arterielle Sauerstoffsättigung < 90 %.
Nach dem Zufallsprinzip erhielten die Patienten entweder 2 ml (5 mg) Terbutalin-Sulfat gemischt mit einem Placebo in Form von 3 ml Kochsalzlösung (Terbutalin-Gruppe) oder 2 ml Terbutalin gemischt mit 2 ml (0,5 mg) Ipratropiumbromid (Iprovent, Unimed Laboratories) und 1 ml Kochsalzlösung (Terbutalin/IB-Gruppe). Die Inhalationslösungen wurden in der ersten Stunde dreimal verabreicht, in den folgenden 24 Stunden erfolgte die inhalative Therapie einmal alle vier Stunden.
Parallel erhielten alle Patienten eine nichtinvasive Beatmung mittels abnehmbarer Atemmaske, bis eine Sauerstoffsättigung von mindestens 95 % erreicht war, sowie Methylprednisolon (i. v. 0,5 mg/kg alle 6 Stunden), Antibiotika und Flüssigkeit.
Ein klinisches Monitoring zeichnete in den ersten 24 Stunden Parameter wie Atemfrequenz, Herzfrequenz, Blutdruck, Puls und Sauerstoffsättigung auf. Überdies wurden Blutgasanalysen durchgeführt und die Atemnot anhand des Dyspnoe-Scores gemessen.
Je nach Grad der Verbesserung konnten die Patienten nach 24 Stunden entweder entlassen werden oder die Behandlung musste im Krankenhaus beziehungsweise auf der Intensivstation fortgesetzt werden.
Ergebnisse zeigen keinen Unterschied
Laut Hypothese der Autoren hätte es den Patienten aus der Terbutalin/IB-Gruppe anschließend deutlich besser gehen müssen als jenen, die nur Terbutalin bekamen. Doch es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.
So gab es zwar in der Terbutalin/IB-Gruppe insgesamt etwas weniger Krankenhauseinweisungen (59,8 % versus 65,2 %), jedoch war hier der Anteil der intensivmedizinisch behandelten Patienten höher (32,2 % vs. 25,6 %). Eine endotracheale Intubation während der ersten 24 Stunden war bei 8,7 % der Terbutalin/IB-Gruppe und bei 7,7 % der Terbutalin-Gruppe erforderlich.
Auch bei den physiologischen Parametern, der Dauer des Krankenhausaufenthaltes und der 7-Tages-Sterblichkeit gab es keinen nennenswerten Unterschied (Tab. 2).
Tab. 2. Ergebnisse [Beltaief et al. 2018]
|
Terbutalin/IB |
Terbulatin |
RR (95%-KI) |
p-Wert |
Krankenhauseinweisung |
75 (65,2) |
70 (59,8) |
1,09 (0,93–1,27) |
0,39 |
|
38 (33,0) |
40 (34,2) |
0,96 (1,19–0,78) |
0,85 |
|
37 (32,2) |
30 (25,6) |
1,25 (1,02–1,54) |
0,27 |
Endotracheale Intubation |
10 (8,7) |
9 (7,7) |
1,13 (0,88–1,44) |
0,78 |
7-Tages-Sterblichkeit |
13 (11,3) |
14 (11,9) |
0,94 (1,20–0,7) |
0,87 |
Tage im Krankenhaus |
6,5 (±2,1) |
5,5 (±2,4) |
1,15 (0,90–1,39) |
0,11 |
Die Daten beziehen sich auf n (%) oder auf den Durchschnitt (±Standardabweichung) IB: Ipratropiumbromid; RR: respiratory rate (Atemfrequenz); KI: Konfidenzintervall
Fazit der Studienautoren
Da man in dieser Studie keinen Unterschied zwischen der Terbualtin/IB-Gruppe und der Terbutalin-Gruppe feststellen konnte, ist nicht davon auszugehen, dass COPD-Patienten bei akuten Exazerbationen von zusätzlichem Ipratropiumbromid klinisch profitieren, so das Fazit der Autoren.
Kommentar
Der Leitsatz „Viel hilft viel“ wurde durch die vorgestellte Studie auch bei der hyperkapnischen akuten Exazerbation einer COPD infrage gestellt. Eine der wichtigsten therapeutischen Maßnahmen für die genannte Patientengruppe ist die nichtinvasive Beatmung, die gleich mehrere pathophysiologische Mechanismen adressiert.
Der Effekt einer zusätzlichen Bronchodilatation, mittels Beta2-Mimetika und/oder Anticholinergika, wirkt sich dagegen vergleichsweise gering aus. So ist die fehlende Verbesserung für die mit zusätzlichem Ipratropiumbromid behandelten Patienten wahrscheinlich durch die geringe Effektgröße erklärt. Allerdings erlaubt die Studie aufgrund der geringen Patientenzahl auch nicht, generell von der zusätzlichen Behandlung mit inhalativen Anticholinergika abzuraten.
Quelle
Beltaief K, et al. Nebulized terbutaline and ipratropium bromide versus terbutaline alone in acute exacerbation of chronic obstructive pulmonary disease requiring noninvasive ventilation: A randomized double-blind controlled trial. Acad Emerg Med 2018; doi: 10.1111/acem.13560.
Literatur
1. Brulotte CA, Lang ES. Acute exacerbations of chronic obstructive pulmonary disease in the emergency department. Emerg Med Clin North Am 2012;30:223–47.
2. Easton PA, Jadue C, Dhingra S, Anthonisen NR. A comparisonof the bronchodilating effects of a beta-2 adrenergic agent (albuterol) and an anticholinergic agent (ipratropium bromide), given by aerosol alone or in sequence. N Engl J Med 1986;315:735–9.
3. McCrory DC, Brown CD. Anticholinergic bronchodilators versus beta2-sympathomimetic agents for acute exacerbations of chronic obstructive pulmonary disease. Cochrane Database Syst Rev 2003;(1):CD003900.
4. National Institute for Health and Care Excellence. Chronic obstructive pulmonary disease in over 16s: diagnosis and management. 2010. Available at: https://www.nice.org.uk/guidance/CG101. Accessed Jun 23, 2010 (Zugriff am 15.01.19).
5. Van der Molen T, Cazzola M. Beyond lung function in COPD management: effectiveness of LABA/LAMA combination therapy on patient-centered outcomes. Prim Care Respir J 2012;21:101–8.
Arzneimitteltherapie 2019; 37(03):74-75