Antimikrobielle Resistenz


Eine der wichtigsten Herausforderungen für die globale Gesundheit

Prof. Dr. Dr. Sören L. Becker, Homburg

[Foto: Rüdiger Koop]

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnet in einem kürzlich veröffentlichten Bericht antimicrobial resistance als eine der zehn bedeutsamsten Herausforderungen für die globale Gesundheit im Jahr 2019 [6]. Die WHO warnt davor, dass eine steigende Resistenz von infektiösen Krankheitserregern dazu führen könnte, dass Infektionen wie Pneumonien, Wund- und Harnwegsinfektionen zukünftig nicht mehr behandelbar sein könnten. Das wiederum würde den Fortbestand ganzer Disziplinen der Medizin (z. B. Chirurgie oder medikamentöse Tumortherapie) gefährden.

In der Tat nimmt die Häufigkeit bedrohlicher Infektionen mit multiresistenten Bakterien auch im deutschsprachigen Raum zu. Assoziierte man früher insbesondere den Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) mit einer ausgeprägten Antibiotika-Resistenz, so ist in Deutschland in jüngerer Zeit eine Zunahme multiresistenter gramnegativer Stäbchen (MRGN) sowie in einigen Regionen auch der sogenannten Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE) zu beobachten. Insbesondere 4MRGN, also gramnegative Bakterien mit einer Resistenz gegen die vier am häufigsten zur Therapie schwerer Infektionen eingesetzten Antibiotika-Gruppen (Penicilline, Cephalosporine, Fluorchinolone und Carbapeneme), stellen aus therapeutischer und krankenhaushygienischer Sicht eine besondere Herausforderung dar. 4MRGN-Bakterien mit zusätzlicher Resistenz gegenüber Aminoglykosiden, Colistin und Tigecyclin galten bis vor kurzem sogar als praktisch nicht mehr medikamentös behandelbare Erreger.

Glücklicherweise gibt es zur Therapie gramnegativer Problemkeime einige vielversprechende Neuentwicklungen. Hervorzuheben sind hierbei die Cephalosporin/Beta-Lactamase-Inhibitor-(BLI-)Kombinationen Ceftolozan/Tazobactam und Ceftazidim/Avibactam, die insbesondere bei multiresistenten Enterobakterien sowie Nonfermentern wie Pseudomonas aeruginosa wertvolle Therapieoptionen darstellen [5]. Mit den neuen Carbapenem-BLI-Kombinationspräparaten Meropenem/Vaborbactam und Imipenem/Relebactam wird dieses Portfolio um weitere Substanzen erweitert, deren gute Wirksamkeit insbesondere gegen Carbapenemase-bildende Enterobakterien in dieser Ausgabe näher vorgestellt wird (S. 213 ff.). Darüber hinaus berichtet die Arzneimitteltherapie über das neue Tetracyclin Eravacyclin, das nicht nur eine breite Aktivität gegen gramnegative Bakterien aufweist, sondern auch gegen MRSA und VRE wirksam ist (S. 219 ff.).

Werden diese neuen Antiinfektiva also die Gefahr potenziell nicht mehr behandelbarer Infektionserreger bannen? Trotz ihrer sehr guten Wirksamkeit gegen einige Problemkeime ist damit leider nicht zu rechnen, denn auch diese Substanzen weisen in ihrem Wirkungspektrum wichtige Lücken auf – beispielsweise gegenüber Carbapenemasen vom Metallo-Beta-Lactamase-Typ, zu denen die recht bekannte Neu-Delhi-Metallo-Beta-Lactamase NDM1 gehört. Sie stellt inzwischen in Deutschland die am dritthäufigsten nachgewiesene Carbapenemase bei Enterobakterien dar [1]. Darüber hinaus zeigt keines der bisher genannten Antibiotika eine substanzielle Wirkverbesserung gegenüber Carbapenem-resistenten Stämmen des Nonfermenters Acinetobacter baumannii, der zu Infektionen mit einer besonders hohen Sterblichkeit führen kann [2]. Hier befindet sich jedoch mit Cefiderocol eine vielversprechende Substanz in fortgeschrittenen Phase-II-Studien, die möglicherweise in wenigen Jahren diese „Acinetobacter-Lücke“ schließen wird [3]. Dennoch ist davon auszugehen, dass Resistenzen gegen die neuesten antibiotischen Substanzen rasch auftreten werden, sobald diese regelmäßig in der Klinik eingesetzt werden – dass dies sogar innerhalb von wenigen Tagen geschehen kann, wurde kürzlich beispielsweise für Ceftazidim/Avibactam nachgewiesen [4]. Eine enge Interaktion zwischen Behandlern und klinischen Mikrobiologen/Infektiologen ist daher essenziell, um einen rationalen, indikationsgerechten Einsatz dieser neuen Antibiotika sicherzustellen und sie in ihrer klinischen Wirksamkeit möglichst lange zu erhalten.

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