Bronchiektasen

Inhalatives Amikacin bei Infektionen mit Bakterien aus dem Mycobacterium-avium-Komplex


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Dr. Stefan Fischer, Stuttgart

Die Behandlung von Patienten mit Bronchiektasen umfasst nicht nur die Verbesserung der Lungenfunktion, sondern auch ein konsequentes Management von Infektionen. Auf dem Pneumologenkongress 2019 in München wurden während eines Symposiums der aktuelle Stand der Therapie vorgestellt und neue Optionen diskutiert.

Bronchiektasen treten bei 53 bis 566 pro 100 000 Einwohner auf. Die Prävalenz steigt mit Alter und weiblichem Geschlecht. Nach einer Exazerbation beträgt die 1-Jahres-Mortalität 30 %. Bei der Erkrankung ist der Innendurchmesser der Bronchiolen pathologisch dilatiert. Als Folge verlieren diese ihre Funktionalität und es kommt zu Schleimansammlungen. Typische Symptome sind Husten, Auswurf, Dyspnoe, Rhinosinusitis, Abgeschlagenheit, Haemoptysen und thorakale Schmerzen. Die Einschränkung der Lebensqualität ist ähnlich wie bei COPD. Als Ursache wird eine gestörte Phagozytose diskutiert.

Basistherapie

Ziele der Therapie sind Prävention von Exazerbationen, Reduktion von Symptomen, Verbesserung der Lebensqualität und Vermeidung der Krankheitsprogression.

Allerdings sind die Optionen begrenzt. Bei Luftnot können lang- oder kurzwirksame Bronchodilatatoren eingesetzt werden. In der mukolytischen Therapie wird vor allem hypertone Kochsalzlösung angewendet. DNAse ist nicht wirksam und die häufigen Inhalationen mit Mannitol sind in der Praxis schwer umsetzbar. Die Physiotherapie dient nur als Anleitung: Die Übungen muss der Patient ein Leben lang durchführen.

Therapie von Infektionen

Unter den pathophysiologischen Veränderungen der Bronchiektasen kann es verstärkt zu bakteriellen Atemwegsinfektionen kommen. Persistierende Infektionen sind mit häufigeren Exazerbationen assoziiert. Insbesondere Pseudomonas aeruginosa (PsA) ist bei Häufig-Exazerbierern relevant.

Bei drei oder mehr Exazerbationen pro Jahr ist eine antibiotische Langzeittherapie indiziert (Abb. 1). Für eine PsA-Infektion sollte ein inhalatives Antibiotikum (z. B. Ciprofloxacin) eingesetzt werden. Ist ein inhalatives Antibiotikum kontraindiziert oder wurde kein PsA nachgewiesen, wird ein Makrolid eingesetzt. Vor einer Makrolid-Dauertherapie muss jedoch immer eine Infektion mit nichttuberkulösen Mykobakterien (NTM) ausgeschlossen werden. Ansonsten kann es unter der Makrolid-Monotherapie zu einer Resistenzbildung kommen, die die spätere NTM-Therapie nachteilig beeinflusst.

Abb. 1. Infektionen bei Bronchiektasen: Algorithmus für eine antibiotische Langzeittherapie

Therapie der NTM

Eine NTM-Infektion erfordert eine lange, potenziell nebenwirkungsreiche Antibiose. In Abhängigkeit vom Erreger werden orale Kombinationen aus Makrolid/Isoniazid, Rifampicin, Ethambutol und anderen Antibiotika eingesetzt. Zusätzlich wird gegebenenfalls i. v. das Aminoglykosid-Antibiotikum Amikacin appliziert.

Neue Option bei Infektionen mit Bakterien aus dem Mycobacterium-avium-Komplex

Im September 2018 wurde liposomales inhalatives Amikacin (Arikayce®) von der FDA (Food and Drug Administration) zur Therapie von NTM-Lungenerkrankungen zugelassen, die durch Bakterien aus dem Mycobacterium-avium-Komplex (MAC) ausgelöst wurden.

Zulassungsstudie

In die randomisierte, open Label Phase-III-Studie CONVERT [1] wurden Patienten mit einer Amikacin-sensiblen MAC-Infektion eingeschlossen, die trotz mindestens sechsmonatiger leitlinienbasierter Standardtherapie MAC-positive Sputum-Kulturen aufwiesen.

Die Patienten erhielten:

  • Inhalatives liposomales Amikacin (590 mg 1-mal/Tag) zusätzlich zur Standardtherapie (n = 224)
  • Standardtherapie allein (n = 112)

Der primäre Endpunkt war definiert als drei aufeinander folgende Monate mit MAC-negativem Sputum innerhalb der ersten sechs Monate der Therapie.

Ergebnisse

Bronchiektasen lagen bei 62,5 % der Patienten vor. Der primäre Endpunkt wurde bei 29,0 % der Patienten unter inhalativem Amikacin plus Standardtherapie erreicht. Mit Standardtherapie allein waren es 8,9 %.

Unerwünschte pulmonale Ereignisse traten bei 87 % der Patienten unter Amikacin plus Standardtherapie ein; im Vergleichsarm bei 50,0 %. Die häufigsten unerwünschten Wirkungen unter Amikacin waren Dysphonie (47 %), Husten (39 %) und Bronchospasmus (29 %). Häufigste Gründe für eine Hospitalisierung und häufigste schwerwiegende unerwünschte Wirkungen unter Amikacin waren Exazerbationen einer Erkrankung der Lunge oder des unteren Respirationstrakts (z. B. Pneumonie).

Ausblick

Insbesondere die Infektion mit nichttuberkulösen Mykobakterien stellt eine Herausforderung im Management der Bronchiektasen dar. Aktuell arbeiten vier Fachgesellschaften aus den Bereichen Pneumologie und Infektiologie (ERS/ATS/IDSA/ESCMID) an einer gemeinsamen NTM-Leitlinie.

In den USA wurde inhalatives Amikacin bei einer NTM-Infektion mit MAC-Bakterien bereits zugelassen.

Quelle

Prof. Dr. Gernot Rohde, Frankfurt/M., Dr. Jessica Rademacher, Hannover, Dr. Felix C. Ringshausen, Hannover, Prof. Dr. Dirk Wagner, Freiburg: „Bronchiektasen und NTM-Lungenerkrankungen – Europäisches Update 2019“. DGP-Kongress 2019, München, 15. März 2019.

Literatur

1. Griffith DE, et al. Amikacin liposome inhalation suspension for treatment-refractory lung disease caused by mycobacterium avium complex (CONVERT): a prospective, open-label, randomized study. Am J Respir Crit Care Med 2018. doi: 10.1164/rccm.201807–1318OC.

Arzneimitteltherapie 2019; 37(06):229-247