Chronisch-entzündliche Erkrankungen

Biosimilars verbessern Zugang zu Biologika-Therapien


Dr. Maja M. Christ, Stuttgart

Chronisch-entzündliche Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis, Colitis ulcerosa oder Psoriasis gehen mit einem hohen Leidensdruck der Patienten einher. Umso wichtiger ist eine gute Versorgung. Auf einer Pressekonferenz Ende November 2019 stellten Experten Perspektiven für eine patientengerechte Versorgung in der Praxis vor. Die Veranstaltung fand im Rahmen des interdisziplinären Biogen Summit Rheumatologie, Gastroenterologie und Dermatologie in München statt.

Ein Hauptziel der Therapie chronisch-entzündlicher Erkrankungen ist es, die Progression zu verhindern und eine Remission zu erreichen. Außerdem steht die Lebensqualität inzwischen deutlich im Vordergrund. Gelingt es, einen Rheuma-Patienten in Remission zu bringen, nähert sich seine Lebensqualität der der Normalbevölkerung an. Eine wichtige Säule der Therapie bildet das sogenannte Treat-to-Target-Konzept, bei dem ein anfangs festgelegtes Therapieziel regelmäßig überprüft wird, um die Therapie bei Bedarf anzupassen.

Für die Therapieentscheidung spielen nicht nur medizinische Faktoren wie Krankheitsstadium und -aktivität, Begleiterkrankungen oder eventuelle Komplikationen eine Rolle, sondern ebenso nichtmedizinische Faktoren. Dazu gehören Patientenpräferenzen, Therapieadhärenz und letztlich die Kosten. Ist der Patient in die Entscheidungsfindung mit eingebunden, verbessert das die Adhärenz.

Rheumatologie

Die Rheumatologie hat sich seit der Einführung der ersten Biologika vor etwa 20 Jahren grundlegend gewandelt. Patienten mit rheumatoider Arthritis steht inzwischen eine Vielzahl wirksamer Arzneimittel zur Verfügung. Welches Präparat für den einzelnen Patienten am besten ist, hängt von individuellen Faktoren ab, insgesamt lassen sich aber kaum Unterschiede in der Wirksamkeit der neuen Substanzen ausmachen. Dank der verbesserten Therapiemöglichkeiten kann ein Rheumatologe heute auch einen Blick auf Begleiterkrankungen wie Atherosklerose werfen, so Klaus Krüger, München.

Wichtig ist, dass die Erkrankung rechtzeitig erkannt und die Therapie auch durchgeführt wird. Allerdings dauert es oft zu lange, bis ein Patient das erste Mal einem Rheumatologen vorgestellt wird. Ein Viertel der Patienten sehe den Rheumatologen erst nach zwei Jahren, sagte Krüger. Insbesondere, weil sie keine Biologika verschreiben dürfen, sollten Hausärzte ihre Rheumapatienten deutlich früher überweisen.

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen

Raya Atreya, Erlangen, stellte die Perspektiven im Bereich der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen vor. Möglichst schon bei Diagnosestellung sollte bekannt sein, ob der Patient einen milden oder schweren Verlauf der Erkrankung zu erwarten hat. Welche Therapie gewählt wird, hängt vom Schweregrad und Verlauf der Erkrankung, von der Lokalisation und Ausdehnung sowie von individuellen Faktoren ab. Inzwischen wird ein „histologisches Healing“ angestrebt. Durch den Biologika-Einsatz ist die OP-Rate bei Morbus Crohn deutlich zurückgegangen. Inzwischen stehen auch hier zahlreiche Biosimilars zur Verfügung.

Unabhängig, ob Biosimilar oder Original, sind die Infliximab-Talspiegel von Bedeutung: Höhere Talspiegel sind mit einem besseren klinischen Ansprechen assoziiert. Manche Patienten mit hoher Krankheitsaktivität verlieren den Arzneistoff über den Stuhl. Für Nonresponder kann daher eine intensivierte Infliximab-Therapie sinnvoll sein, so Atreya.

Psoriasis

Aufgrund der äußeren Sichtbarkeit, etwa im Gesicht oder an den Händen, leiden Psoriasis-Patienten stark unter ihrer Erkrankung. Diamant Thaçi, Lübeck, wies darauf hin, dass Betroffene ihre Erkrankungsintensität oft anders einschätzen als der Dermatologe. Auch in der Dermatologie hat sich das Bild mit Einführung der Biologika gewandelt und wie bei anderen Indikationen hat sich bei der Psoriasis inzwischen gezeigt, dass sich zwischen Original-Adalimumab und Biosimilar keine Unterschiede in der langfristigen Wirksamkeit ergeben – weder bei einmaliger Umstellung noch bei mehrfachem Switchen.

Fazit: Biosimilars verbessern Patientenversorung

Mit der Einführung der Biosimilars, darunter beispielsweise Flixabi, Imraldi oder Benepali, konnten die Kosten der Therapie deutlich gesenkt werden. Letztendlich verbesserte dies den Zugang zu Biologika für die betroffenen Patienten. Doch das allein reicht nicht für eine gute Versorgung. Die Patienten haben aufgrund des Leidensdrucks einen hohen Redebedarf. Dazu braucht es Zeit. Außerdem hakt es teilweise noch in der Begleitversorgung – etwa im Bereich der Psychologie. Rheumapatienten leiden oft an Depressionen, aber auch Schmerzen und Fatigue sind belastend. Ein Disease-Management-Programm (DMP) „Rheumatoide Arthritis“ ist zwar in Arbeit, doch bis es komplett ausgearbeitet ist, wird es noch etwas dauern. Auch im Bereich der Dermatologie und Gastroenterologie sollten DMPs ausgearbeitet werden.

Quelle

Prof. Dr. med. Klaus Krüger, München, Prof. Dr. med. Raya Atreya, Erlangen, Prof. Dr. med. Diamant Thaçi, Lübeck, Pressekonferenz „Chronisch-entzündliche Erkrankungen: Perspektiven für eine patientengerechte Versorgung in der Praxis“, veranstaltet von Biogen im Rahmen des interdisziplinären Biogen Summit Rheumatologie, Gastroenterologie und Dermatologie, München, 22. November 2019.


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Arzneimitteltherapie 2020; 38(01):47-51