Dr. Sabine Fischer, Stuttgart
Zur Behandlung von immunologischen Erkrankungen wie zum Beispiel rheumatoider Arthritis, Psoriasis, ankylosierender Spondylitis oder entzündlichen Darmerkrankungen kommen verschiedene IL-Inhibitoren zum Einsatz. Von EMA (European Medicines Agency) und FDA (Food and Drug Administration) sind IL-1-Inhibitoren (z. B. Anakinra, Rilonacept), IL-6-Inhibitoren (z. B. Tocilizumab, Sarilumab), IL-12/23-Inhibitoren (z. B. Ustekinumab) und IL-17-Inhibitoren (z. B. Ixekizumab, Secukinumab) zur Behandlung dieser Erkrankungen zugelassen. Trotz des weit verbreiteten Einsatzes ist noch ungewiss, inwieweit eine Therapie mit IL-Inhibitoren mit einem erhöhten Risiko für schwerwiegende Infektionen und Krebs verbunden sein kann. Aus diesem Grund führten die Autoren eine systematische Überprüfung und Metaanalyse der veröffentlichten Daten klinischer Studien durch. Das Ziel war, das Risiko schwerer Infektionen, opportunistischer Infektionen und Krebs bei Personen, die mit IL-Inhibitoren behandelt wurden, für jeden indizierten rheumatologischen Zustand zu bewerten.
Datengewinnung
Die systematische Übersichtsarbeit wurde gemäß der PRISMA-Erklärung (Preferred reporting items for systematic reviews and meta-analyses) gemeldet. Zwei Prüfer extrahierten unabhängig voneinander Studiendaten und bewerteten das Risiko von Verzerrungen und die Gewissheit der Evidenz. Eine Metaanalyse mit festen Effekten wurde durchgeführt, um Odds-Ratios (OR) für schwerwiegende Infektionen, opportunistische Infektionen und Krebserkrankungen bei IL-Hemmern gegenüber Placebo zusammenzufassen (Tab. 1).
Tab. 1. Design der Übersichtsarbeit
Erkrankung |
Rheumatologische Erkrankungen |
Studienziel |
Beurteilung, ob Patienten, deren rheumatologische Erkrankung mit IL-Inhibitoren behandelt wurde, ein erhöhtes Risiko haben, an schweren Infektionen, opportunistischen Infektionen oder Krebs zu erkranken. |
Studientyp |
Systematischer Review |
Eingeschlossene Studien |
Randomisierte, Placebo-kontrollierte Studien, bei denen IL-Inhibitor-Therapien bei rheumatischen Erkrankungen bewertet und Sicherheitsdaten gemeldet wurden. |
Hauptendpunkte |
Anzahl an schweren Infektionen, opportunistischen Infektionen und Krebserkrankungen |
Erhöhtes Risiko für Infektionen und Krebs durch IL-Inhibitoren
In dieser Metaanalyse wurden die Daten von 29 214 Patienten aus 74 Studien ausgewertet. Diese umfassten 24 236 Patienten mit schweren Infektionen, 9998 mit opportunistischen Infektionen und 21 065 mit Krebs (Die Anzahl an Patienten für jeden Endpunkt war überlappend). Patienten, die einen IL-Inhibitor erhielten, hatten ein höheres Risiko für
- schwere Infektionen (Odds-Ratio [OR] 1,97; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,58–2,44; p < 0,001; hohe Gewissheit),
- opportunistische Infektionen (OR 2,35; 95%-KI 1,09–5,05; p = 0,03; moderate Gewissheit) und
- Krebs (OR 1,52; 95%-KI 1,05–2,19; p = 0,03; moderate Gewissheit).
Fazit der Studienautoren
Das Risiko schwerer Infektionen, opportunistischer Infektionen und Krebs scheint bei Personen mit rheumatologischen Erkrankungen, die mit IL-Inhibitoren behandelt wurden, höher zu sein als bei jenen, die mit Placebo behandelt wurden. Es könnte mit dem Risiko vergleichbar sein, das bei anderen Biologika auftritt, die zur Behandlung dieser Erkrankungen eingesetzt werden. Das erhöhte Krebs-Risiko sollte noch durch Praxisdaten bestätigt werden, zum Beispiel durch epidemiologische Langzeitstudien.
Quelle
Jawad B, et al. Risk of infections and cancer in patients with rheumatologic diseases receiving interleukin inhibitors. JAMA Network Open 2019;2:e1 913 102.
Arzneimitteltherapie 2020; 38(01):24-38