Schlaganfall-Prävention

Sekundärprävention des ischämischen Schlaganfalls bei älteren Patienten mit Vorhofflimmern: DOAK versus Warfarin


Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen

Mit einem Kommentar des Autors
Bei älteren Patienten mit Vorhofflimmern und akutem ischämischem Insult sind direkte orale Antikoagulanzien (DOAK) mit einem besseren Langzeit-Outcome assoziiert als Warfarin. Dies ist das Ergebnis einer Kohortenstudie mit Daten der US-amerikanischen Medicare-Datenbank.

Vorhofflimmern ist ein wichtiger Risikofaktor für ischämische Schlaganfälle und spielt eine besonders wichtige Rolle bei Patienten, die bereits eine transitorische ischämische Attacke (TIA) oder ein ischämischen Insult erlitten haben. Vier große randomisierte Studien haben in der Untergruppe von Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern, die einen ischämischen Insult erlitten hatten, gezeigt, dass DOAK in der Sekundärprävention erneuter Schlaganfälle bezüglich ischämischer Schlaganfälle genauso wirksam sind wie Warfarin und ein deutlich geringeres Risiko für intrakranielle und intrazerebrale Blutungen aufweisen [1]. Ob dies im klinischen Alltag auch für ältere Patienten gilt, wurde jetzt in einer großen Datenbank in den Vereinigten Staaten untersucht.

Patienten und Methodik

Die in der Studie untersuchte Kohorte waren Patienten im Alter > 65 Jahren, die Vorhofflimmern hatten und zum Zeitpunkt ihres ischämischen Insults nicht antikoaguliert waren (Tab. 1). Die Datenerhebung stützt sich auf das Get-with-the-Giudelines-Register und erfolgte zwischen Oktober 2011 und Dezember 2014. Die Endpunkte der Studie wurden aus der Medicare-Datenbank erhoben. Dies erklärt, warum nur Patienten im Alter > 65 Jahre eingeschlossen wurden. Der primäre Endpunkt der Studie war die „home time“, ein Parameter, der angibt, an wie viel Tagen in der Beobachtungszeit der entsprechende Patient zu Hause war, nicht verstorben und nicht in einem Pflegeheim untergebracht war. Weitere Endpunkte waren kardio- und zerebrovaskuläre Ereignisse und Blutungskomplikationen. Der Vergleich zwischen Patienten, die DOAK erhielten, und den Patienten, die Warfarin erhielten, erfolgte mit einem Propensity Score-Matching.

Tab. 1. Studiendesign [Xian et al. 2019]

Erkrankung

Schlaganfallprävention

Studienziel

Langzeit-Outcome bei Patienten > 65 Jahren mit Vorhofflimmern und TIA oder ischämischem Insult mit DOAK versus Warfarin

Studientyp/Design

Kohortenstudie mit Medicare-Daten

Patienten

11 662

Intervention

  • DOAK (Dabigatran, Rivaroxaban oder Apixaban; n = 4041)
  • Warfarin (n = 7621)

Primärer Endpunkt

„Home time“

Sponsor

Firmenunabhängig

DOAK: direkte orale Antikoagulanzien; TIA: transitorische ischämische Attacke

Ergebnisse

Zwischen Oktober 2011 und Dezember 2014 wurden 93 314 Patienten identifiziert, die einen ischämischen Insult erlitten und Vorhofflimmern hatten. Für die Analyse standen 11 662 Patienten zur Verfügung, von denen 7621 Warfarin und 4041 ein NOAK erhielten. Die Patienten waren im Mittel 80 Jahre alt und 56 % waren Frauen. Die beiden Patientenpopulationen waren nach dem Propensity Score-Matching bezüglich der Begleiterkrankungen und Risikofaktoren ähnlich.

Der primäre Endpunkt „home time“ betrug während des ersten Jahres nach der Entlassung aus dem Krankenhaus im Mittel 287 Tage mit DOAK und 263 Tage mit Warfarin (adjustiertes Hazard-Ratio [HR] 15,6; 95%-Konfidenzintervall [KI] 9,0– 22,1; p < 0,001). Schwerwiegende kardio- und zerebrovaskuläre Ereignisse fanden sich bei 1930 Patienten, die mit DOAK behandelt waren(34 %) und 4476 Patienten, die mit Warfarin behandelt wurden (40,4 %; adjustiertes HR 0,89; 95%-KI 0,3 – 0,9; p < 0,01). Die Gesamtsterblichkeit war um 12 % zugunsten der DOAK reduziert und tödliche Blutungen um 16 %. Ein Vorteil der DOAK ergab sich ebenfalls für zerebrale Blutungen mit einer Risikoreduktion von 31 %. Kein Unterschied fand sich bei ischämischen Schlaganfällen und systemischen Embolien. Das Risiko gastrointestinaler Blutungen war unter DOAK höher als unter Warfarin mit einer Risikoerhöhung von 14 %. Die beiden Therapien hatten keinen Einfluss auf Pneumonien oder eine Sepsis. Diese beiden Parameter waren im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse erhoben worden.

Kommentar

Die große Datenbankstudie aus den Vereinigten Staaten belegt im klinischen Alltag, was bereits in den randomisierten Studien beobachtet worden war, in denen DOAK mit Warfarin verglichen wurden. Sowohl in den randomisierten Studien als auch in der hier vorliegenden Datenanalyse hatten DOAK keinen Vorteil gegenüber Warfarin für die Prophylaxe erneuter ischämischer Insulte. Der Hauptvorteil der DOAK liegt in der hoch signifikanten Reduktion intrazerebraler Blutungen und anderer schwerwiegender Blutungskomplikationen. Allerdings ist das Risiko gastrointestinaler Blutungen unter DOAK leicht erhöht. Hier muss berücksichtigt werden, dass die Sterblichkeit von gastrointestinalen Blutungen unter einer Antikoagulation zwischen 2 und 3 % liegt, während sie bei intrazerebralen Blutungen zwischen 35 und 50 % beträgt. Die hier vorliegenden Daten unterstützen die Empfehlungen der europäischen Gesellschaft für Kardiologie und der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. In der Sekundärprävention des ischämischen Insults bei älteren Patienten mit Vorhofflimmern sollten DOAK bevorzugt eingesetzt werden.

Quelle

Xian Y, et al. Clinical effectiveness of direct oral anticoagulants vs warfarin in older patients with atrial fibrillation and ischemic stroke: Findings from the patient-centered fesearch into outcomes stroke patients prefer and effectiveness research (PROSPER) study. JAMA Neurol 2019;76:1192–202.

Literatur

1. Ntaios G, et al. Nonvitamin-K-antagonist oral anticoagulants versus warfarin in patients with atrial fibrillation and previous stroke or transient ischemic attack: An updated systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Int J Stroke 2017;12:589–96.

Arzneimitteltherapie 2020; 38(01):24-38