Ösophaguskarzinom

Erstlinientherapie mit Pembrolizumab plus Chemotherapie verlängert Gesamt- und progressionsfreies Überleben


Dr. Susanne Heinzl, Reutlingen

Mit dem Immuncheckpoint-Inhibitor Pembrolizumab (Keytruda®) in Kombination mit Chemotherapie konnte bei Patienten mit fortgeschrittenen oder metastasierten nicht vorbehandelten Ösophaguskarzinomen das Gesamtüberleben und das progressionsfreie Überleben im Vergleich zu alleiniger Chemotherapie verlängert werden. Dies ergab die beim virtuellen ESMO-Kongress 2020 vorgestellte KEYNOTE-590-Studie.

In der von MSD finanzierten internationalen, randomisierten, doppelblinden KEYNOTE-590-Studie wurde eine Erstlinien-Chemotherapie ohne oder mit Pembrolizumab bei Patienten mit Plattenepithel- oder Adenokarzinomen der Speiseröhre oder Siewert-Typ-1-Adenokarzinom des gastroösophagealen Übergangs untersucht (Tab. 1).

Tab. 1. KEYNOTE-590: Studiendesign (nach [Kato et al. 2020])

Erkrankung

Plattenepithel- oder Adenokarzinome der Speiseröhre oder Siewert-Typ-1-Adenokarzinom des gastroösophagealen Übergangs

Studientyp/Design

Phase-III-Studie, randomisiert, doppelblind

Patienten

740 Patienten randomisiert

Intervention

  • Pembrolizumab plus Chemotherapie
  • Chemotherapie

Primäre Endpunkte

Gesamt- und progressionsfreies Überleben

Sponsor

MSD

Studienregister-Nr.

NCT03189719

(Clinicaltrials.gov)

Nach randomisierung wurden 370 Patienten mit Pembrolizumab (200 mg alle drei Wochen über maximal zwei Jahre) plus Chemotherapie (Cisplatin plus 5-Fluorouracil bis zu sechs Zyklen) und 370 Patienten mit Chemotherapie allein behandelt. Bei mehr als 90 % der Patienten war die Erkrankung metastasiert. Ein Plattenepithelkarzinom lag bei 73 %, ein Adenokarzinom bei 27 % der Patienten vor. Rund 50 % wiesen einen PD-L1-positiven Tumor auf, definiert als CPS (kombinierter positiver Score, Kasten) ≥ 10.

Infokasten: Scorings für PD-L1-positive Tumoren

Für die Therapie PD-L1-positiver Tumoren werden unterschiedliche prozentuale Scorings eingesetzt:

  • Tumor proportion score (TPS): Anteil PD-L1-positiver Tumorzellen
  • Immune cell score (IC): Anteil PD-L1-positiver Immunzellen
  • Combined positive score (CPS): Kombination von TPS und IC, Anteil PD-L1-positiver Zellen einschließlich Lymphozyten und Makrophagen

Alle Endpunkte erreicht

Die Studie hatte mehrere primäre Endpunkte: Gesamt- (OS) und progressionsfreies Überleben (PFS) bei Patienten mit Plattenepithelkarzinom des Ösophagus sowie allen Patienten (inkl. Adenokarzinomen), jeweils bei Patienten mit PD-L1-positivem Tumor oder unabhängig vom PD-L1 CPS. Zu den sekundären Endpunkten gehörte das Gesamtansprechen bei allen Patienten.

Beim virtuellen ESMO-Kongress wurden die Ergebnisse der finalen PFS- und der Interims-OS-Analyse vorgestellt (Stichtag: 2. Juli 2020).

Nach einem Follow-up von 10,8 Monaten verbesserte die zusätzliche Gabe von Pembrolizumab das OS und PFS in allen untersuchten Gruppen (Tab. 2).

Tab. 2. KEYNOTE-590: Ergebnisse der primären Endpunkte [Kato et al. 2020]

Endpunkt

Pembrolizumab
+ Chemotherapie

Chemotherapie

Hazard-Ratio;
p-Wert

Gesamtüberleben, Median [Monate]

Patienten mit ESCC und PD-L1-positivem Tumor

13,0

8,8

0,57; p < 0,0001

Alle Patienten mit ESCC

12,6

9,8

0,72; p < 0,001

Alle Patienten mit PD-L1-positivem Tumor

13,5

9,4

0,62; p < 0,0001

Alle Patienten der Studie

12,4

9,8

0,73; p < 0,0001

Progressionsfreies Überleben, Median [Monate]

Alle Patienten mit ESCC

6,3

5,8

0,65; p < 0,0001

Alle Patienten mit PD-L1-positivem Tumor

7,5

5,5

0,51; p < 0,0001

Alle Patienten der Studie

6,3

5,8

0,65; p < 0,0001

ESCC: Plattenepithelkarzinom des Ösophagus

Die Ansprechrate lag in der Gesamtgruppe bei 45 % unter Pembrolizumab und bei 29 % in der Vergleichsgruppe (p < 0,0001). Das Ansprechen war mit 8,3 Monaten unter Pembrolizumab länger als mit 6,0 Monaten in der Chemotherapie-Gruppe.

Die Verträglichkeit der Medikation war in beiden Gruppen ähnlich. Es wurden keine neuen, bislang nicht bekannten Nebenwirkungen beobachtet.

Nach Meinung der Autoren wird diese Kombination ein neuer Therapiestandard in der Erstlinientherapie der untersuchten Indikationen werden.

Anmerkungen des Diskutanten

Der Schlussfolgerung der Autoren stimmte Diskutant Prof. Dr. Andrés Cervantes, Universität von Valencia, zu: „Das Ergebnis für alle Patienten zeigt, dass es eine positive Studie ist. Sie erreichte die primären Endpunkte und die Therapie ist ein neuer Therapiestandard.“ Cervantes wies allerdings darauf hin, dass in der KEYNOTE-590-Studie Patienten mit Plattenepithel- und mit Adenokarzinomen eingeschlossen worden waren, was er als nicht sinnvoll ansieht, da es sich um zwei unterschiedliche Tumorarten handelt. Die Interpretation der Daten werde dadurch erschwert.

Quelle

Kato K, et al. Phase III KEYNOTE-590 study of chemotherapy + pembrolizumab versus chemotherapy + placebo as first-line therapy for patients (pts) with advanced esophageal or esophagogastric junction (E/EGJ) cancer. ESMO Virtual Congress 2020, Presidential Symposium III LBA8_PR. Ann Oncol 2020;31: Supplement 4. www.annalsofoncology.org/article/S0923-7534(19)49246-6/fulltext (Zugriff am 9.10.20).

Arzneimitteltherapie 2020; 38(12):511-517