Gerd Laux, Soyen/Waldkraiburg/München, und Otto Dietmaier, Aulendorf
Für die Therapie schizophrener Erkrankungen sind seit fast 60 Jahren aus der Klasse der Psychopharmaka/psychotropen Substanzen Antipsychotika/Neuroleptika aufgrund ihrer antipsychotischen Wirkung von zentraler Bedeutung. Primäre Zielsymptome sind psychotische Plus- und Minussymptome (Wahn, Halluzinationen; Denk- und Ich-Störungen, Antriebsstörungen), daneben können sie bei Psychose-assoziierten Symptomen (Erregung, Hostilität) sowie zur Sedierung (Unruhe, Schlafstörungen) eingesetzt werden [2, 7].
Einteilung
Die Einteilung der Neuroleptika/Antipsychotika kann unter verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen – zum Beispiel nach ihrer chemischen Struktur oder nach der neuroleptischen Potenz (hoch- versus nieder-potente Substanzen) [14].
Einteilung nach der chemischen Struktur
Gegenwärtig können folgende Gruppen unterschieden werden:
- Trizyklische Neuroleptika (Phenothiazine, Thioxanthene und chemisch ähnliche)
- Butyrophenone und Diphenylbutylpiperidine
- Dibenzoepine (Clozapin, Loxapin, Quetiapin, Olanzapin)
- Benzamide (Amisulprid, Sulpirid)
- Chemisch neuartige Antipsychotika (Aripiprazol, Cariprazin, Paliperidon, Risperidon, Sertindol, Ziprasidon)
Die trizyklischen Neuroleptika zeigen untereinander große strukturchemische Ähnlichkeiten. Die Butyrophenon-„Muttersubstanz“ Haloperidol wurde 1958 von Janssen entwickelt.
Für die praktische Anwendung ist diese Einteilung von wenig Wert, da die chemische Zugehörigkeit einer Substanz nur wenig über ihre klinische Wirkung aussagt.
Einteilung nach der neuroleptischen Potenz
Das Modell der neuroleptischen Potenz beruht auf der Beobachtung, dass traditionelle Neuroleptika extrapyramidale Bewegungseinschränkungen hervorrufen, die sich vor allem in der Feinmotorik erkennen lassen (Handschrift). Die neuroleptische Schwelle ist derjenige Dosisbereich, bei dem die feinmotorischen Veränderungen beginnen. Je weniger Substanzdosis notwendig ist, bis die Neurolepsie einsetzt, desto höher ist die neuroleptische Potenz, das heißt die antipsychotische Wirksamkeit.
Als Bezugssubstanz wurde Chlorpromazin gewählt, dessen neuroleptische Potenz gleich 1 gesetzt wurde (entsprechend einer Dosis von 300 mg). Nach dieser Systematik können Äquivalenzdosen verschiedener Neuroleptika angegeben werden und sogenannte hoch-, mittel- und niederpotente Substanzen unterschieden werden (Tab. 1). Dieses Bezugssystem ist nur ein relativ grobes Muster, da die interindividuelle Ansprechbarkeit auf Neuroleptika eine sehr große Spannbreite aufweist. Nicht richtig einzuordnen in diese Systematik sind Substanzen mit fehlender extrapyramidaler Symptomatik wie Clozapin.
Tabelle 1 gibt eine Einteilung nach chemischen Gruppen und neuroleptischer Potenz wieder.
Tab. 1. Einteilung der Antipsychotika/Neuroleptika nach chemischen Gruppen und neuroleptischer Potenz
Wirkungsstärke/chem. Gruppe |
Phenothiazine und Thioxanthene |
Butyrophenone und Diphenylbutylpiperidine |
Sonstige |
Hochpotente Neuroleptika |
Flupentixol Fluphenazin Perphenazin |
Benperidol Fluspirilen Haloperidol Pimozid |
Aripiprazol Cariprazin Olanzapin Paliperidon Risperidon Ziprasidon |
Mittelpotente Neuroleptika |
Perazin |
Amisulprid Clozapin Quetiapin |
|
Zuclopenthixol |
Sulpirid |
||
Niederpotente Neuroleptika |
Chlorpromazin Chlorprothixen Levomepromazin Promethazin |
Melperon Pipamperon |
Prothipendyl |
Einteilung nach dem Rezeptorprofil
Antipsychotika/Neuroleptika entfalten ihre klinische Wirkung über verschiedene Einflüsse auf Neurotransmittersysteme des ZNS. Gegenwärtig am besten untersucht ist die Beeinflussung des Dopamin- und des Serotoninsystems; hier scheinen sich – nach aktuellem Kenntnisstand – die wichtigsten Effekte abzuspielen.
Je nach Angriffsschwerpunkt können verschiedene Gruppen gebildet werden, beispielsweise D2-Blocker, D2-5-HT2-Blocker etc.
Als neue Subgruppe werden partielle Dopaminagonisten (Aripiprazol, Cariprazin, Brexpiprazol) zusammengefasst.
Einteilung in typische und atypische Antipsychotika/Neuroleptika: FGA und SGA
Im klinischen Bereich hat sich folgende Einteilung durchgesetzt:
- Typische (traditionelle, klassische, konventionelle) = Antipsychotika der 1. Generation („first-generation antipsychotics“, FGA). Als typische Neuroleptika gelten die älteren Substanzen, die neben der antipsychotischen Wirkung auch extrapyramidal-motorische Symptome (EPMS) zeigen. Dabei ist ihre Wirksamkeit vorrangig auf die Plussymptome begrenzt; eine Beeinflussung von sogenannten Negativ- bzw. Minussymptomen wird ihnen in der Regel nicht zugesprochen. Hierbei handelt es sich um Symptome wie Antriebsverlust, sozialen Rückzug, emotional-affektive und sprachliche Verarmung und Anhedonie, die sich bei vielen schizophrenen Patienten im Laufe der Erkrankung entwickeln.
- Atypische („neuere“) Antipsychotika/Neuroleptika = Antipsychotika der 2. Generation („second-generation antipsychotics“, SGA). Zur Abgrenzung von den sogenannten klassischen Neuroleptika werden neuere Substanzen als „atypische“ Neuroleptika bezeichnet – ein wenig glücklicher Begriff, deshalb hat sich die Bezeichnung Antipsychotika der 2.. Generation („second-generation antipsychotics, SGA) durchgesetzt. Prototyp ist Clozapin. Hierzu zählen Substanzen, die eine antipsychotische Aktivität besitzen, geringe bzw. fehlende extrapyramidal-motorische Beeinflussungen zeigen und eine Wirksamkeit auch gegen Minussymptome nachweisen können. Neurobiochemisch entspricht dies verschiedenen Wirkungsmechanismen, wie einem kombinierten D2-/5-HT2-Antagonismus, einer bevorzugten Bindung an D3- und D4-Rezeptoren, einer ausgewogenen Relation der Blockade zwischen D1- und D2-Rezeptoren und/oder einer bevorzugten Beeinflussung des limbischen Systems. Zu den SGA zählen:
- Amisulprid (z. B. Solian®)
- Aripiprazol (z. B. Abilify®)
- Asenapin (Sycrest®)
- Cariprazin (z. B. Reagila®)
- Clozapin (z. B. Leponex®)
- Olanzapin (z. B. Zyprexa®)
- Quetiapin (z. B. Seroquel®)
- Risperidon (z. B. Risperdal®)
- Sertindol (Serdolect®)
- Ziprasidon (z. B. Zeldox®)
Merke
Wichtig ist der Hinweis, dass es sich um keine homogene Gruppe von Substanzen handelt – sowohl neuropharmakologisch (Wirkungsmechanismus) als auch hinsichtlich des klinischen Wirkungsprofils und des Nebenwirkungsspektrums bestehen zum Teil erhebliche Unterschiede.
Pharmakologie und Biochemie
Die komplexen Rezeptorbindungseigenschaften gerade der neueren Antipsychotika machen es schwierig, einen genauen „antipsychotischen“ Wirkungsmechanismus festzulegen (Abb. 1).

Abb. 1. Schematische Darstellung einer dopaminergen Synapse und Angriffspunkte von Antipsychotika/Neuroleptika [14]
Neben dem Dopaminrezeptorantagonismus bewirken Antipsychotika in unterschiedlichem Maß auch eine Blockade der Rezeptoren anderer Neurotransmitter wie Noradrenalin (NA), Serotonin (5-HT), Histamin (H) und Acetylcholin (ACh), deren therapeutische Bedeutung zum Teil noch unklar ist. In den letzten Jahren wurden Substanzen entwickelt, die Dopamin- und Serotonin-antagonistisch wirken. Dies basierte auf Befunden, dass eine zentrale Blockade des Serotonin-5-HT2-Rezeptors das Ausmaß extrapyramidal-motorischer Effekte vermindern und eine Verbesserung der schizophrenen Minussymptomatik bewirken könnte. Die klinischen Erfahrungen zeigen, dass 5-HT2-antagonisierende Effekte im Hinblick auf das Auftreten von EPMS tatsächlich Vorteile bringen und einen wichtigen Teilaspekt für atypische Eigenschaften darstellen.
Tabelle 2 gibt Rezeptorbindungsaffinitäten der Antipsychotika/Neuroleptika wieder.
Tab. 2. Rezeptorbindungsaffinitäten von Antipsychotika
D1 |
D2 |
5-HT2 |
α1 |
M/ACh |
H |
|
Erste Generation (FGA/konventionelle Substanzen) |
||||||
Benperidol |
– |
+++ |
+ |
+ |
– |
– |
Chlorpromazin |
+ |
++ |
++ |
+++ |
++ |
++ |
Chlorprothixen |
+ |
+ |
++ |
+ |
+ |
+++ |
Flupentixol |
++ |
+++ |
++ |
+ |
– |
– |
Fluphenazin |
+ + |
+++ |
++ |
+ |
– |
++ |
Haloperidol |
+ |
+++ |
– |
+ |
– |
– |
Levomepromazin |
– |
+ |
+ |
++ |
++ |
++ |
Melperon |
– |
+ |
++ |
+ |
– |
+ |
Perazin |
– |
++ |
++ |
++ |
+ |
+++ |
Perphenazin |
+ |
+++ |
++ |
++ |
– |
++ |
Pimozid |
– |
+++ |
++ |
– |
– |
– |
Pipamperon |
– |
+ |
++ |
+ |
– |
– |
Thioridazin |
+ |
++ |
++ |
+++ |
+++ |
+ |
Zuclopenthixol |
++ |
+++ |
+ |
++ |
++ |
++ |
Zweite Generation (SGA/Atypika) |
||||||
D2-Antagonisten |
||||||
Amisulprid (sowie D3) |
– |
++ |
– |
– |
– |
– |
Sulpirid (sowie D3) |
– |
+ |
– |
– |
– |
– |
D2-5-HT2-α1-Antagonisten |
||||||
Asenapin |
+ |
+ |
++ |
+ |
– |
+ |
Paliperidon |
– |
+++ |
+++ |
++ |
– |
+ |
Risperidon |
– |
+++ |
+++ |
++ |
– |
+ |
Sertindol |
++ |
+++ |
+++ |
++ |
– |
– |
Multirezeptorantagonisten |
||||||
Clozapin |
++ |
+ |
+++ |
+ |
+++ |
+++ |
Olanzapin |
++ |
+++ |
+++ |
+ |
++ |
++ |
Quetiapin |
+ |
+ |
+ |
+ |
– |
++ |
Ziprasidon |
+ |
++ |
+++ |
+ |
– |
+ |
Partielle Dopaminagonisten |
||||||
Aripiprazol |
– |
+++1 |
+++2 |
+ |
– |
+ |
Cariprazin |
– |
++3 |
++2 |
+ |
– |
++ |
5-HT: Serotoninrezeptoren; α: α-Adrenozeptoren; D: Dopaminrezeptoren; H: Histaminrezeptoren; M/ACh: muscarinische Acetylcholinrezeptoren
1 Zusätzlich Partialagonist an D2-Rezeptoren
2 Zusätzlich Partialagonist an 5-HT1A-Rezeptoren
3 Zusätzlich Partialagonist an D2-und D3-Rezeptoren
Eine Hypothese besagt, dass die niedrige D2-Rezeptor-Affinität und die damit in Beziehung stehenden geringeren dopaminergen Nebenwirkungen von Clozapin und Quetiapin durch deren rasche Dissoziierung vom D2-Rezeptor bedingt seien (sog. „Loose-binding/fast off“-Theorie).
Das Modell des partiellen D2-Agonismus wurde vor allem mit der Einführung der atypischen Substanz Aripiprazol propagiert. Dieses Atypikum ist kein vollständiger Antagonist an D2-Rezeptoren, sondern ein partieller Agonist. Er besitzt daher keine 100%ige intrinsische Aktivität wie der volle Agonist Dopamin und verhält sich in Anwesenheit eines vollen Agonisten (hier Dopamin) eher wie ein Antagonist. In Abwesenheit anderer Agonisten wirkt Aripiprazol wie ein schwacher Agonist. Dies erklärt, dass trotz hoher D2-Rezeptor-Besetzung keine oder nur geringe EPMS berichtet werden, da selbst bei 95%iger striataler D2-Rezeptor-Besetzung immer noch eine mäßige Stimulation dieser Rezeptoren wegen des partiellen Agonismus stattfindet. Weitere neue partielle Dopaminagonisten sind Cariprazin und Brexpiprazol.
Pharmakokinetik
Antipsychotika werden nach oraler Applikation in der Regel fast vollständig im Darm resorbiert; die Elimination erfolgt hauptsächlich durch Metabolisierung in der Leber und nur in geringem Maß in unveränderter Form über die Nieren. Bei einigen Substanzen ist die orale Bioverfügbarkeit aufgrund eines hohen First-Pass-Effekts eingeschränkt und liegt zum Teil unter 50 %.
Einige hochpotente Antipsychotika aus der Gruppe der FGA und SGA liegen auch als Depot-Injektionen vor. Hierbei handelt es sich um galenisch veränderte Formen der oralen Antipsychotika. Die Lösungen werden intramuskulär (i. m.) verabreicht und setzen die Wirkstoffe verlangsamt aus ihren Depotformulierungen frei (u. a. Spaltung von Esterverbindungen in öligen Lösungen, Freisetzung aus Salzen bzw. aus sog. „microspheres“ oder aus rekristallisiertem Lyophilisat). Je nach Freisetzungshalbwertszeit werden die unterschiedlichen Injektionsintervalle festgelegt. Einzelheiten zum Einsatz von Depot-Neuroleptika/Antipsychotika finden sich bei [1, 14].
Bisher vorliegende Studien über die Beziehungen zwischen Plasmaspiegel und therapeutischer Wirksamkeit zeigen recht unterschiedliche Resultate. Der Nutzen von therapeutischem Drug-Monitoring (TDM) ist für klassische Antipsychotika/Neuroleptika wie Haloperidol, Perphenazin und Fluphenazin nachgewiesen, aber auch für die atypischen Antipsychotika Clozapin, Olanzapin, Risperidon und Quetiapin. Insbesondere das TDM von Clozapin, einer Substanz mit relativ geringer therapeutischer Breite, ist etabliert und trägt zur Optimierung der Therapie bei. Tabelle 3 nennt die Substanzen mit ihren therapeutischen Referenzbereichen, bei denen laut aktueller AGNP-Konsensusleitlinie ein TDM empfohlen wird [9, 10].
Tab. 3. Für TDM (therapeutisches Drug-Monitoring) empfohlene Antipsychotika und ihre therapeutischen Referenzbereiche [9]
Substanz |
Therapeutischer Referenzbereich [ng/ml] |
Empfehlungsgrad |
Amisulprid |
100–320 |
1 |
Aripiprazol plus Metabolit |
150–500 |
2 |
Clozapin |
350–600 |
1 |
Flupentixol |
0,5–5 |
2 |
Haloperidol |
1–10 |
1 |
Olanzapin |
20–80 |
1 |
Paliperidon |
20–60 |
2 |
Quetiapin |
100–500 |
2 |
Risperidon plus Metabolit |
20–60 |
2 |
Ziprasidon |
50–200 |
2 |
Grad 1: TDM dringend empfohlen; Grad 2: TDM empfohlen
Klinische Anwendung
Primäre Zielsymptome von Antipsychotika (Tab. 4) sind psychotische Plus- und Minus-Symptome, daneben werden sie bei Psychose-assoziierten Symptomen (Erregung, Hostilität) sowie (vor allem schwach potente Neuroleptika) zur Sedierung eingesetzt [3, 6, 18].
Zugelassene Indikationen sind schizophrene Psychosen und Manien.
Die Wirksamkeit der Antipsychotika/Neuroleptika in der Therapie schizophrener Erkrankungen ist durch zahlreiche Placebo-kontrollierte Doppelblindstudien gut belegt. Die Responderrate während einer 6-wöchigen Akutbehandlung liegt bei Ersterkrankung bei 50 bis 80 % [3, 11, 20, 24]. SGA zeigten in einer Metaanalyse bezüglich Minussymptomatik und Abbruchrate Vorteile gegenüber FGA [23]. Das Rückfallrisiko liegt bei Schizophrenie ohne Pharmakotherapie bei über 90 % [4–6, 8]. Das Rezidivrisiko kann durch die Pharmakotherapie um etwa zwei Drittel verringert werden (NNT etwa 4), RCTs und Metaanalysen belegen die rezidivprophylaktische Wirksamkeit [12, 16]. Die Rückfallraten binnen zwei Jahren liegen unter neuroleptischer Dauertherapie bei etwa 10 bis 20 %, unter Placebo bei 50 bis 80 %.Bei chronisch erkrankten Patienten zeigten Metaanalysen Wirkvorteile und geringere Therapieabbrüche unter Clozapin und Olanzapin [12].
Tab. 4. Übersicht wichtiger Neuroleptika/Antipsychotika und einzusetzende Dosierungen
Freiname |
Handelsname |
Substanzklasse |
Dosierung |
Amisulprid |
Solian |
Benzamid, SGA |
50–800 |
Aripiprazol – Depot |
Abilify |
Piperazinderivat, SGA |
10–30 |
Abilify Maintena |
Depot: überlappend oral (10–20), dann 400 mg alle 4 Wochen i.m. (deltoidal oder gluteal) |
||
Asenapin |
Sycrest |
Dibenzoxepinderivat, SGA |
10–20 |
Benperidol |
Glianimon |
Butyrophenon, FGA |
1–12 |
Bromperidol |
Impromen |
Butyrophenon, FGA |
1–10 |
Cariprazin |
Reagila |
Piperazinderivat, SGA |
1,5–6 |
Chlorprothixen |
Nur Generika |
Thioxanthen, FGA |
30–400 |
Clozapina |
Leponex |
Dibenzoepin, SGA |
25–600 (max. 900) |
Flupentixol – Depot |
Fluanxol |
Thioxanthen, FGA |
2–30 |
Depot 10–60 i. m. (2-wöchig) |
|||
Fluphenazin – Depot |
Nur Generika |
Phenothiazin, FGA |
Depot 12,5–100 i. m. (2-wöchig) |
Fluspirilen – Depot |
Imap |
Diphenylbutylpiperidin, FGA |
Depot 2–8 i. m. (wöchentlich) |
Haloperidol – Depot |
Haldol-Janssen |
Butyrophenon, FGA |
2–8 (-max. 20 stationär) |
Depot 25–200 i. m. (3- bis 4-wöchig) |
|||
Levomepromazin |
Neurocil |
Phenothiazin, FGA |
25–150 (max. 400 stationär) |
Melperon |
Eunerpan |
Butyrophenon, FGA |
25–200 (max. 400 stationär) |
Olanzapin – Depot |
Zyprexa |
Thienobenzodiazepin, SGA |
5–20 (max. 40) |
Zypadhera |
Depot 150–300 i. m. (alle 2 Wochen) oder 300–405 i. m. (alle 4 Wochen) |
||
Paliperidon – Depot |
Invega |
Benzisoxazol, SGA |
3–9 |
Xeplion |
Depot: 1. Tag 150, 8. Tag 100 i. m. (deltoidal), dann 75–150 alle 4 Wochen i. m. (deltoidal oder gluteal) |
||
Trevicta |
175–525 alle 3 Monate |
||
Perazin |
Taxilan |
Phenothiazin, FGA |
50–600 |
Perphenazin – Depot |
Decentan |
Phenothiazin, FGA |
8–24 |
Depot 50–200 i. m. (2-wöchig) |
|||
Pimozid |
Orap |
Diphenylbutylpiperidin, FGA |
2–16 |
Pipamperon |
Dipiperon |
Butyrophenon, FGA |
60–360 |
Promethazin |
Atosil |
Phenothiazin, FGA |
50–1200 |
Prothipendyl |
Dominal |
Phenothiazin, FGA |
40–320 |
Quetiapin |
Seroquel |
Dibenzothiazepin, SGA |
50–800 |
Risperidon – Depot |
Risperdal |
Benzisoxazol, SGA |
2–6 |
Risperdal Consta |
Depot: überlappend oral, dann 25–50 alle 2 Wochen i. m. (deltoidal oder gluteal) |
||
Sertindol b |
Serdolect |
Phenylindolpiperidin, SGA |
4–20 (max. 24) |
Ziprasidon |
Zeldox |
Indolderivat |
80–160 |
Zuclopenthixol – Depot |
Ciatyl Z |
Thioxanthen, FGA |
25–75 |
Ciatyl Z Acuphase |
50–150 i. m. für 2–3 Tage |
||
Ciatyl Z Depot |
100–400 alle 2–3 Wochen i. m. |
FGA: Antipsychotikum der 1. Generation („first-generation antipsyhcotic“); SGA: Antipsychotikum der 2. Generation („second-generation antipsychotic“); a Eingeschränkte Zulassung; b „Second-Line“-Zulassung; i. m.: intramuskulär
Behandlungsablauf
- Vor dem Beginn einer Antipsychotika-Therapie müssen organisch bedingte und Substanz-induzierte Störungen ausgeschlossen werden (körperliche Untersuchung – Schizophrenie ist eine Ausschlussdiagnose!) und eventuell vorhandene somatische Risikofaktoren (Diabetes, Hypertonie, Dyslipidämie etc.) eruiert werden.
- Basierend auf einer herzustellenden vertrauensvollen Arzt-Patienten-Beziehung muss ein Gesamtbehandlungsplan aufgestellt werden, der psychologische und milieu-/sozial-therapeutische Maßnahmen einschließt. Standard ist heute eine sogenannte Psychoedukation, das heißt die Aufklärung des Patienten über seine Krankheit sowie über Wirkung und Nebenwirkungen von antipsychotischen Medikamenten in verständlicher Sprache. Bezüglich Psychopharmaka liegen bewährte Ratgeber in Taschenbuchform vor [15].
Einer Therapie mit Antipsychotika können sich mehrere Hindernisse in den Weg stellen: Ein Teil der an Schizophrenie Erkrankten verspürt kein Krankheitsgefühl, ihr Gang zum Arzt beruht deshalb häufig nicht auf eigenem, freiwilligem Handeln und die Notwendigkeit einer Behandlung wird nicht eingesehen. Selbst wenn es gelingt, eine Therapie zu beginnen, ist deren Fortführung durch geringe oder mangelnde Compliance gefährdet. Unter Umständen ist eine Klinikeinweisung (mit richterlicher Unterbringung bzw. Behandlungspflegschaft) erforderlich. Untersuchungen der letzten Jahre zeigten, dass die Dauer einer unbehandelten Psychose (DUP) von prognostischer Bedeutung ist: je länger, desto prognostisch ungünstiger. Das heißt, es sollte so früh wie möglich (nach diagnostischer Abklärung) medikamentös behandelt werden.
Präparatewahl
Die Auswahl des Präparats, mit dem die Therapie begonnen wird, richtet sich nach klinischen Gesichtspunkten, das heißt nach Zielsymptomen, der Leitsymptomatik bzw. dem Subtyp. Ausschlaggebend ist die Ausprägung des jeweiligen psychopathologischen Syndroms. Hinsichtlich des Wirkungsspektrums wirken hochpotente Neuroleptika (z. B. Haloperidol, Risperidon, Olanzapin) vorrangig auf die Symptome Denkstörungen, Trugwahrnehmungen und Wahnideen, wogegen niederpotente (z. B. Chlorprothixen, Levomepromazin) besonders psychomotorische Unruhe- und Erregungszustände günstig beeinflussen. Neuere SGA besitzen ein breites Wirkprofil.
Bei Akutkranken findet sich häufig ein Nebeneinander verschiedenster Symptome: Der Patient fühlt sich verfolgt, ist ängstlich gespannt, sein Gedankengang ist zerfahren, er ist unruhig bis hin zur Erregung. Therapie der Wahl ist dann die Kombination eines hochpotenten mit einem niederpotenten Neuroleptikum, ein mittelpotentes Neuroleptikum (wie z. B. Zuclopenthixol, Perazin) oder ein eher sedierendes atypisches Antipsychotikum (z. B. Olanzapin). Bei vermindertem Antrieb (Apathie, sozialer Rückzug) werden bevorzugt eher aktivierende Substanzen wie Amisulprid, Aripiprazol oder Flupentixol eingesetzt. Ein Review zeigte für Amisulprid und Cariprazin Wirksamkeitsvorteile bei Minus-Symptomatik [13].
Die Dosierung variiert individuell, es sollte in der Regel einschleichend dosiert werden. Die Zieldosis sollte im therapeutischen Referenzbereich nach TDM liegen (Tab. 3).
Mit einem Wirkungseintritt ist innerhalb der ersten Behandlungswoche zu rechnen. Tritt innerhalb von zwei bis vier Wochen unter der gewählten Dosierung keine Besserung ein, so kann die Dosis weiter gesteigert werden. Zeigt sich nach maximal sechs Wochen höher dosierter Therapie keine Besserung des Zustands, sollte das Präparat gewechselt werden. Es ist dann sinnvoll, eine Substanz aus einer anderen chemischen Gruppe zu nehmen. Bei Non-Respondern bzw. sogenannten therapieresistenten Psychosen ist Clozapin erste Wahl [21].
Jüngst wurde zur Abklärung der optimalen Dosis eine Metaanalyse der Dosis-Wirkungs-Beziehung vorgelegt [17]. Hiernach sollten, um eine Unterdosierung in der klinischen Praxis zu vermeiden, folgende ED50 (mindestens 50%ige Response) erreicht werden:
Amisulprid 264 mg/Tag, Aripiprazol 4,8 mg/Tag, Cariprazin 1,7 mg/Tag, Haloperidol 3 mg/Tag, Olanzapin 6 mg/Tag, Quetiapin 207 mg/Tag, Risperidon 2,8 mg/Tag, Ziprasidon 68,5 mg/Tag. Hieraus lassen sich auch Äquivalenzdosen ableiten – allerdings gilt grundsätzlich die individuelle Festlegung der Dosierung.
Therapiedauer
Handelt es sich um eine Ersterkrankung und ist der Patient gut remittiert, sollte die Medikation etwa ein bis zwei Jahre beibehalten und dann unter engmaschiger Kontrolle langsam ausschleichend abgesetzt werden. Bei Zweit- oder Mehrfachmanifestationen wird im Allgemeinen eine Behandlungsdauer von zwei bis fünf Jahren vorgeschlagen. Für Patienten, die sehr häufig erkranken oder gar nicht remittieren, lässt sich kein sicherer Zeitpunkt zum Absetzen festlegen, relativ häufig sollten Patienten einer Dauertherapie zugeführt werden [4, 21].
Für die Langzeitbehandlung bietet sich der Einsatz von Depot-Antipsychotika an [1].
In Tabelle 5 sind die möglichen Vor- und Nachteile von Depot-Antipsychotika zusammengefasst [14].
Tab. 5. Mögliche Vor- und Nachteile von Depot-Neuroleptika/Antipsychotika
+ |
Gesicherte Patienten-Compliance, regelmäßiger Patientenkontakt |
+ |
Bequeme Anwendung |
+ |
Pharmakokinetik: konstantere Plasmaspiegel, geringere Substanzbelastung, niedrigste effektive Dosierung |
+ |
Weniger Nebenwirkungen (?) |
– |
Schwierige Dosiseinstellung |
– |
Kumulationsrisiko |
– |
Lange Auswaschphase (Monate) |
– |
Lokale Verträglichkeit |
– |
Reisen |
Depotpräparate erleichtern nicht nur dem Patienten selbst die medikamentöse Therapie (Compliance), sie können wegen der erforderlichen regelmäßigen Arztkonsultationen auch einen Beitrag zur Vertiefung der Arzt-Patienten-Beziehung leisten. Die Injektionstermine sollten immer auch Anlass zu ärztlichem Gespräch und zur Verlaufsbeobachtung sein.
(Compliance-bedingte) Vorteile der Depot-Substanzen konnten in naturalistischen Studien dokumentiert werden, niedrigere Rezidivraten waren oft erst im zweiten oder dritten Verlaufsjahr zu verzeichnen [1, 3].
Für die erfolgreiche Rehabilitation schizophrener Patienten ist ein Gesamtbehandlungskonzept obligat, das soziotherapeutische, individuell psychologische und im weiteren Sinn familientherapeutische Maßnahmen mit einschließt. Ziel ist letztendlich für den Patienten ein bestmögliches psychosoziales Funktionsniveau („social functioning“) zu erreichen.
Nebenwirkungen und Gegenanzeigen
Lange Zeit war das Thema „Nebenwirkungen“ unter Neuroleptika/Antipsychotika (Abb. 2) vor allem durch das Auftreten von EPMS unter klassischen Neuroleptika geprägt.
Klinisch werden als EPMS Frühdyskinesien/Dystonien, Parkinsonoid, Akathisie und Spätdyskinesien unterschieden.

Abb. 2. Übersicht Nebenwirkungen/unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) von Antipsychotika/Neuroleptika. EPMS: extrapyramidal-motorische Bewegungsstörungen
Frühdyskinesien/akute Dystonien zeigen sich (akut) in Verkrampfungen der mimischen Muskulatur, der Zungen-/Schlundmuskulatur, in Blickkrämpfen und Bewegungsstörungen der Muskulatur des Halses sowie der Arme (Dystonien). Ihre Häufigkeit wird mit 5 bis 30 % angegeben. Diese oft plötzlich auftretenden, teilweise außerordentlich beeinträchtigenden Nebenwirkungen, können durch ein Anticholinergikum wie beispielsweise Biperiden (Akineton®) kupiert werden.
Die zweite wichtige extrapyramidal-motorische Nebenwirkung ist das Parkinsonoid. Akathisie (Sitzunruhe) wird subjektiv oft als sehr quälend empfunden und zwingt entweder zu medikamentösen Gegenmaßnahmen, Dosisreduktion oder zum Umsetzen.
Spätdyskinesien (tardive Dyskinesien) treten vor allem unter FGA mit einer Inzidenz von 5 % pro Jahr auf. Die vom Patienten oft gar nicht bemerkten, vielfach nur diskreten Symptome sind unwillkürliche Zuckungen, vor allem im Bereich der Mund- und Gesichtsmuskulatur, seltener auch bizarre Körperbewegungsstörungen und Verkrampfungen der Atemmuskulatur. Betroffen sind vorwiegend ältere Patienten und Kranke mit hirnorganischer Vorschädigung.
Neuropsychiatrische UAW
Viele Patienten klagen über Müdigkeit und Störungen der Konzentrationsfähigkeit unter der Therapie. Die Abgrenzung von therapeutisch noch gewünschter Sedierung einerseits und krankheitsbedingten Denkstörungen andererseits ist hier nicht immer einfach. In der Gruppe der FGA besteht ein inverser Zusammenhang zwischen antipsychotischer Potenz und sedierender Wirkung. Hochpotente FGA wie Haloperidol sind wenig sedierend, deutlich sedierend wirken dagegen alle niederpotenten klassischen Substanzen.
Beeinträchtigungen der Psychomotorik und Reaktionsfähigkeit sind für die Alltagstauglichkeit, Fahreignung und das psychosoziale Funktionsniveau von höchster Relevanz. Die diesbezüglichen Effekte der Medikation müssen berücksichtigt werden, andererseits schließt eine (unbehandelte) floride psychotische Symptomatik (Wahn, Halluzinationen) die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen aller Art aus [14].
Eine sehr seltene, aber schwerwiegende Nebenwirkung ist das maligne neuroleptische Syndrom (MNS). Es ist charakterisiert durch Rigor, Stupor, hohes Fieber und wechselnde Bewusstseinslage, es finden sich Leukozytose und Anstieg der Creatinkinase (CK). Antipsychotika müssen sofort abgesetzt werden, Intensivbehandlung ist erforderlich. Zerebrale Krampfanfälle können gelegentlich auftreten, besonders unter Clozapin, kaum unter Haloperidol, Risperidon und Melperon.
Von besonderer Relevanz sind neuere Daten, die von einer erhöhten kardiovaskulären und zerebrovaskulären Mortalität unter Neuroleptika/Antipsychotika, zumindest bei Risikogruppen wie Demenzpatienten, sprechen. Sowohl FGA als auch SGA führen zu einem gegenüber Placebo leicht, aber signifikant erhöhten Risiko von Mortalität und zerebrovaskulärer Ereignisse bei älteren Patienten mit Demenz [4, 19]. Der Gabe bei diesem Patientenkreis muss eine strenge Nutzen-Risiko-Abwägung vorausgehen. Ist ein Einsatz, beispielsweise bei Aggressivität oder Wahn im Rahmen einer Demenz, unvermeidbar, darf der Einsatz nur zeitlich befristet erfolgen (max. drei bis sechs Monate). Einziges zugelassenes Antipsychotikum bei dieser Indikation ist bislang Risperidon.
Nach längerfristiger Behandlung mit konventionellen Neuroleptika (FGA) können depressive Verstimmungszustände bzw. eine postpsychotische Depression auftreten.
Vegetative, kardiovaskuläre UAW
Vegetative Nebenwirkungen wie orthostatische Hypotension und kompensatorische Tachykardie, Sekretionsstörungen der Speichel- und Schweißdrüsen, Obstipation, sowie (selten) Blasenentleerungsstörungen sind unter FGA relativ häufig.
Zu beachten sind bei einigen Substanzen (FGA und manche SGA) mögliche Verlängerungen des QT-Intervalls im EKG. Das größte Ausmaß zeigen Ziprasidon, Quetiapin und Sertindol.
Unter Clozapin ist das Myokarditis-Risiko erhöht.
Blutbildveränderungen
Anwendungsbeschränkungen bestehen für das hoch wirksame Clozapin, da die Substanz (selten) zu Agranulozytose und Blutbildstörungen führen kann. Es sind regelmäßige Kontrollen des Differentialblutbilds erforderlich.
Metabolische UAW
Vor allem unter Olanzapin und Clozapin kann es zu deutlicher Gewichtszunahme kommen – etwa 10 bis 40 % der mit diesen Substanzen behandelten Patienten sind davon betroffen. Nicht selten treten Veränderungen des Glucose- und Lipidstoffwechsels auf, Fachgesellschaften haben deshalb Ziel- und Screening-Parameter empfohlen:
- Gewicht, BMI und Bauchumfang (Männer < 102 cm, Frauen < 88 cm)
- Blutdruck und Puls
- Nüchternblutzucker und Lipidwerte
Endokrine und sexuelle UAW
Unter manchen Antipsychotika kommt es zu einem Anstieg der Prolactin-Sekretion. Dies kann zu Störungen des Menstruationszyklus und zu Galaktorrhö sowie zu sexuellen Dysfunktionen führen. Bei vorbelasteten Patienten sollten deshalb bevorzugt Prolactin-neutrale Substanzen gewählt werden. Einen Prolactin-Anstieg bewirken vor allem Amisulprid, Paliperidon und Risperidon.
Merke
Insgesamt sind unter den Nebenwirkungen folgende für Patienten klinisch-praktisch besonders relevant: Gewichtszunahme, motorische Beeinträchtigungen, sexuelle Störungen, Schlaf- und kognitive Störungen.
Kontraindikationen, Interaktionen, Komedikation, Absetzen
Clozapin ist bei Blutbildschäden und Epilepsie kontraindiziert, bei Parkinson-Psychosen sollten nur Clozapin und niedrigdosiert Quetiapin zum Einsatz kommen. Sertindol und Ziprasidon sind bei bekannter QTc-Verlängerung bzw. in Kombination mit QT-Zeit-verlängernden Substanzen kontraindiziert, Quetiapin und Cariprazin dürfen nicht mit Inhibitoren und Induktoren des CYP3A4-Systems kombiniert werden. Wegen möglicher Atemdepression verbietet sich eine Kombination von Clozapin mit Benzodiazepinen.
Depressive Symptome treten bei etwa einem Viertel der schizophrenen Patienten im Krankheitsverlauf auf. Als Komedikation kann dann ein Antidepressivum eingesetzt werden (z. B. Citalopram, Duloxetin).
Entzugs- und Absetzphänomene, beispielsweise ein vegetatives Entzugssyndrom oder Rebound-EPMS, können bei zu schnellem Absetzen bzw. zu langsamen Aufdosieren entstehen. Wichtig ist die Beachtung entsprechender Ausschleichzeiten bei den einzelnen Neuroleptika. Generell muss umso langsamer ausgeschlichen werden je höher die D2-Blockade, die anticholinerge Aktivität und die Dauer und Dosis der Vormedikation war.
Kontrolluntersuchungen
Es sind regelmäßige Kontrollen von Blutbild, Leber- und Nierenwerten und Elektrolyten durchzuführen (nach einem Monat, dann vierteljährlich, nach sechs Monaten halbjährlich).
Für Clozapin gibt es hinsichtlich der Kontrolluntersuchungen Sonderbestimmungen.
Leitlinie
Die S3-Praxisleitlinie Schizophrenie der DGPPN umfasst allgemeine Behandlungsprinzipien (Erstellung eines Gesamtbehandlungsplans, Patientenaufklärung und Einbeziehung in den therapeutischen Entscheidungsprozess), phasenspezifische Behandlungen (Akut- und Langzeittherapie) und Behandlungsverfahren unter besonderen Bedingungen (zum Beispiel Erregungszustand, Suizidalität, Komorbidität, Alter, Schwangerschaft) [5].
Für die Substanzwahl wichtig ist das klinische Zielsyndrom. Neben der Unterscheidung medikamentöser Akut- und Langzeittherapie erfolgt eine gesonderte Empfehlung zur Behandlung bei Ersterkrankung, bei Therapieresistenz und zur Rezidivprophylaxe.
Entsprechend der DGPPN-Leitlinie soll zur Langzeitmedikation dasjenige Antipsychotikum eingesetzt werden, unter dem eine Remission oder Response erzielt werden konnte.
Bei der Auswahl spielt das Nebenwirkungsprofil eine entscheidende Rolle (EPMS, Gewichtszunahme, endokrine, kardiale Effekte). Ein Depot-Antipsychotikum sollte dem Patienten optional angeboten werden, insbesondere bei fraglicher Compliance.
Abkürzungen
5-HT |
Serotoninrezeptoren |
ACh |
Acetylcholin |
CK |
Creatinkinase |
D |
Dopaminrezeptoren |
DGPPN |
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde |
DUP |
Dauer einer unbehandelten Psychose |
ED50 |
Dosis für mindestens 50%ige Response |
EPMS |
Extrapyramidal-motorische Bewegungsstörungen |
FGA |
First Generation Antipsychotics |
H |
Histaminrezeptoren |
M/Ach |
Muscarinische Acetylcholinrezeptoren |
MNS |
Malignes neuroleptisches Syndrom |
NA |
Noradrenalin |
NNT |
Number needed to treat |
RCT |
Randomisiert kontrollierte Studie (englisch: randomized controlled trial) |
SGA |
Second Generation Antipsychotics |
TDM |
Therapeutisches Drug-Monitoring |
UAW |
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen |

Univ.-Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Gerd Laux. Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Verkehrsmedizinische Qualifikation. Professor für Psychiatrie an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Leitung Institut für Psychologische Medizin (IPM) in Soyen, MVZ Neuropsychiatrie in Waldkraiburg, Konsiliararzt Geriatrie Klinik Haag, ehem. Ärztlicher Direktor des Inn-Salzach-Klinikums, Fachkrankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische Medizin und Neurologie, Wasserburg a. Inn – Rosenheim - Freilassing
Editor-in chief: Psychopharmakotherapie (PPT). 20-mal Top-Mediziner Depression & bipolare Störungen FOCUS Ärzteliste. Über 450 Publikationen, (Mit-)Autor und (Mit-)Verfasser von 37 Büchern
Interessenkonflikterklärung
Die Autoren erklären, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
Literatur
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2. Benkert O, Hippius H (Hrsg.). Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie. 12. Auflage. Berlin: Springer, 2019.
3. Correll CU. Pharmakotherapie der Schizophrenie. Nervenarzt 2020;91:34–42.
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Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Gerd Laux, Institut für Psychologische Medizin (IPM), Nussbaumstraße 9, 83564 Soyen, MVZ Neuropsychiatrie Waldkraiburg, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität, München, E-Mail: ipm@ipm-laux.de
Ltd. Pharm.-Dir. i. R. Dr. rer. nat. Otto Dietmaier, 88326 Aulendorf
Pharmacotherapy of schizophrenia
Antipsychotic drugs are the cornerstone of treatment of schizophrenia since nearly 60 years. A number of agents are now available. They can be divided according chemical structure, neuroleptic potency and receptor profiles. Today they are classified in typical, classical first generation antipsychotics (FGA) and so-called atypical newer second generation antipsychotics (SGA). Among the latter are aripiprazole, cariprazine, clozapine, olanzapine, quetiapine, risperidone and ziprasidone. These substances have different receptor, clinical and side effect profiles and constitute no homogenous group. Beside acute treatment antipsychotics are essential for long-term treatment and relapse prevention, well evidenced by randomized controlled clinical studies (RCTs). Long-acting depot antipsychotics should be especially considered in case of noncompliance. Regarding side effects dystonia, pseudoparkinsonism, akathisia and tardive dyskinesia dominate with the use of FGAs. Today metabolic and endocrine effects like weight gain and hyperprolactinaemia are common with SGAs. Further possible side effects are sedation, anticholinergic effects, QT-prolongation and cerebrovascular impairments. Clozapine is preferred in treatment-resistant schizophrenia. However, its risk for agranulocytosis makes stringent blood controls necessary. In antipsychotic treatment laboratory monitoring is recommended. According to the new revised DGPPN S3-guideline for schizophrenia, an individually tailored total overall treatment plan including psychological, sociotherapeutic and milieu interventions should be developed. Psychoeducation in the beginning of illness and treatment is established, „understandable“ booklets are helpful guides.
Key words: Antipsychotics, therapy schizophrenia, psychotropics
Arzneimitteltherapie 2020; 38(12):492-501