GUSTO V

Kombinierte Reperfusionstherapie auch nach einem Jahr ohne Überlebensvorteil


Dr. Annette Kloboucek, München

In der GUSTO-V-Studie senkte die Kombination Reteplase/Abciximab bei Patienten mit frischem Myokardinfarkt die Rate nicht tödlicher ischämischer Ereignisse im Vergleich zu einer Monotherapie mit Reteplase zwar signifikant. Dies wirkte sich aber nicht auf die Langzeit-Mortalität aus, wie die Ein-Jahres-Analyse der Studie jetzt ergab.

GUSTO V (The global use of strategies to open coronary arteries) war die erste groß angelegte Studie, in der eine alternative Strategie zur herkömmlichen Reperfusion mit einem fibrinolytischen Agens bei frischem Myokardinfarkt untersucht wurde. Dabei wurde das Fibrinolytikum in herabgesetzter Dosierung mit einem Thrombozytenfunktionshemmer kombiniert: Die Patienten erhielten entweder Reteplase (Rapilysin®) in Standarddosierung (zweimal 10-U-Bolus im Abstand von 30 Minuten, n = 8 260) oder die Kombination Abciximab (ReoPro®, 0,25-mg/kg-Bolus, dann 0,125 μg/kg pro Minute Infusion) plus halbe Dosis Reteplase (zweimal 5-U-Bolus im Abstand von 30 Minuten; n = 8 328).

Das neue Therapieregime brachte den Patienten nach 30 Tagen keinen Überlebensvorteil, jedoch traten in diesem Zeitraum seltener erneute Infarkte und andere nichttödliche ischämische Komplikationen auf (siehe Arzneimitteltherapie 2001;19:365).

Da ischämische Komplikationen nach Herzinfarkt, insbesondere Reinfarkte, mit einem erhöhten Langzeit-Sterberisiko einhergehen, sollte überprüft werden, ob der positive Einfluss von Abciximab und Reteplase auf ischämische Komplikationen das Sterberisiko nach einem Jahr verringerte. Deshalb schloss sich an die randomisierte, kontrollierte GUSTO-V-Studie eine einjährige Nachbeobachtungsphase an. Endpunkt war die Gesamtsterblichkeit nach einem Jahr. Es handelte sich um einen vorab definierten sekundären Endpunkt.

In der mit der Kombinations-Therapie behandelten Gruppe waren nach einem Jahr ebenso viele Patienten gestorben wie in der Reteplase-Gruppe (8,4 %). Auch Subgruppenanalysen von Patienten unter 75 Jahren, Patienten mit Diabetes mellitus, Patienten, die erst nach mehr als vier Stunden behandelt worden waren, sowie Patienten, die schon zuvor einen Herzinfarkt erlitten hatten, ergaben keinen signifikanten Vorteil der neuen Therapie.

Bei Patienten mit Reinfarkt – innerhalb der ersten sieben Tage hatten in der Reteplase-Gruppe 3,5 % und in der Kombinationstherapie-Gruppe 2,3 % der Patievten einen erneuten Infarkt erlitten (p < 0,001) – lag die Sterblichkeit nach einem Jahr signifikant höher als bei Patienten, die keinen Reinfarkt erlitten hatten (22,6 versus 8,0 % [p < 0,001]). Der Effekt war jedoch zu gering, als dass er sich signifikant auf die gesamte Ein-Jahres-Sterblichkeit ausgewirkt hätte.

Positiv ausgedrückt lautet das Ergebnis von GUSTO V: Das kombinierte Behandlungsregime Reteplase/Abciximab hat sich in der Akutbehandlung des Myokardinfarkts als gleichermaßen wirksam erwiesen wie eine Monotherapie mit Reteplase: Sowohl Kurzzeit- als auch Langzeitsterblichkeit unterschieden sich nicht. Jedoch waren unter einer Kombinationstherapie weniger nichttödliche ischämische Ereignisse zu verzeichnen. Das kann im Einzelfall wünschenswert sein. Wird jedoch in der Klinik eine Kombinationstherapie in Betracht gezogen, muss individuell stets zwischen weniger ischämischen Komplikationen und einem erhöhten Blutungsrisiko abgewogen werden.

Quelle

Lincoff AM, et al. Mortality at 1 year with combination platelet glycoprotein IIb/IIIa inhibition and reduced-dose fibrinolytic therapy vs conventional fibrinolytic therapy for acute myocardial infarction. GUSTO V randomised trial. JAMA 2002;288:2130-5.

Arzneimitteltherapie 2003; 21(08)