Dutasterid zur Behandlung der benignen Prostatahyperplasie


Jens E. Altwein, München

Eine Säule der Therapie des benignen Prostatasyndroms (BPS) ist die Anwendung eines 5-Alpha-Reductase-Inhibitors (5-ARI). Finasterid hemmt die 5-Alpha-Reductase Typ 2 und somit die Umwandlung von Testosteron zu 5-α-Dihydrotestosteron, das Prostatavolumen schrumpft um etwa ein Fünftel. Der 5-ARI Dutasterid senkt das Volumen um etwa 26 % und den Dihydrotestosteron-Spiegel um > 90 %; Finasterid hingegen um etwa 70 %, da über die ungehemmte Typ-1-Reductase weiter Dihydrotestosteron gebildet werden kann (Escape-Phänomen).In fünf kontrollierten, prospektiven Studien mit etwa 6 000 Patienten wurde bewiesen, dass sich die Symptome des unteren Harntrakts, der maximale Harnfluss und der BPH-Impact-Index signifikant besserten. Das Risiko für Harnverhalt fällt um 57 %. Das PSA-Screening bleibt unbeeinträchtigt, wenn der Wert mit 2 multipliziert wird. Nebenwirkungen sind erektile Dysfunktion, Libido- und Ejakulationsstörungen. Insgesamt besteht bei Dutasterid ein günstiges Wirkungs-/ Nebenwirkungsverhältnis.Arzneimitteltherapie 2004;22:162-7.

Mit zunehmendem Alter entwickeln Männer Symptome des unteren Harntrakts (LUTS = lower urinary tract symptoms), die mit einer benignen Prostatahyperplasie (BPH) und der resultierenden Blasenhalsobstruktion zusammenhängen. Das Prostatavolumen nimmt zwischen der 6. und 8. Lebensdekade durchschnittlich um 9 ml (von 50 auf 59 ml) zu, hingegen der maximale Harnfluss um durchschnittlich 8 ml ab [14]. Diese Zahlen lassen noch nicht erkennen, wie sehr LUTS infolge einer BPH (BPS = benignes Prostatasyndrom) Alltagsaktivitäten stören. Beim Vergleich von Männern mit versus ohne BPH-Syndrom fanden Garraway et al. [10]: 15,1 vs. 6,7 % gehen weder ins Theater noch ins Kino oder Ähnliches; 32,4 vs. 13,2 % vermeiden Örtlichkeiten ohne Toiletten; 21 vs. 8 % können nicht mehr zwei Stunden Auto fahren und 27,1 vs. 10,3 % leiden unter einem Schlafdefizit.

5-α-Dihydrotestosteron ist das entscheidende Androgen für die Größenzunahme der Prostata, wodurch es zu einer Progression der Blasenauslassobstruktion kommt. Neben den zunehmenden Beschwerden bei der Miktion steigt das Risiko des akuten Harnverhalts nahezu linear mit dem Alter von etwa 3 pro 1 000 Personenjahre bei 59-Jährigen auf 12 pro 1 000 Personenjahre bei 80-Jährigen und damit die Notwendigkeit einer operativen Therapie [13]. Außer dem Alter sind das Prostata-spezifische Antigen (PSA) und das Prostatavolumen Risikofaktoren [2, 14].

Therapieoptionen bei BPS

Für die operative Therapie (zumeist transurethrale Resektion) als Standardverfahren oder die interventionelle Therapie des BPS sind die Indikationen in den Deutschen Leitlinien von 1999 aufgeführt [1]. Danach werden Patienten mit Symptomen des unteren Harntrakts und benigner Prostataobstruktion (BPO) konservativ behandelt, wenn keine absolute Operationsindikation, beispielsweise Blasensteine, besteht. In der Regel bevorzugt der Patient eine medikamentöse Therapie gegenüber einer operativen Behandlung; dies spätestens dann, wenn im Rahmen der Aufklärung die Rede auf die retrograde Ejakulation kommt. Dies trifft zu, auch wenn TURP/Prostatektomie als Goldstandard gelten, um die BPH-bedingte Obstruktion zu beseitigen.

Zur konservativen Behandlung des BPS stehen drei Arten von Medikamenten zur Verfügung:

  • Prostatotrope Phytopharmaka
  • Alpha-Blocker
  • 5-Alpha-Reductase-Inhibitoren
    (5-ARI)

Phytopharmaka wurden nur vereinzelt in Phase-III-Studien – zumeist von kurzer Dauer – geprüft [6]. Trotz geringer oder fehlender desobstruierender Wirkung ist die symptomatische Wirkung auf die Symptome des unteren Harntrakts zufrieden stellend. Außerdem ist ihre Verträglichkeit gut, so dass bei zugleich niedrigen Kosten Phytopharmaka vorzugsweise in der Allgemeinmedizin eingesetzt werden. Wirkungsmechanismus und Angriffspunkt sind wissenschaftlich unklar. Trotz vermeintlich antiödematösem Effekt bleibt das Prostatavolumen unverändert, so dass die Progredienz nicht unterbrochen wird. In den Leitlinien der Deutschen Urologen wird subsummiert, dass eine kontrollierte, validierte Langzeitbeobachtung mit ausreichender Patientenzahl fehlt.

Die Größenzunahme der BPH (= „statische“ Komponente der infravesikulären Obstruktion) wird zwar von den Alpha-Blockern ebenfalls nicht beeinflusst, aber aufgrund ihres Effekts auf die „dynamische“ Komponente der BPO sind sie bei kleineren Prostaten (< 40 ml) desobstruierend und symptomatisch wirksam [9]. Die Nebenwirkungen beschränken sich auf orthostatische Beschwerden und Ejakulationsstörungen bei einzelnen Patienten [8, 12].

Die dritte Substanzklasse zur Therapie des BPS sind die 5-Alpha-Reductase-Hemmer. Finasterid ist ein selektiver Hemmstoff der 5-α-Reductase Typ 2 und senkt die Umwandlung von Testosteron zu 5-α-Dihydrotestosteron, das sowohl die Prostataentwicklung als auch das Wachstum der Transitionalzone der Prostata steuert. Das zonale Wachstum ist die wichtigste Ursache der Blasenentleerungsstörung und bedingt das BPS. In einer Reihe von klinischen Studien wurde die klinische Wirksamkeit von Finasterid bewiesen; es verkleinert das Prostatavolumen um etwa 1/5 (= Besserung der statischen Komponente der benignen Prostataobstruktion). Die Symptome des unteren Harntrakts klingen signifikant ab, der maximale Harnfluss (Qmax) nimmt ab, langfristig fällt die Rate eines akuten Harnverhalts und die Notwendigkeit einer operativen Desobstruktion geht zurück [11].

Die häufigsten Nebenwirkungen sind Libido-Abnahme (5 %), Ejakulationsstörungen (1 %), erektile Dysfunktion (7 %) und Gynäkomastie (1 %) [11].

Dutasterid, ein Azasteroid, ist ein neuer 5-Alpha-Reductase-Hemmer zur Therapie des BPH-Syndroms. In Plazebo-kontrollierten Studien über zwei Jahre wurde bewiesen, dass das Prostatavolumen um etwa 26 % schrumpft [18]. Dutasterid hemmt die 5-α-Reductasen Typ 1 und Typ 2 in der Prostata (Abb. 1). Diese duale Hemmung der 5-α-Dihydrotestosteron-Bildung durch Dutasterid senkt dessen Serumspiegel bereits nach vier Wochen um > 90 % [7]. Demgegenüber vermag Finasterid den Serum-Dihydrotestosteron-Spiegel nur um 70 % zu senken, da durch das ungehemmte 5-α-Reductase-Isoenzym Typ 1 weiter Dihydrotestosteron gebildet werden kann (Escape-Phänomen) [5]. Die Wirkung auf beide 5-α-Reductasen korreliert mit einer deutlichen Abnahme der intraprostatischen Dihydrotestosteron-Konzentration. Dutasterid wurde in einem umfangreichen Studienprogramm untersucht.

Wirksamkeit von Dutasterid

In einer Dosis von 0,5 mg/Tag Dutasterid fällt der zirkulierende 5-α-Dihydrotestosteron-Spiegel um >90% (Tab. 1.) 2). Die Einnahme von 40 mg/Tag über sieben Tage und von 5 mg/Tag über sechs Monate war noch gut verträglich. In der therapeutischen Dosierung von 0,5 mg/Tag wird die Substanz primär über den Stuhl, renal zu < 0,1 % ausgeschieden. Die Halbwertzeit beträgt 3 bis 5 Wochen, etwa 60 % Dutasterid sind bioverfügbar. Im Plasma wird Dutasterid zum großen Teil an Albumin gebunden. Nach dem Absetzen von 0,5 mg/Tag lässt sich die Substanz bis zu 4 Monate im Ejakulat nachweisen (Angaben des Herstellers).

Klinisch wurde die Substanz in fünf Studien sorgfältig geprüft:

  • In drei parallelen Phase-III-A-Studien wurden 4 325 Patienten mit BPS rekrutiert und bis zu 24 Monate behandelt [18].
  • In einer Studie wurde Dutasterid 0,5 mg/Tag mit Finasterid 5 mg/Tag über ein Jahr verglichen [3].
  • In einer Phase-III-B-Studie wurde geprüft, ob nach 24-wöchiger Gabe von 0,5 mg Dutasterid plus 0,4 mg Tamsulosin pro Tag der Alpha-1-Blocker ohne Gefahr der Verschlechterung abgesetzt werden kann [4].

Alle Patienten, die an den fünf Studien teilnahmen, waren über 50 Jahre, hatten Symptome des unteren Harntrakts mit einem Zählwert von > 12 Punkten (American Urology Association Symptom Index, AUA-SI), eine BPH > 30 ml im transrektalen Ultraschall und einen PSA-Wert zwischen 1,5 bis 10 ng/ml. Details zum Design wie ein Monat Plazebo-„Run-in“, Ein- und Ausschlusskriterien sowie Abbrecher sind bei Roehrborn et al. [18], Andriole et al. [3] und Barkin et al. [4] wiedergegeben.

Phase-III-A-Studien

0,5 mg Dutasterid pro Tag senkte den Serum-Dihydrotestosteron-Spiegel nach einem Monat bei 58 % der Behandelten bereits um ≥ 90 % und bei 85 % der Behandelten nach 12 Monaten. Nach zwei Jahren fiel der Dihydrotestosteron-Spiegel durchschnittlich um 90,2 %, während er im Plazebo-Arm um 9,6 % stieg. Testosteron im Serum hingegen nahm im Verum-Arm um 24,5 % zu versus 5,4 % im Plazebo-Arm.

Die Symptome des unteren Harntrakts besserten sich in einer der drei Phase-III-A-Studien nach drei Monaten, in den beiden anderen nach sechs Monaten signifikant (Abb. 2). Die AUA-SI-Ausgangswerte waren in beiden Therapie-Armen vergleichbar: Plazebo 17,1 Punkte versus 17,0 Punkte Dutasterid. Der maximale Harnfluss stieg im Plazebo-Arm von 10,4 ml/s um 0,6, hingegen im Verum-Arm um 2,2 ml/s; bereits nach einem Monat war der Unterschied zugunsten des 4-Alpha-Reductase-Hemmers signifikant (Abb. 3). Diese Wirkung resultiert in einer Verkleinerung der gesamten Prostata. Bereits nach einem Monat reduzierte sich das Gesamtvolumen unter Dutasterid um 6,8 % (Abb. 4) und nach 24 Monaten um 25,7 %, während im Plazebo-Arm ein Anstieg um 1,7 % gemessen wurde. Das Volumen der Transitionalzone (vide supra) stieg unter Plazebo sogar um 12,4 %, fiel hingegen unter Dutasterid um 20,4 %.

Die Wirkung einer Behandlung auf den Patienten kann mit dem BPH-Impact-Index beschrieben werden, der die Beeinträchtigung des Patienten durch seine Symptome des unteren Harntrakts oder das BPS in Zahlen von 0 bis 14 Punkten übersetzt [15]. Nach sechsmonatiger Therapie mit Dutasterid fühlt sich der Behandelte im Vergleich zu Plazebo signifikant weniger gestört, das heißt, seine Lebensqualität steigt.
Da PSA einen verlässlichen Surrogat-Marker für das Prostatavolumen darstellt [16], fällt der Serumspiegel des PSA entsprechend der Prostatavolumen-Reduktion. Nach sechs Monaten fällt der Ausgangsspiegel um die Hälfte (Abb. 5). Daraus folgt, dass sich der reale PSA-Spiegel – zum Zweck des Screenings – aus der Verdopplung der unter Dutasterid-Therapie gemessenen Werte ergibt.

Der akute Harnverhalt ist für den Patienten mit BPH-Syndrom ein „traumatisches“ Erlebnis. In den Phase-III-A-Studien hatten 90 Patienten (4,2 %) im Plazebo-Arm und 39 Patienten (1,8 %) im Verum-Arm einen akuten Harnverhalt. Das relative Risiko beträgt 0,43. Dem entspricht eine Verminderung des Risikos um 57 % durch Dutasterid. Entsprechendes gilt für die Notwendigkeit einer operativen Therapie des BPS trotz medikamentöser Therapie. Auch beträgt das relative Risiko zugunsten von Plazebo 0,52, das heißt, das Risiko operiert werden zu müssen sinkt durch Dutasterid um 48 %.

Vergleich von Dutasterid und Finasterid

1 630 Patienten erhielten 0,5 mg Dutasterid oder 5 mg Finasterid am Tag über ein Jahr. Nummerisch war die Besserung des Qmax und des IPSS nach Dutasterid größer, aber der Unterschied war statistisch nicht signifikant.

Phase-III-B-Studie SMART-1 (Symptom management after reducing therapy, n = 327)

Nach 30 Wochen gaben 77 % der Patienten an, die 24 Wochen Dutasterid plus Tamsulosin und für 12 weitere Wochen Dutasterid allein erhielten, dass sie sich besser oder unverändert fühlten
(= primärer Studienendpunkt). Bei 93 % dieser Patienten hielt die Symptomenkontrolle bis zu 36 Wochen an. 91 % der Patienten mit Kombinationstherapie beantworteten dieselbe Frage nach 30 Wochen positiv. Von diesen wurde dieselbe Frage nach 36 Wochen von 96 % bejaht. 84 % der Patienten mit einem IPSS < 20 (= moderate Symptome der unteren Harnwege), die nach 24 Wochen nicht mit dem Alpha-1-Blocker weiterbehandelt wurden, empfanden keine Verschlechterung ihrer Symptome. Waren die Symptome des unteren Harntrakts hingegen zu Therapiebeginn ausgeprägt (IPSS ≥ 20), dann beklagten 42,5 % eine Verschlechterung ihrer Miktionsbeschwerden. Nach Absetzen des Alpha-1-Blockers in der 24. Woche resultierte eine temporäre Verschlechterung des IPSS (Gruppe Dutasterid/Tamsulosin 24 Wochen plus Dutasterid 12 Wochen) (Abb. 6). Eine Subgruppenanalyse machte deutlich, dass der Schweregrad des Ausgangs-IPSS maßgeblich war. Hieraus kann eventuell gefolgert werden, dass Patienten mit schweren Ausgangssymptomen von einer längeren Kombinationstherapie profitieren können.

Sicherheit und Verträglichkeit von Dutasterid

In den drei Phase-III-A-Studien waren die meisten Nebenwirkungen leicht bis mäßig und klangen im Allgemeinen unter fortdauernder Therapie mit Dutasterid oder Plazebo von selbst ab. Sexuelle Funktionsstörungen waren die häufigsten Nebenwirkungen (Tab. 2). Die überwiegende Mehrheit der Patienten berichtete nicht über unerwünschte Reaktionen: 89 % unter Dutasterid versus 94 % unter Plazebo. Nur zu Beginn war die sexuelle Dysfunktion unter Dutasterid häufiger, nach sechs Monaten waren die Unterschiede statistisch nicht mehr signifikant.

In der vergleichenden Studie mit Dutasterid versus Finasterid hatten 7 % mit Dutasterid und 8 % mit Finasterid eine erektile Dysfunktion. Einen Rückgang der Libido beklagten 5 % versus 6 %. Alle anderen unerwünschten Effekte traten bei etwa 1 % der Behandelten auf. Im direkten Vergleich unterscheidet sich die Verträglichkeit von Dutasterid damit nicht von der von Finasterid.

Klinisch-chemische Daten

Typ-1-5-α-Reductase wird außer in der Prostata in der Leber und der Haut gefunden. Leberfunktionstests (alkalische Phosphatase, Alanin, Aminotransferase und Gesamt-Bilirubin) waren sowohl mit Dutasterid als auch mit Plazebo in weniger als 1 % pathologisch erhöht. Auch im Direktvergleich zu Finasterid bestanden bei den klinisch-chemischen Messergebnissen keine Unterschiede. Eine Erhöhung des Blutzuckers um mehr als 1,75 x oberer Normalwert wurde mit Dutasterid und Plazebo zu je 3 % gefunden. In der vergleichenden Studie mit Dutasterid versus Finasterid wurde dieselbe Veränderung jeweils in weniger als 1 % der Fälle nachgewiesen.

Dihydrotestosteron- und Testosteron-Spiegel

Da die Umwandlung von Testosteron in das 5-α-Reduktionsprodukt durch die 5-Alpha-Reductase-Hemmer inhibiert wird, fällt der Serum-Dihydrotestosteron-Spiegel und steigt der Testosteron-Spiegel. Unter Dutasterid fiel der Dihydrotestosteron-Spiegel im Median um 93,4 %, unter Plazebo hingegen kam es zu einem Anstieg um 4,6 %. Der Serum-Testosteron-Spiegel stieg im Median um 19 %, aber unter Plazebo lediglich um 1,4 %. Bei keinem der Patienten unter Dutasterid-Therapie wurde die obere Normgrenze der Testosteron-Konzentration im Serum überschritten.

Prostata-spezifisches Antigen (PSA)

Dutasterid senkt die PSA-Konzentration im Serum um etwa 50 % – vergleichbar mit Finasterid. Der Quotient freies zu Gesamt-PSA ändert sich nicht. Dutasterid erniedrigt die Konzentration des Gesamt-PSA nach drei Monaten um etwa 40 % und nach 6, 12 und 24 Monaten um 50 %. Daher sollte nach der Dutasterid-Gabe – beginnend mit dem 6. Behandlungsmonat – ein neuer PSA-Basiswert niedergeschrieben werden, um möglicherweise Karzinom-bedingte PSA-Veränderungen zu erkennen. Der einzelne Gesamt-PSA-Wert muss lediglich mit 2 multipliziert werden, um den Bereich eines unbehandelten Patienten wiederzugeben. Demzufolge beeinträchtigt Dutasterid das Prostatakarzinom-Screening nicht.

Dutasterid plus temporäre Alpha-Blocker-Gabe

Die häufigsten Nebenwirkungen waren in beiden Behandlungsarmen Ejakulationsstörungen (Tab. 3). Aufgrund dieser Daten lässt sich feststellen, dass die Kombinationsbehandlung gut vertragen wurde. Darüber hinaus wurde die Arzneimittelsicherheit hinsichtlich der Knochendichte in der vergleichenden Studie zwischen Dutasterid und Finasterid überprüft. Im Vergleich zu den Ausgangswerten zeigten sich keine klinisch signifikanten Veränderungen der Knochendichte, noch der Knochenstoffwechselmarker. Außerdem wurde in den drei Phase-III-A-Studien geprüft, ob eine Arzneimittelinteraktion vorkommt. Dutasterid wird durch das Cytochrom-P450 Isoenzym CYP3A4 metabolisiert. In den drei großen Phase-III-Studien zeigte sich bei den unerwünschten Wirkungen, wenn gleichzeitig Agenzien gegeben wurden, die dieses Isoenzym hemmen – wie Diltiazem oder Erythromycin – kein Unterschied zwischen Dutasterid und Plazebo.

Die Kosten im Vergleich zeigt Tabelle 4.

Schlussfolgerung

Die fünf klinischen Studien, die etwa 6 000 Patienten mit BPS einschlossen, machen deutlich, dass Dutasterid in einer täglichen Gabe über einen Zeitraum bis zu zwei Jahren sehr gut vertragen wird. Die Verträglichkeit ist vergleichbar einem Plazebo mit Ausnahme einer leicht erhöhten Inzidenz von erektiler Dysfunktion und Libidoabnahme. Signifikante klinisch-chemische Veränderungen wurde genauso wenig gesehen wie signifikante Effekte auf die Knochendichte. In Kombination mit einem Alpha-1-Blocker zeigten sich keine klinisch signifikanten Wechselwirkung.

Literatur

1. Altwein JE, Aumüller G, Berges R, et al. Leitlinie der Deutschen Urologen zur Therapie des BPH-Syndroms. Urologe A 1999;38:529–36.

2. Anderson JB, Roehrborn CG, Schalken JA, et al. The progression of BPH: Examining the evidence and determining the risk. Eur Urol 2001;39:390–9.

3. Andriole GL, Kirby R. Safety and tolerability of the dual 5-α reductase inhibitor dutasteride in the treatment of BPH. Eur Urol 2003;44:82–8.

4. Barkin J, Guimaraes M, Jacobi G, et al. α-Blocker therapy can be withdrawn in the majority of men following initial combination therapy with the dual 5-α reductase inhibitor dutasteride. Eur Urol 2003;44:461–6.

5. Bartsch G, Rittmaster RS, Klocker H. Dihydrotestosteron and the concept of 5-α reductase inhibition in human benign prostatic hyperplasia. Eur Urol 2000;37:367–80.

6. Berges RR, Windeler J, Trampisch HJ, et al. Randomised, placebo-controlled, double-blind clinical trial of ß-sitosterol in patients with BPH. Lancet 1995;345:1529–32.

7. Clark R, Hermann D, Gabriel H, et al. Effective suppression of dihydrotestosterone (DHT) by GI98745, a novel dual 5-α reductase inhibitor. J Urol 1999;161:268.

8. Debruyne FM, van der Poel HG. Clinical experience in Europe with uroselective α-1 antagonists. Eur Urol 1999;36(suppl 1):
54–8.

9. Djavan B, Marberger M. A metaanalysis on the efficacy and tolerability of α1-adrenoceptor antagonists in patients with LUTS suggestive of BPH obstruction. Eur Urol 1999;36:1–13.

10. Garraway WM, Russell EB, Lee RJ, et al. Impact of previously unrecognized benign prostatic hyperplasia on the daily activities of middle-aged and elderly men. Br J Gen Pract 1993;43:318–21.

11. Gormley G. The effect of finasteride in men with BPH. J Urol 2002;167:557–63.

12. Larson TR. Current treatment options for BPH and their impact on sexual function. Urology 2003;61:692–8.

13. Meigs JB, Barry MJ, Giovannucci E, et al. Incidence rates and risk factors for acute urinary retention: The Health Professionals Follow-up Study. J Urol 1999;162:376–82.

14. Roberts RO, Jacobsen SJ, Jacobsen DJ, et al. Longitudinal changes in peak urinary flow rates in a community based cohort. J Urol 2000;163:107–13.

15. Roehrborn CG. Treatment outcomes and their interpretation in BPH. In: Kirby R, et al. (Hrsg.) Textbook of BPH. Oxford: ISIS Medical Media, 1996:473–506.

16. Roehrborn CG, Boyle P, Gould AL, et al. Serum PSA is a reliable surrogate for prostate volume. Urology 1999;53:581–9.

17. Roehrborn CG, McConnel J, Bonilla J, et al. Serum PSA is a strong predictor of future prostate growth in men with BPH. J Urol 2000;163:13–20.

18. Roehrborn CG, Boyle P, Curtis Nickel J, et al. Efficacy and safety of a dual inhibitor of 5-α reductase types 1 and 2 (dutasteride) in men with BPH. Urology 2002;60:434–41.


Prof. Dr. med. Jens E. Altwein, Urologische Abteilung, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, Romanstr. 93, 80639 München

Abb. 1. Wirkungsprinzip von Dutasterid, das 5-α-Reductase Typ 1 und 2 hemmt

Tab. 1. Serum-Dihydrotestosteron (DHT) nach 24 Wochen [nach 3]

Dutasterid 0,5 mg
(n = 48)

Finasterid 5 mg
(n = 45)

≥ 90 % DHT-
Reduktion

41 (85,4 %)

1 (2,2 %)

≥ 70 % DHT-
Reduktion

48 (100 %)

22 (49 %)

Abb. 2. Besserung AUA-SI (American Urology Association Symptom Index) unter Dutasterid und Plazebo. Nach sechsmonatiger Behandlung ist die Differenz signifikant [nach 18]

Abb. 3. Zunahme des maximalen Harnflusses (Qmax) unter Dutasterid und Plazebo. Bereits nach einmonatiger Behandlung mit Dutasterid ist der Unterschied signifikant [nach 18].

Abb. 4. Abnahme des Prostatavolumens unter Dutasterid und Plazebo.

Abb. 5. Abfall des Serum-PSA-Spiegels unter Dutasterid

Abb. 6. Besserung des IPSS (Internationaler Prostata-Symptom-Score) mit Dutasterid plus Tamsulosin über 36 Wochen versus Dutasterid plus Tamsulosin über 24 Wochen plus Dutasterid allein über weitere 12 Wochen (IPSS = [nach 4]

Tab. 2. Medikamentös bedingte Nebenwirkungen mit Dutasterid versus Plazebo
[nach 3]

Plazebo (n = 2 158)

[%]

Dutasterid (n = 2 167)

[%]

Studienmonate

0–6

7–12

13–18

19–24

0–6

7–12

13–18

19–24

Gynäkomastie

0,2

0,3

0,3

0,1

0,5

0,8

1,1

0,6

Erektile Dysfunktion

1,7

1,5

0,5

0,9

4,7

1,4

1,0

0,8

Libidoverlust

1,4

0,6

0,2

0,0

3,0

0,7

0,3

0,3

Ejakulationsstörungen

0,5

0,3

0,1

0,0

1,4

0,5

0,5

0,1

Tab. 3. Häufigste unerwünschte Ereignisse mit Dutasterid plus Tamsulosin über 36 Wochen (DT 36) und mit Dutasterid plus Tamsulosin über 24 Wochen, dann Dutasterid über 12 Wochen allein (DT24 + D12): Keine signifikanten Unterschiede

DT 36 (n = 164) [%]

DT 24 + D12 (n = 163) [%]

Unerwünschte Ereignisse bis zur 24. Woche (≤ 5 % in beiden Behandlungsgruppen)

Ejakulationsstörungen

7

7

Verminderte Libido

4

6

Impotenz

5

2

Unwohlsein und Müdigkeit

6

2

Unerwünschte Ereignisse 24. bis 36. Woche (≤ 2 % in beiden Behandlungsgruppen)

Dysurie

2

2

Häufiges Wasserlassen

1

2

Harnwegsinfekte

2

Ejakulationsstörungen

1

2

Muskelschmerzen

2

2

Virusinfektion

2

2

Tab. 4. Kostenvergleich der „prostatotropen“ chemisch definierten Medikamente
(Packungsgröße N1)

Substanzgruppe

INN (Handelsname® – Beispiel)


[]

Alpha-1-Blocker

Alfuzosin (Uroxatral uno 10 mg)

Doxazosin (Cardular Uro pp 4 mg)

Terazosin (Flotrin Uro 5 mg)

Tamsulosin (Alna 0,4 mg)

1,32

0,99

1,13

1,02

5-α-Reductase-Hemmer

Finasterid (Proscar 5 mg)

Dutasterid (Avodart 0,5 mg)

1,99

1,82

Arzneimitteltherapie 2004; 22(06)