Primäre und sekundäre Thromboseprophylaxe

Neues orales Antikoagulans Ximelagatran


Dr. Barbara Kreutzkamp, München

Der orale Thrombin-Hemmer Ximelagatran hat sich in der postoperativen Thromboseprophylaxe Warfarin als überlegen erwiesen und wurde in der Langzeit-Sekundärprophylaxe bei sehr guter Wirksamkeit ohne erhöhtes Blutungsrisiko insgesamt gut vertragen.

Mit Ximelagatran (vorgesehener Handelsname Exanta®) steht ein neues orales Antikoagulans für die Prophylaxe und Therapie der Thromboembolie zur Verfügung. Ximelagatran hat eine orale Bioverfügbarkeit von 20 % und wird im Organismus rasch in seine aktive Form Melagatran überführt. Melagatran ist ein reversibler direkter Thrombin-Hemmer mit einer stabilen und reproduzierbaren Pharmakokinetik. Interaktionen mit Nahrungsmitteln oder Cytochrom-P450-metabolisierten Substanzen treten nicht auf. In zwei neuen Studien wurden Kurz- und Langzeitnutzen in der Primär- und Sekundärprophylaxe untersucht.

In der doppelblinden, randomisierten Studie von Francis et al. wurde die Thromboembolie-prophylaktische Wirksamkeit nach Kniegelenkersatz von Ximelagatran mit der von Warfarin (Coumadin®) verglichen. Aufgrund seines langsameren Wirkungseintritts wurde der Vitamin-K-Antagonist Warfarin bereits am Abend des Operationstags gegeben, Ximelagatran ab dem nächsten Morgen in einer zweimal täglichen Dosierung von 24 oder 36 mg. Die Prophylaxe dauerte zwischen sieben und zwölf Tagen.

Bei den 1 851 ausgewerteten Patienten erwies sich die orale Gabe von 36 mg Ximelagatran zweimal täglich der Warfarin-Gabe beim primären kombinierten Studienendpunkt aus Thromboembolie und Gesamtmortalität überlegen (20,3 % vs. 27,6 %, p = 0,003). Bei den Blutungen – der wichtigsten Nebenwirkung – bestand kein Unterschied, weder bei den „großen“ Blutungen mit größerem Blutverlust und an wichtigen Organen (Inzidenz 0,8 % bzw. 0,7 %) noch bei den „kleineren“ Blutungen vor allem im Operationsbereich und bei den Wundheilungscharakteristika. Auch beim sekundären kombinierten Endpunkt, Auftreten einer proximalen tiefen Venenthrombose, Lungenembolie und Tod, bestand kein Unterschied (2,7 % vs. 4,1 %, p = 0,17).

Sekundärprophylaxe über 18 Monate

In der Studie von Schulman et al. stand die Wirksamkeit und Verträglichkeit einer Langzeitprophylaxe mit Ximelagatran im Mittelpunkt. Eine antikoagulative Sekundärprophylaxe nach durchgemachter Thromboembolie mit Warfarin wird in der Regel nicht länger als 6 Monate durchgeführt, da das Blutungsrisiko den möglichen prophylaktischen Nutzen aufwiegt.

In die aktuelle doppelblinde, Plazebo-kontrollierte Studie wurden nun 1 233 Patienten mit einer venösen Thromboembolie einbezogen, die über 18 Monate entweder mit zweimal täglich 24 mg Ximelagatran oder Plazebo prophylaktisch behandelt wurden.

Beim primären Studienendpunkt, dem Auftreten einer erneuten venösen Thromboembolie, ergab sich ein hochsignifikanter Nutzen für den Thrombin-Hemmer gegenüber Plazebo (12 Patienten vs. 71 Patienten, p < 0,001, Abb. 1).

Blutungen traten bei 134 und 111 Patienten auf, der Unterschied war nicht signifikant. Ein hochsignifikanter Unterschied ergab sich allerdings bei der Erhöhung der GPT-Werte (6,4 % vs. 1,2 %, p<0,001). Der Anstieg war allerdings nur vorübergehend und nicht mit einer verschlechterten Leberfunktion assoziiert.

Leberwerte kontrollieren

Bei Ximelagatran überzeugt vor allem der entfallende Zwang zur engmaschigen Therapiekontrolle. Nachgegangen werden sollte aber dem unter der Langzeitprophylaxe beobachteten Anstieg der Leberwerte, der immerhin bei einem von 16 Patienten auftrat. Obwohl er nur vorübergehend war, verdient er nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre mit Medikamenten-Neueinführungen doch erhöhte Aufmerksamkeit.

Quellen

Francis CW, et al. Comparison of ximelagatran with warfarin for the prevention of venous thromboembolism after total knee replacement. N Engl J Med 2003;349:1703–12.

Schulman S, et al. Secondary prevention of venous thromboembolism with the oral direct thrombin inhibitor ximelagatran. N Engl J Med 2003;349:1713–21.

Shapiro SS. Treating thrombosis in the 21st century. N Engl J Med 2003;349:1762–4.

Abb. 1. Erneutes thromboembolisches Ereignis während Sekundärprophylaxe mit Ximelagatran versus Plazebo

Arzneimitteltherapie 2004; 22(06)