Dr. Barbara Bornkessel, Bremen
Seit Anfang der 90er Jahre werden auf Intensivstationen zunehmend Pilze als Infektionserreger nachgewiesen. Dabei fällt eine Verschiebung im Erregerspektrum auf: Neben Candida albicans, dem weiterhin wichtigsten Erreger, werden vermehrt Non-albicans-Spezies festgestellt, die wie C. glabrata und C. krusei häufig eine verringerte Empfindlichkeit gegenüber Fluconazol aufweisen.
Obwohl Fluconazol-resistente Non-albicans-Stämme ebenso wie Aspergillen auf Amphotericin B und Voriconazol gut ansprechen, ist die Prognose bei invasiven Mykosen unverändert schlecht: Bei Candida-Sepsis beträgt die Letalität ungefähr 50 %, bei invasiven Aspergillosen bis zu 90 %. Zurückgeführt wird dies unter anderem auf Probleme bei der Diagnostik: So kann bei Intensivpatienten nicht immer rechtzeitig zwischen Kolonisierung und Infektion unterschieden werden. Vor allem im frühen Krankheitsstadium müssen daher viele Patienten empirisch behandelt werden. Eine inadäquate Therapie ist hier, ähnlich wie bei schweren bakteriellen Infektionen, mit einer hohen Letalität assoziiert.
Aber auch bei bekanntem Erreger verläuft die Therapie oft unbefriedigend. Verantwortlich hierfür sind die bei Intensivpatienten häufigen Einschränkungen. So kann Amphotericin B wegen seiner Organtoxizität bei vielen Patienten mit Störungen wichtiger Organfunktionen nicht eingesetzt werden. Voriconazol ist gut verträglich, der Nutzen auf der Intensivstation wird aber wegen des CYP3A4-Metabolismus durch das Risiko für Interaktionen eingeschränkt, da viele der auf Intensivstationen eingesetzten Arzneimittel über dieses Cytochrom-P450-Isoenzym metabolisiert werden.
Wichtiger werden daher Antimykotika, die eine gute antimykotische Aktivität zeigen, gut verträglich sind und unabhängig vom Cytochrom-P450-System verstoffwechselt werden. Caspofungin wirkt gut gegen klinisch relevante Aspergillus- und Candida-Spezies, wobei auch Non-albicans-Arten und Fluconazol-resistente Stämme erfasst werden. Zugelassen ist Caspofungin zur Behandlung einer invasiven Candidiasis bei nicht-neutropenischen Patienten sowie zur Therapie einer invasiven Aspergillose bei Erwachsenen, die auf Amphotericin B, Lipidformulierungen von Amphotericin B und/oder Itraconazol nicht ansprechen oder diese nicht vertragen.
Die gute Verträglichkeit des Antimykotikums wird darauf zurückgeführt, dass Caspofungin mit β-(1,3)-d-Glucan selektiv die Synthese eines Zellwand-Bausteins der Pilzzelle hemmt, der beim Menschen nicht vorkommt. Cytochrom-P450-abhängige Enzyme werden durch Caspofungin weder induziert noch gehemmt. Mit anderen Antimykotika, wie Amphotericin B oder Itraconazol, bestehen keine Interaktionen. Dagegen wurde bei gleichzeitiger Behandlung mit Tacrolimus eine Abnahme der Tacrolimus-Talspiegel gemessen. Die gleichzeitige Behandlung mit Ciclosporin wird wegen der unzureichenden Datenlage nur unter sorgfältiger Abwägung der Nutzen und Risiken empfohlen.
Quelle
Prof. Dr. med. Eckhard Müller, Bochum, Prof. Dr. med. Arne Rodloff, Leipzig, Priv.-Doz. Dr. med. Frank Michael Müller, Heidelberg, Prof. Dr. med. Udo Kaisers, Berlin. Satellitensymposium „Pilze auf der Intensivstation“, veranstaltet von MSD Sharp & Dohme GmbH im Rahmen des 14. Symposiums Intensivmedizin + Intensivpflege, Bremen, 18. Februar 2004.
Arzneimitteltherapie 2004; 22(08)