Dr. med. Peter Stiefelhagen,Hachenburg
Bei den Non-Hodgkin-Lymphomen werden zwei prognostisch unterschiedliche Subtypen unterschieden:
- Hochmaligne aggressive Lymphome, z. B. diffuses großzelliges Non-Hodgkin-Lymphom
- Indolente, niedrigmaligne follikuläre Lymphome
Die hochmalignen Lymphome schreiten unbehandelt rasch fort. Eine Heilung durch zytostatische Chemotherapie kann bei 30 bis 50 % der Patienten erreicht werden. Dagegen haben Patienten mit einem indolenten niedrigmalignen Lymphom unbehandelt eine Lebenserwartung von median 8 bis 10 Jahren. Bei ihnen kann die Erkrankung durch eine zytostatische Chemotherapie zwar nicht geheilt werden, sie führt jedoch zu Remissionen, deren Dauer mit der Zeit allerdings abnimmt. Eine besondere Entität mit sehr schlechter Prognose ist das Mantelzell-Lymphom.
Diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom
Die früher gültige Standardtherapie bei dieser Tumorentität war die konventionelle zytostatische Chemotherapie nach dem CHOP-Schema – Cyclophosphamid (Endoxan®), Doxorubicin (Adriblastin®), Vincristin (Vincristin Bristol®), Prednison (Decortin®) – über 6 Zyklen (CHOEP-Schema: plus Etoposid [z. B. Exitop®]). Im Rahmen der MInT-Studie (MabThera® International Trial Group) wurde bei 823 Patienten mit einem diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom mit günstiger Prognose das CHOP-Schema mit der Kombination aus Rituximab (MabThera®) plus CHOP-Schema verglichen. Während allein mit dem CHOP-Schema nach 2 Jahren 68 % der Patienten eine komplette und 15 % eine partielle Remission erreichten, kamen mit der Kombination Rituximab plus CHOP-Schema 86 % der Patienten in eine Vollremission und 5 % in eine Teilremission. Auch in der Wirkung auf das progressionsfreie und das ereignisfreie Überleben erwies sich die Kombination mit Rituximab der alleinigen zytostatischen Chemotherapie überlegen.
In einer weiteren Studie (GELA-LNH 98.5) wurde bei älteren Patienten (60 bis 80 Jahre) die alleinige zytostatische Chemotherapie (8 Zyklen CHOP-Schema [21 = dreiwöchig]) mit der Kombination CHOP-Schema plus Rituximab verglichen. Durch die zusätzliche Gabe des monoklonalen Antikörpers konnte innerhalb von 5 Jahren das ereignisfreie Überleben von 29 % auf 47 % und das Gesamtüberleben von 45% auf 58 % gesteigert werden. Der Behandlungsvorteil zeigte sich in allen Risikogruppen.
Auch in der Rezidivtherapie zeigte Rituximab einen günstigen Effekt, aber nur dann, wenn die Patienten primär nur mit CHOP-Schema ohne Rituximab behandelt worden waren. Das ereignisfreie Überleben stieg bei diesen Patienten unter der Therapie mit Rituximab von 24 % auf 58 %. Dagegen zeigten Patienten, die primär mit der Kombination CHOP-Schema plus Rituximab behandelt worden waren und jetzt ein Rezidiv entwickelten, keinen Behandlungserfolg unter der zusätzlichen Gabe des monoklonalen Antikörpers.
Eine neue therapeutische Option bei rezidivierenden diffusen großzelligen B-Zell-Lymphomen sind radioaktiv markierte Antikörper wie Ibritumomab Tiuxetan (Zevalin®). Die Therapie mit diesem Antikörper zeigte ebenso nur bei solchen Patienten eine signifikante Wirkung (Gesamtansprechrate 52 %), die primär nicht mit Rituximab behandelt wurden.
Follikuläres Non-Hodgkin-Lymphom
Auch beim follikulären Non-Hodgkin-Lymphom wurde Rituximab beispielsweise im Rahmen der GLSG-Hochdosis-Studie bei Patienten (< 60 Jahre) in Kombination mit dem CHOP-Schema eingesetzt und mit der alleinigen CHOP-Schema-Therapie verglichen. Die Kombinationstherapie-Gruppe zeigte in der Überlebensrate und im tumorfreien Intervall bessere Ergebnisse. Gleiches gilt, wenn Rituximab zusätzlich zu dem Regime MCP – Mitoxantron (Novantron®), Chlorambucil (Leukeran®), Prednisolon (Decortin®H) – gegeben wird. Hier lag die Ansprechrate mit Rituximab bei 92 %, ohne Rituximab dagegen nur bei 75 %. Unter der Kombination erreichten 49 % der Patienten eine komplette Remission gegenüber 25 % bei alleiniger zytostatischer Chemotherapie. Nach 30 Monaten lebten in der Rituximab-Gruppe noch 89 % der Patienten, in der MCP-Gruppe nur 75 %.
Mantelzell-Lymphom
Das Mantelzell-Lymphom ist durch seine schlechte Prognose, eine hohe Inzidenz eines initialen Leber-Milz-und/oder Knochemmarkbefalls und eine relative Chemoresistenz charakterisiert. Die mediane Überlebenszeit betroffener Patienten beträgt 2,5 Jahre. In fortgeschrittenen Stadien wird meist eine zytostatische Chemotherapie nach dem CHOP-Schema durchgeführt.
Jetzt wurden im Rahmen einer Studie bei jüngeren Patienten (< 65 Jahre) zwei Therapiestrategien miteinander verglichen. Die Hälfte der Patienten erhielt 2 Zyklen CHOP-Schema, gefolgt von einer Erhaltungstherapie mit Interferon alfa (z. B. Intron A®). Die andere Hälfte der Patienten wurde mit zytostatischer Chemotherapie nach dem DexaBEAM-Schema – Dexamethason (Fortecortin®), Carmustin (Carmubris®), Etoposid (Vepesid®), Cytarabin (Alexan®), Melphalan (Alkeran®) – gefolgt von Cyclophosphamid zusammen mit einer autologen Stammzelltransplantation behandelt. Während in der Interferon-alfa-Gruppe 62 % der Patienten eine partielle und 37 % eine komplette Remission zeigten, konnten in der Stammzelltransplantation-Gruppe 81 % der Patienten eine komplette und 17 % eine partielle Remission erreichen.
Bei der Erstdiagnose eines Mantelzell-Non-Hodgkin-Lymphoms empfiehlt sich bei Patienten (< 65 Jahre) eine Therapie mit Rituximab plus CHOP-Schema über 6 Zyklen oder Rituximab plus CHOP- und DHAP-Schema – Dexamethason, Cytarabin, Cisplatin (Platinex®Lösung) – und bei Auftreten eines Rezidivs eine Hochdosis-Chemotherapie mit autologer Stammzelltransplantation. Bei älteren Patienten (> 65 Jahre) werden 8 Zyklen Rituximab plus CHOP-Schema empfohlen, eine Alternative ist die Behandlung mit 6 Zyklen Rituximab plus Fludarabinphosphat (Fludara®)/Cyclophosphamid mit evetuell anschließender Konsolidierungstherapie mit Interferon-alfa oder Rituximab (Abb. 1).
Quelle
Priv.-Doz. Dr. M. Reiser, Köln, Post-Meeting der Jahrestagung 2004 der American Society of Hematology (ASH) in San Diego, „Breaking News“, Non-Hodgkin-Lymphome, Köln, 2. Februar 2005.

Abb. 1. Therapieempfehlungen nach Erstdiagnose eines Mantelzell-Non-Hodgkin-Lymphoms (Erläuterungen im Text)
Arzneimitteltherapie 2005; 23(08)