Rainer Maag und Ralf Baron, Kiel

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Neuropathische Schmerzen entstehen nach einer Schädigung nozizeptiver Systeme in der Peripherie oder im zentralen Nervensystem. Hierzu gehören mechanische, metabolische, toxische und entzündliche Verletzungen. Typische Beispiele sind die postzosterische Neuralgie, Schmerzen bei Polyneuropathien, insbesondere bei der diabetischen Polyneuropathie, Schmerzen nach mechanischen Nervenläsionen (posttraumatische Neuropathie), komplexe regionale Schmerzsyndrome (CRPS, früher: sympathische Reflexdystrophie, Kausalgie) und zentrale Schmerzen, zum Beispiel nach ischämischen Hirninfarkten, Rückenmarksverletzungen oder bei der multiplen Sklerose. Auch andere Schmerzsyndrome sind häufig durch eine neuropathische Schmerzkomponente charakterisiert (z. B. chronische Lumboischialgien, [1]). Klinisch beschreiben die Patienten häufig Spontanschmerzen von brennendem Charakter, einschießende Schmerzattacken und typischerweise äußerst unangenehme evozierte Schmerzen (Hyperalgesie und/oder Allodynie) [2].
Die pharmakologische Behandlung der ätiologisch unterschiedlichen schmerzhaften Neuropathien unterscheidet sich nicht grundsätzlich. Bei neuropathischen Schmerzen sind nichtopioide Analgetika (NSAR, Paracetamol und Metamizol) nur wenig wirksam. Demgegenüber sind neuropathische Schmerzen bei über 50 % der Betroffenen opioidsensibel [6]. Eine Wirksamkeit bei neuropathischen Schmerzsyndromen konnte in zahlreichen Studien auch für Antikonvulsiva (z. B. Pregabalin) und trizyklische Antidepressiva nachgewiesen werden [3–5]. Diese so genannten Koanalgetika haben bei Gesunden keine unmittelbare analgetische Potenz. Nur bei durch die Verletzung veränderten Neuronen (z. B. infolge einer Expression von Ionenkanälen) entwickeln sie ihre Wirkung. Die meisten Koanalgetika haben einen verzögerten Wirkungseintritt; nicht so Pregabalin, bei dem die Wirkung bereits innerhalb der ersten Behandlungswoche eintritt.
Einige allgemeine Regeln sollten in der Therapie neuropathischer Schmerzen beachtet werden. Unverzichtbar ist die Information an die Patienten, dass mit den Antidepressiva oder Antikonvulsiva keine Depression oder Epilepsie behandelt werden soll, sondern dass diese Substanzen eigene analgetische Wirkungen besitzen. Beim Einsatz von Opioiden ist eine eingehende Aufklärung über den Mythos Morphin mit all seinen positiven und negativen Seiten für den Erhalt der Compliance wertvoll und notwendig. Für die jeweilige pharmakologische Option sollte eine adäquate Therapiedauer von mindestens 2 bis 4 Wochen beachtet werden.
Als realistische Therapieziele bei neuropathischen Schmerzen sind in der Regel anzustreben:
- Schmerzreduktion um > 30 bis 50 %
- Verbesserung der Schlafqualität
- Erhaltung der sozialen Aktivität und des sozialen Beziehungsgefüges
- Erhaltung der Arbeitsfähigkeit
Die Eckpunkte müssen mit den Patienten eindeutig erörtert werden, um zu hoch gesteckte Ziele und damit Enttäuschungen schon im Vorfeld zu vermeiden.
Pregabalin – ein neues Schmerzmittel mit Wirkung auf neuronale Ca2+-Kanäle
Wirkungsmechanismus
Pregabalin entfaltet seine Wirkung nicht, wie zunächst vermutet, im GABA-ergen System. Tierexperimentelle Studien legen nahe, dass es auf neuronale Ca2+-Kanäle wirkt [7, 8]. Es bindet selektiv und mit hoher Affinität an die α2-δ-Untereinheit der spannungsabhängigen Ca2+-Kanäle, hauptsächlich an den Endigungen der primär afferenten Nozizeptoren im Rückenmark, und moduliert so den Calciumionen-Einstrom in die Nervenzellendigung (Abb. 1). Bei einer pathologischen Sensibilisierung der primär afferenten Nozizeptoren, wie es bei neuropathischen Schmerzsyndromen typisch ist, führt der verminderte Calciumionen-Einstrom zu einer reduzierten Freisetzung exzitatorischer Transmitter (z. B. der erregenden Aminosäure Glutaminsäure und von Substanz P) und damit zu einer Abschwächung der Übererregung.
Pregabalin ist in verschiedenen tierexperimentellen Modellen des neuropathischen Schmerzes wirksam. Interessanterweise wird gerade das α2-δ-Protein im Spinalganglion und im Hinterhorn des Rückenmarks bei diesen Tieren nach der Nervenläsion hochreguliert. Darüber hinaus zeigen genetisch manipulierte Ratten, bei denen eine Bindung von Pregabalin an das α2-δ-Protein unmöglich ist, keine analgetische Wirkung nach Pregabalin-Gabe.
Pharmakokinetik
Der maximale Plasmaspiegel von Pregabalin wird innerhalb von 1 Stunde erreicht. Die orale Bioverfügbarkeit beträgt ≥ 90 % und ist dosisunabhängig. Die Halbwertszeit beträgt etwa 6 Stunden.
Pregabalin wird beim Menschen nur sehr wenig metabolisiert, es wird zu 99 % unverändert ausgeschieden, überwiegend renal. Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion oder während der Hämodialyse ist eine Reduktion der Pregabalin-Dosis erforderlich. Bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion ist dagegen keine Dosisanpassung notwendig.
In vitro wird der Metabolismus anderer Medikamente nicht beeinflusst. Pregabalin bindet nicht an Plasmaproteine.
Die Pharmakokinetik von Pregabalin ist im empfohlenen Dosisbereich von 150 bis 600 mg/Tag linear. Die interindividuelle pharmakokinetische Variabilität ist gering. Die Substanz ist damit gut steuerbar. Es besteht keine Notwendigkeit für routinemäßige Kontrollen des Pregabalin-Plasmaspiegels.
Kontrollierte Studien
Kontrollierte Studien (feste und flexible Dosierung) mit großen Fallzahlen (insgesamt 2 750 Patienten) liegen für die diabetische schmerzhafte Polyneuropathie und die postzosterische Neuralgie vor. Zwei der insgesamt zehn durchgeführten Studien ergaben keine signifikanten Ergebnisse beim Endpunkt Schmerzreduktion, die übrigen acht Studien waren positiv. Fünf Studien sind zum jetzigen Zeitpunkt in Peer-reviewed-Zeitschriften publiziert [9–13].
In zwei dieser Studien [9, 12] wurden Patienten mit diabetischer schmerzhafter Neuropathie, in zwei Studien [10, 11] Patienten mit postherpetischer Neuralgie und in einer Studie [13] Patienten mit beiden neuropathischen Schmerzsyndromen untersucht.
Im Fall der postherpetischen Neuralgie musste die Symptomatik für mindestens drei Monate bestehen, bei diabetischer schmerzhafter Neuropathie für mindestens ein Jahr, desweiteren musste die Durchschnitts-Schmerzintenität pro Woche mindestens vier Punkte auf der numerischen Analogskala betragen. Es waren Patienten-Fallzahlen von 146 bis 338 erreicht worden und die Studien dauerten fünf [12], acht [9–11] und zwölf [13] Wochen. Pregabalin wurde in Dosierungen von 150 mg/Tag, 300 mg/Tag, 450 mg/Tag und 600 mg/Tag appliziert. Primäre Zielsetzung in allen Studien war die Untersuchung der erreichten Schmerzreduktion unter Therapie mit Pregabalin versus Plazebo. Des Weiteren wurde die Verträglichkeit von Pregabalin erfasst sowie der Einfluss auf Lebensqualität, Stimmung und Schmerz-assoziierte Schlafstörungen gemessen.
Die gepoolten Ergebnisse zeigen im Mittel eine im Vergleich zu Plazebo hochsignifikante Abnahme der Schmerzintensität von 3 Punkten auf der Schmerzskala von 0 bis 10 (Plazebo-Gruppe Reduktion von 0,8 bis 1,4). Für 60 % der Patienten war das Ergebnis als klinisch relevant anzusehen (> 30 % Schmerzreduktion vom Ausgangswert) [14].
Neben der analgetischen Potenz hat Pregabalin eine breite Wirkung auf verschiedene Komorbiditäten, insbesondere auf die Schmerz-assoziierten Schlafstörungen. Dieses führte zu einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität. Studien zur Schlafarchitektur bei Gesunden haben gezeigt, dass die erholenden Tiefschlafphasen III und IV signifikant verlängert werden. Wichtig ist, dass die Wirkung von Pregabalin bereits innerhalb der ersten Woche nach Therapiebeginn eintrat und ohne Toleranzentwicklung über die gesamte Studiendauer anhielt.
In einer offenen Anschlussstudie bei Patienten mit diabetischer Polyneuropathie und postherpetischer Neuralgie konnte eine anhaltende gleichbleibende analgetische Wirkung von Pregabalin über 1 Jahr dokumentiert werden, ohne dass die Dosierung erhöht werden musste.
Klinischer Einsatz
Indikation
Derzeit ist Pregabalin zur Behandlung von peripheren neuropathischen Schmerzen im Erwachsenenalter sowie als Zusatztherapie von partiellen Anfällen mit und ohne sekundäre Generalisierung im Erwachsenenalter zugelassen.
Dosierung
Die Dosis beträgt zwischen 150 mg/Tag und 600 mg/Tag, verabreicht in zwei oder drei Einzeldosen. Pregabalin kann während oder zwischen den Mahlzeiten eingenommen werden. Die Dosierungsangaben beziehen sich auf Erwachsene. Erfahrungen mit Pregabalin bei Kindern oder Jugendlichen liegen zurzeit noch nicht vor. Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion muss die Dosis in Abhägigkeit von der Creatinin-Clearance angepasst werden.
Zur Behandlung peripherer neuropathischer Schmerzen wird die tägliche Dosis mit 150 mg begonnen. Nach 7 Tagen kann abhängig vom Ansprechen und der individuellen Verträglichkeit auf 300 mg/Tag erhöht werden. Nach weiteren 7 Tagen kann auf die Höchstdosis von 600 mg/Tag gesteigert werden.
Diese Dosissteigerungen haben sich auch im bisherigen klinischen Einsatz bewährt; lediglich bei Patienten im fortgeschrittenen Alter ist in Einzelfällen eine langsamere Aufdosierung mit einer initialen Tagesdosis von 75 mg und einer wöchentlichen Dosissteigerung um 75 mg/Tag zur Vermeidung von Nebenwirkungen, insbesondere Gangunsicherheit, notwendig gewesen.
Nebenwirkungen und Kontraindikationen
In tierexperimentellen Studien verursachte Pregabalin in hohen Dosen eine Ataxie und in sehr hohen Dosen und bei Langzeitanwendung kam es bei Ratten zu einer erhöhten Inzidenz einer retinalen Atrophie. Neonataler Tod trat bei Ratten bei Dosen von > 250 mg/kg Körpergewicht auf.
Pregabalin zeigte bei Mäusen, Ratten und Kaninchen keine teratogene Potenz. Durch zahlreiche Untersuchungen in vitro und in vivo wurde eine Genotoxizität widerlegt. Dennoch zeigte sich in zweijährigen Kanzerogenitätsstudien mit deutlich über dem therapeutischen Bereich liegenden Dosierungen eine erhöhte Inzidenz von Hämangiosarkomen bei Mäusen, für die eine entsprechende Prädisposition beschrieben ist. Grundsätzlich sind beim Auftreten von Hämangiosarkomen bei Mäusen ein pH-Anstieg, erhöhte Konzentrationen von endothelialen Wachstumsfaktoren intra- und extravasal und eine Aktivierung von Thrombozyten nachweisbar gewesen, aufgrund des zeitlichen Ablaufs liegt ein kausaler Zusammenhang dieser Veränderungen und der Entstehung von Hämangiosarkomen nahe. Pathophysiologisch ist dies am ehesten im Rahmen einer initialen respiratorischen Azidose bei medikamenteninduzierter Atemdepression und anschließender metabolischer Überkompensation zu erklären. Die daraus resultierende relative chronische metabolische Alkalose scheint für die Entstehung von Hämangiosarkomen ursächlich zu sein. Bei Affen und Ratten kam es unter ebenfalls kanzerogenen Dosierungen nicht zum Auftreten von Neoplasien; Veränderungen des pH-Werts oder eine Thrombozytenaktivierung waren ebenfalls nicht nachweisbar.
Auch anhand der klinischen Daten, die bisher beim Menschen in der Kurzzeittherapie und in gewissem Umfang auch in der Langzeittherapie vorliegen, wurden keine derartigen Veränderungen der Thrombozyten beobachtet. Es gibt keine Hinweise auf ein derartiges Risiko für den Menschen.
Bei gesunden Versuchspersonen wurde Pregabalin bis zu einer Tagesdosis von 900 mg gut vertragen.
Die in den klinischen Studien am häufigsten berichteten Nebenwirkungen von Pregabalin waren Schwindel und Schläfrigkeit (30 % und 18 % bei einer Tagesdosis von 600 mg). Einige Patienten klagten über eine Gewichtszunahme. Der Schweregrad der Nebenwirkungen war in der Regel leicht bis mäßig. Die Abbruchrate aufgrund von Nebenwirkungen lag in allen kontrollierten Studien bei 13 % bei Patienten der Pregabalin- und bei 7 % bei Patienten der Plazebo-Gruppe.
Periphere Ödeme in den unteren Extremitäten werden mit einer Häufigkeit von 14 % (bei 600 mg/Tag) beobachtet. Die Ursache ist unbekannt. Es besteht keine Assoziation mit der Gewichtszunahme. Hinweise auf eine kardiovaskuläre Ursache, auf eine Hämodilution oder Leberfunktionsstörung fanden sich nicht.
Seltener wurde über Ataxie, Mundtrockenheit, Dysarthrie, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen, Sehstörungen, gastrointestinale Nebenwirkungen und erektile Dysfunktion berichtet.
Als Kontraindikationen gelten derzeit Schwangerschaft, Stillzeit, Kinder und Jugendliche < 18 Jahren sowie Patienten mit seltener, hereditärer Galactose-Intoleranz, Lapp-Lactase-Mangel oder Glucose-Galactose-Malabsorption.
Interaktionen
In In-vivo-Studien wurden keine klinisch relevanten pharmakokinetischen Wechselwirkungen zwischen Pregabalin und Phenytoin, Carbamazepin, Valproinsäure, Lamotrigin, Gabapentin, Lorazepam, Oxycodon oder Ethanol beobachtet. Pharmakokinetische Populationsanalysen haben gezeigt, dass orale Antidiabetika, Diuretika, Insulin, Phenobarbital, Tiagabin und Topiramat keinen klinisch signifikanten Einfluss auf die Clearance von Pregabalin hatten.
Die gleichzeitige Anwendung von Pregabalin und oralen Norethisteron- und/oder Ethinylestradiol-haltigen Kontrazeptiva hat keinen Einfluss auf den Steady State dieser Substanzen.
Orale Mehrfachdosen von Pregabalin, die gleichzeitig mit Oxycodon, Lorazepam und Ethanol verabreicht wurden, hatten keinen klinisch relevanten Einfluss auf die Atmung. Eine durch Oxycodon hervorgerufene Beeinträchtigung der kognitiven und grobmotorischen Funktionen scheint durch Pregabalin noch verstärkt zu werden. Pregabalin kann die Wirkung von Ethanol und Lorazepam verstärken.
Für bestimmte Risikopatienten zum Beispiel mit Nieren- oder Leberinsuffizienz liegen noch keine ausreichenden Daten zu Wechselwirkungen vor. Bei Diabetikern mit Gewichtszunahme während der medikamentösen Einstellung kann eine Anpassung der Antidiabetika-Dosierung notwendig werden.
Kritische Würdigung
Basierend auf den zurzeit vorliegenden Studiendaten kann man im Vergleich zu anderen medikamentösen Therapieoptionen die folgenden Eigenschaften von Pregabalin zusammenfassen:
- Bekannter Wirkungsmechanismus
- Gute Studienlage (2 750 Patienten, 10 randomisierte kontrollierte Studien, Wirksamkeitsnachweis)
- Breite Wirkung auf Komorbiditäten (Angst, Schlaf, Stimmung)
- Schneller Wirkungseintritt innerhalb der ersten Woche
- Kein langsames Auftitrieren notwendig
- Lang anhaltende Wirkung (> 650 Patienten > 60 Wochen in offenen Studien)
- Keine Interaktionen
- Wenig Nebenwirkungen
Analysiert man alle derzeit verfügbaren kontrollierten Studien zur Behandlung neuropathischer Schmerzen kann folgende pharmakologische Basistherapie neuropathischer Schmerzsyndrome empfohlen werden [3–5, 15–18]:
- Antikonvulsiva mit Wirkung auf neuronale Ca2+-Kanäle
- Antikonvulsiva mit Wirkung auf neuronale Na+-Kanäle
- Antidepressiva (trizyklische Antidepressiva, Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer)
- Langwirksame Opioide
- Add on: topisches Lidocain
Bei den meisten Patienten liegt die optimale Therapie in der Kombination mehrerer Pharmaka mit unterschiedlichen Wirkungsmechanismen. Die Wahl der geeigneten Kombination resultiert aus dem Komorbiditätsspektrum des individuellen Patienten (z. B. Antidepressive mit anticholinerger Wirkung sind bei älteren Patienten mit einer kardialen Vorgeschichte, Prostatahyperplasie oder Glaukom nicht oder nur eingeschränkt geeignet). Aufgrund des günstigen Nebenwirkungsspektrums und der fehlenden Interaktion erscheint Pregabalin damit insbesondere bei älteren multimorbiden Patienten mit einer Polypharmakotherapie geeignet zu sein.
Unterstützt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (BA 1921/1-3), das Bundesministerium für Bildung und Forschung (Deutscher Forschungsverbund Neuropathischer Schmerz, BMBF, 01EM01/04) und Pfizer Deutschland (unrestricted educational grant)
Literatur
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Prof. Dr. Ralf Baron, Leiter der Sektion Neurologische Schmerzforschung und Therapie, Klinik für Neurologie, Schittenhelmstr. 10, 24105 Kiel

Abb. 1. Mechanismen der Schmerzentstehung bei peripheren Neuropathien und deren pharmakologische Beeinflussung
Periphere Sensibilisierung und zentrale Sensibilisierung des nozizeptiven Systems. Eine Nervenschädigung an peripheren Nerven induziert eine pathologische Expression verschiedener Kanal- und Rezeptorproteine (z. B. Na+-Kanäle, Ca2+-Kanäle, Opioid-Rezeptoren) an primär afferenten Nozizeptoren und an sekundär nozizeptiven Neuronen im Hinterhorn des Rückenmarks. Durch diese phänotypischen Veränderungen der Neuronen beginnen geschädigte primär afferente Nozizeptoren ektope Nervenimpulse zu generieren oder sie werden chronisch sensibilisiert. Diese pathologische Ruheaktivität in afferenten Nozizeptoren führt ebenfalls zu einer zentralen Sensibilisierung (Übererregbarkeit) der sekundären afferenten Hinterhornneuronen.
Erschöpfung der deszendierenden Kontrolle. Das nozizeptive System im Rückenmark steht physiologisch unter einer ständigen inhibitorischen Kontrolle, um eine nozizeptive Überaktivität zu vermeiden. Absteigende Bahnen aus dem Hirnstamm (z. B. aus dem periaquäduktalen Grau) hemmen mit den Transmittern Noradrenalin und Serotonin die Aktivität in nozizeptiven Hinterhornneuronen. Chronische nozizeptive Aktivität kann einen Funktionsverlust und sogar eine Degeneration dieser inhibitorischen Systeme bewirken, was zu einer unbeeinträchtigten Transmission nozizeptiver Impulse führt und so die Schmerzchronifizierung fördert.
Pharmakologische Therapieoptionen. Zurzeit werden hauptsächlich vier Substanzgruppen mit unterschiedlichen pharmakologischen Wirkungsprinzipien eingesetzt. Na+-Kanal-Blocker (z. B. Carbamazepin, Lidocain, Lamotrigin) wirken auf neu exprimierte Na+-Kanäle am primär afferenten Neuron und an zentralen Neuronen. Pregablin moduliert zentrale Ca2+-Kanäle hauptsächlich präsynaptisch. Opioide aktivieren μ-Rezeptoren, die hauptsächlich präsynaptisch, weniger auch postsynaptisch im Rückenmark vorkommen. Antidepressiva (AD) blockieren die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Serotonin an den deszendierenden hemmenden Bahnen.
Arzneimitteltherapie 2005; 23(08)