Gastrointestinale Tumoren:


Was bringen neue multimodale Therapiekonzepte?

Dr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg

Unbestritten konnten bei der Behandlung gastrointestinaler Erkrankungen in den letzten Jahren entscheidende Fortschritte erzielt werden. Dabei wurden eine Reihe altvertrauter Abläufe in Frage gestellt, und manches bisher gültige Dogma ist ins Wanken geraten, wie die Präsentationen beim diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (14. bis 17. September 2005 in Köln) zeigten. Dies gilt insbesondere für die gastrointestinalen Tumoren, deren Behandlungsmöglichkeiten durch neue multimodale Kombinationen wesentlich verbessert wurden. Gerade am Beispiel dieser tumorösen Erkrankungen zeigt sich, dass der gemeinsame Weg der Gastroenterologen und der Abdominalchirurgen zu einer integrierten Viszeralmedizin sinnvoll und notwendig ist; dabei geht es darum, chirurgische, strahlentherapeutische und internistisch-onkologische Therapieprinzipien miteinander zu verzahnen.

Ein überzeugendes Beispiel dafür, dass eine moderne multimodale Therapie die Prognose der Erkrankung wesentlich verbessert, ist das Ösophagus-Karzinom. Ist der Tumor bereits lokal fortgeschritten, kann durch eine neoadjuvante Chemo- oder Radiochemotherapie die Zahl kurativer Resektionen und damit die Prognose der betroffenen Patienten wesentlich verbessert werden. Mit modernen bildgebenden Verfahren wie der Positronen-Emissions-Tomographie kann das Ansprechen auf eine solche Therapie frühzeitig beurteilt werden, so dass der Patient vor einer unnötigen Fortführung der Therapie bewahrt wird.

Beim Rektumkarzinom im Stadium II und III nach R0-Resektion hat sich durch neue Studienergebnisse das Therapiekonzept ebenfalls geändert. Auch bei dieser Erkrankung kann eine präoperative neoadjuvante Radiochemotherapie die Lokalrezidivrate innerhalb von 5 Jahren hochsignifikant senken, nämlich von 13 % in der adjuvanten auf 6 % in der neoadjuvanten Gruppe. Doch die Fernmetastasierungsrate wurde durch diese neoadjuvante Vorgehensweise mit Fluorouracil nicht beeinflusst. Ob dies durch eine Intensivierung der Chemotherapie oder durch eine Kombination aus neoadjuvanter Radiochemo- und adjuvanter Chemotherapie gelingen kann, wird derzeit im Rahmen klinischer Studien untersucht.

Ein neuer vielversprechender Therapieansatz beim Kolonkarzinom sind molekularbiologisch begründete tumorspezifische „Targets“. Im Unterschied zu hämatologischen Erkrankungen sind die Ergebisse mit diesen innovativen Substanzen bei soliden Tumoren und somit auch beim Kolonkarzinom aber sehr viel bescheidener. Doch durch die Gabe des Angiogenese-Inhibitors Bevacizumab (Avastin®) in der Kombination mit einer Chemotherapie (Fluorouracil/ Folinsäure plus Irinotecan) konnte bei Patienten mit einem metastasierten kolorektalen Karzinom in der Erstlinien- und in der Zweilinientherapie die Prognose quoad vitam verbessert werden. Auch für den Antikörper Cetuximab (Erbitux®), der den Rezeptor für den epidermalen Wachstumsfaktor blockiert, liegen zur kombinierten Anwendung mit einer Chemotherapie erste optimistisch stimmende Ergebnisse vor: Durch diese Substanz können möglicherweise Chemotherapie-refraktäre Tumoren wieder für eine Chemotherapie sensibilisiert werden.

Insgesamt sind die Fortschritte mit solchen modernen Therapiestrategien eher gering. Doch im Einzelfall kann eine Kombination aus Chemotherapeutika und einer solchen zielgerichteten Therapie durchaus segensreich sein und die Lebenserwartung bis zu 2 Jahre verlängern. Angesichts der damit verbundenen sehr hohen Kosten ist es allerdings erforderlich, Prädiktoren zu erarbeiten und zu evaluieren, um jene Patienten zuverlässig identifizieren zu können, die von solchen neuen Substanzen wirklich profitieren. Nur so können teure und zugleich unnötige und für den Patienten belastende Therapien vermieden werden.

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