Arzneimittelinteraktionen

Ketoconazol erhöht Everolimus-Plasmaspiegel


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Alexandra Hennemann, Stuttgart

Wegen ausgeprägter pharmakokinetischer Interaktionen sollte Ketoconazol nicht zusätzlich zu dem Immunsuppressivum Everolimus gegeben werden, so die Empfehlung nach einer Interaktionsstudie. Die maximale Plasmakonzentration erhöhte sich bei einer Kombination um fast das 4fache, die Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve (AUC) um das 15fache.

Das immunsuppressiv wirkende Makrolid-Lacton Everolimus (Certican®) wird zur Verhinderung der akuten Abstoßungsreaktion nach Nieren- und Herztransplantationen eingesetzt. Die Dosierung im Rahmen eines immunsuppressiven Therapieregimes wird durch therapeutisches Drug-Monitoring eingestellt. Everolimus wird hauptsächlich über CYP3A metabolisiert und ist Substrat für P-Glykoprotein. Da transplantierte Patienten für Pilzinfektionen anfällig sind, werden sie häufig mit Imidazol-Antimykotika wie Itraconazol und Ketoconazol behandelt. Wegen des Interaktionspotenzials wurde ihr Einsatz in den für die Zulassung von Everolimus relevanten Studien ausgeschlossen.

Das systemisch verwendbare Azol-Antimykotikum Ketoconazol (Nizoral®) inhibiert P-Glykoprotein. Weiterhin ist Ketoconazol ein starker Inhibitor von CYP3A und wird so in Interaktionsstudien als Prototyp für Arzneistoffe verwendet, die stark über diese Cytochrom-P450-Isoenzyme metabolisiert werden.

In einer Cross-over-Studie sollte nun das Ausmaß der Interaktion bestimmt werden: 13 gesunde Probanden erhielten

  • an Tag 1 einmalig 2 mg Everolimus,
  • danach von Tag 10 bis 17 je 200 mg Ketoconazol zweimal täglich
  • sowie an Tag 13 eine weitere, reduzierte Dosis von 1 mg Everolimus.

Als primäre Studienendpunkte wurden die maximale Plasmakonzentration (Cmax) und die Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve (AUC) verglichen.

Eine Frau wurde während der Therapie schwanger, die übrigen 12 Probanden beendeten die Studie.

Während der gleichzeitigen Gabe von Ketoconazol stieg die maximale Plasmakonzentration von Everolimus im Mittel um das 3,9fache (90%-Konfidenzintervall [90%-KI] 3,4- bis 4,6fach) verglichen mit einer Everolimus-Monotherapie (Tab. 1). Die AUC stieg im Mittel um das 15fache (90%-KI 13,6- bis 16,6fach, Maximum 22,5fache Erhöhung) (Tab. 1). Auch die Halbwertszeit (t1/2) verlängerte sich signifikant, und zwar um das 1,9fache (90%-KI 1,8- bis 2,1fach) (Tab. 1).

Diese Ergebnisse legen nahe, dass die Bioverfügbarkeit von Everolimus erhöht und die Clearance verringert wird. Bei einer Erhöhung der AUC um das 5fache oder mehr gilt eine Interaktion als stark.

Angesichts der starken Interaktion lautet die Empfehlung, dass Patienten, die mit Everolimus therapiert werden, nach Möglichkeit nicht gleichzeitig Ketoconazol erhalten. Eine ausreichende Dosisreduktion, um die Interaktion
auszugleichen, wird für klinisch zu kompliziert gehalten.

Quelle

Kovarik JM, et al. Blood concentrations of everolimus are markedly increased by ketoconazol. J Clin Pharmacol 2005;45:514–8.

Tab. 1. Pharmakokinetik von Everolimus allein und in Kombination mit dem
Antimykotikum Ketoconazol

Everolimus

Everolimus plus
Ketoconazol

Zeit bis zum Erreichen der maximalen Plasmakonzentration, tmax [h]

1,0 (0,5–1,0)

1,0 (0,5–1,5)

Maximale Plasmakonzentration, Cmax [ng/ml]

15 ± 4

59 ± 13

Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve,
AUC [ng x h/ml]

90 ± 23

1 324 ± 232

Clearance, Cl/F [l/h]

23,8 ± 7,4

1,6 ± 0,3

Eliminationshalbwertszeit, t1/2 [h]

30 ± 4

56 ± 5

Angaben sind Mittelwert plus Standardabweichung (Ausnahme tmax: Median), alle Parameter waren zwischen den beiden Behandlungen signifikant unterschiedlich (p < 0,0001, Ausnahme tmax) 

Arzneimitteltherapie 2005; 23(12)