Glucocorticoide

Knochenschwund nach intravenöser Stoßbehandlung mit Methylprednisolon


Veröffentlicht am: 28.11.2019

Dr. Barbara Ecker-Schlipf, Holzgerlingen

Nach intravenösen Stoßtherapien mit Methylprednisolon ließ sich ein signifikanter Knochenschwund an Oberschenkelhals, Hüfte und Wirbelsäule beobachten. Durch zusätzliche Gabe von Bisphosphonaten oder Estrogenen könnte diesen Nebenwirkungen vorgebeugt werden.

Patienten mit schweren Formen rheumatischer Erkrankungen wie systemischem Lupus erythematodes, primären Vaskulitisreaktionen oder rheumatoider Arthritis werden häufig immunsuppressiv mit Methylprednisolon (z. B. Urbason® solubile) behandelt, das stoßweise intravenös verabreicht wird. Obwohl bekannt ist, dass Glucocorticoide Osteoporose hervorrufen können, wurde bislang dem möglichen Einfluss einer Methylprednisolon-Therapie auf die Knochenmasse wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Es wurde allgemein angenommen, dass eine kurze Stoßbehandlung mit Methylprednisolon keine Langzeitveränderungen der Knochendichte zur Folge hat.

Ziel einer prospektiven Beobachtungsstudie war es deshalb, das Ausmaß des Knochenschwunds an Wirbelsäule und Hüfte bei Patienten, die nach einem standardisierten Protokoll stoßweise intravenös mit Methylprednisolon behandelt wurden, genauer zu untersuchen. Weiterhin wurde nach Zusammenhängen zwischen Veränderungen in der Knochendichte zu Studienbeginn und in der Nachbeobachtungsphase gesucht.

Probanden waren 38 Personen, darunter 30 Frauen (79 %), bei denen zwischen Juni 1998 und Oktober 2001 wegen verschiedener systemischer rheumatischer Erkrankungen eine intravenöse Stoßtherapie mit Methylprednisolon eingeleitet wurde. Das durchschnittliche Alter der Studienteilnehmer betrug 48,4 Jahre, die Krankheitsdauer im Mittel 3,2 Jahre. Zu Studienbeginn sowie nach 6 Monaten wurde die Knochendichte von Hüfte und Lendenwirbelsäule bestimmt. Während der Studie erhielten die Probanden eine mittlere kumulative Dosis von 3,0 g Methylprednisolon, die in durchschnittlich 5,7 Stößen über im Median 5,7 Monate intravenös verabreicht wurde. Zusätzlich wurden teilweise noch weitere Medikamente eingesetzt, wodurch sich folgende drei Studien-Gruppen ergaben:

  • Cyclophosphamid bei 34 Patienten (89 %)
  • Orale Glucocorticoide bei 20 Patienten (53 %)
  • Bisphosphonate oder Estrogene bei 8 Patienten (21 %)

Diese drei Gruppen unterschieden sich in ihren demographischen Daten nicht statistisch signifikant.

In den Subgruppen, die mit Bisphosphonaten oder Estrogenen behandelt wurden, konnte eine Zunahme der durchschnittlichen Knochendichte beobachtet werden, um 1,6 % im Oberschenkelhals, um 3,2 % in der Hüfte und um 4,5 % in der Lendenwirbelsäule. Dagegen verringerte sich bei allen Probanden, die weder Bisphosphonate noch Estrogene einnahmen, die Knochendichte an allen gemessenen Stellen. Überraschenderweise unterschieden sich die Werte von Patienten mit oder ohne zusätzliche orale Prednisolon-Gabe nicht wesentlich (Oberschenkelhals –4,4 %, Hüfte –1,9 %, Lendenwirbelsäule –2,6 % unter oralen Glucocorticoiden verglichen mit Oberschenkelhals –1,7 %, Hüfte –1,9 % und Lendenwirbelsäule –2,6 % ohne orale Glucocorticoide).

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie belegen, dass eine intravenöse Stoßbehandlung mit Methylprednisolon zu einem Knochenschwund führt. Präventionsmaßnahmen durch Gabe von Bisphosphonaten oder Estrogenen sollten deshalb insbesondere bei Patienten mit einer geringen Knochendichte, einer hohen Krankheitsaktivität oder anderen Risikofaktoren für Osteoporose in Betracht gezogen werden.

Quelle

Haugeberg G, et al. Bone loss in patients treated with pulses of methylprednisolone is not negligible: a short term prospective observational study. Ann Rheum Dis 2004;63: 940–4.

Arzneimitteltherapie 2005; 23(12)