Schmerztherapie

Oxcarbazepin bei schmerzhafter diabetischer Neuropathie wirksam


Prof. Dr. med. Hans Christoph Diener, Essen

Oxcarbazepin ist bei der Behandlung der schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie wirksam. So eine Plazebo-kontrollierte Studie. Direkte Vergleichsstudien mit anderen wirksamen Arzneimitteln gibt es bisher nicht.

Etwa 20 bis 25 % aller Patienten mit Diabetes mellitus entwickeln im Laufe ihrer Erkrankung eine diabetische Polyneuropathie, die sehr häufig mit neuropathischen Schmerzen einhergeht. Belegt in der Therapie der schmerzhaften Polyneuropathie sind trizyklische Antidepressiva, Carbamazepin, Gabapentin und Pregabalin (Lyrica®) sowie retardierte Opioide. Oxcarbazepin (z. B. Trileptal®) ist eine Modifikation von Carbamazepin und hat bei der Behandlung der Epilepsie ein etwas besseres Nebenwirkungsprofil als Carbamazepin.

In eine multizentrische, Plazebo-kontrollierte Studie wurden Patienten eingeschlossen, bei denen seit mindestens sechs Monaten eine diabetische Polyneuropathie mit neuropathischen Schmerzen bestand und die auf einer visuellen Analogskala zwischen 0 und 100 eine Schmerzintensität von > 50 angaben. Die Initialdosis von Oxcarbazepin betrug 300 mg pro Tag und die Substanz wurde dann über einen Zeitraum von vier Wochen langsam auf eine Enddosis von 1 800 mg täglich aufdosiert. 146 Patienten wurden randomisiert, davon 69 in die Oxcarbazepin-Gruppe und 77 in die Plazebo-Gruppe. Der primäre Zielparameter war eine Veränderung der Schmerzintensität auf der visuellen Analogskala nach 16 Wochen Behandlungsdauer. Die Messung der Schmerzintensität erfolgte über elektronische Tagebücher.

Patienten, die mit Oxcarbazepin behandelt wurden, hatten eine signifikant größere Schmerzreduktion auf der visuellen Analogskala als Patienten, die mit Plazebo behandelt wurden (–24,3 Punkte vs. –14,7 Punkte, p = 0,01). Responder, das heißt Patienten mit einer Schmerzreduktion um mehr als 50 % waren 35,2 % in der Oxcarbazepin-Gruppe und 18 % in der Plazebo-Gruppe (p = 0,05). Daraus ergibt sich eine Number needed to treat von 6,0. Typische Nebenwirkungen von Oxcarbazepin in der Titrationsphase waren:

  • Schwindel (45 %)
  • Kopfschmerzen (25 %)
  • Übelkeit (23 %)
  • Benommenheit (12 %)
  • Müdigkeit (12 %)
  • Tremor (4 %)

In der Verum-Gruppe brachen 19 Patienten, in der Plazebo-Gruppe 6 Patienten die Studie wegen Nebenwirkungen ab.

Kommentar

Diese multizentrische, Plazebo-kontrollierte randomisierte Studie belegt, dass Oxcarbazepin in der Behandlung der schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie wirksam ist. Die Studie zeichnet sich durch eine realistische Beobachtungsphase von 12 Wochen aus und benutzte wegen der Nebenwirkungen von Oxcarbazepin eine Titrationsphase. In dieser Studie fanden sich dieselben Nebenwirkungen von Oxcarbazepin, wie sie aus der Epilepsiebehandlung bekannt sind. 4 % der Patienten entwickelten eine Hyponatriämie, so dass beim Einsatz dieser Substanz regelmäßige Elektrolytkontrollen notwendig sind. Leider gibt es bisher keine direkten Vergleichsstudien mit den einzelnen Antikonvulsiva, wie Gabapentin, Pregabalin und Lamotrigin mit Carbazepin oder Oxcarbazepin in der Behandlung neuropathischer Schmerzen. Solche direkten Vergleichsstudien wären dringend notwendig, um anhand von Wirksamkeit und Nebenwirkungen den Stellenwert der einzelnen Substanzen in der Behandlung von neuropathischen Schmerzen festlegen zu können.

Quelle

Dogra S, et al. Oxcarbazepine in painful diabetic neuropathy: a randomized, placebo-controlled study. Europ J Pain 2005;9:543–54.

Arzneimitteltherapie 2006; 24(05)