EditorialSusanne Heinzl, Stuttgart

Vom dicken Bauch zum Herzinfarkt

Diskussionsforum ArzneimitteltherapieAndreas Schulze-Bonhage und Thomas J. Feuerstein, Freiburg

Zonisamid als Antiepileptikum

Epilepsien beeinträchtigen das Leben Erkrankter durch das unvorhersehbare Auftreten von anfallsartigen Episoden von abnormen Synchronisationsphänomenen im Gehirn, die mit einer Störung von Affekt, Wahrnehmung, Verhalten und/oder motorischer Kontrolle einhergehen können. Das in Europa 2005 zur Kombinationstherapie fokaler Epilepsien im Erwachsenenalter neu zugelassene Zonisamid ist ein Breitspektrum-Antiepileptikum, das sich in einer Vielzahl von doppelblinden, randomisierten klinischen Studien als wirksam zur Reduktion der Anfallshäufigkeit erwiesen hat. Eine lange Halbwertszeit verlangt eine vorsichtige Eindosierung und gestattet andererseits eine einmal tägliche Gabe. Interaktionen sind überwiegend auf eine Modulation der Pharmakokinetik von Zonisamid durch gleichzeitige Gabe von hepatisch verstoffwechselten Substanzen beschränkt. Aufgrund eines bereits langjährigen Einsatzes in Asien und den USA kann das Spektrum relevanter Nebenwirkungen vergleichsweise gut eingeschätzt werden; häufigste Probleme stellen Müdigkeit und Appetitmangel dar. Bei den in den klinischen Studien gewählten Vergleichsdosierungen war Zonisamid ähnlich wirksam wie Carbamazepin gegen fokale Epilepsien und wie Valproinsäure gegen generalisierte Epilepsien. Zonisamid erscheint somit als eine interessante Behandlungsalternative bei Patienten, die auf Antiepileptika der ersten Wahl nicht ausreichend ansprechen.
Arzneimitteltherapie 2006;24:152–6.

ÜbersichtAndreas Meier-Hellmann, Erfurt

Volumen- und Catecholamin-Therapie der Sepsis

Mit relativ einfachen intensivmedizinischen Basismaßnahmen kann, sofern diese konsequent und engmaschig angewandt werden, die Prognose von Patienten mit Sepsis entscheidend beeinflusst werden. Nichtsdestotrotz kann manchmal eine durch Fakten nicht zu begründende Polypragmasie im Rahmen der Volumen- und Catecholamin-Therapie bei septischen Patienten beobachtet werden.
Arzneimitteltherapie 2006;24:157–61.

Fragen aus der PraxisGerd Luippold, Tübingen

Probiotika bei Colitis ulcerosa?

Bei einem 46-jährigen Patienten mit rezidivierenden Schüben einer Colitis ulcerosa soll zur Rezidivprophylaxe eine medikamentöse Remissionserhaltung eingeleitet werden. Aus der Vorgeschichte ist eine Unverträglichkeit von 5-Aminosalicylsäure-(5-ASA-)Präparaten bekannt.
• Stellen die so genannten Probiotika eine therapeutische Alternative zur 5-ASA in der Remissionserhaltung dar?
• Welche Erkenntnisse gibt es zum Wirkungsmechanismus der Probiotika?
• Bei welchen weiteren Erkrankungen kann ein klinischer Nutzen der Probiotika angenommen werden?

Referiert & kommentiertDr. Susanne Heinzl, Stuttgart

EXTRACT-TIMI-25-Studie

Enoxaparin besser als unfraktioniertes Heparin bei Patienten nach Herzinfarkt

Patienten nach einem Herzinfarkt, die mit einem Fibrinolytikum behandelt werden, profitieren von der anschließenden antithrombotischen Behandlung mit dem niedermolekularen Heparin Enoxaparin (Clexane®) über etwa 8 Tage stärker als von der 48-stündigen Therapie mit unfraktioniertem Heparin. Allerdings wird der Nutzen durch eine höhere Rate schwerer Blutungen wieder eingeschränkt.

Referiert & kommentiertDr. Susanne Heinzl, Stuttgart

OASIS-6-Studie

Fondaparinux bei Patienten nach Herzinfarkt besser als Heparin oder Plazebo

Das Pentasaccharid Fondaparinux reduzierte bei Patienten nach einem Herzinfarkt mit ST-Streckenhebung (STEMI), vor allem Patienten ohne perkutane koronare Intervention (PCI), das Risiko für die Sterblichkeit und einen Reinfarkt signifikant im Vergleich zu einer Standardtherapie aus unfraktioniertem Heparin (UFH) oder Plazebo. Die Blutungsrate und die Zahl der Schlaganfälle wurde nicht erhöht.

Referiert & kommentiertDr. Susanne Heinzl, Stuttgart

CHARISMA-Studie

Clopidogrel plus Acetylsalicylsäure bei Hochrisikopatienten nicht sinnvoll

Eine längere duale antithrombotische Therapie mit Clopidogrel und Acetylsalicylsäure ist bei Patienten mit mehreren Risikofaktoren, aber ohne manifeste kardiovaskuläre Erkrankung nicht sinnvoll. Bei Patienten mit manifesten kardiovaskulären Erkrankungen kann durch die Kombination das absolute Risiko für einen Myokardinfarkt, Schlaganfall oder kardiovaskulär bedingten Tod um 1,2 % verringert werden (p < 0,04). Dies ergab die CHARISMA-Studie mit 15 603 Patienten.

Referiert & kommentiertDr. Susanne Heinzl, Stuttgart

ASTEROID

Intensive LDL-Cholesterol-Senkung führt zu Plaque-Regression

Eine sehr intensive Senkung der LDL-Cholesterol-Konzentration mit dem CSE-Hemmer Rosuvastatin (in Deutschland nicht im Handel) über zwei Jahre führte zu einer Regression atherosklerotischer Plaques. Dies konnte in der offenen ASTEROID (A study to evaluate the effect of rosuvastatin on intravascular ultrasound-derived coronary atheroma burden) mit intravaskulärer Ultraschalluntersuchung gezeigt werden.

Referiert & kommentiertDr. Susanne Heinzl, Stuttgart

HOPE-2-Studie

Homocystein-Senkung senkt kardiovaskuläres Risiko nicht

Eine Einnahme von Folsäure, Vitamin B6 und B12 über fünf Jahre senkt zwar erhöhte Homocystein-Spiegel bei Hochrisikopatienten; die kardiovaskuläre Letalität, die Zahl der Herzinfarkte und Schlaganfälle werden jedoch nicht beeinflusst. Damit liegt nach der Norvit-Studie die zweite randomisierte klinische Studie vor, in der bei Hochrisikopatienten kein Nutzen einer Homocystein-Senkung durch B-Vitamine gezeigt werden konnte.

Referiert & kommentiertDr. Susanne Heinzl, Stuttgart

Reach-Register

Häufig kardiovaskuläre Ereignisse bei atherothrombotischer Erkrankung

Trotz modernen Therapiemöglichkeiten ist die Zahl kardiovaskulärer Ereignisse bei Patienten mit atherothrombotischen Erkrankungen hoch. Dies zeigen die Ein-Jahres-Daten des Reach-Registers.

Referiert & kommentiertDr. Susanne Heinzl, Stuttgart

IDEA

Taillenumfang und BMI sind unabhängige Risikofaktoren

Die IDEA-Studie (International day for the evaluation of abdominal obesity), die eine Zufallsstichprobe mit 170 000 Personen von 6 000 Allgemeinpraktikern in 63 Ländern einbezog, zeigt die weltweit hohe Prävalenz der abdominalen Adipositas. Ein hoher Taillenumfang ist unabhängig vom Körpermassenindex (BMI) und unabhängig vom Alter mit einem hohen Risiko für eine kardiovaskuläre Erkrankung verbunden.

Referiert & kommentiertDr. Barbara Kreutzkamp, München

Kosten-Nutzen-Analyse bei akutem Koronarsyndrom

Kombination von Clopidogrel plus ASS verlängert Leben bei vertretbaren Kosten

Bei Hochrisikopatienten mit einer instabilen Angina pectoris oder einem Nicht-ST-Streckenhebungsinfarkt erhöht sich durch Clopidogrel zusätzlich zu Acetylsalicylsäure (ASS) die QALY-Zeit (Quality-adjusted life year) um einen Monat im Vergleich zu nur mit ASS behandelten Patienten. Die zusätzlichen Kosten bewegen sich mit 15 400 US-Dollar per QALY in vergleichbarem Rahmen wie unter anderen Therapieoptionen für diese Hochrisikopatienten.

Referiert & kommentiertDr. Susanne Heinzl, Stuttgart

Antimykotika

Empirische Therapie bei Kindern mit febriler Neutropenie

Das Echinocandin Caspofungin (Cancidas®) ist bei Kindern mit persistierender febriler Neutropenie mindestens so gut wirksam wie liposomales Amphotericin B bei gleichzeitig besserer Verträglichkeit. Dies ergab eine retrospektive Studie mit 26 Kindern im Durchschnittsalter von knapp fünf Jahren.

Referiert & kommentiertProf. Dr. med. Hans Christoph Diener, Essen

Schmerztherapie

Oxcarbazepin bei schmerzhafter diabetischer Neuropathie wirksam

Oxcarbazepin ist bei der Behandlung der schmerzhaften diabetischen Polyneuropathie wirksam. So eine Plazebo-kontrollierte Studie. Direkte Vergleichsstudien mit anderen wirksamen Arzneimitteln gibt es bisher nicht.

Referiert & kommentiertBettina Polk, Stuttgart

Kleinzelliger Lungenkrebs

Topotecan verlängert Überleben in der Rezidivtherapie

Eine Second-Line-Therapie bei Patienten mit kleinzelligem Bronchialkarzinom (SCLC) verlängert das Überleben auch bei Patienten mit schlechtem Allgemeinzustand oder schnellem Rezidiv. Eine Phase-III-Studie mit Topotecan im Vergleich zu „Best Supportive Care“ ergab eine Überlebensverlängerung von 14 auf 26 Wochen. Die Zulassung in Europa in dieser Indikation erfolgte im Januar 2006, Hintergründe wurden auf einer von der Firma GlaxoSmithKline veranstalteten Pressekonferenz berichtet.

Referiert & kommentiertDr. med. Peter Stiefelhagen, Hachenburg

Therapie der Lungenembolie

Fibrinolyse bei rechtsventrikulärer Dysfunktion sinnvoll

Nach neueren Untersuchungen dürften auch hämodynamisch stabile Patienten mit echokardiographisch nachgewiesener rechtsventrikulärer Dysfunktion von einer Fibrinolyse bei Lungenembolie profitieren. Die risikoadaptierte Therapieempfehlung sah diese bisher nur bei hämodynamisch instabilen Patienten oder Reanimationspflichtigkeit vor.