Dr. Barbara Kreutzkamp, München
Ob Patienten mit einer ambulant erworbenen Pneumonie zu Hause oder im Krankenhaus behandelt werden, ist in der Regel eine aus der Erfahrung schöpfende Entscheidung des behandelnden Arztes. Bei jungen Patienten ohne weitere Komorbiditäten oder bei älteren multimorbiden oder psychisch instabilen oder aus einem sozialen Problemfeld stammenden Patienten ist das Vorgehen klar. Bei Patienten mit mittlerem Risiko sind dagegen die hohen Kosten einer Krankenhausbehandlung, Sicherheitsaspekte und die Lebensqualität der Patienten gegeneinander abzuwägen.
Eine Entscheidungshilfe könnte der Pneumonia-Severity-Index (PSI) bieten, mit dessen Hilfe sich die Patienten in fünf Risikoklassen einteilen lassen. In der Risikogruppe I beträgt die 30-Tage-Mortalität 0,1%, in der Gruppe V 27 %. Patienten der Risikogruppen IV und V sollten im Krankenhaus behandelt werden. Für das Vorgehen bei den Patienten der Risikogruppen II und III, die derzeit immerhin 30 bis 50% aller hospitalisierten Patienten ausmachen, besteht keine eindeutige Empfehlung. In einer randomisierten prospektiven Studie wurde daher das Behandlungsergebnis dieser Patienten bei einer ambulanten Behandlung im Vergleich zu einer Krankenhausbehandlung untersucht.
Eingeschlossen waren 224 immunkompetente Patienten mit einer ambulant erworbenen Pneumonie, die in die Risikogruppen II und III (PSI-Scores ≤ 90 Punkte) eingestuft wurden. Ausdrücklich ausgeschlossen wurden Patienten, die zusätzlich beispielsweise eine respiratorische Insuffizienz, einen Pleuraerguss, nicht stabil eingestellte Begleitkrankheiten oder soziale Probleme hatten. Auch eine Fluorchinolon-Einnahme in den vorangegangenen drei Monaten stellte ein Ausschlusskriterium dar.
Die Patienten wurden randomisiert einer ambulanten Betreuung mit einer oralen Einnahme von 500 mg Levofloxacin täglich (z. B. Tavanic®) oder einer stationären Behandlung mit einer sequenziellen i. v. und oralen Gabe von Levofloxacin zugewiesen. Primärer Studienendpunkt war der Anteil der Patienten, die die Kriterien für eine erfolgreiche Behandlung erfüllten (Ausheilung der Pneumonie, keine Medikamentennebenwirkungen, keine medizinischen Komplikationen, keine zusätzlichen Arztbesuche, keine Therapieänderung, keine Folgeeinweisung und kein Todesfall in den nächsten 30 Tagen).
Eine insgesamt erfolgreiche Behandlung wurde bei 83,6 % der ambulanten und bei 80,7 % der hospitalisierten Patienten erzielt. 91,2 % der ambulanten Patienten und 79,1 % der Krankenhaus-Patienten waren zufrieden mit der Behandlung (in einer Benotungsskala von 1 bis 5). Lebensqualität und Arzneimittelnebenwirkungen (9,1 % vs. 9,6 %), medizinische Komplikationen (0,9 % vs. 2,6 %), Folgeeinweisung ins Krankenhaus innerhalb von 30 Tagen nach der Randomisierung (6,3 % vs. 7,0 %) und Gesamtmortalität (0,9 % vs. 0 %) waren in beiden Behandlungsgruppen in etwa vergleichbar.
Diskussion und Fazit
Dies ist die erste randomisierte Studie zum Vergleich des Behandlungsergebnisses von Pneumonie-Patienten der Risikogruppen II und III unter ambulanter oder stationärer Behandlung. Die hier gefundene Gleichwertigkeit der medizinischen Ergebnisse wurde bereits in zwei anderen Studien mit einer nicht-randomisierten Studienmethodik nachgewiesen. Auch ergaben sich in dieser Studie keine Nachteile bei ansonsten gesunden Patienten über 70 Jahre oder bei Patienten mit einer Legionellen-Pneumonie oder einer multilobären Pneumonie. Umgekehrt war bei den Krankenhauspatienten das Risiko für eine Phlebitis oder eine Lungenembolie erhöht. Die höhere Zufriedenheit mit der Behandlung bei den ambulanten Patienten ist nicht überraschend.
Aus dieser Studie ergibt sich die Empfehlung, Patienten mit einer ambulant erworbenen Pneumonie in den Risikoklassen II und III ohne weitere instabile Begleiterkrankungen oder soziale Probleme ambulant zu behandeln. Levofloxacin ist dabei ein geeignetes Antibiotikum, solange nicht bereits im letzten Vierteljahr mit Fluorchinolonen behandelt wurde. Die Patientenzufriedenheit ist größer bei gleichzeitig herabgesetztem Risiko für Phlebitiden oder Lungenembolien. Zusätzlich lassen sich durch dieses Vorgehen hohe Kosten einsparen. Die Ergebnisse sollten auch ermutigen, den Pneumonia-Severity-Index bei Pneumonie-Patienten häufiger einzusetzen.
Quellen
Carratalà J, et al. Outpatient care compared with hospitalization for community-acquired pneumonia. Ann Intern Med 2005;142:165–72.
Mandell L. Decisions about treating community-acquired pneumonia. Ann Intern Med 2005;142:215–6.
Arzneimitteltherapie 2006; 24(06)