FIELD-Studie

Fenofibrat bei Diabetes mellitus Typ 2


Fenofibrat (200 mg/d) senkt bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 das Risiko koronarer Ereignisse nicht in signifikantem Ausmaß. Gleichwohl gibt die hochwertige FIELD-Studie wichtige Hinweise für weitere Studien zur Prävention kardiovaskulärer Komplikationen des Diabetes mellitus Typ 2.

Hintergrund

Die Prävalenz des Diabetes mellitus Typ 2 nimmt weltweit zu. Patienten mit dieser Erkrankung haben ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen. Dieses Risiko beruht zumindest teilweise auf einer Fettstoffwechselstörung, die einer Therapie mit Fibraten zugänglich ist. Denn bei Diabetikern sind die LDL-Cholesterol-Partikel kleiner und dichter, die HDL-Cholesterol-Konzentrationen niedriger sowie die Triglycerid-Konzentrationen höher als bei Nichtdiabetikern [1]. In der Diabetes Atherosclerosis Intervention Study (DAIS) war bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 mit Fenofibrat eine langsamere Progression der angiographisch nachgewiesenen koronaren Herzkrankheit als unter Plazebo beobachtet worden [2]. Für klinische Endpunkte war DAIS nicht konzipiert.

Vor diesem Hintergrund wurde die große FIELD-Studie (Fenofibrate intervention and event lowering in diabetes) in 63 Zentren in Australien, Neuseeland und Finnland initiiert, deren Ergebnisse nun vorliegen [1].

Design

An dieser prospektiven randomisierten kontrollierten Doppelblindstudie nahmen 9 795 Patienten im Alter von 50 bis 75 Jahren teil, die zum Zeitpunkt des Studieneintritts keinen CSE-Hemmer („Statin“) einnahmen. Die meisten Patienten (7 664) hatten keine vorbestehende kardiovaskuläre Erkrankung. Sie erhielten Fenofibrat (200 mg/d) oder Plazebo. Koronare Ereignisse (Todesfälle aufgrund koronarer Herzkrankheit oder nichttödliche Myokardinfarkte) stellten den primären Studienendpunkt dar. Die Studie dauerte 5 Jahre (Median).

Ergebnisse

Wie Tabelle 1 zeigt, war die Häufigkeit koronarer Ereignisse in beiden Gruppen nicht signifikant unterschiedlich. Die Letalität infolge koronarer Herzkrankheit war nicht signifikant verschieden; nichttödliche Myokardinfarkte traten in der Plazebo-Gruppe signifikant häufiger als in der Fenofibrat-Gruppe auf.

Unter den sekundären Studienendpunkten waren eine signifikante Reduktion der gesamten kardiovaskulären Ereignisse, der koronaren Revaskularisationen und aller Revaskularisationen zu verzeichnen. Nicht signifikant unterschiedlich waren kardiovaskuläre Letalität, Gesamtsterblichkeit sowie Schlaganfälle (insgesamt und nicht-hämorrhagische). Geringer waren unter Fenofibrat die Progression zu Albuminurie (p = 0,002) sowie die Retinopathie, die einer Laserbehandlung bedurfte (p = 0,0003).

Die Verträglichkeit von Fenofibrat war im Allgemeinen gut. Rhabdomyolysen traten einmal in der Plazebo- und dreimal in der Fenofibrat-Gruppe auf, jeweils mit vollständiger Heilung; keiner dieser Patienten nahm einen CSE-Hemmer ein. Eine Pankreatitis wurde bei 23 Patienten (0,5 %) der Plazebo- und 40 Patienten (0,8 %) der Fenofibrat-Gruppe beobachtet (p = 0,031). Auch eine geringe Risikozunahme für Lungenembolie (p = 0,022) und tiefe Venenthrombose (p = 0,074) unter Fenofibrat wurde verzeichnet. Im übrigen wurden keine signifikanten anderen unerwünschten Wirkungen registriert.

Angesichts der in neueren Studien [3, 4] berichteten günstigen Daten über eine CSE-Hemmer-Behandlung bei Diabetes mellitus war zu erwarten, dass einige Patienten während des Verlaufs der FIELD-Studie eine CSE-Hemmer-Therapie begannen. Tatsächlich starteten mehr Patienten der Plazebo- (17 %) als der Fenofibrat-Gruppe (8 %) eine andere lipidsenkende Therapie (p < 0,0001), vornehmlich mit CSE-Hemmern.

Kommentar

Die Ergebnisse von FIELD allein werden die klinische Praxis nicht verändern [5], da sie eine Empfehlung zu verstärkter Fenofibrat-Verwendung bei Diabetes-Patienten nicht rechtfertigen [6]. Auf der Basis früherer Studien kann derzeit auch nicht empfohlen werden, in undifferenzierter Weise allen Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 eine CSE-Hemmer-Therapie zu verschreiben [7]. In Zusammenschau mit der FIELD-Studie wird nun in naher Zukunft die Kombination von Fenofibrat mit einer CSE-Hemmer-Therapie von Interesse sein. Dies ist bemerkenswert, war doch die Kombination mit Gemfibrozil [8] im Zusammenhang mit Cerivastatin-assoziierten Rhabdomyolysen als Risikofaktor beschrieben worden. Zwischen Fibraten mag es relevante Unterschiede bei Interaktionen mit CSE-Hemmern geben. Pharmakokinetische Untersuchungen deuten darauf hin, dass Fenofibrat weniger als Gemfibrozil den Metabolismus von CSE-Hemmern beeinflusst [9]. Die Ergebnisse der derzeit laufenden ACCORD-Studie (Action to control cardiovascular risk in diabetes) bei 10 000 Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 [6] im Jahr 2010 darf man daher mit Spannung erwarten. Hier wird die Wirksamkeit und Sicherheit der Fenofibrat-CSE-Hemmer-Kombination geprüft.

Literatur

1. The FIELD study investigators. Effects of long-term fenofibrate therapy on cardiovascular events in 9795 people with type 2 diabetes mellitus (the FIELD study): randomised controlled trial. Lancet 2005;366:1849–61.

2. Diabetes Atherosclerosis Intervention Study Investigators. Effect of fenofibrate on progression of coronary-artery disease in type 2 diabetes: the Diabetes Atherosclerosis Intervention Study, a randomised study. Lancet 2001;357:905–10.

3. Collins R, Armitage J, Parish S, Sleigh P, Peto R, Heart Protection Study Collaborative Group. MRC/BHF Heart Protection Study of cholesterol-lowering with simvastatin in 5963 people with diabetes: a randomised placebo-controlled trial. Lancet 2003;361:2005–16.

4. Colhoun HM, Betteridge DJ, Durrington PN, Hitman GA, Neil HAW, Livingstone SJ, Thomason MJ, Mackness MI, Charlton-Menys V, Fuller JH, on behalf of the CARDS investigators. Primary prevention of cardiovascular disease with atorvastatin in type 2 diabetes in the Collaborative Atorvastatin Diabetes Study (CARDS): multicentre randomised placebo-controlled trial. Lancet 2004;364:685–96.

5. Bailey CJ. Fenofibrate and cardiovascular risk: a synopsis and commentary on (FIELD). Diabet Med 2006;26:109–12.

6. Colhoun H. After FIELD: should fibrates be used to prevent cardiovascular disease in diabetes? Lancet 2005;366:1829–31.

7. Garg A. Statins for all patients with type 2 diabetes: not so soon. Lancet 2004;364: 641–2.

8. Ballantyne CM, Davidson MH. Possible differences between fibrates in pharmacokinetic interactions with statins. Arch Intern Med 2003;163:2394–5.

9. Davidson MH: Statin/fibrate combination in patients with metabolic syndrome or diabetes: evaluating the risks of pharmacokinetic drug interactions. Expert Opin Drug Saf 2006;5:145–66.


Priv.-Doz. Dr. med. Klaus Mörike, Prof. Dr. med. Christoph H. Gleiter, Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Abteilung Klinische Pharmakologie, Otfried-Müller-Straße 45, 72076 Tübingen, E-Mail: klaus.moerike@med.uni-tuebingen.de, christoph.gleiter@med.uni-tuebingen.de

Tab. 1. Primäre und sekundäre Endpunkte in der FIELD-Studie [nach 1]

Fenofibrat (n = 4 895)

Plazebo
(n = 4 900)

Hazard-Ratio (95%-KI)

p-Wert

Primärer Endpunkt: koronare Ereignisse

256 (5 %)

288 (6 %)

0,89 (0,75–1,05)

0,16

KHK-Letalität

110 (2 %)

93 (2 %)

1,19 (0,90–1,57)

0,22

Nichttödlicher Myokardinfarkt

158 (3 %)

207 (4 %)

0,76 (0,62–0,94)

0,01

Sekundäre Endpunkte

Kardiovaskuläre Ereignisse

612 (13 %)

683 (14 %)

0,89 (0,80–0,99)

0,035

Kardiovaskuläre Letalität

140 (3 %)

127 (3 %)

1,11 (0,87–1,41)

0,41

Gesamtsterblichkeit

356 (7 %)

323 (7 %)

1,11 (0,95–1,29)

0,18

Schlaganfall

158 (3 %)

175 (4 %)

0,90 (0,73–1,12)

0,36

Koronare Revaskularisation

290 (6 %)

364 (7 %)

0,79 (0,68–0,93)

0,003

Alle Revaskularisationen

380 (8 %)

471 (10 %)

0,80 (0,70–0,92)

0,001

Arzneimitteltherapie 2006; 24(08)